Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung
   Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung

Teil 2

 Vom Hospital zur städtischen Krankenanstalt

 

1. Alternativen zur „Verwahranstalt“

 

Im Zeitalter der Aufklärung veränderte sich auch die medizinische Versorgung. Ende des 18. Jahrhunderts setzten sich die bürgerlichen Ärzte mit akademischer Ausbildung durch. Diese neue Generation von Medizinern wollte die Bevölkerung in einem bis dahin noch nicht da gewesenen Umfang unterstützen und in die Lage versetzen, ihre Gesundheit zu schützen. Das traditionelle, auf mildtätige Stiftungen begründete Hospital wurde als ungesunde Verwahranstalt für Alte1 und unterprivilegierte Schichten kritisiert.2 Die Einrichtungen wurden schließlich aus ihrer ursprünglichen Funktion als reine Einrichtungen für Hilflose und Bedürftige herausgelöst und als „Optimalmilieu ärztlicher Intervention und medizinischen Wissens“ entdeckt. Dort eröffnete sich, so Christian Barthel, für Ärzte die Chance, „die medikalisierungsresistenten Unterschichten einer systematischen Sozialisierung/Zivilisierung nach gesundheitspolitisch-hygienischen Standards zu unterwerfen, mithin jenes professionspolitische Wunschziel, die Institutionalisierung der ,despotischen‘ Dominanz des Arztes über die zugleich vertraute Ohnmacht des Kranken zu realisieren.“3

 

Die „Neuentdeckung“ des Hospitals steht im Kontext von politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Veränderungen im Zuge des Reformabsolutismus, wobei bereits im 17. Jahrhundert entscheidende Impulse von England ausgingen.4 In diesem Zusammenhang sei an Francis Bacon (1561–1626) erinnert, der sich als Lord-Kanzler von König James I. (1603–1625) aus dem Staatsdienst zurückzog, um die Wissenschaft von Aberglauben, Vorurteilen und Dogmatismus zu reinigen.5 Nicht nur in den Bereichen Architektur und Städtebau, sondern vor allem auch in der Medizin begann nun eine Zeit der Utopien. Man träumte von einer Ära, in der gesunde Lebensführung und andere Präventionsmaßnahmen die Ärzte überflüssig machten, weil es dann keine Kranken mehr geben würde. Als Ursache für die aktuelle gesundheitliche Misere in der Bevölkerung hatte man nicht mehr ausschließlich Übermaß und Faulheit ausgemacht. Mediziner erkannten zunehmend, dass Armut und vor allem die katastrophalen Lebensbedingungen in weiten Kreisen der Bevölkerung die Haupthemmnisse für eine Verwirklichung ihrer Idealvorstellungen waren.6 

 

Ob die neuen Ideale bei Napoleon Bonaparte ankamen, darf bezweifelt werden. Er hatte ganz andere Motive, sich persönlich darum zu kümmern, dass in den linksrheinischen Gebieten (die auf Grundlage des Friedens von Lunéville seit dem 23. September 1802 auch formell zum französischen Staat gehörten) die Einrichtung von Hospitälern forciert wurde. Die Beweggründe des Korsen, der am 27. Mai 1804 zum Kaiser der Franzosen proklamiert wurde, waren dabei alles andere als edel. Napoleon ging es in erster Linie um ein gut organisiertes Netz zur medizinischen Versorgung verwundeter Soldaten. Dieses Netz sollte vor allem auch mit Gebäuden und Vermögen der geistliche Korporationen und Stiftungen im Rheinland geknüpft werden. Diese waren mit dem am 2. Juli 1802 publizierten Übergangsgesetz aufgehoben worden. Der nächste Schritt folgte schnell: Napoleon, der bereits im November 1799 per Staatsstreich die alleinige Macht in Frankreich an sich gerissen hatte, forderte 1803 eine Vermögensveranschlagung der wohltätigen Einrichtungen. François Louis René Mouchard de Chaban, der als Präfekt von 1803 bis 1805 an der Spitze des Rhein-Mosel-Departements stand, erhielt die entsprechenden Anweisungen am 18. Juli 1803.7 Das war übrigens nicht das erste Mal, dass eine solche Anordnung erfolgte. Die französische Militärbehörde in Aachen, der von 1794 bis 1797 die Gebiete westlich des Rheins unterstanden, hatte bereits 1795 Berichte über das Stiftungsvermögen von Hospitälern und Armenverwaltungen angefordert.8

 

Napoleon nutzte die Zeit zwischen der Proklamation und seiner Krönung am 4. Dezember 1804 dazu, eine längere Reise durch die neuen französischen Gebiete zu unternehmen. Am 17. September 1804 traf er in Koblenz ein, wo er drei Tage Station machte. Die Stadt interessierte ihn wegen ihrer wichtigen Lage besonders. Natürlich bemerkte er schnell, dass die Versorgung potenzieller Verwundeter in der alten Hauptstadt des Niedererzstiftes Trier zu wünschen übrig ließ. Freilich war sich auch die Verwaltung im Departement der unbefriedigenden Situation bewusst. Schon aus dem Spätjahr 1794 ist eine städtische Hospitalkommission überliefert, die die französischen Militärlazarette beaufsichtigen sollte. Vier Jahre später entschied sich die Munizipalverwaltung dazu, eine Bürgerhospitalkommission zu berufen. Diesem Gremium gehörten fünf Mitglieder an. Sie sollten die Einrichtungen für Arme, Kranke, Waisen und Witwen in der Stadt beaufsichtigen.9 Grundlage hierfür war das neue Gesetz vom 7. Oktober 1796 für das französische Kernland, das alle „Civil Hospizien“ in jeder Stadt einer neu zu schaffenden Hospizienkommission unterstellte. Diesen Kommissionen sollten jeweils fünf Bürger angehören. Im Juli 1798 wurde dieses Gesetz auf die gesamte Rheinprovinz ausgedehnt.10

 

Dass das Hospital im alten Franziskanerkloster im Bereich der Kastorgasse gegründet wurde, stand ziemlich schnell fest. Dabei brachte die vom Präfekten Chaban weitergegebene Anweisung zur Vermögensveranschlagung zunächst keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Am Ende kam dann doch eine Liste von mildtätigen Stiftungen zusammen, mit der die Erstdotation eines Koblenzer Bürgerhospitals vorgenommen werden konnte. Auf jeden Fall war der Kaiser wieder sehr schnell. Knapp zwei Wochen nach seinem Koblenz-Besuch erließ er am 1. Oktober 1804 in Mainz ein Dekret, dass grundsätzlich die Einrichtung des Hospitals im Franziskanerkloster ermöglichte. Am 13. November 1805 legte ein weiteres kaiserliches Dekret die Details für das neue Koblenzer Hospital fest, das ein Stiftungsvermögen von 87.652 Francs hatte. Dieses Vermögen sollte Jahreseinkünfte in Höhe von 8590,70 Francs abwerfen.11

 

Die Größe des Hospitals war zunächst mit 40 Betten angesetzt, aber nur die Hälfte konnte auch wirklich schnell belegt werden. Die restlichen Betten wollte man nach dem Wachstum der Einnahmen und Bedürfnisse beschaffen. Dabei ging es zunächst nicht zwangsläufig um die Aufstockung der Bettenzahl. Das Koblenzer Hospital sollte – modern ausgedrückt – vor allem eine Anstalt der ambulanten Schwerpunktversorgung sein. Der stationäre Aufenthalt war nach Möglichkeit zu vermeiden. Wie Michel Foucault betont, wurde damals der natürliche Ort der Krankheit als natürlicher Ort des Lebens gesehen. Das heißt: Der beste Platz für Pflege und Genesung eines Kranken war die Familie.12

 

Trotz der zunehmenden Medizinalisierung von Staat und Gesellschaft und trotz aller Reformbestrebungen seit dem 18. Jahrhundert wurden Hospitäler weiterhin als notwendiges Übel betrachtet. Wer Spitäler und andere mildtätige Stiftungen als Werk der Eitelkeit abtat, war nicht alleine. So ist die „Philosophie im Boudoir“ des radikal revolutionär eingestellten Marquis de Sade (1740–1814) ein Spiegel des Zeitgeistes. In den Dialogen bringt die Hauptfigur Dolmancé die 15-jährige Eugénie wie folgt auf Abwege: „Mildtätigkeit ist eher ein Laster des Stolzes als eine echte Seelentugend; man hilft seinem Nächsten aus Prahlerei, niemals in der alleinigen Absicht, eine gute Tat zu vollbringen; man wäre sehr verärgert, wenn nicht allgemein bekannt würde, welche Almosen man gegeben hat. Und bilde dir nicht ein […] diese Tat hätte so gute Wirkungen, wie man sich vorstellt; ich jedenfalls betrachte es als den allergrößten Schwindel. Man gewöhnt den Armen an fremde Hilfe, die seine eigene Kraft zugrunde richtet. Er arbeitet nicht mehr, wenn er auf Ihre Nächstenliebe rechnet, und wird, sobald sie ihm fehlt, zum Dieb oder Mörder. […] Sie wollen keine Armen in Frankreich haben? Dann verteilen Sie keine Almosen, und schaffen Sie vor allem die Armenhäuser ab.“13

 

Zwar wurde Marquis de Sade viel mehr durch seine pornografisch-literarischen Exzesse als durch seine radikale Naturphilosophie bekannt, doch waren seine Ansichten zur damaligen Zeit durchaus salonfähig. So sah der Engländer Thomas Robert Malthus (1766–1834), der jüngst vom Journalisten Christian Rickens als Urvater aller demografischen Irrtümer angeprangert wurde, wenig Sinn darin, die Lage der Unterschichten durch Armenfürsorge zu verbessern. Malthus behauptete in seinem Buch „An Essay on the Principle of Population“ von 1798, dass ein Sozialsystem perspektivisch die Geburtenrate derart in die Höhe treibt, dass die Nahrungsmittel auf Dauer nicht mehr ausreichen würden.14 Diesen Gedanken lag die Auffassung zugrunde, dass jeder durch harte Arbeit seine Probleme selbst lösen konnte. Dadurch erhielt die in Antike und Mittelalter als notwendiges Übel oder gar Strafe angesehene Arbeit auch eine neue philosophische Qualität. Dies spiegelt sich ganz besonders in der protestantischen Arbeitsethik wider, wie sie der Züricher Geistliche Johann Caspar Lavatter (1741–1801) in seinem vierbändigen Werk „Aussichten in die Ewigkeit“ von 1773 formulierte und die die Arbeit zum gottgewollten Lebenszweck erhob. Natürlich stand Lavatter mit dieser Auffassung nicht allein. Bereits Max Weber hatte in seinem Werk „Die Protestantische Ethik und der ,Geist‘ des Kapitalismus“ (1904/1905) auf die Ursprünge der neuen Arbeitsethik im 16. Jahrhundert hingewiesen.15

 

