Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung
   Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung

Balthasar Neumann und Johannes Seiz


Nach dem Abtreten Ravensteyns begann eine Zeit, in der die Bauhandwerker die Architektur im Kurfürstentum Trier prägten. Sie erlangten nur lokale Bedeutung und sind heute meistens in Vergessenheit geraten. In Koblenz waren diese Baufachleute sogar in einer Zunft zusammengeschlossen.149 Welche Gebäude die Angehörigen dieser Vereinigung errichtet haben, ist heute nur noch in Ausnahmefällen näher zu bestimmen. In der Regel bleiben die Bürgerhäuser der Stadt anonym. Diese Feststellung gilt vor allem für das Sanierungsgebiet zwischen Münzstraße und Florinspfaffengasse mit seinen meist nicht mehr genau datierbaren Bauten.150


Mit dem Amtsantritt des Kurfürsten Franz Georg von Schönborn (1729–1756) spielte die Stadt Ehrenbreitstein hinsichtlich der Entwicklung der regionalen Baukunst eine wichtige Rolle: Seit Beginn der 1730er-Jahre wirkte Balthasar Neumann, nach dessen Plänen später der Dikasterialbau und Schloss Schönbornslust entstehen sollten, am Hof des Landesherrn.151 Der Baumeister wurde in regelmäßigen Abständen vom Bruder des Trierer Landesherren – dem Würzburger Bischof Friedrich Karl (1674–1746) – „ausgeliehen”. Mit ihm kamen fränkische Künstler und Bauhandwerker an den Mittelrhein. Unter ihnen war auch der Werkmeister Johann Georg Seiz152 mit seinen Söhnen Johannes und Andreas, die sich später als Schüler Neumanns einen Namen machen sollten. Nicht nur in Ehrenbreitstein, sondern im gesamten Erzstift und über dessen Grenzen hinaus setzte sich allmählich der Barockstil fränkischer Prägung durch. Karl Lohmeyer wies auch in den kurkölnischen Gebieten, in der Aachener Region und in Westfalen wesentliche Einflüsse der neuen Gestaltungsweise nach.153


Gestaltungsmuster der fränkischen Baukunst waren bei den Bürgerhäusern erst relativ spät zu merken. In den 50er, 60er und 70er Jahren des 18. Jahrhunderts setzten sich die neuen Formen auch bei den Bauhandwerkern durch, in deren Hand meistens die Ausführung einfacherer Gebäude lag. Entscheidende Impulse gab Johannes Seiz, der zahlreiche Handwerker und Baumeister im Kufürstentum beeinflusste. Für Koblenz und Ehrenbreitstein seien an dieser Stelle der Stadtwerkmeister Johann Peter Hoemberger und die Baumeister Michael Wirth, P. Balthasar sowie der Seiz-Schüler Nikolaus Lauxen genannt. Ihre Werke und die unter Regie von Seiz ausgeführten Bauten sind heute nur noch schwer voneinander zu trennen, weil die archivalischen Quellen über das lokale Bauwesen nur spärlich fließen.

 

Ein um 1770 entstandener Bericht des Johannes Seiz, der sich häufig mit den Dach- und Giebelkonstruktionen der Handwerker zu befassen hatte, zeigte recht deutlich, wie sich in Nachahmung der von Seiz entworfenen früheren Bauten eine ganze Schule von kleineren Meistern gebildet hatte, denen die Entstehung einer großen Reihe von Koblenzer Bürgerhäusern, die sich durch ihre oft übermächtigen und daher zur Baumasse unproportionierten Dach- und Giebelbauten charakterisieren, zu verdanken ist. Solche Giebelbauten belebten mit ihren geschweiften Seitenpilastern und gebogenen oder gebrochenen fränkischen Giebelaufsätzen noch vor den Bombennächten des Zweiten Weltkrieges das Koblenzer Stadtbild. Besonders fielen die heute nicht mehr bestehenden oder stark in Mitleidenschaft gezogenen Gebäude Entenpfuhl 17 bis 27 auf. Auch die Anlage des Jesuitenplatzes (mit den Häusern Firmungstraße 34 und 36) nach Plänen von Nikolaus Lauxen gab Gelegenheit zu Neubauten mit diesen neuen Schmuckformen. Außer in Koblenz begegnen wir diesen typischen Giebelformen in Rhens, Boppard, Ehrenbreitstein, Vallendar, Andernach, und Leutesdorf.154


