Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung
   Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung

Burgstraße


Zwischen der Münzstraße (früher Judengasse) und der Straße „An der Moselbrücke“ im westlichen Randhereich der einstigen spätantik-frühmittelalterlichen Kernstadt gelegen, erhielt die in West-Ost-Richtung verlaufende, mehrfach verbreiterte Burgstraße ihre heutige Gestalt erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Ursprünglich befanden sich in diesem Abschnitt der Altstadt die zur namensgebenden Alten Burg gehörenden Anlagen wie Graben, Marstall und Gärten. 1844 überließen die Inhaber der Blechwarenfabrik Schaafhausen & Dietz der Stadt Gelände zur Verbreiterung der ehemals über den Burggraben führenden Brücke. Auch die Holzhändler Heinrich Herbst und Thomas Douque traten Gelände ab, erhielten im Gegenzug die im Bereich des Paradiesgartens (östlich der Burg) und der Münzstraße gelegenen Freiflächen, die nach und nach bebaut wurden. Den letzten Schritt des Ausbaus der Burgstraße markierte der Koblenzer Architekt Conrad Reich im Zuge der Realisierung seines Münzplatz-Projektes 1910/1911. Die klassizistischen Gebäude Burgstraße 12 und 16 wurden 1999 durch einen Brand beschädigt, Nr. 14 sogar zerstört.

Die Alte Burg, Ansicht Balduinbrücke im November 2019. Foto: Reinhard Kallenbach
Die Alte Burg, Ansicht Burgstraße im November 2019. Foto: Reinhard Kallenbach

Burgstraße 2


Geschichte: Das Gebäude entstand im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts im Bereich des Geländes der ehemaligen Blechwarenfabrik Schaafhausen & Dietz. Das Satteldach des Hauses wurde 1961 vollständig erneuert. Damals hat man (oberhalb der Fensterachsen) auch fünf Dachhäuschen hinzugefügt. Der Hinterbau erhielt ein Walmdach.


Konstruktion: Massivbau mit Putzfassade.

 

Beschreibung: Traufständiges, dreigeschossiges und siebenachsiges Gebäude. Das auf drei Seiten freistehende Geschäftshaus (Wirtschaft und Taxiunternehmen) ist mit einem schiefergedeckten Satteldach ausgestattet und hat – abgese-hen von den Ornamenten in den Fensterbereichen (Neorenaissance) – keine besonderen historischen Merkmale. Der Bau besitzt einen vorspringenden Putzsockel und zwei Eingänge. Die Obergeschosse sind durch ein einfach gestaltetes Sohlbankgesims und ein weit vorkragendes Traufgesims deutlich vom Erdgeschoss und Dachbereich abgesetzt. Das Gebäude be-sitzt Viereckfenster mit profilierten Gewänden. Die geraden und dreieckigen Fensterverdachungen im ersten Obergeschoss ruhen auf blattverzierten Konsolen. Im zweiten Obergeschoss haben die profilierten Fenstergewände Schlusssteine. In den Brüstungsfeldern des zweiten Obergeschosses findet man festonartige Stuckverzierungen.


Quellen: Akten der Unteren Denkmalschutzbehörde, StAK, Fach 46.

Burgstraße 3


Geschichte: Das Gebäude auf dem ehemaligen Gelände der Familie Douqué wurde wohl 1874/ 75 fertiggestellt. Genauere Hinweise zur Datierung liegen nicht mehr vor, weil die Bauakten nur die späteren Umbaumaßnahmen betreffen. Während des Krieges zerstörten Bomben das Dachgeschoss. Der Wiederaufbau erfolgten 1949/1950, die Wiederherrichtung der Garagenanlage 1951 bis 1953. Im Zuge der Altstadtsanierung wurde das Gebäude bis auf die straßenseitige Fassade abgerissen. Dahinter entstand unter Einbeziehung der römischen und mittelalterlichen Stadtmauer eine neue Wohnanlage (heute Burgstraße 3,5 und 7).


Konstruktion: Massivbau mit Putzfassade.