Den neuen Theorien, die im krassen Gegensatz zur caritas des Mittelalters standen, steht allerdings die Tatsache gegenüber, dass der Staat sich schon seit dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts verstärkt in die Sozialfürsorge für die weniger wohlhabenden Schichten einsetzte. Eine Vorreiterstellung übernahm dabei Preußen. Bereits 1727 wurde die berühmte Charité als „Heil- und Lehranstalt“ gegründet. In der neuen Einrichtung sollten zunächst die kranken Armen der Stadt Berlin gepflegt werden. Finanziert wurde das Ganze über ein jährliches Fixum aus der Staatskasse. Dazu kamen Holzdeputate und Zustiftungen.16 Das Beispiel der Charité steht auch für den Beginn des modernen Krankenhauswesens in Deutschland. Und nicht nur in Berlin hatte man erkannt, dass das auf Wohltätigkeit von Bürgern und geistlichen Korporationen gegründete mittelalterlich-frühneuzeitliche Hospital die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit erreicht hatte. Das galt vor allem für Koblenz und die anderen Städte in den Rheinlanden. Mit dem Siegeszug französischer Revolutionstruppen und dem damit einhergehenden Bedeutungsverlust für geistliche Korporationen fielen die traditionellen Formen der Fürsorge einfach weg. Schon aus ideologischen Gründen stellten die Franzosen alle überkommenen medizinischen Strukturen infrage.17

 

Im Zuge der Eingliederung der Rheinlande in den französischen Staat musste es zwangsläufig auch um die straffe Neuorganisation des Medizinalwesens und damit auch um die Hospitäler gehen. Trotz dieser klaren Linie in der Politik waren es nicht die französischen Hospitäler, die Vorbildfunktion für die Einrichtung von Krankenhäusern in den deutschen Staaten hatten. Kein Wunder: Die gewaltigen politischen Umwälzungen in Frankreich hatten vorübergehend sogar zu einem Stillstand in der Reform des Hospitalwesens geführt. Anders sah es in Preußen aus – nicht nur wegen der Charité. So stellte das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 alle öffentlichen Armenanstalten unter den besonderen Schutz des Staates.18 Einen noch weit größeren Einfluss auf die Entwicklung des Krankenhauswesens in den deutschen Staaten hatten die Entwicklungen in Österreich. Vorbild wurde das Allgemeine Krankenhaus in Wien, das zunächst durch den Umbau des Großen Armenhauses in der Regierungszeit Kaiser Josephs II. eingerichtet wurde. Während rein äußerlich vieles beim Alten blieb, wurden die Innenräume völlig neu geordnet und mit sogenannten „Luftbrunnen“ zur Verbesserung der Frischluftzufuhr versehen. Die Kapazität des Krankenhauses lag bei rund 2000 (!) Patienten. Und: Es gab mehrere Abteilungen mit einer klaren Personalstruktur, die auch aus heutiger Sicht vertraut wirkt: Ärzte, Hilfsärzte, Studenten, Pfleger und Schwestern versahen dort ihren Dienst.19

 

Die Spezialisierung in den Krankenhäusern und schließlich auch die Herausbildung neuer Hospitaltypen war ein Resultat der Verbesserung der Ausbildung von Medizinern. Um 1800 hatte sich an den Fakultäten eine Zweiteilung durchgesetzt. Auf der einen Seite standen Lehrstühle für Innere Medizin, Pathologie und Therapie, auf der anderen Seite Professuren für Chirurgie, Augenheilkunde und Geburtshilfe. In der Folge entstanden an den Hospitälern verschiedene Abteilungen, zum Beispiel für Innere Medizin und Chirurgie. Letztere gliederte sich weiter auf, nachdem die Einführung der Narkose 1847 ein schmerzloses, vor allem aber sauberes Operieren ermöglichte. Darüber hinaus entwickelten sich die Augenheilkunde und die Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde zu eigenständigen Disziplinen, die wiederum eigene Abteilungen, oft sogar ganze Kliniken für sich beanspruchten.20 Ein weiteres Beispiel sind die Augenheilanstalten.21

 

Ein hohes Maß an Spezialisierung war natürlich in den ersten Jahrzehnten des Koblenzer Bürgerhospitals nicht möglich. Dessen Dimensionen waren nicht mit denen in den großen europäischen Städten vergleichbar. Immerhin gab es die bereits in französischer Zeit deutlich formulierte klare Aufteilung zwischen Verwaltung und medizinischer Betreuung. Direktion und Aufsicht der neuen Einrichtung übernahm der Präfekt persönlich. Die Verwaltung sollte dagegen durch eine Kommission von fünf Mitgliedern übernommen werden, die allerdings kein Entgelt erhielten. Vorsitzender des Gremiums war der Maire. Für die medizinische Betreuung waren ein Arzt und ein Chirurg vorgesehen. Die Seelsorge übernahm ein Geistlicher. Für den inneren Dienst sollte auf acht Kranke ein Betreuer kommen. Schon damals wurde festgelegt, dass man diese Aufgabe am besten den Barmherzigen Schwestern (Borromäerinnen) übertragen sollte.22 Die im Gründungsdekret aufgeführten traditionellen Koblenzer Stiftungen waren einem Wohltätigkeitsbüro unterstellt. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 und der direkt folgenden Säkularisation geistlichen Vermögens (die auch Stiftungen betraf) stand den Hospitalgründern Geld zur Verfügung, um Wohnungsbeihilfen zu gewähren oder um Findel- und Waisenkinder zu versorgen. Die Größe des neuen Bürgerhospitals war allerdings bescheiden. In der Anfangsphase wurden nur 20 Betten für Zivilisten bereitgestellt. Immerhin gab es mit Christian Kühn und Dr. Nikolaus Settegast zwei Ärzte. Dennoch war das Koblenzer Hospital wie in anderen vergleichbaren Städten auch kein Krankenhaus im heutigen Sinn.23

Im Grunde genommen war das Hospital auch in der Ära Napoleons immer noch ein Instrument der Armenfürsorge. Wer es sich leisten konnte, ließ sich im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung behandeln. Dazu kam, dass die Franzosen die Zahl der armen Kranken, Alten und Schwachen in Koblenz anfangs unterschätzten. Die Administration ging zunächst von 40 Betroffenen aus. Doch schon Alexandre Lameth, der in den Jahren 1805 und 1806 als Präfekt an der Spitze des Rhein-Mosel-Departements stand, machte sich keine Illusionen. Präfekt Lameth berechnete, dass die Quote der Bedürftigen in der damals rund 9000 Einwohner zählenden Stadt bei etwa zehn Prozent lag. Die Zahl der hilfsbedürftigen Kranken wurde auf 450 geschätzt. Spätestens als diese Zahlen vorlagen, wurde den Franzosen klar, dass die Kapazitäten des Hospitals bei Weitem nicht ausreichten. Präfekt Lameth regte deshalb an, die für Koblenzer Bürger zur Verfügung stehenden Betten auf 40 zu verdoppeln. Darüber hinaus forderte er Räumlichkeiten für Findelkinder, Witwen, Alte und unheilbare Kranke. Finanziert werden sollte dies durch den Verkauf genau der an die Kommune gefallenen Häuser, die der Armenfürsorge gestiftet worden waren. Auch andere Stiftungen wie der Siechhausfonds sollten herangezogen werden. Die Maßnahmen der Franzosen hatten Erfolg. Bis 1816 war der Wert des Hospitalvermögens von 87.652 Francs auf 130.926 Francs gestiegen. Dazu kam ein nicht unerheblicher Grundbesitz. In den folgenden Jahren sollte sich die Ausstattung des Bürgerhospitals durch Schenkungen weiter verbessern. So spendete der Provinziallandtagsabgeordnete, Stadtrat und Industrielle Hermann Joseph Dietz der Einrichtung 500 Taler. Der Stifter war Mitinhaber der Blechwarenfabrik Schafhausen & Dietz in der Alten Burg und ein Freund von Clemens Brentano. Der Romantiker lebte von 1824 bis 1829 im Hause der Familie Dietz und engagierte sich ehrenamtlich im Bürgerhospital.24

 

Trotz deutlicher Fortschritte sollte man sich keine Illusionen über die Zustände in der neuen Einrichtung machen, die nicht besser gewesen sein dürften als in anderen Städten. Christian Barthel bringt es auf den Punkt: „Aber die Realität in den Hospitälern entspricht in keiner Weise dem polizeylich-disziplinarischen Traum einer transparenten Ordnung des Elends wie dessen nachhaltiger Besserung. Statt der programmatischen Strenge herrscht hier in Wirklichkeit das Chaos akkumulierter ,Unmenschlichkeit‘. In den Sälen der Hospitäler lagern Kranke, Sterbende, Alte, Irre, Frauen wie Männer in wilder Unordnung. Inmitten dieses Tumults wird operiert, amputiert – begleiten die Schreie der Malträtierten die Agonie der gleicherorts Sterbenden und Ängste derer, die sich ähnlicher Prozeduren unterziehen mußten. Für die philanthropisch gestimmten Gemüter, die Ordnung und Sauberkeit liebenden Aufklärer und Gesundheitspolitiker eröffnete sich hier statt eines strengen Disziplinarparcours die schrecken- und ekelerregende Fauna des gesellschaftlichen Abschaums.“25

 

Der Aufenthalt in einem Hospital verbesserte die Chancen nicht, einen schwereren Eingriff zu überleben. Anästhesie und Asepsis – die erste aseptische Klinik der Welt wurde erst 1875 nach Vorstellungen Gustav Adolf Neubers (1850–1932) in Kiel eröffnet – waren in dieser Zeit noch unbekannt. Da man noch nichts über Keime wusste, war es zu Beginn des 19. Jahrhunderts unüblich, Operationsgeräte zu desinfizieren. Dazu kam, dass es für die Kranken nicht genug saubere Wäsche gab. Auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln reichte nicht aus. Die Bedürftigen waren auf Strohsäcken voller Ungeziefer gebettet, die viel zu selten gewechselt wurden. Besonders schlimm muss es im Winter gewesen sein: Die Raumtemperaturen erreichten kaum die Marke von 10 Grad Celsius, die Beleuchtung war völlig unzureichend.26 Dass Franzisca Loetz mit dieser Einschätzung durchaus richtig liegt, zeigen auch die zeitgenössischen Quellen.27 So führte der Münchner Franz Xaver Häberl 1794 die Ursache der „pestilenzialischen Luft“ in den Krankensälen auf die „vielen Leibstühle [zurück], welche neben den Betten der Kranken stehen und zum Ausleeren, welches ohne Rütteln nicht geschehen kann, durch das Zimmer getragen werden müssen.“28 Häberl spricht ganz offen davon, dass die Krankenhäuser zu Mördergruben werden, wenn 40 Kranke den Tag hindurch „faulichte und gallichte Ausleerungen verrichten“.29 Sechs Jahre zuvor hatte Max Stoll geklagt, dass die Wäsche der Patienten meist zerrissen und voller Ungeziefer war. Die Konzentration der Körper, des Drecks und der Krankheit führten zum tödlichen Hospital- und Faulfieber, sodass in einem größeren Hospital auf fünf Kranke stets eine Leiche kam.30