Geschosszahl und Fassadengliederung


Von den 40er Jahren an hatten die meisten Wohnhäuser im Kurfürstentum Trier zwei Geschosse (einschließlich der Erdgeschosse). Im Mainzer und Kölner Gebiet waren dagegen die dreigeschossigen Bauten gebräuchlicher. Die gleiche Aussage lässt sich auch für die Residenzstädte Koblenz und Ehrenbreitstein machen. Ab etwa der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die einzelnen Etagen vielfach durch Gurtbänder getrennt.155 Bei dreigeschossigen Häusern fand diese Trennung häufig nur zwischen dem Erd- und dem ersten Obergeschoss statt.156 Die meisten heute noch erhaltenen Koblenzer Barockfassaden haben jedoch keine Gesimsgliederung. Weit häufiger verbreitet sind dagegen Fenstergewände mit segmentbogigen Abschlüssen, die allesamt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden.157


8.6 Außen- und Innenausstattung


8.6.1 Dächer


Mit Ausnahme des Pultdachs, das vor allem bei den Seitenflügeln und Nebengebäuden zur Anwendung kam, war das Satteldach im Mittelalter und in der frühen Neuzeit Standard.158 Seine Form änderte sich nicht, nur die Stellung des Firstes zur Straße. Mit einer Drehung von 90 Grad wurde das Giebelhaus zum Traufhaus. Diese Neuorientierung vollzog sich bei der Masse der deutschen Bürgerhäuser erst im 18. Jahrhundert. In dieser Zeit führte man auch das Walmdach und das Mansarddach ein,159 welches eine bessere Wohnnutzung der Dachgeschosse ermöglichte. Von Frankreich kommend, erfreute es sich auch an der Mosel und im Mittelrheingebiet wachsender Beliebtheit.160 In der Koblenzer Altstadt findet der aufmerksame Betrachter auch heute noch eine Reihe von Mansarddächern, die zum Teil nach dem Krieg wieder hergerichtet worden sind. Vor allem die Kombination dieser Dachform mit den auffälligen Zwerchhäusern ist für die Stadt charakteristisch.161 Beispiele sind neben den Gebäuden Firmungstraße 34 und 36 auch das Haus Münzstraße 12. Zu Fehldatierungen verleitet auf den ersten Blick das Ensemble „Am Plan” 9–11, dessen Mansarddach erst in den Jahren 1911/1912 durch nachträglich aufgesetzte Zwerchhäuser besonders betont wurde.162


Die Barockzeit beeinflusste jedoch nicht nur die Formgebung der Dächer, sondern auch die Wahl der Baumaterialien. War in der Mittelrheinregion bis weit in die frühe Neuzeit hinein die Strohdeckung der Häuser weit verbreitet, änderte sich dies nach den Verwüstungen der beiden Kriege des 17. Jahrhunderts. Die Wiederaufbauphase wurde zur großen Blütezeit der Schiefergewinnung und des Leyendeckerhandwerks, denn Haltbarkeit und Feuersicherheit des Dachschiefers, der wegen seiner Kleinteiligkeit zudem ohne Schwierigkeiten die Integration von Dachaufbauten (zum Beispiel Gauben) ermöglichte, übertraf alle anderen Deckungsmaterialien.163


8.6.2 Das Fenster im Bürgerhaus


Die Originalfenster frühneuzeitlicher Bürgerhäuser sind sowohl in den Städten als auch auf dem Land nur noch selten erhalten. Vor allem bei den einfacheren Bauten ist es deshalb kaum noch möglich, die Geschichte der Fenster und ihrer Verglasung zu erforschen. Die wenigen bisher bekannten Beispiele für frühneuzeitliche Fensterverglasungen reichen bestenfalls in das 18. Jahrhundert zurück. Es handelt sich dabei um kleinteilige, rautenförmige -und von Bleiruten gefasste Glasstücke oder -streifen.164


Die Schließung der Fensteröffnungen erfolgte im ausgehenden Mittelalter – vereinzelt noch bis ins 17. und 18. Jahrhundert – durch Abdeckung der Maueröffnung mit hölzernen oder eisernen Läden (zuerst Außen-, später Innenläden) oder durch zur Transparenz gebrachte Materialien, die man vor die Öffnungen spannte. Verwendet wurden geschabte und gefettete Tierhäute, in Öl getränkte oder gewachste Leinwand und geöltes Papier. In der Profanarchitektur blieben die schon seit der Römerzeit bekannten Fensterverglasungen den wohlhabenden Schichten vorbehalten. In einigen Fällen waren Teilverglasungen üblich. So enthielt das ursprünglich steinerne Fensterkreuz im oberen Abschnitt eine Verglasung, während den untere Bereich Läden verschlossen.165