Beschreibung: Dreigeschossiges, auf drei Seiten freistehendes Haus mit Satteldach. Seine Fassade dokumentiert den Übergang vom strengen Klassizismus zur deutschen Neorenaissance. Sie hat an der Burgstraße und an der westlichen Giebelseite jeweils fünf Achsen. Auf der Giebelseite bilden die drei mittleren Achsen einen Risalit, der von einem profilierten Dreiecksgiebel mit Zahnleisten bekrönt wird. Die direkt angrenzenden Dachschrägen wurden ebenfalls mit Zahnleisten ausgestattet. Auf der rechten, mit einem Fußgängerdurchgang versehenen Giebelseite fällt ein altanartiger Vorbau mit Balkonabschluss (und neuem Gitter) auf. Diese Konstruktion ruht auf Säulen, die mit Frauenkopfplastiken und ionischen Kapitellen verziert sind. Darüber befindet sich ein mit pflanzlichen Ornamenten versehener Architrav. Auf beiden Schauseiten befinden sich oberhalb des putzgequaderten Erdgeschosses profilierte Stockgesimse mit Zahnleisten, darüber stuckierte Kassetten- und Rosettenornamente. In allen Geschossen fallen die neuen, durch profilierte Gewände und Sohlbankgesimse betonten Sprossenfenster auf. Die Fenster des ersten Obergeschosses werden darüber hinaus durch auf geschwungenen, profilierten Konsolen ruhende, horizontale Verdachungen hervorgehoben. In den Feldern unterhalb dieser Verdachungen befinden sich ebenfalls stuckierte Rosetten. Auf der Seite Burgstraße fällt das mit einer Zahnleiste ausgestattete Traufgesims auf.


Quellen: Akten der Unteren Denkmalschutzbehörde; StaK, Fach 46.

Westfassade des Hauses Burgstraße 3 im April 2012. Foto: Reinhard Kallenbach

Burgstraße 4–8


Geschichte: Der Koblenzer Architekt Conrad Reich beantragte am 24. September 1909 den Bau von vier Häusern in der Burgstraße. Die Planungen standen unmittelbar mit den Ent-würfen zur Neugestaltung der Nordseite des Münzplatzes in Verbindung. Die Absicht, das Nachbarhaus Burgstraße 2 in die Konzeption mit einzubeziehen, wurde nicht verwirklicht. Nach Abschluss der wichtigsten Verhandlungen mit der Stadt genehmigten die Behörden das Bauvorhaben am 10. Januar 1910. Die Rohbauabnahme für den ganzen Komplex erfolgte im März 1911. Schlussabnahmen fanden im Juni 1911 statt. Die statischen Berechnungen und die erforderlichen Bauarbeiten führte die Koblenz-Lützeler Baufirma Gebrüder Friedhofen aus. Im Krieg wurden vor allem das Dach des Hauses Burgstraße 4 und das Erdgeschoss des Nachbarbaus Burgstraße 6 beschädigt.


Konstruktion: Der Bau wurde massiv hergestellt, die Fassade mit Ausnahme des Erdge-schosses verputzt. Die Innenwände bestehen zum Teil aus Fach werk.
Beschreibung: Die viergeschossigen Häuser sind einheitlich gestaltet und haben insgesamt 15 Achsen, in deren Verlängerung sich Dachhäuschen befinden (Ausnahme: Burgstraße 4). Der gesamte Wohn- und Geschäftskomplex hatte ursprünglich ein Mansarddach. Nach den Kriegszerstörungen wurde jedoch das Dach des Hauses Burgstraße 4 durch ein Satteldach ersetzt. Im Erdgeschoss dominiert ein Laubengang mit seinen auf Tuffsteinpfeilern (mit profilierten Kämpfergesimsen) ruhenden Kreuzgratgewölben. Die hinter dem Laubengang gelegene Geschäftsfront hat mehrere Eingänge und wird durch Pilaster betont. Die Fassade ist in den Etagen durch einfach gestaltete Gesimse (Sohlbankgesimse im ersten und dritten Geschoss, Stockgesims zwischen dem zweiten und dritten Obergeschoss) sowie ein weit auskragendes Traufgesims mit Verkröpfungen auf den Lise-nen gegliedert. Das Haus Burgstraße 8 hat einen zweigeschossigen polygonalen Eckerker mit stark profilierten Gesimsen und schmalen Viereckfenstern.


Geschosshöhen:

  • Keller (die Laubengänge sind nicht unterkellert) 2,40 m
  • Erdgeschoss 4,00 m
  • 1. und 2. Obergeschoss 3,30 m
  • 3. Obergeschoss 3,10 m
  • Dachgeschoss 2,80 m
  • Dach 4,60 m


Grundriss (laut Originalplan): Typ E.

 

Bemerkung: Mit seinem Rückgriff auf die Ba-rockarchitektur (Lauben, Mansarddach) und den Verzicht auf Stuckornamente leistete der Architekt Conrad Reich – wie bereits beim Haus Münzplatz 14/15 – einen Beitrag zur Überwindung des Stileklektizismus in der Koblenzer Altstadt. Die Bauten sind also Beispiele für den vor allem im ersten Viertel unseres Jahrhunderts verbreiteten „Traditionalismus”.