Angesichts der geschilderten Zustände verwundert es nicht, dass sich das „neue Bürgertum“ in den Hospitälern engagierte – vielleicht auch, um das soziale Gewissen zu beruhigen. Zu tun gab es ohnehin genug, vor allem dann, als sich die französische Herrschaft am Rhein ihrem Ende näherte. Die Annahme, dass sich in Krisenzeiten bis zu drei Patienten ein Hospitalbett teilten31, dürfte auch im Falle von Koblenz nicht allzu abwegig klingen. Fest steht, dass im Kurfürstlichen Schloss in der Neustadt zusätzliche Kapazitäten für verwundete Soldaten geschaffen wurden. Als sich die Franzosen in der Silvesternacht 1813/14 zurückziehen mussten, überließen sie die Verwundeten einfach ihrem Schicksal. Die verletzten Soldaten wurden wohl von den nachrückenden russischen Soldaten getötet – man wollte keine weiteren Kostgänger und hatte Angst vor ansteckenden Krankheiten.32

 

Auch die erhebliche Erweiterung des Hospitals 1825 dürfte die individuelle Situation der Kranken nicht wesentlich verbessert haben. Erst mit dem Auftreten der ersten großen Choleraepidemie sollte sich die Denkweise grundsätzlich ändern. So erließ die Königliche Regierung in Koblenz bereits 1831 eine „Anweisung zur Krankenwartung“. Demnach musste ein gutes Krankenzimmer geräumig, hoch, trocken und hell, womöglich sogar „[…] gegen Mittag oder Morgen gelegen sein und eine gehörige Lufterneuerung, Erwärmung, Erleuchtung und Reinigung gestatten“. Die Räume sollten nichts Überflüssiges enthalten, „sondern nur diejenigen Geräthschaften, welche die Wartung und Pflege des Kranken erfordert, ein Bette, einen oder zwei Tische, worunter ein Nachttisch, ein Kanapee oder einen Lehnstuhl und einige gewöhnliche Stühle“. Weiterhin heißt es: „Die Bettstelle sei frei von Ungeziefer, fest an ihrem Boden nicht mit Brettern, sondern mit Gurten versehen, damit auch von unten die Luft die Kissen berühre. Gardinenbetten taugen insofern nicht, als sie den Zutritt der Luft verhindern. Das Bette stehe im Zimmer so frei, dass der Wärter und der Arzt an jeder Seite an dasselbe gelangen können. Besonders hüte man sich, es gegen feuchte Wände oder zu nahe an den Ofen, an das Fenster und die Thür zu stellen, damit der Kranke vor Zugwind gesichert wird. Auch darf das Licht dem Kranken nicht grade in die Augen fallen. Matrazen verdienen den Vorzug vor den Federbetten, ebenso sind diesen die Strohkissen vorzuziehen. Als Kopfkissen würde ein mit Rosshaar gefülltes zu empfehlen sein. Zum Zudecken dient am besten eine in ein Leintuch geschlagene Steppdecke oder eine einfache wollene Decke. […]“33 Die Vorschriften zeugen vom Wunsch, die Zustände in den Krankenhäusern erheblich zu verbessern – auch wenn die Patienten in der Regel nach wie vor aus den ärmeren Schichten kamen. Und auch der Zeitpunkt kam nicht von ungefähr. Fiel er doch genau in eine Phase, in der man begann, den Wert von öffentlichen Krankenhäusern als wissenschaftliche Bildungsanstalt für den medizinischen Nachwuchs zu erkennen. Karl Wilhelm Stark zum Beispiel (1787–1845) legte 1839 einen „Plan zur inneren Einrichtung und Verwaltung einer öffentlichen Krankenanstalt, vom ärztlichen Standpuncte aus entworfen“ vor. Der Jenaer Professor gilt als Hauptvertreter der sogenannten Naturhistorischen Schule, die in den 1830er- und 1840er-Jahren ihren größten Einfluss entfaltete. 34

 

Die neue Denkweise überwand Romantik und Naturphilosophie und ebnete in Verbindung mit einer zunehmenden Professionalisierung in Medizin und Pflege dem naturwissenschaftlichen Positivismus den Weg. Und Karl Wilhelm Stark hatte ganz klare Visionen, die nichts mehr mit der Armenanstalt der Frühen Neuzeit zu tun hatten. Der Mediziner betonte: „Ein öffentliches Krankenhaus ist eine Staatsanstalt. Als solche muss es den Zwecken des Staates dienen. Förderung des geistigen und körperlichen Wohls seiner Bürger ist aber Endzweck des Staates. Ein öffentliches Krankenhaus muß daher gleichfalls diese doppelte Aufgabe des Staates zu realisieren suchen. Ist es eine Anstalt, in welcher die Glieder des Staates, denen es an allen Mitteln fehlt, ihre verlorene Gesundheit wieder herzustellen, diese auf die kürzeste und sicherste Weise wieder erhalten können, so erfüllt es dadurch die eine Seite jener Aufgabe: Fürsorge für das physische Wohl der Bürger. Der andern Seite derselben: Förderung der geistigen Veredlung derselben kann es unstreitig auf eine seines Hauptzwecks angemessene Weise nur dadurch genügen, dass es zur geistigen Entwicklung und Ausbildung der jungen Aerzte und der Medicin als Wissenschaft selbst das Mittel abgiebt. Als Heil- und wissenschaftliche Bildungsanstalt zugleich muß ein öffentliches Krankenhaus seyn, wenn es dem Staatszweck vollkommen entsprechen soll.“35

 

Es verging allerdings noch einige Zeit, bis sich die Idee von einem zeitgemäßen Krankenhaus überall durchsetzte. Es kommt nicht von ungefähr, dass sich der Mediziner und Sozialreformer Rudolf Virchow zu Wort meldete und bereits 1848 den Finger in eine Wunde legte: Bislang erfuhren nur die Kranken eine anständige Behandlung, die die noch jungen Krankhäuser der neuen Generation großzügig finanziell unterstützen konnten. Rudolf Virchow, der in Deutschland der wichtigste Wegbereiter der wissenschaftlichen Medizin gewesen sein dürfte36, forderte nun eine gute Behandlung unabhängig von der sozialen Zugehörigkeit oder Religion, räumte aber in einem Beitrag in der Wochenschrift „Die medicinische Reform“ vom 1. September 1848 ein: „Bis jetzt war es aber umgekehrt; man fragte aber zuerst, ob der Mensch bezahlen könne oder ob ein anderer für ihn zu bezahlen die Verpflichtung habe; und nur im äußersten Nothfalle, wo es geradezu negativer Mord gewesen sein würde, jemanden abzuweisen, entschied man sich zuweilen für ,vorläufig‘ unentgeldliche Aufnahme.“37

 

Die Missstände in den Kliniken lagen aber nicht nur in den ungelösten sozialen Fragen begründet, sondern in den allgemein schlechten hygienischen Bedingungen. Man bedenke: Die zwingend erforderliche Bekämpfung oder Fernhaltung von Krankheitserregern war – wie bereits angedeutet – nicht bekannt oder wurde ignoriert. Dabei hatte der Arzt Ignaz Philipp Semmelweis (1818–1865) bereits 1847 seine Beobachtungen über die Übertragung des Kindbettfiebers durch die „untersuchenden Hände“ veröffentlicht. Die Aufforderung des Mediziners, der in der geburtshilflichen Klinik in Wien arbeitete, an ausreichende Maßnahmen zur Desinfektion zu denken, wurde lange nicht zur Kenntnis genommen.38 Und so sollten sich auch die Verhältnisse im Koblenzer Hospital erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entscheidend verbessern, weil weitere umfassende Baumaßnahmen folgten. Wie die Pockenkatastrophe im Hospital von 1882 zeigte, konnte von optimalen hygienischen Bedingungen im Bürgerhospital noch lange keine Rede sein.

 

 

 

1.1 Heilsame und billige Medizin

 

Als im November 1805 das Bürgerhospital aus der Taufe gehoben wurde, ging es zunächst um die medizinische Versorgung von Soldaten. Schnell wurde deutlich, dass die Neugründung nicht ohne Apotheke auskommen konnte. Und so ließ der damalige französische Präfekt Adrien de Lezay-Marnesia 1806 nicht nur eine Rechtsschule mit Promotionsrecht im Metternicher Hof einrichten, sondern ordnete auch die Einrichtung einer Spitalapotheke an. Die Motive hierfür waren rein finanzieller Natur. Dem Präfekten war die Belieferung des Hospitals durch die Apotheker in der Stadt zu teuer geworden. Und so liest sich seine Verfügung wie ein Vorstoß des Bundesgesundheitsministeriums. „Die bedeutenden Ausgaben für die Arzneien müßten bei der wirtschaftlichen Lage des Hospitals herabgemindert werden“, so die griffige Formel des Präfekten. Der machte allerdings nichts anderes, als die Forderungen aus der fernen Hauptstadt umzusetzen – Koblenz gehörte damals zum französischen Staatsgebiet und war dem Pariser Zentralismus unterworfen.39

 

Aus Paris kam natürlich auch das amtliche Arzneibuch, das vom Generalrat für die Verwaltung der zivilen Krankenhäuser auf den Weg gebracht worden war. Es ging einfach darum „eine Menge unnützer und kostspieliger Medikamente auszuscheiden, deren Bereitung zudem den Dienst im Hospital erschwere und den Platz der meist ausreichenden einfachen Medikamente einnähme, welch‘ letztere einem geschickten Arzte, abgesehen von außerordentlichen Fällen, genügten.“40 Carl Mohr wurde schließlich zum ersten Leiter der neuen Hospitalapotheke ernannt. Der Apotheker hatte sich für die Aufgabe selbst ins Spiel gebracht. Dafür musste er aber erhebliche Abstriche machen: Seine Honorierung wurde erst Monate später geregelt. Auch bei der Ausstattung musste Carl Mohr Vorleistungen erbringen.41 Der Gründer der Apotheke war übrigens Vater von Carl-Friedrich Mohr, der 1806 als jüngstes von sechs Geschwistern das Licht der Welt erblickte und später einer der bedeutendsten Pharmazeuten und Naturwissenschaftler seiner Zeit werden sollte. Aber schon sein 1776 geborener Vater war recht erfolgreich. Er war Besitzer der „Mohren-Apotheke“. Diese zog später um und wurde in „Apotheke am Jesuitenplatz“ umbenannt. Carl Mohr war Mitbegründer und mehrfacher Direktor der heute noch bestehenden Bürgergesellschaft Casino zu Coblenz“, die offiziell dem wissenschaftlichen Austausch und der Geselligkeit dienen sollte, sich aber in Wirklichkeit für den Erhalt deutscher und rheinischer Sitten einsetzte.

