Eine scheinbar lockere Tour mit einem schweißtreibenden Anstieg zum Finale. 40 Kilometer am 20. Juli 2025.
Komoot:Von Prag nach Kuttenberg
Die äußeren Bedingungen waren tadellos, ein sehr warmer sonniger Tag erweckte aber die Lust, mehrere Stunden in einem Biergarten zu verbringen als Kilometer zu sammeln. In weiser Voraussicht hatte ich für diesen Tag nur 40 Kilometer eingeplant. Es sollte ja der "Genießerabschnitt" bis nach Kutná Hora (Kuttenberg) werden. Doch es sollte ein wenig anders kommen. Der Tag begann nämlich völlig anders als geplant.
Da das Hotel Ned Hockey eine kleine Terrasse hat, konnte ich dort sitzen bleiben, um mein Rad zu reparieren. Ohne Intervention wäre ich an diesem Sonntag nicht weitergekommen. Ich musste also selbst Hand an legen und mit der Notfallzange die Speichen anziehen. Das dauerte gefühlt einen ganzen Tag, weil ich einfach keine Erfahrungen in dieser Disziplin habe. Das Feinjustieren von Hinterrädern hatte ich bislang immer Profis überlassen. Aber dennoch: Ich konnte mein Fahrrad wieder reisefähig machen.
Um die Mittagszeit konnte ich mich endlich auf den Weg machen. Ich beschloss, zunächst noch einmal in die Altstadt zu fahren, die jetzt ein sehr viel lebhafteres Bild bot als am Vorabend. Wer sich ein wenig mit der Geschichte der Stadt beschäftigt, wird sehr schnell feststellen, dass sie sowolhl für die deutsche als auch die tschechische Geschichte eine gewisse Bedeutung hat. Die rekonstruierte mittelalterlich-frühneuzeitliche Stadtmauer erinnert eine kriegerische Vergangenheit. Ein Besuch von Nimburg lohnt sich schon allein wegen der berühmt gewordenen Befestigungsanlagen.
Meine Stimmung besserte sich auf jedem Meter, den ich entlang der Elbe unterwegs war. Ein schöner Radweg, gemütlich Lokale mit schattigen Plätzchen: So hätte es weitergehen können. Doch kurz hinter dem Kurort Poděbrady endete die Idylle. Der Weg wurde holpriger, und eine kleine Baustelle gab mir zu verstehen, wo weiterzuradeln hatte: Nicht an der Elbe, sondern abseits auf der Landstraße ...
Der Weg über wenig befahrene Straßen hatte auch seine Vorteile: Alles ist gut beschildert, auch ohne Ortskenntnisse oder Navi findet man sein Ziel. Einen Zwischemstopp hatte ich in Kolin eingeplant, eine sehenswerte Stadt mit rund 33.000 Einwohnern mit einem Zentrum, das komplett unter Denkmalschutz steht. Auch hier kann man sich länger aufhalten, es gibt einiges zu sehen, zum Beispiel die Kirche des Heiligen Bartholomäus. Die wertvolle Bausubstanz zeigt, dass die Stadt im Mittelalter und in der frühen Neuzeit dank des Silberbergbaus sehr wohlhabend war. Aber wie so oft beendeten kriegerische Auseinandersetzungen die Blütezeiten.
Der deutsche Name von Kolin ist übrigens Köln an der Elbe. Hier endete auch die Elbschifffahrt.
Von Kolin nach Kuttenberg ist nur ein Katzensprung. Das dachte ich mir zumindest. Doch liegt die Stadt nicht an der Elbe, sodass ich auf Überraschungen gefasst sein musste. Und die gab es für mich in Form von Steigungen. Die letzten 4 Kilometer nach Kuttenberg geht bergaufwärts - und zwar so, dass es, wenn das Rad mit Gepäck beladen ist, wenig sinnvoll ist durchzufahren. Es war also wieder einmal Schieben angesagt. Anders als in anderen Städten gelangt man nicht über die üblichen Gewerbegebiete ins Zentrum, man fährt direkt in die Altstadt hinen. Der erste Eindruck: Hier ist die Zeit stehen geblieben - im positiven Sinne. Man hat fast den Eindruck, es handele sich hier um eine Kulisse für einen Historienfilm.
Übernachtet habe ich dann im Hotel Medinek Old Town, dem gefühlt einzigen Gebäude der Nachkriegszeit im historischen Stadtzentrum. Das Hotel hat seine Ursprünge in der Ära des Kalten Kriege, hat aber alles, was man braucht. Und modernisiert wurde es übrigens auch. Besonders bemerkenswert war der überaus freundliche Empfang, man wollte sogar meine Fahrradtaschen hoch in mein Zimmer tragen (offenbar sah ich ziemlich fertig aus). Erst am anderen Morgen bemerkte ich, wie groß das Hotel eigentlich ist. Es kann gleich mehrere Reisegruppen aufnehen. Entsprechend munter ging es im Frühstückssaal zu, aber das Personal hatte alles im Griff. Ich kann das Hotel nicht nur wegen seiner Lagen, sondern auch wegen seiner reellen Preise empfehlen. Im Übrigen bietet das Hotel auch Pakete für Kurzurlauber an. Wer sich informieren möchte, klickt unter Hotel Medinek Old Town.
Weil das Restaurant des Hotels bei meiner Ankunft bereits geschlossen hatte, ging ich zum Italiener direkt gegenüber. Chef war übrigens ein "echter" Italiener. Ich hatte den Eindruck, dass es Italienern in Böhmen sehr gut gefällt. Gefühlt gibt es in jeder Stadt gleich mehrere Restaurants mit italienischer Küche.
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