 

Erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts setzten sich Glasfenster auch bei den weniger bedeutenden Bauten durch. Zur Anwendung kam damals zunächst bunt gefärbtes, später weißes Glas. Am Ende der Entwicklung stand schließlich die Verwendung farbloser Fensterverglasungen.166 In Koblenz entdeckte man während der in der heutigen Rathauspassage und in der Mehlgasse durchgeführten Ausgrabungen zahlreiche grüne Fensterglasfragmente. Dieser Fund lässt darauf schließen, dass sich die farbige Fensterverglasung bei den einfacheren Koblenzer Bürgerhäusern bis weit in das 18. Jahrhundert gehalten hat.


Barocke Fensterrahmen sind bei den Bürgerhäusern in Koblenz nicht mehr original erhalten. Bemerkungen in der Bauordnung von 1854 lassen jedoch darauf schließen, dass viele Fenster in der Altstadt nicht – wie heute – nach innen, sondern nach außen zu öffnen waren. Das Verbot derartiger Vorrichtungen führte schließlich zum Einbau neuer Anlagen, die ihrerseits den Krieg nicht überstanden.167


Die wenigen erhaltenen Originalpläne von Koblenzer Barockgebäuden eignen sich nicht zur Rekonstruktion historischer Fenster formen. Die damaligen Architekten verzichteten nämlich auf die Einzeichnung der Binnenrahmungen. Entwurf und Einbau der Fenster überließen sie den Schreinern, die für die Innenausstattung der Gebäude zuständig waren. Diese Verfahrensweise der Planzeichner ist keine Koblenzer Besonderheit. Die Architekten gingen in dieser Hinsicht überall nach dem gleichen Schema vor. Deshalb ist heute in den meisten deutschen Städten die Herausbildung einer Fenstertypologie nur am Beispiel von Schlössern und anderen Repräsentationsbauten möglich.168


8.6.3 Verputz und Fassadengestaltung


Üblicherweise wurde der Fassadenputz aus einem Kalkmörtel hergestellt. Am Mittelrhein setzte man zur Steigerung der Festigkeit Trass oder andere Flugaschen zu. Lehmputz kam vor allem dann zur Anwendung, wenn Kalk entweder zu teuer oder nur schwer beschaffbar war. Um ein späteres Abbröckeln zu verhindern, sind dem Lehmmörtel Kuhhaare beigegeben worden. Trotz dieses Verfahrens mussten die Handwerker den Lehmputz in mehreren Arbeitsgängen auftragen. Nur so konnte vermieden werden, dass die Putzschicht beim Trocknen abplatzte.169


Über den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Außenputz an Fachwerkbauten geben nur wenige Befunde (zum Beispiel aus Esslingen und Geislingen) Auskunft. Üblich war glatter Lehm- oder Kalkputz, der lange Zeit nicht farblich gefasst wurde. Hin und wieder hat man den Untergrund aufgeraut, um dem Feinputz aus Kalkmörtel eine bessere Haftung zu verleihen. Bei den mittelalterlichen Bauten ragten Teile der Holzkonstruktionen etwas über die Gefachflächen heraus. Im Verlaufe des 16. Jahrhunderts hat man diese Plastizität der Fachwerkwände aufgegeben. In der frühen Neuzeit setzte sich auch die Farbfassung der Gefache durch, die nun in Fresco oder in Secco hell gekalkt wurden.170


Die farbige Behandlung der Holzkonstruktionen begann relativ spät und setzte sich bei den Fassaden städtischer Häuser erst im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts durch. Üblich war es, das Holz nur in einer Grundfarbe zu streichen. Um die Balken breiter erscheinen zu lassen, hat man die Farbe auch auf die Gefache aufgetragen. Auf diese Weise war es möglich, Fehlstellen zu beseitigen, gekrümmte Konturen des Holzes optisch zu korrigieren und die Übergänge von Holz und Putz zu schließen.171