 

Nach Ende der französischen Ära ging die Patientenzahl im Bürgerhospital zurück. Carl Mohr wollte die Gunst der Stunde nutzen, um die Versorgung des Krankenhauses im alten Franziskanerkloster über seine Mohren-Apotheke sicherzustellen. Seine Rechnung ging nicht auf. Auf Drängen der Hospitalverwaltung blieb die Krankenhausapotheke bestehen – und die neue preußische Bezirksregierung sorgte dafür, dass Carl Mohr das Amt des Hospitalapothekers abgeben musste. Der Hospitalarzt führte zunächst die Geschäfte weiter, doch bereits 1818 bestand die Bezirksregierung auf der Leitung durch einen geprüften Apotheker. Von 1819 bis 1823 übernahm Apotheker Bithens die Oberleitung der Hospitalapotheke, danach folgte für ein halbes Jahr Wilhelm Heinrich Bennerscheid und anschließend Carl Josef Fischer aus Trier.42 1826 sollten sich die Dinge noch einmal grundlegend ändern. Damals übernahmen die „Barmherzigen Schwestern“ auch die Apotheke, nachdem sie zwei Jahre zuvor ihren Dienst im Hospital angetreten hatten. Die Aufsicht über die Apotheke oblag jedoch dem Hospitalarzt Dr. Ulrich, dem aber nach Einschätzung der Hospitalverwaltung „wegen Inanspruchnahme durch seine sonstigen Berufspflichten die Zeit gemangelt habe, die nötige Aufmerksamkeit der Apotheke zuzuwenden“.43

 

1844 forderte die Koblenzer Bezirksregierung schließlich die vollständige Neuorganisation der Apotheke. Die Leistungen der Schwestern wurden jedoch stets gewürdigt. Und so kam es, dass die Schwestern auch bei der Verlegung des Bürgerhospitals auf das Kemperhofgelände den Ton angaben. So übernahm Schwester Felicitas (Katharina Beutler) bis zu ihrem Tod 1941 die Führung der Einrichtung. Allerdings gab es seit 1928 eine „weltliche“ Apothekenhelferin. Die Borromäerinnen verließen erst 1973 den Kemperhof. Schon früher hatte die Kommune die Führung der Krankenhausapotheke für sich beansprucht. Bereits am 23. März 1950 erhielten die „Städtischen Krankenanstalten“ die entsprechende Konzession.44

1.2 Die Wurzeln des Bürgerhospitals

 

Das mittelalterliche und frühneuzeitliche Koblenz war stark vom Wirken der geistlichen Korporationen geprägt. In der Regel waren auch es auch diese, die sich um Krankenpflege und Armenfürsorge kümmerten. Die schriftlichen Quellen über Hospitäler reichen weit in das 12. Jahrhundert zurück. Darin spielt das Stift St. Florin eine wichtige Rolle. Mit dem „Nikolaushospital“ wurde dort die älteste Hospitalstiftung in Koblenz nachgewiesen. Diese Stiftung datiert in das Jahr 1110. Gründer scheint der Trierer Erzbischof Bruno gewesen zu sein.45 Es waren aber auch die Ritterorden, die sich intensiv um die Krankenpflege kümmerten. In Koblenz belegt dies der Deutsche Orden, der in der Stadt bereits 1216 ein größeres Hospital einrichtete. Eine weitere Einrichtung zur Krankenpflege entstand 1238. Aufgrund einer Stiftung konnte das Heilig-Geist-Spital eingerichtet werden, über dessen Geschicke aber nicht ein Orden, sondern der Rat der aufstrebenden Stadt im Erzstift Trier wachte. Dieses städtische Hospital befand sich einst an der Ecke Löhrstraße/Pfuhlgasse, wurde aber zu Beginn des Pfälzischen Erbfolgekrieges (Oktober/November 1688) schwer beschädigt. An Stelle der Hospitalgebäude wurde zwischen 1706 und 1708 das Augustinerinnenkloster St. Barbara errichtet.46

 

Weitere Schriftquellen aus dem 13. und 14. Jahrhundert belegen, dass es im mittelalterlichen Koblenz durchaus ein funktionierendes System der Krankenpflege gab. Auch die Dominikanerinnen im Weißernonnenkloster dürften sich der Krankenpflege verschrieben haben. Ihre Einrichtung wurde 1276 ebenfalls durch eine Stiftung ins Leben gerufen. Auch vor den Toren der Stadt gab es Neugründungen. So ist aus dem auf der nördlichen Moselseite gelegenen Lützelkoblenz (heute Stadtteil Lützel) ein Hospital überliefert, dessen Gründung in das Jahr 1370 fällt. Für Menschen, die an Aussatz – zum Beispiel der gefürchteten Lepra – erkrankt waren, wurde bereits 1267 zwischen Koblenz und Kapellen (heute Stadtteil Stolzenfels) ein sogenanntes Siechhaus eröffnet, von dem sich auch die heutige Bezeichnung Siechhaustal ableitet.47

 

Nicht unterschätzt werden sollte die Rolle der Koblenzer Bürger. In den Quellen sind nicht nur zahlreiche Stiftungen, sondern auch die Gründung sogenannter Bruderschaften überliefert, die ein frühes Netzwerk sozialer Unterstützung bildeten. Diese Hilfe bezog sich nicht ausschließlich auf Koblenzer. Auch Fremde, im damaligen Sprachgebrauch als „Elende“ bezeichnet, konnten von diesen Gründungen profitieren. Davon zeugt die 1441 gegründete Elendbruderschaft, die sich vor allem um die Kranken unter den Fremden kümmerte. Sie sorgte dafür, dass die Elenden ein christliches Begräbnis bekamen, wenn sie fern ihrer Heimat starben.48

 

Stiftungen und Bruderschaften spielten auch im Bewusstsein des Koblenzer Bürgertums im Mittelalter und der Frühen Neuzeit eine besondere Rolle. Boten sie doch die Gelegenheit, im Diesseits etwas Gutes zu tun, um einmal mit ruhigem Gewissen vor das Jüngste Gericht treten zu können. Und so wundert es nicht, wenn sich an die Spitze dieser Gründungen oft wohlhabende Bürger, Kleriker und auch der in der Stadt stark vertretene Adel stellten. Zu den Gründungen von Stiftungen und Bruderschaften kam die Initiative der Landesherren. Die bekannteste Einrichtung wurde jedoch erst im 18. Jahrhundert ins Leben gerufen. Es war die Zeit der Trierer Kurfürsten Franz Ludwig von Neuburg (1716–1729) und Franz Georg von Schönborn (1729–1756), in der das so genannte Priester- und Waisenhaus deutliche Konturen annahm. Wie der Name schon sagt, kümmerte man sich in dieser Einrichtung um Waisenkinder, die im Idealfall zu Priestern ausgebildet wurden. Das Gebäude, das früher an der Stelle der königlichen Regierung (heute Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung) stand, war aber auch ein Alterssitz für ältere und dienstunfähige Geistliche.49

 

Mit einem homogenen Netz der sozialen Fürsorge hatte dies alles jedoch wenig zu tun. Im System klafften gewaltige Lücken, die Selbsthilfeeinrichtungen und Wohlfahrtsorganisationen nur notdürftig füllten. Schon der letzte Trierer Kurfürst, Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1768–1802), hatte dieses Problem erkannt. Zu einer umfassenden Neuordnung kam es nicht. Die entscheidenden Impulse sollte erst die französische Zeit bringen. Als Napoleon Bonaparte in Koblenz Listen über Gebäude und Vermögen einforderte, die für die Gründung von neuen Hospitälern erforderlich waren, wurde sehr schnell klar, dass das 1802 aufgehobene Franziskanerkloster günstige Voraussetzungen bot. Die traditionsreiche Einrichtung hatte eine lange Vorgeschichte, deren Details sich heute nicht immer eindeutig bestimmen lassen. Sicher ist, dass sich die ersten Franziskaner bereits sehr früh in Koblenz niedergelassen haben. Urkundlich sind die „Minderbrüder“ erstmals in einem Testament vom 11. September 1236 zu finden – also nur zehn Jahre nach dem Tod des Ordensgründers Franz von Assisi (1181/82–1226).50 1257 begann der Bau einer Klosterkirche. Dies ist in einem päpstlichen Ablassbrief der Zeit eindeutig belegt.51

 

Wann das Koblenzer Franziskanerkloster gegründet wurde, kann heute nicht mehr festgestellt werden, zumal das Datum der Weihe der Klosterkirche nicht überliefert ist. Erschwerend hinzu kommt die schlechte Quellenlage. Erst 1331 wird die Einrichtung wieder in den Quellen genannt – allerdings nur am Rande, sodass heute völlig unklar ist, wie der Klosterbetrieb aussah. Ebenfalls unklar ist, wie sich die Armenfürsorge und Krankenpflege der Franziskaner im mittelalterlichen Koblenz darstellte. Im 15. Jahrhundert fließen die Informationen besser. Von entscheidender Bedeutung ist das Jahr 1451. Damals führte der Koblenzer Konvent die verschärfte Regel des Ordens ein – die so genannte Observanz. Für die Franziskaner, die in den Quellen nun gern als Rekollekten bezeichnet werden – hatte das gravierende Folgen: Abgesehen von den für die Gottesdienste notwendigen Utensilien mussten die Franziskanerbrüder ihr gesamtes Hab und Gut der Stadt Koblenz übergeben, die die Spende wiederum der Pfarrei Liebfrauen zukommen ließ. Dieses Gotteshaus war auf Initiative Koblenzer Bürger erbaut worden.52 Der Mediziner und Historiker Dr. Fritz Michel brachte die Konsequenzen auf den Punkt. „So waren die Franziskaner fortan nur noch Mieter im eigenen Hause“, stellte der Ehrenbürger der Stadt Koblenz nüchtern fest.53 Erneut schweigen die Quellen. In der Überlieferung des 17. Jahrhunderts wird der sehr schlechte Zustand des Klosters deutlich. Ein Zeichen dafür ist, dass der Rat der Stadt Koblenz sich 1628 dafür entschied, den Mönchen einen Zuschuss für die Wiederherstellung der Klosterkirche zu gewähren.54 Trotz der widrigen Bedingungen im kriegerischen 17. Jahrhundert dachte man in der Stadt stets daran, das Franziskanerkloster zu einer neuen Blüte zu bringen. So ist in den Ratsprotokollen des Jahres 1675 immer wieder von einem „Kirchen- und Closterbav“ der Franziskaner die Rede.55 Aus weiteren Quellen des ausgehenden 17. Jahrhunderts ist überliefert, dass in den Jahren von 1693 bis 1696 ein umfassender Klosterneubau für die Franziskaner erfolgte.56

 

Nach der Aufhebung des Koblenzer Franziskanerklosters infolge des Konsularbeschlusses vom 9. Juni 1802 sollten gravierende Veränderungen vorgenommen werden. Präfekt Alexandre Lameth trieb in seiner kurzen Amtszeit (1805–1806) den Ausbau des Hospitals voran und ließ den Brücken- und Straßeninspektor Six ein Konzept für den Umbau sowie einen Kostenvoranschlag erstellen. Diese sollten Grundlage für die Ausführungsplanungen des Koblenzer Architekten Christian Trosson sein.57 Die gesamte Westhälfte der einstigen Klosterkirche einschließlich der Rochuskapelle wurde beim Klosterumbau aus der französischen Zeit abgerissen. Am Ende stand nur noch eine einschiffige Kapelle mit Chorabschluss, die wie die Reste der Klosterbauten im Zuge der völligen Neuanlage des Kastorviertels ab 1957 verschwinden sollte. Die eigentlichen Klosterbauten, die zwischen 1694 und 1696 errichtet worden waren und zu denen natürlich auch ein Kreuzgang gehörte, schlossen sich an die Südwand der alten Kirche an. Nach Fritz Michel waren die alten Klostergebäude nur zwei Stockwerke hoch. Die ganze Anlage wurde 1873 noch einmal ergänzt, in dem der Nordflügel fast komplett neu gebaut wurde. Dazu kam noch der ebenfalls neue Haupteingang.58

 

 

1.3 Der Ausbau in preußischer Zeit

 

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen in den ersten Jahren der noch jungen preußischen Rheinprovinz sollte das Bürgerhospital aufgewertet werden. Es sollte eben nicht nur für die einheimische „Solidargemeinschaft“ da sein. Wie im Allgemeinen Landrecht formuliert, sollten im Koblenzer Bürgerhospital auch Auswärtige behandelt werden. Das war zu dieser Zeit nicht unbedingt selbstverständlich. Trotz der neuen gesetzlichen Vorgaben war es vielerorts immer noch üblich, erkrankte Fremde einfach wegzuschicken oder gar zu verjagen.59 1825 wurde das Koblenzer Franziskanerkloster schließlich vorübergehend geräumt und erheblich vergrößert. Von diesem Zeitpunkt an war es ein reines Bürgerhospital. Die Nutzung durch das Militär entfiel. Für die Betreuung der Soldaten wurden eigene Lazarette gebaut. Der Fortschritt der Maßnahme dürfte in erster Linie im Zuschnitt der Räume für die Kranken gelegen haben.