Quellen: Akten der Unteren Denkmalschutzbehörde; Akten der Bauaufsicht; StAK, Fach 46.

Die Häuser Burgstraße 4-8 im April 2012. Foto: Reinhard Kallenbach

Burgstraße 5


Geschichte: Eine Jahreszahl an der östlichen Fassade des Eckgebäudes deutete darauf hin, dass ein großer Teil des Hauses 1863 fertiggestellt wurde. Detailliertere Angaben sind nicht möglich, weil sich fast sämtliche älteren Bauanträge und -beschreibungen heute nicht mehr auffinden lassen. Bis zum Ende des Krieges befanden sich auf dem Grundstück die Anlagen der Fischfabrik Richard Brieg. 1927 wurde in das Firmengelände auch das Nachbarhaus Burgstraße 3 einbezogen.


Konstruktion: Massivbau mit Putzfassade.


Beschreibung: Viergeschossiger Putzbau an der Ecke Burgstraße/Florinsmarkt. Das auf einem doppelstöckigen Keller errichtete Wohn- und Geschäftsgebäude (Gaststätte) hat ein Walm-dach und auf beiden Schauseiten jeweils vier Dachhäuschen (in Verlängerung der Fensterach-sen). An der abgeschrägten linken Hausecke (vom Florinsmarkt aus gesehen) befindet sich ein viergeschossiger Eckerker mit Viereckfenstern und Zeltdachabschluss. Die Konstruktion wird durch Stockgesimse sowie durch Eck- und Mittellisenen gegliedert. Die Schauseite am Flo-rinsmarkt und die an der Burgstraße gelegene Straßenfront haben jeweils vier Achsen. Die Fassadengliederung erfolgt durch mehrere Lisenen. Unter dem stark vorkragenden Dach-gesims befindet sich ein Dreipassfries. Rechts darunter ist die Jahreszahl 1863 angebracht. Die neuen Viereckfenster (mit Sprossenaufteilung) haben profilierte Gewände (im ersten und zweiten Obergeschoss mit Ohren) mit doppelter Rundstabeinlage.


Bemerkung: Der Dreipassfries unterhalb des Daches weist – wie bereits die Gebäude Florins-markt 1 (Rückseite) und Mehlgasse 9 – neogotische Gestaltungsmerkmale auf. Diese verschmelzen mit für die Neorenaissance typischen Elementen (Fensterverdachung, Lisenengliederung).


Quellen: Akten der Unteren Denkmalschutzbehörde.


Burgstraße 10


Alte Hausnummer (Vorgängerbau): 76


Geschichte: Das Gebäude wurde wahrscheinlich im Zuge der Bebauung der im Besitz der Familie Douqué befindlichen Grundstücke in der Burgstraße fertiggestellt (1874/75). Die ur-sprünglichen Baupläne sind heute nicht mehr auffindbar.
Konstruktion: Massivbau mit Putzfassade.

 

Beschreibung: Dreigeschossiges Hotelgebäude an der Ecke Burgstraße/Paradies. Das auf einem kreuzgratgewölbten Keller (romanisch?) errichtete Haus hat ein Mansarddach mit insgesamt elf rundbogig abgeschlossenen Dachhäuschen.1

 

Die im Stil der deutschen und italienischen Neorenaissance gestaltete Fassade wurde so verputzt, dass sie eine Rustikabauweise vortäuscht. Oberhalb des Erdgeschosses gliedern ein Stockgesims, im ersten Obergeschoss ein Sohlbankgesims mit volutenförmigen, blattver-zierten Konsolen die Fassade. Im zweiten Obergeschoss wurde ein weiteres Sohlbankgesims angebracht. Unterhalb des weit auskragenden, auf mehreren kleinen Konsolen ruhenden Traufgesimses befindet sich eine Zahnschnittleiste. Besonders fällt der Eingangsvorbau (Burgstraße) mit dem darüberliegenden, zweigeschossigen und zweiachsigen Viereckerker auf. Die Konstruktion ruht auf Volutenkonsolen und wird von einem Pyramidendach bekrönt. Die Fenster haben im Erdgeschoss rundbogige Abschlüsse. Über den Gewänden im Parterre sind Löwenköpfe angebracht. In den übrigen Geschossen sind die Fenster viereckig. In den Brüstungsfeldern des ersten Obergeschosses sind Festons zu sehen. Die Fenster im ersten Obergeschoss sind mit Dreiecksgiebeln verdacht. Auf der rechten Seite, kurz vor der Ecke Burgstraße/ Paradies befindet sich ein kleiner Balkon. Der Zugang wird durch zwei Pilaster mit Akanthusblatt-Kapitellen und eine segmentbogige Verdachung betont.