Die Fassaden der Steinbauten und der vollständig verputzten teilmassiven Häuser waren nicht immer in einem einzigen Farbton gestrichen, sondern hin und wieder mit Ranken- oder Scheinarchitekturmalereien versehen. Die offenbar aus Italien stammende Sitte, die Putzhaut als Fläche für die Anbringung figürlicher oder pflanzlicher Malereien zu nutzen, entstand wahrscheinlich im Mittelalter und war besonders in Süddeutschland, der Schweiz und Österreich verbreitet.172


Das Koblenzer Beispiel zeigt, dass Fassadenmalereien auch an Rhein und Mosel nicht unbekannt waren. Diese Feststellung gilt besonders für das heute neogotisch gestaltete Bürgerhaus Mehlgasse 12. Das Wohngebäude war um 1700 mit Kalkmörtel glatt verputzt und in einer hellen, leicht getönten Kalkfarbe gestrichen worden. Ursprünglich waren über die ganze Putzfläche Scheinarchitekturelemente mit Ranken aufgemalt. Diese Malerei bestand unter anderem aus einem Segmentbogen über dem Hauseingang und aus Spitzgiebeln über den Fenstern im Erdgeschoss sowie aufgemalten Fenstereinfassungen. An den Hausecken befanden sich aufgemalte Quaderungen. Da der mit der Untersuchung beauftragte Gutachter nur eine dünne Alterungsschicht über der ursprünglichen Dekoration freilegte, lag der Schluss nahe, dass diese erste Fassadengestaltung nur wenige Jahre überdauerte. Weitere Veränderungen stammen aus dem 19. Jahrhundert. Damals wurde eine Scheinarchitektur aus Weichholz aufgeschraubt. Die Originalgröße und -aufteilung der Fenster blieb jedoch bestehen.173


Bei der Renovierung des Hauses Florinsmarkt 20 legten Restauratoren unter der jüngsten Putzschicht Reste einer historischen Bemalung auf Kalkputz frei. Es handelte sich dabei um aufgemaltes Bandelwerk mit Früchten und Ranken aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Unter dieser ersten historischen Putzschicht befanden sich die Reste einer weiteren, aus der Bauzeit (Ende des 17. Jahrhunderts?) stammenden Malerei, für die eine graue, aufgemalte Quaderung (Diamantschliff) kennzeichnend war. Im Laufe der Untersuchung entschloss man sich, das jüngere Bandelwerk wegen seines guten Erhaltungszustandes zu belassen, zu konservieren und der Rekonstruktion der Bemalung der Gesamtfassade zugrunde zu legen. Auch beim Nachbarhaus Florinsmarkt 18 wurden die jüngeren Anstriche entfernt. Dabei zeigte sich die ursprüngliche Gestaltung der Fassade durch eine aufgemalte Scheinarchitektur mit kannelierten Säulen, Kapitellen und Basen. Die Flächen unterhalb der Fenster enthielten außerdem eine Rankenmalerei.174


8.6.4 Heiligenfiguren und Hausmadonnen


Typisch für das Koblenzer Bürgerhaus war die Anbringung von Hausmadonnen oder Heiligenfiguren. In der Stadt sind diese Plastiken besonders an den aus den Barockzeit und dem 19. Jahrhundert stammenden Gebäuden zu beobachten. Dabei ist diese Gestaltungssitte weit älter und reicht mindestens in das späte Mittelalter zurück. Für die Aufstellung der Figuren wurden in den Straßenfronten eigens Nischen geschaffen. Vor allein an Eckbauten, zum Beispiel „An der Liebfrauenkirche” 17 und Florinsmarkt 14, haben sich diese Nischen erhalten. Die zugehörigen Heiligenbildnisse entsprechen heute nicht mehr dem Originalzustand. So wurde die ehemals am Haus Florinsmarkt 14 (Hausname „Fraueneck”) vorhandene Madonnenfigur durch eine Darstellung des heiligen Antonius ersetzt. Vor dem Krieg waren Hausmadonnen und Heiligenbildnisse vor allem in der Kastorstraße weit verbreitet. Diese Sitte, die Häuser mit Figuren auszuschmücken, ist nicht nur in rheinischen Städten (Mainz!),175 sondern auch in Franken (Würzburg, Bamberg, Nürnberg) und anderen Regionen in Bayern (hier mehr als Reliefgestaltung) zu beobachten.176