 

Zwar gibt es keine Aufzeichnungen für diesen frühen Umbau, doch dürfte es auch in der zweiten Ausbaustufe des Koblenzer Hospitals darum gegangen sein, endlich die unzeitgemäßen Hospitäler aus Mittelalter und Früher Neuzeit zu überwinden. Den alten Typ charakterisiert Dieter Jetter am Beispiel des „Sint Jans Hospital“ von Brügge, dessen „Innenleben“ Jan Beerblock 1778 in einem Gemälde festhielt, wie folgt: „Deutlich sieht man, wie parallele und querliegende Hallen im Laufe der Zeit ein Innenraumgefüge entstehen ließen, das in seiner Weite an einen öffentlichen Platz erinnert. Wie Jahrmarktbuden sind die Bettenschränke entlang der mehreren Gassen aufgereiht. Helle Vorhänge, die man zuziehen konnte, erlauben es zwar, das Lager selbst in eine Intimzone zu verwandeln, in die kein Einblick möglich war. Alle anderen Verrichtungen von Essen bis zum Sterben vollzogen sich aber in einer fast schamlosen Offenheit. Wie auf einer Theaterbühne werden noch einmal barmherzige Werke vorgeführt und zur Nachahmung empfohlen.“60 

 

Was im Hospital der neuen Generation blieb, war die Unterstützung des Pflegebetriebs durch Angehörige geistlicher Korporationen. Und so wurde auch die „Betriebsführung“ des Koblenzer Spitals den nach dem Heiligen Kardinal Karl Borromäus (1548–1608) benannten Borromäerinnen übertragen. Dass die bereits im Gründungsdekret vorgesehene Zusammenarbeit mit den Borromäerinnen mit Leben erfüllt wurde, ist der Familie Dietz zu verdanken. Dem Unternehmer Hermann Josef Dietz, seiner Frau und Mitgliedern der Hospitalkommission war es bereits 1824 gelungen, Kontakte zu den Borromäerinnen in Nancy zu knüpfen, die nach anfänglicher Zurückhaltung einverstanden waren, Schwestern nach Koblenz zu entsenden. Am 25. November 1825 schickte die Stadt den Vertragsentwurf zur Genehmigung an die Königliche Regierung. Diese erklärte sich bereits am 28. Dezember bereit, die Verwaltung des Hospitals den Schwestern zu übertragen.61 Am 10. Juli 1826 kamen die ersten sechs Borromäerinnen im Bürgerhospital an. Die Zeit der weltlichen Krankenwärter neigte sich damit dem Ende zu. Die wohl bekannteste Betreuerin war die mit Clemens Brentano und der Lyrikerin Luise Hensel eng befreundete Apolonia Diepenbrock aus Bocholt. Sie hatte im Bürgerhospital die Krankenpflege erlernt und zog im Frühjahr 1834 nach Regensburg. Dort verwirklichte sie 1845 ihren Plan, ein Haus für in Not geratene Frauen zu gründen.62

 

Die Borromäerinnen bildeten zwar keinen Orden im eigentlichen Sinne, hatten sich aber der strengen Lebensführung und der Krankenpflege verschrieben. Die Frauen lösten in Koblenz die drei bezahlten Wärterinnen ab, die in den ersten Jahren des Hospitals die Pflege übernommen hatten. Die Übergabe an die Schwestern war eine gute Entscheidung, da sich die Zustände am Bürgerhospital spürbar besserten. Allerdings scheinen sich die Borromäerinnen von Anfang an redlich bemüht zu haben, evangelische Patienten zu überreden, sich der „richtigen“ Konfession anzuschließen. Im Koblenzer Stadtarchiv wird hierzu eine Akte zum Thema „Verhandlungen und Zeugenvernehmungen wegen Behandelungen evangelischer Kranker im Bürgerhospital“ aufbewahrt. Exemplarisch sei der Brief des Pfarrers Schütte vom November 1851 genannt, der den Fall des aus dem evangelischen Braubach stammenden Schneidergesellen Kleber schildert: „[…] Der Schneidergeselle Kleber […] lag mit kurzer Unterbrechung vom Anfang 9. J[anuar] bis zum Sommer im Hospital, an der Halsschwindsucht leidend. Mein Pfarrervikar […] war und ist mit der Seelsorge der evangelischen Kranken im Hospital beauftragt. Kleber nahm religiösen Zuspruch, Trost und Ermahnung von diesem Geistlichen lange Zeit gern an und versicherte demselben, unaufgefordert zu wiederholtem Male, daß er trotz der vielen Versuche, die man hier an ihm wie an anderen Kranken machte, sich nicht katholisch machen lassen werde. Der Kleber ist indessen doch nicht lange vor seinem Tode als seine geistige und körperliche Schwäche aufs Höchste gestiegen war, katholisch geworden. Nachdem dieses geschehen, zeigte die barmherzige Schwester dem evangelischen Geistlichen an: Der Kleber habe sich zur katholischen Religion umgewandt, seine katholische Verwandten und eine Bekanntschaft, die er habe, hätte es gewünscht, und er selbst habe keine Ruhe mehr gehabt; sie zwängen niemand zum Übertritt, wenn es aber jemand verlange, so hinderten sie es auch nicht. Kleber habe nur vor kurzem, als er aus seiner tiefen Ohnmacht wieder zu sich gekommen, zu ihr gesagt, sobald er wieder besser geworden sei, wolle er katholisch werden, worauf  sie ihm bemerkt habe, wenn er das ernstlich wolle, so sei es besser, er tue es sogleich. Auch seine Frage, ob er denn nicht vorher Unterricht haben müsse, habe sie ihm geantwortet, in solchen Fällen schwerer Krankheit sei das nicht nötig. […]“63

 

Da die Borromäerinnen das Tagesgeschäft prägten, konnte das Bürgerhospital weiterhin ehrenamtlich verwaltet werden. Die bereits von den Franzosen eingeführte ehrenamtliche Hospitalkommission unter Vorsitz des Oberbürgermeisters blieb im Amt. Dieses Gremium war auch für die Armenfürsorge zuständig. Wegen dieser außergewöhnlichen Belastung entbrannte in Koblenz allerdings bereits 1833 die Diskussion über eine mögliche Teilung. Ergebnis: Die Kommission wurde um ein Mitglied aufgestockt. Schließlich ging die Verwaltung ganz auf die Stadt Koblenz über, die ihrerseits eine „Deputation“ besetzte. Das alte Gremium gab seine Befugnisse nur widerwillig ab. Die Folge waren mehrjährige Reibereien, die erst im Mai 1879 mit der Neuwahl von sechs Deputierten endeten.64 Im Vergleich zu anderen deutschen Städten fällt auf, dass Koblenz bei der Bildung einer eigenen Krankenhausdeputation erstaunlich früh dran war. In Köln zum Beispiel geschah dies erst 1894, in anderen deutschen Städten sogar noch später. Erst um 1900 war diese Entwicklung abgeschlossen.65 Allerdings waren diese „späten“ Deputationen völlig von der Armenpflege unabhängig, während in Koblenz noch keine scharfe Trennung festzustellen ist.

 

Ungeachtet der verwaltungstechnischen Querelen förderten Koblenzer Bürger das Bürgerhospital nach Kräften. Viele vermachten ihm ansehnliche Summen. Auch der Rat der Stadt unterstützte das Krankenhaus. Ganz besonders setzte sich aber Prinzessin Augusta (1811–1890) für die angemessene Ausstattung ein.66 Auch als ihr Mann Wilhelm zum König gekrönt wurde und das Regentenpaar deshalb Koblenz verlassen musste, ließ ihr Engagement nicht nach.67

 

Enormen Handlungsbedarf brachte das Jahr 1882. Bereits in den ersten Wochen waren in der Stadt die Pocken ausgebrochen, obwohl im Deutschen Reich bereits seit 1874 ein Impfzwang bestand. Schon lange vorher hatte man für eine Impfung weiter Bevölkerungsschichten gekämpft. Spätestens seit Beginn des 19. Jahrhunderts gehörte die Pockenschutzimpfung zur medizinischen Praxis, zumal sie auch noch fünf Tage nach einer Infektion ihre Wirkung entfalten konnte. Einerseits verhalf die Impfung akademisch ausgebildeten Medizinern zu Anerkennung, andererseits gab es noch viele Bürger, die den Pockenschutz aus religiös-weltanschaulichen Gründen ablehnten. Dazu kam ein gesundes Misstrauen gegen alles, was neu war.68 Dabei entbehrte gerade die Abneigung gegen den Pockenschutz jeglicher Grundlage. Tatsache ist, dass im Europa des 18. Jahrhunderts zehn Prozent aller Todesfälle und die Mehrzahl aller Erblindungen durch die Pocken verursacht wurden.69 Natürlich waren auch Koblenz und Umgebung von den Pocken betroffen. Waren es in den Jahren 1819 und 1822 noch vorwiegend meldepflichtige Einzelfälle aus Koblenz und Bassenheim, stieg die Häufigkeit der Infektionskrankheit in den Jahren 1827 und 1828 erheblich. So meldete der Distriktarzt   Dr. K. W Arnoldi allein für Winningen 44 Fälle.70 Weitere 42 Fälle meldete Kreisphysikus Dr. Settegast für Rhens. Darüber hinaus waren in Rübenach 14 Personen erkrankt.71 Erst 1882 sollte die Infektionskrankheit verstärkt in Koblenz auftreten, obwohl zu dieser Zeit längst Impfzwang bestand. Allerdings findet sich in den Akten immer wieder der Hinweis, dass Kranke sehr wohl geimpft waren. Dazu kam die Tatsache, dass Pfleger und behandelnde Ärzte oft überfordert waren. Nur so ist es zu erklären, dass ausgerechnet das Bürgerhospital zum Herd der Katastrophe von 1882 wurde. Dabei hatte man bereits ein Jahr zuvor erkannt, dass die städtische Einrichtung denkbar schlecht für die Behandlung von Infektionskrankheiten geeignet war. Kreisphysikus Dr. Schulz erstattete Anfang 1882 der Königlichen Regierung einen ersten Bericht und berief sich dabei auch auf Angaben des Hospitalarztes Dr. Duhr. Demnach war bereits am 17. Januar der erste Pockenfall im Hospital diagnostiziert worden. Bevor der Mann starb, hatte er wegen der fehlenden Möglichkeiten zur Isolierung weitere Patienten im Hospital angesteckt. Für den Kreisphysikus war dies ein Anlass, vehement die Einrichtung eines besonderen Pockenhauses zu fordern.72

 

Waren es am Anfang noch Einzelfälle wie sie zum Beispiel auch auf dem Maifeld vorkamen, bereiteten die Pocken den Behörden zunehmend Probleme. Schließlich musste die Bezirksregierung auch das zuständige preußische Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten informieren. Der Bericht offenbarte auch Details über den ersten Pockenfall. Der betraf einen 29-jährigen Schuhmachergesellen, der sich auf der Wanderschaft angesteckt hatte. Der Mann war in den allgemeinen Krankensaal gelegt worden.73 Da die Infektionskrankheit in der Regel erst mit Fieber und Schüttelfrost beginnt und die typischen Pocken in der Regel erst am vierten Krankheitstag auftreten, hatten Pfleger und Ärzte die Situation offenbar völlig falsch eingeschätzt. Das Verhängnis nahm seinen Lauf.