Bemerkung: Wie das jüngere Gebäude Braugasse 6 besitzt das Haus Burgstraße 10 einen Viereckerker. Der Architekt übernahm also ein Gestaltungsideal der Koblenzer Baumeister im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert.
Quellen: Akten des Kulturamtes.
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1 Auf der Seite Burgstraße sind es sechs, am Paradies fünf Dachhäuschen. Diese Aufbauten befinden sich jeweils oberhalb der einzelnen Fensterachsen.


Burgstraße 12

 

Geschichte: Das Haus wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet.
Konstruktion: Massivbau mit Bruchsteinfassade.


Beschreibung: Traufständiges, viergeschossiges und fünfachsiges Wohn- und Geschäftsgebäude. Das Haus hat ein Satteldach mit zwei Gauben. Der Bau ist durch einen Basaltsockel, Sohlbankgesimse und ein weit auskragendes, auf Konsolen ruhendes Dachgesims gegliedert. Die Fassade ist unverputzt. Die nicht mehr original erhaltenen Viereckfenster haben eine profilierte Basaltrahmung. Die Fensterbrüstungen haben gusseiserne Gitter mit Andreas-kreuzartig angeordneten Stäben sowie Rechtecken und Kreisen im Überschneidungsbereich.


Bemerkung: Die Bauten Burgstraße 12 bis 16 haben, was ihre Gestaltung betrifft, Ähnlich-keiten mit den klassizistisch beeinflussten Bauten auf der Südseite der Straße „An der Liebfrauenkirche”.


Quellen: Akten der Unteren Denkmalschutzbehörde.


Burgstraße 14


Datierung: Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Gebäude am 24. November 1999 bei einem Feuer nach Brandstiftung zerstört. Vier Personen wuren bei dem Feuer getötett. Das Haus wurde danach durch einen Neubau ersetzt, der heute mit dem Nachbarhaus Burgstraße 16 vereinigt ist.


Konstruktion: Massivbau mit Bruchsteinfassade.


Beschreibung des historischen Gebäudes: Traufständiges, viergeschossiges und zweiachsiges Wohn- und Geschäftsgebäude, dessen Fassadengestaltung in klassizistischer Tradition stand. Das Haus hatte ein Satteldach mit einer Gaube. Der Bau war durch einen Basaltsockel, profilierte Sohlbankgesimse und ein weit auskragendes, mit mehreren kleinen Konsolen ausgestattetes Dachgesims gegliedert. Die Fassade war unverputzt. Die nicht mehr original erhaltenen Viereckfenster besaßen eine profilierte Basaltrahmung. Die Fensterbrüstungen haben schmiedeeiserne Gitter mit Andreas-kreuzartig angeordneten Stäben sowie Rechtecken und Kreisen im Überschneidungsbereich.

 

Konstruktion: Massivbau mit Bruchsteinfassade.


Quellen: Akten der Unteren Denkmalschutzbehörde; Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 25. November 1999.


Burgstraße 16


Alte Hausnummer (Vorgängerbau): 51


Datierung: Mitte des 19. Jahrhunderts. Das Gebäude wurde nach der Brandkatastrophe im Nachbarhaus (24. November 1999) renoviert, die Natursteinfassade verputzt.
Beschreibung des ursprünglichen Zustands: Traufständiges, viergeschossiges Eckhaus, das an der Burgstraße vier, an der Münzstraße sechs Achsen besitzt (zwei Achsen sind zugemauert). Das in klassizistischer Tradition gestaltete Wohn- und Geschäftsgebäude hat ein Satteldach. Der Bau ist durch einen Basaltsockel, profilierte Sohlbankgesimse und ein weit auskragendes, mit mehreren kleinen Konsolen versehenes Dachgesims gegliedert. Die Fassade ist unverputzt und besteht mit Ausnahme des dritten Obergeschosses (Fachwerk mit Ziegelsteinausmauerung) aus Bruchstein. Die nicht mehr original erhaltenen Rechteckfenster
haben eine profilierte Basaltrahmung. Die Fensterbrüstungen in den Obergeschossen sind mit gusseisernen Gittern (Rankenwerk, zum Teil herausgebrochen) versehen.
Konstruktion: Massivbau. Das dritte Obergeschoss wurde als Fachwerkkonstruktion ausgeführt.


Grundriss: Typ 4.


Quellen: Akten der Unteren Denkmalschutzbehörde; Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 25. November 1999.

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