8.6.5 Stuckdecken


In Koblenz zeigt sich besonders deutlich, wie der Bestand an historischen Stuckdecken seit Kriegsbeginn dramatisch zurückgegangen ist. Noch vor den Bombennächten gab es neben den Adelshöfen eine ganze Reihe von repräsentativen Bürgerhäusern, die über äußerst kunstvolle Innenausstattungen verfügten. An dieser Stelle seien die mit Muschelwerk (17./18. Jahrhundert) versehenen Stuckdecken in den heute nicht mehr bestehenden Häusern Altengraben 10 (Erdgeschoss) und „Am Plan” 14 (Saalbau) sowie die heute zerstörte stuckierte Balkendecke (16. Jahrhundert) im Gebäude „Am Plan” 22 genannt.177 Ebenfalls nicht mehr erhalten ist die vom Ende des 17. Jahrhunderts stammende, mit Muschelwerk und Pflanzenornamentik versehene Stuckdecke im ersten Obergeschoss des Baus Florinsmarkt 14.178 Schon vor Beginn der Altstadtsanierung befand sie sich in einem derartig schlechten Zustand, dass alle Bemühungen, sie zu retten, scheiterten. Ähnlich verhielt es sich mit den beiden heute ebenfalls nicht mehr bestehenden Stuckdecken (Kölner Decken) im Erdgeschoss des wohl noch aus dem 17. Jahrhundert stammenden Hauses Florinsmarkt 20. Dort waren nach der Freilegung an der Unterseite der Deckenbalken noch gut erhaltene Weinlaub- und Weinrebenornamente sowie Blumen- und Blätterornamente aus Stuck zu erkennen. Diese Zierelemente bestanden aus einem Kalkgipsmörtel.179


Im Gegensatz zu den bereits genannten Beispielen haben in der Altstadt noch einige einfachere, in der Regel mit Stuckprofilen versehene Decken den Krieg überstanden. Besonders gut haben sich neben der Stuckdecke mit Rokokorahmenwerk im ersten Obergeschoss des Hauses „Am Plan 13″180 die beiden, wohl Anfang des 18. Jahrhunderts geschaffenen Profildecken im ersten Obergeschoss des ehemaligen Stiftshofs Gemüsegasse 9 (Seitenflügel) erhalten. Allerdings hat man in diesem Bau den Grundriss nachträglich verändert, sodass die Decken durch Trennwände in mehrre Abschnitte unterteilt werden.
____________________________________________


Anmerkungen:


149 Vgl. Eisner, Bauzunft: Das Gründungsdatum einer Bauzunft in Koblenz ist unsicher. Erhalten ist heute noch eine Zunftordnung für Zimmerleute, Steinmetze und Leiendecker, die 1704 dem Landesherrn Johann Hugo von Orsbeck zur Genehmigung vorgelegt wurde. Das 1944 völlig zerstörte Zunftgebäude befand sich in der Pfuhlgasse (vgl. Michel, Kunstdenkmäler, S. 220).
150 Vgl. Lohmeyer, Barocke Kunst, S. 16/17; Peters, Bürgerhaus, S. 19.
151 Vgl. Schwickerath, Philppsburg, S. 32 und 59: Der Ehrenbreitsteiner Dikasterialbau wurde von 1739 bis 1743 erbaut. Das Jagd- und Lustschloss Schönbornslust entstand zwischen 1748 und 1752 an Stelle des Mergenfelder Hofs bei Kesselheim. In beiden Fällen realisierte der Neumann-Schüler Johannes Seiz (1717–1779) die Pläne. Schloss Schönbornslust ging während des Einmarschs französischer Revolutionstruppen im Jahre 1794 unter.
152 Johann Georg Seiz passte sich bei der Errichtung von Bürgerhäusern zunächst an die Architektur seiner Vorgänger an. Dies wird am Eckhaus Hofstraße 277 in Ehrenbreitstein deutlich. Das zwischen 1732 und 1734 nach Plänen des Werkmeisters erbaute Gebäude weist wegen seiner schmucklosen Fassaden und dem geraden Zwerchhaus mit Dreiecksgiebel Ähnlichkeiten mit der Architektur der früheren Baumeister auf. Die beiden Nachbarhäuser errichtete man 1723 und 1803 in annähernd gleicher Weise. Die drei Bauten wurden ehemals als Hotel genutzt (vgl. Michel, Kunstdenkmäler, S. 452).
153 Lohmeyer, Barocke Kunst, S. 18; Lohmeyer, Balthasar Neumann, S. 17.
154 Lohmeyer, Seiz, S. 124/125; Vogts, Bürgerhaus, S. 258/259; Peters, Bürgerhaus, S. 22. Eine zeichnerische Zusammenstellung von Giebel- und Zwerchhaustypen von der Romanik über die Barockzeit bis zum Klassizismus bringt: Michel, Kunstdenkmäler, S. 524–533.
155 Beispiele sind die Häuser Firmungstraße 34/36, Am Plan 11, Mehlgasse 14 und das später aufgestockte Gebäude Mehlgasse 17.
156 Peters, Bürgerhaus, S. 24/25. Bis auf die inzwischen sanierten Bürgerhäuser Mehlgasse 16 und 18 haben den Krieg keine weiteren Bauten mit dieser Fassadengliederung überstanden.
157 In der Koblenzer Altstadt haben unter anderen die Fenstergewände folgender Bürgerhäuser segmentbogige Abschlüsse (mit Schlusssteinen): Entenpfuhl 17, Firmungstraße 34, Jesuitenplatz 4, Mehlgasse 14 und Unterm Stern 6.
158 Vgl. Ostendorf, Geschichte Dachwerk, S. 11.
159 Das Mansarddach hat seinen Namen vom französischen Architekten Jules Hardouin-Mansart (1646–1708).
160 Schmidt, Hausgeschichte, S. 54.
161 Die Kombination von Mansarddächern und Zwerchhäusern fand vor allem in der Zeit Balthasar Neumanns und Johannes Seiz Verbreitung.
162 Vgl. Peters, Bürgerhaus, S. 25/26.
163 Schumacher, Geographische Analyse, S. 47/48; Griep, Bürgerhaus, S. 213.
164 Schmidt, Hausgeschichte, S. 65.
165 In Koblenz enthält zum Beispiel der Rheinbau der ehemaligen Deutschordensballei steinerne Fensterkreuze.
166 Lietz, Fenster, S. 47/48; vgl. Griep, Bürgerhaus, S. 196–202.
167 Bauordnung 1854, §13.
168 Eine solche Fenstertypologie wird dargestellt in: Lietz, Fenster, S. 49-85.
169 Griep, Bürgerhaus, S. 165/166: Um die Festigkeit des Lehmputzes zu steigern, wurde die letzte Schicht mit Kalk oder Gips angereichert. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein haben die
Handwerker den Putz nur mit der Kelle aufgetragen und nicht – wie heute – glatt abgestrichen.
170 Binding, Fachwerkbau, S. 31/32.
171 Binding, Fachwerkbau, S. 32: Die Balken konnten rot, rotbraun, gelb, grau oder schwarz gefasst sein. Ein zumeist schwarzer Konturstrich setzte das Holz optisch von den Gefachen ab. In den Innenräumen hat man Balken und Gefache häufig mit einer Rankenmalerei verziert.
172 Vgl. Griep, Bürgerhaus, S. 233.
173 Die Untersuchungen führte der Restaurator Peter Laros (Bodenheim) im November 1987 durch. EinExemplar des Gutachtens befindet sich im Kulturamt der Stadt Koblenz.
174 Die Untersuchung über die ursprüngliche farbliche Gestaltung der Häuser Florinsmarkt 18 und 20 legten die Restauratoren Peter und Michael Laros (Bodenheim/Walluf) im September 1990 vor. Exemplare des Gutachtens befinden sich im LAD Mainz und im Koblenzer Architekturbüro Heinrich Heidger.
175 Vgl. Stephan, Bürgerhaus in Mainz, S. 77.
176 Lechner, Madonna als Hauszeichen, S. 349.
177 Michel, Kunstdenkmäler, S. 230, 239 und 241.
178 Michel, Kunstdenkmäler, S. 264 (Abbildung).
179 Akten des Kulturamtes: Bericht des Restaurators Antoninus Herrmann vom 13. November 1989: Im ersten Obergeschoss wurde der Lehmputz an der Balkenunterseite abgeschlagen. Dabei entdeckte man Spuren, die auf das einstige Vorhandensein weiterer Stuckprofile schließen lassen.
180 Michel, Kunstdenkmäler, S. 247.

Druckversion | Sitemap
© Dr. Dr. Reinhard Kallenbach 1993-2024

Anrufen

E-Mail

Anfahrt