 

Die Mängel im Koblenzer Hospital waren wegen der fehlenden Isolationsmöglichkeiten von Kranken offenkundig geworden. Das spiegelt auch die Tatsache wider, dass viele Mediziner und Krankenhausplaner lange Zeit die Ansteckungsgefahr durch Krankheiten wie Typhus und Cholera entweder nicht erkannten oder unterschätzten.74 Schließlich nahm sich Oberbürgermeister Karl-Heinrich Lottner der Sache an. Er regte den Bau eines geeigneten Gebäudes zur Isolierung von Pockenkranken im zweiten Rayon am Moselweißer Weg an.75 Noch war es nicht zu spät. Von einer Epidemie konnte zu diesem Zeitpunkt nicht die Rede sein. Das bestätigte Landrat und Polizeidirektor von Frentz, der noch am 20. April 1882 an die Königliche Regierung schrieb, dass es in der Bürgermeisterei Ehrenbreitstein keine Pockenfälle mehr gab. Allerdings hatte sich der Landrat auf die Meldungen aus der einstigen Residenzstadt verlassen. Man scheute aus Kostengründen den Bau eines Isolierhauses. Noch in der Gemeinderatssitzung am 22. April 1882 hatte man den „Pockenverdacht“ zurückgewiesen. Mit gutem Grund: Die Königliche Regierung hatte vier Tage zuvor den Bau von Isolierhäusern verfügt.76

 

In Ehrenbreitstein herrschte dagegen eine trügerische Sicherheit, zumal die Soldaten – die traditionell oft von Epidemien betroffen waren – jetzt in einem neuen Garnisonslazarett behandelt werden konnten. Der heute noch erhaltene Klinkerbau im Ehrenbreitsteiner Teichert war erst 1878 nach Plänen der Berliner Architektensozietät von Martin Gropius und Heino Schmieden errichtet worden und hatte ein eigenes Isolierhaus. Unterdessen hatte sich die Situation in Koblenz zugespitzt. Allein zwischen dem 17. Januar und dem 27. März 1882 waren insgesamt 54 Menschen an den Pocken erkrankt, davon 20 allein im Hospital. Fieberhaft versuchte man, die Gefahr durch Impfungen einzudämmen.77 Aber: Im gleichen Zeitraum starben vier Menschen an der gefährlichen Krankheit, die meist durch eine Tröpfcheninfektion übertragen wurde.78 Und wieder lag ein Schwerpunkt im mittelalterlichen Stadtkern, vor allem auch in der Kastorgasse. Der Ausbruch der Pocken in der direkten Nachbarschaft des Hospitals und im Spital selbst zeigte, wie wichtig die Errichtung eines Isolierhauses für die Kranken war. Die Pläne wurden zügig verwirklicht, spätestens im Mai konnten die ersten Patienten in der neuen Station behandelt werden, die weit vor den Toren der Stadt in der Boninstraße (heute Behringstraße) errichtet wurde. Joseph Mündnich geht davon aus, dass der Betrieb bereits im März aufgenommen wurde. Wie von Oberbürgermeister Lottner gefordert, wurde die Isolierbaracke im zweiten Rayon in der Moselweißer Gemarkung in der Nähe des ehemaligen Güterbahnhofes errichtet.79 Die undatierten Pläne zeigen einen einstöckigen Fachwerkbau mit Dachaufbauten, der voll und ganz den Rayonbestimmungen entsprach. Die Baracke konnte 29 Männer und 29 Frauen aufnehmen.80 Ein erster Bericht über das Gebäude lag am 18. Mai 1832 vor. Zu diesem Zeitpunkt lebten 26 Kranke in der Baracke – vier Männer, drei Knaben sowie 19 Frauen und kleine Mädchen. Die Kranken wurden von zwei Borromäerinnen aus dem Bürgerhospital beaufsichtigt.81 Die eigentliche Pflege wollte zunächst niemand übernehmen. Das Problem löste schließlich ein Freiwilliger, der selbst von den Pocken genesen war. Er sollte später als Wärter im Bürgerhospital eingestellt werden.82

 

Inzwischen war offensichtlich geworden, dass sich Rat und Bürgermeister in Ehrenbreitstein etwas vorgemacht hatten. In der Kleinstadt wurden im Mai 14 Pockenfälle gezählt.83 Ein geeignetes Haus zur Aufnahme der Kranken gab es immer noch nicht, sodass Landrat und Polizeidirektor von Frentz die Isolierung der Kranken in ihren eigenen Wohnungen empfahl.84 Das schien auszureichen, die Akten melden keine Ausweitung der Krankheit. Anders in Koblenz. Dort erkrankten insgesamt 71 Männer und 96 Frauen an den Pocken, 24 Personen starben. Besonders hart traf es Kinder und Jugendliche. Sie waren in 74 Fällen betroffen.85

 

Erst im November 1882 war die Seuche besiegt. Mit gutem Grund blieben die Verantwortlichen nervös. Sorgfältig wurden die Schiffer beobachtet, die in Koblenz an Land gehen sollten. So befasste sich die örtliche Polizeidirektion im Frühsommer 1893 mit dem aus Antwerpen kommenden Schiff „Namen“. Der holländische Kapitän Sordooren und zwei seiner Matrosen standen unter „Pockenverdacht“. Sie wurden schließlich zur weiteren Beobachtung in die Isolierbaracke auf dem Moselweißer Feld gebracht.86

 

Die Pockenepidemie offenbarte die Schwächen des Bürgerhospital und das, obwohl die Anlage nicht allzu lange Zeit zuvor noch einmal erweitert und umgebaut worden war. Die Stadtverwaltung hatte den Bauinspektor Cuno am 29. Mai 1872 beauftragt, ein Projekt für den Umbau der Stirnseite des Hospitals auszuarbeiten. Der Zeitpunkt kam nicht von ungefähr. Stadt und Kreis Koblenz hatten gerade erst eine schwere Ruhrepidemie überstanden. Insgesamt waren 2540 Menschen erkrankt. Davon starben 462. Allein in Koblenz hatte es 811 Fälle mit 111 Toten gegeben. 41 weitere Opfer waren in Ehrenbreitstein zu beklagen. In der alten Residenstadt waren insgesamt 368 Personen erkrankt.87 Das Hauptmotiv für Umbau und Erweiterung des Koblenzer Hospitals dürfte jedoch mit dem Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz vom 16. April 1871 zusammenhängen, das allerdings nicht für Bayern galt.88 Das Gesetz hatte ähnliche Dimensionen wie die Reglungen zur gesetzlichen Krankenkasse von 1883. Räumte es doch auch zugezogenen Personen im Falle von Armut und Krankheit einen Anspruch auf materielle Unterstützung durch die Kommunen ein. Natürlich hatte auch dieses Gesetz eine Vorgeschichte, die mit dem Allgemeinen Landrecht für Preußen beginnt. Seitdem mussten die Gemeinden Kur- und Verpflegungskosten für auswärtige Kranke übernehmen. Auch ärztliche Leistungen durften sie nicht in Rechnung stellen. Da dieses Gebot immer wieder unterlaufen wurde, war der Gesetzgeber erneut zum Handeln gezwungen. Ergebnis: Das preußische Gesetz über die Aufnahme neu zuziehender Personen vom 31. Dezember 1842, das die bereits fest verankerte Freizügigkeit noch einmal wesentlich stärkte.89

 

Nicht nur die neuen gesetzlichen Vorgaben, sondern vor allem die rasant wachsenden Einwohnerzahlen in den Städten zwangen die Kommunen zum schnellen Handeln, da die Kapazitäten in den Krankenhäusern nicht mehr ausreichten.90 Die Vorgänge in Koblenz passten zu dieser Entwicklung. Zwar war die Festungsstadt aufgrund der topografischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht in dem Maße wie andere Gemeinden vom Bevölkerungswachstum betroffen, doch war die Mobilität arbeitssuchender und weniger wohlhabender Schichten auch in der Provinzhauptstadt sehr groß (vgl. S. 74). Und genau diese Menschen hatten jetzt einen Rechtsanspruch darauf, im Falle einer Erkrankung von der Kommune medizinisch versorgt zu werden.

 

Auch beim Blick auf die europäischen Entwicklungen passen die Koblenzer Vorgänge mitten in eine Phase von etwa 30 Jahren, in der in jeder größeren Stadt Krankenhausmodernisierungen und Neubauten erfolgten. Die Objekte hatten vor allem eins gemeinsam: Einzelne Flügel, die durch Korridore miteinander verbunden wurden.91 Muteten die ersten Krankenhäuser wegen ihrer Flügelstruktur noch recht altertümlich an, sollte sich die Krankenhausarchitektur vielerorts erheblich verändern. Wo genug Platz war, setzte sich eine Variante des französischen Pavillonsystems durch. Das mit den zur Verfügung stehenden Flächen schier verschwenderische System sollte sich noch lange halten und – wie auch das Koblenzer Beispiel zeigt – zumindest auf dem Reißbrett der Planer noch weit bis in die 1920er-Jahre hinein Konturen annehmen.92

 

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sollte schließlich die Zahl der Krankenhäuser im Deutschen Reich einschließlich der Heil- und Pflegeanstalten auf stolze 6400 steigen.93 Nimmt man die Zahl der Krankenhäuser allein, stieg die Zahl von 2357 im Jahr 1877 auf 4930 im Jahr 1913. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Betten von 107.337 auf 462.203. Die Entwicklung zeigt: Der deutliche Ausbau der kommunalen Krankenfürsorge in den deutschen Städten war eng mit dem reichsweit feststellbaren Urbanisierungsprozess verbunden, der im Wesentlichen bis zum Ersten Weltkrieg abgeschlossen war.94

 

Der Entwurf für den Umbau des Koblenzer Hospitals wurde schließlich am 21. Februar 1873 genehmigt. Sofort begannen die Bauarbeiten. Die Veränderungen, in deren Verlauf der Nordflügel erneuert wurde, sollten vor allem Privatpatienten zugute kommen, die einen Tagessatz von drei bis fünf Mark bezahlen konnten. Im Zuge der Bauarbeiten wurden schließlich die Deckenhöhen von Zimmern und Krankensälen vergrößert. Auch die Erschließung der Räume wurde verändert. Alles sollte „erhöht und luftiger“ werden.95 Dass es damit jedoch nicht getan war, zeigte – wie bereits ausgeführt –spätestens die Pockenepidemie von 1882. Obwohl man die Kranken endlich in einem Flügel separiert hatte, gelang es nicht, die Krankheit wirkungsvoll einzudämmen, sodass man sich zwangsläufig für die Weiterbehandlung auf dem Moselweißer Feld entscheiden musste.96

 

 

1.4 Das Bürgerhospital um 1890

 

Die Lage des Hospitals in einem städtebaulichen Problembereich (vgl. S. 61ff.) und die mangelhafte Behandlung von Infektionskrankheiten führten am Ende des 19. Jahrhunderts dazu, dass die Kontrollen wesentlich verschärft wurden. Aus den Jahren zwischen 1890 und 1900 sind zahlreiche Visitationsberichte erhalten, in denen der Zustand des Krankenhauses recht genau beschrieben wird. Nach dem detaillierten Bericht von 1891 bestand die Anlage im Wesentlichen aus drei Gebäuden, die miteinander verbunden waren. Das mittlere Gebäude lag am Kreuzgang des alten Franziskanerklosters und hatte einen Lichthof. Dort wurden die an inneren Leiden erkrankten Personen aufgenommen. Das am Hospitalplatz „öffentlich“ gelegene Gebäude diente zur Aufnahme der Kranken, die chirurgisch behandelt werden mussten. Im dritten Gebäude waren schließlich die Personen untergebracht, die an Krätze oder Syphilis erkrankt waren.97

 

Die beiden Gebäude, in „welchen an inneren und äußeren Krankheiten Leidende untergebracht werden“, waren massiv erbaut und jeweils dreigeschossig. Sie besaßen Keller und Schieferdächer. Das dreigeschossige, nicht unterkellerte Gebäude für die „Krätz- und sonstigen Kranken“ war teils massiv, teils aus Steinfachwerk errichtet worden. Die gesamte Anlage war offenbar direkt nach Fertigstellung der neuen städtischen Wasserversorgung in den Jahren 1884 und 1885 an das System angeschlossen worden. Auf jeden Fall gab es zu Beginn der 1890er-Jahre auf dem Hospitalgelände keine Brunnen mehr. Wichtig sind die Angaben zur Entsorgung von Schmutzwasser und Fäkalien. Der Visitationsbericht ist nämlich auch eine der wenigen Quellen, die Aussagen über die Zustände vor dem Bau der neuen Kanalisation in Koblenz (ab 1892) treffen. Demnach wurde das gesamte Oberflächen- und Spülwasser entweder durch geschlossene Kanäle oder Rinnen in die „Stadtkanäle“ und dann direkt in die Mosel geführt. Latrinen und damit auch die besonders bei Hochwasser gefährlichen Fäkaliengruben hatte man zu diesem Zeitpunkt längst abgeschafft. Laut Bericht wurden die Fäkalien bereits seit 1878 über das „Heidelberger Tonnenabfuhrsystem“ abtransportiert (vgl. auch S. 251).98 Weitere Verbesserungen brachte der Bau eines neuen Abortgebäudes, das wohl Ende 1889 fertiggestellt wurde. Bei der zweistöckigen Anlage verzichtete man bewusst auf die – zu dieser Zeit in Koblenz problemlos machbare – Einrichtung von Wasserklosetts. Man hatte sich vor dem Hintergrund der Hochwasserproblematik stattdessen für Torfmull-Streuclosetts nach dem System Poppe in Hirschberg entschieden. „[…] Zur Zeit sind etwa 20 Streuapparate aufgestellt, die gut und reinlich funktionieren. Ebener Erde befinden sich die zur Aufnahme der Exkremente bestimmten eisernen Tonnen, deren Entleerung […] in einer etwas 60 Meter vom Gebäude entfernten […] verschlossenen Grube stattfindet […]“, heißt es dazu im Visitationsbericht. Die in der Grube gesammelten Fäkalien wurden schließlich mit Torf vermischt und zur Düngung auf die Felder in der näheren Umgebung gefahren. Die Prüfer hoben besonders die Tatsache hervor, dass die Aborte absolut geruchlos waren. Der Bericht zeugt ebenso davon, dass für die Personen, die an Krätze oder Syphilis erkrankt waren, eigene Toiletten existierten. Aus heutiger Sicht ist dagegen unbefriedigend, dass es in den Krankenzimmern und wahrscheinlich auch auf den Stationen ausschließlich Nachttöpfe gab. […]99

 

Auch die räumlichen Verhältnisse im Hospital dürften Ende des 19. Jahrhunderts gar nicht so schlecht gewesen sein, wie es die Berichte über Infektionskrankheiten aus dieser Zeit suggerieren. Im Visitationsbericht von 1891 werden zum Beispiel Gänge mit Breiten zwischen 2 und 2,90 Metern angegeben. Die Bodenbeläge bestanden aus Holz oder aus „Mettlacher Platten“ oder auch Terrazzo100. Ferner waren die Gänge so angelegt, dass sich stets nur auf einer Seite Krankenzimmer befanden. Die Treppenhäuser mit ihren Stufen aus Holz oder Stein waren so angelegt, dass man von diesen direkt in alle drei Hauptgebäude gelangen konnte.101

 

Für Männer waren insgesamt 28 Krankenzimmer vorhanden. 20 davon waren den klassischen internistischen und chirurgischen Patienten vorbehalten. Für die vorübergehende Aufnahme von Geisteskranken gab es drei Krankensäle, für Krätzekranke zwei Räume. Ein Zimmer war für geschlechtskranke Männer reserviert. Zwei weitere Räume waren zur Aufnahme von Patienten mit nicht näher definierten Infektionskrankheiten bestimmt. Für die weiblichen Kranken waren 24 Zimmer vorhanden. Der Löwenanteil von 18 Räumen ging an die Abteilungen für Inneres und Chirurgie. Geschlechtskranke Frauen wurden in drei weiteren Räumen untergebracht. Darüber hinaus gab es jeweils einen Raum für Krätzekranke, Geisteskranke und nicht näher aufgeschlüsselte Krankheiten. Unter dem Eindruck der Katastrophe von 1892 wird ausdrücklich betont, dass es keine Räumlichkeiten für die Aufnahme von Pockenkranken gab. Man verwies auf das Epidemiehaus auf dem Moselweißer Feld.102

 

Zu Beginn des Jahres 1891 waren im Hospital 442 Betten und 250 Betttische aufgestellt, die überwiegend aus Metall bestanden. Davon waren 200 für Männer, weitere 206 für Frauen und 36 für Kinder vorgesehen. Die Kontrolleure stellten zum Stichtag am 27. Februar eine ungewöhnlich hohe Belegung des Hospitals fest. Waschtische gab es zu diesem Zeitpunkt übrigens nur in den sogenannten Pensionärszimmern. Dafür wurde im Visitationsbericht aber besonders die Belüftung und Beheizung der Krankenzimmer hervorgehoben. In jedem Raum gab es eine Belüftungsklappe, im Gebäude für die chirurgischen Patienten sogar eine Warmwasser-Zentralheizung. Alle anderen Zimmer wurden allerdings noch mit Öfen beheizt, die von den Gängen her beschickt wurden. Und schließlich gab es in einem Nebenbau einen Apparat zur Desinfizierung von Kleidungsstücken und Geräten.103

 

Obwohl die Kontrollen von 1891 keine größeren Beanstandungen ergaben, entschied man sich fortan für eine Wiederholung der Untersuchung im Jahresturnus. Und das mit gutem Grund: Trotz der „Nachbesserungen“ seit dem Ausbruch der Pocken im Hospital wusste man nur zu gut, dass das Bürgerhospital in der Art seiner Anlage relativ rückständig war. Das zeigt auch der Vergleich mit anderen Krankenhäusern in Stadt und Umgebung. So hatte das Ehrenbreitsteiner Militärlazarett ein eigenes Isolierhaus. Und selbst der neue Marienhof sollte mit einem kleinen Sonderbau ausgestattet sein. Diese Nachteile des Bürgerhospitals wollte die Stadtverwaltung mit verschärften Vorschriften ausgleichen. Oberbürgermeister Emil Schüller ließ schließlich die „Vorschriften zur Behütung der Übertragung ansteckender Krankheiten“ vom 21. Februar 1898 veröffentlichen, die bereits am 31. Januar von der Hospital-Verwaltungs-Kommission genehmigt worden waren. Die wesentlichen Punkte der neuen Vorschriften waren:

 

* Die Pflege derjenigen Kranken mit ansteckenden Krankheiten durfte nur durch besonders ausgewähltes Personal ausgeübt werden. Die ausgewählten Männer und Frauen durften unter keinen Umständen gleichzeitig zur Betreuung anderer Kranken herangezogen werden.

* Das Personal durfte im Krankenzimmer weder essen noch trinken. Beim Einritt in das Krankenzimmer mussten die am Eingang hängenden Schutzmäntel angezogen und beim Verlassen des Krankenzimmers an die gleiche Stelle zurückgehängt werden.

* Die Kleidungsstücke der wegen ansteckender Krankheiten ins Hospital aufgenommenen Personen mussten mit Desinfektionsmitteln wie zum Beispiel Formalin gereinigt werden.

* Die Betten von Infektionskranken sollten nach jedem längeren Gebrauch und natürlich bei jedem Personenwechsel im Dampfdesinfektionsapparat gereinigt werden. „Kleinere Bettstücke“  sollten häufiger gereinigt und natürlich vor allem desinfiziert werden.

* Die zu reinigende Wäsche sollte noch innerhalb der Krankenzimmer in einem geschlossenen Zinkbehälter eingeweicht werden, in dem sich zum Beispiel eine Lysol- oder Karboleisenlösung befand. Der ganze Behälter sollte dann in das Waschhaus auf dem Hospitalgelände getragen und dort einen Tag stehen gelassen werden. Anschließend war die Wäsche abzukochen.

* Spucknäpfe und andere für die infizierten Kranken vorgesehenen Behälter mussten nach jeder Entleerung mit Lysol- und Karboleisenlösung desinfiziert werden. Die Stuhlgänge mussten mit derselben Lösung übergossen werden und erst nach sechsstündigem Stehen ausgeleert werden. Beim Wegtragen war darauf zu achten, dass die Türklinken nicht beschmutzt wurden.

* Jeder Infektionskranke durfte nur ein für ihn allein bestimmtes Essbesteck benutzen. Geschirr und Geräte durften nicht mit anderen Kranken in Berührung kommen.

* Die von Infektionskranken benutzten Aborte sowie die „Zimmergeräte“ und Fußböden der betreffenden Krankenzimmer mussten täglich mindestens einmal, die Türklinken sogar mehrmals am Tag mit Lysol oder Karboleisenlösung abgewaschen werden. Dass das eingesetzte Pflegepersonal seine Hände desinfizieren musste, verstand sich von selbst.

* Die im Hospital wohnenden Assistenzärzte wurden verpflichtet, streng darauf zu achten, dass die neuen Vorschriften von dem Pflegepersonal genau befolgt wurden. Jede Zuwiderhandlung musste der Verwaltung unverzüglich gemeldet werden.104

 

Natürlich blieb es nicht bei solchen Verhaltensmaßregeln. Unter dem Eindruck der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse machte man sich auch daran, den Bau von Krankenanstalten genau zu reglementieren. Für Koblenz gab es seit Oktober 1897 Vorschriften über Anlage, Bau und Einrichtung von öffentlichen und Privat-, Kranken-, Entbindungs- und Irren-Anstalten. Darin ging es vor allem um genügend Licht und Luft für die Räumlichkeiten. Sogar ein Garten für die Kranken war vorgeschrieben, in dem sie Erholung finden konnten. Darüber hinaus schrieb man vor, dass in Räumen unter der Erdoberfläche keine Kranken untergebracht werden durften. Ferner war darauf zu achten, dass sich der Boden der Räumlichkeiten für die Kranken mindestens einen Meter über dem Grundwasserspiegel befand. Und endlich schrieb man vor, dass die Wände in den Räumen für Infektionskranke so verkleidet sein mussten, dass man sie problemlos abwaschen konnte.105

 

Die neuen Vorschriften legten auch die Einrichtung von besonderen Operationssälen fest. Diese mussten in allen Krankenhäusern mit mehr als 50 Betten vorhanden sein, in denen chirurgische Eingriffe vorgenommen wurden. Für größere Anstalten wurden darüber hinaus ein besonderer Behandlungsraum für Wundinfektionen und ein Entbindungszimmer vorgeschrieben. Ebenso obligatorisch wurden hauseigene Desinfektionsanstalten. Und: Um Infektionskranke ohne Gefährdung der anderen Patienten behandeln zu können, wurden für mittlere und größere Anstalten „Absonderungshäuser“ mit eigenem Zugang vorgeschrieben.106 Und genau diese Vorschrift sollte die Verantwortlichen im Bürgerhospital vor wachsende Probleme stellen, sodass man immer öfter an einen völligen Neubau eines Krankenhauses weit außerhalb der Koblenzer Innenstadt dachte.

 

 

1.5 Der soziale Staat

 

Bis weit in die 1850er-Jahre hinein waren die kommunalen Hospitäler in erster Linie Armenkrankenhäuser, die entweder über Zuschüsse aus der städtischen Armenfürsorge oder durch Spenden finanziert wurden. Kostendeckende Pflegesätze waren damals noch ebenso unbekannt wie ein flächendeckendes System von Kranken- und Versorgungskassen. In Preußen sollte das Krankengesetz von 1854 eine Grundlage schaffen, erbrachte Leistungen kostendeckend abzurechnen. Da aber die Einführung einer umfassenden Versicherungspflicht für weite Kreise der Bevölkerung noch in weiter Ferne lag, änderte sich in der Praxis wenig. Die Krankenhäuser waren weiterhin auf Zuschüsse sowie Geld- und Sachspenden angewiesen. Und die Ärzte arbeiteten gegen eine sehr geringe Bezahlung oder sogar ehrenamtlich. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie mit der eigenen Praxis.107

 

Den entscheidenden Durchbruch für die weitere Entwicklung hin zu einem modernen Krankenhaus ermöglichte auch in Koblenz erst die Verbesserung der Sozialgesetzgebung als Reaktion auf die schwere ökonomische Krise von 1873, in deren Verlauf zum ersten Mal ernsthafte Zweifel am dauerhaften Erfolg des freien Spiels der Kräfte aufgekommen waren.108 Der Staat kümmerte sich fortan um den Aufbau einer Kranken-, Invaliden- und Altersversicherung. Die neue „Zwangsversicherung“ entlastete die kommunale Armenfürsorge erheblich. Sie machte die Finanzierung von Kassenärzten und den Ausbau der in der Regel recht bescheiden dimensionierten Hospitäler zu Krankenhäusern überhaupt erst möglich.109 Die Auswirkungen des Bismarck’schen Gesetzes von 1883110 waren auch in Koblenz nicht zu übersehen. So wurde im gleichen Jahr in der Provinzhauptstadt eine Ortskrankenkasse gegründet. Die Folgen waren für die weitere Entwicklung des Medizinalwesens in der Stadt alles andere als unerheblich. So hatte das Bürgerhospital bereits im Jubiläumsjahr 1905 beachtliche Dimensionen angenommen. Damals betreuten die 34 Schwestern binnen eines Jahres 2763 Kranke.111

 

Die Initiativen im Bereich der Sozialgesetzgebung sollten nicht isoliert betrachtet werden, zumal es mit der Gründung von Sparkassen und Vorsorgekassen in Fabriken und auch im Handwerk eine Vorgeschichte gab. So markierte die preußische Gewerbeordnung von 1845, die auch die Gründung von Handwerkerinnungen zuließ, einen Wendepunkt.112 In Koblenz entstanden um 1850 die ersten Innungen. Allerdings sollte es noch bis zum Ende der 1880er-Jahre dauern, bis von einem Innungswesen im heutigen Sinne gesprochen werden konnte, da diese Form der handwerklichen Selbstorganisation seit der französischen Zeit in Öffentlichkeit und Verwaltung als überflüssig angesehen worden war.113 Entsprechend spät kam an Rhein und Mosel eine funktionierende soziale Absicherung für die Handwerker zustande, obwohl Meister mehrerer Gewerke eine Sterbekasse für das Koblenzer Handwerk gegründet hatten. Der Versuch, eine Krankenkasse für selbstständige Handwerker zu gründen, scheiterte bereits 1855 am Widerstand der Betroffenen. Nicht nur in Koblenz galten die Hilfskassen als unattraktiv, weil sie im Krankheitsfall nur ungern Leistungen erbrachten und sich darüber hinaus gegen die Aufnahme weniger wohlhabender, beitragsschwächerer Mitglieder sperrten.114 Erst 1901 wurde auf Betreiben der neu gegründeten Handwerkskammer Koblenz eine eigene Kranken- und Begräbniskasse für selbstständige Handwerker gegründet.115 Damit trifft für die Provinzhauptstadt die Behauptung in der überregionalen Forschung nicht zu, dass die vielerorts bereits vorhandenen Kassen der „Gesellen und Gehülfen“ zu einer ersten institutionellen Grundlage der staatlich geregelten Krankenversicherung und -versorgung auf kommunaler Ebene wurden. Im Gegenteil: Die durch die neue preußische Gewerbeordnung von 1869 eingeleiteten Entwicklungen gingen zunächst an Koblenz vorbei, weil funktionierende Kassen im Sinne des Gesetzes eben noch nicht existierten.116 Allerdings gab es in der Stadt sehr wohl Betriebskrankenkassen, deren Größe und tatsächliche Bedeutung sich nur in Ausnahmefällen bestimmen lässt. So hatte die 1794 in Koblenz gegründete Weinhandlung Deinhard, die sich später zu einer der bedeutendsten Sektkellereien in Deutschland entwickeln sollte, eine eigene Betriebskrankenkasse. Das ist vor allem das Verdienst des Teilhabers und Stadtverordneten Julius Wegeler (1836–1913), der sich in seiner Heimatstadt nicht nur als Präsident der örtlichen Handelskammer, sondern auch als sehr spendabler Kunstmäzen hervortun sollte. Überhaupt war das Wein- und Sekthaus Deinhard, das heute zu Henkell & Söhnlein in Wiesbaden gehört, ein für die damalige Zeit sehr sozialer Arbeitgeber – es gab sogar Werkswohnungen.117

Im Berichtsjahr 1889/90 der Stadtverwaltung existierten in Koblenz zwei Ortskrankenkassen und sechs Betriebs- krankenkassen. Diese Kassen unterstanden der Aufsicht des Oberbürgermeisters. Darüber hinaus gab es eine private „Hülfkasse“, mit der sich die Mitglieder im Falle einer Erkrankung gegenseitig unterstützten. Sie trug den Namen „St. Augustinus-Krankenkasse“ und unterstand der Aufsicht der Königlichen Polizeidirektion. Die Mitglieder waren von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreit.118 Auch die Stadt Koblenz musste sich natürlich an das neue Gesetz halten. Und so beschloss die Stadtverordneten-Versammlung, die an die Ortskrankenkasse zu zahlenden „Eintrittsgelder und Kassenbeiträge“ für die Arbeiter zu übernehmen, die im Auftrage der Kommune bei Hoch- und Tiefbauarbeiten eingesetzt wurden – und zwar „mit Rücksicht auf die ärmlichen Verhältnisse der Arbeiter“. Die Stadtkasse übernahm deshalb den von den Arbeitern zu zahlenden Anteil.119

 

Wie hoch am Ende des 19. Jahrhunderts der Anteil der gesetzlich Versicherten in Koblenz war, lässt sich gut an den Angaben des Oberbürgermeisters Emil Schüller vor dem Hintergrund der „Influenza-Epidemie“ vom Dezember 1889 bis Februar 1890 ablesen, in deren Verlauf die neuen Kassen ihre erste große Bewährungsprobe bestanden. Demnach hatten allein die allgemeinen Ortskrankenkassen in den Jahren zwischen 1885 und 1889 durchschnittlich 2366 Mitglieder. Während der „Influenza-Epidemie“ stieg die Mitgliederzahl sprunghaft auf 3080 an. Hintergrund: Die neuen gesetzlichen Krankenkassen boten zumindest einen vorübergehenden Schutz vor einer Erwerbslosigkeit. Waren in den Jahren von 1887 bis 1889 im Schnitt 152 Personen erwerbslos, stieg die Zahl während der Grippewelle 1889/90 auf 527. Und: Die Mitglieder profitierten nicht nur vom Krankengeld, sondern auch von der Tatsache, dass die Kassen feste Honorare mit den Kassenärzten ausgehandelt hatten.120

 

In den folgenden Jahren sollte die Zahl der Versicherten weiter steigen. Auch die nicht versicherungspflichtigen Personen suchten schon früh nach Wegen, sich privat gegen Erkrankungen abzusichern. Vor diesem Hintergrund könnte Koblenz auch als eine Wiege der modernen privaten Krankenversicherung bezeichnet werden, wobei das Motiv zunächst war, die zahlreichen Beamten und anderen Beschäftigten in den Behörden der Stadt sozial abzusichern. So wurde am 2. Juli 1905 die Krankenunterstützungskasse für Gemeindebeamte der Rheinprovinz gegründet, die 1928 in Deutsche Beamten-Krankenversicherung – Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (Debeka) umbenannt wurde.121

 

Die schrittweisen Verbesserungen im sozialen Bereich waren Teil eines ganzen Maßnahmenpakets auf staatlicher und kommunaler Ebene – allerdings ein sehr wichtiger Teil. Die neue Sozialgesetzgebung verschaffte den Städten den Spielraum, um auch andere Bereiche anzugehen, die im Argen lagen. Dazu gehörte vor allem die Erweiterung der kommunalen „Gesundheits-Infrastruktur“ durch funktionierende Ver- und Entsorgungssysteme, die im Idealfall von privatwirtschaftlich organisierten Gesellschaften betrieben wurden. Deren Eigentümer blieben allerdings meistens die Kommunen. Dazu kamen die Förderung des Wohnungsbaus und der Ausbau des örtlichen Bildungswesens. Die Maßnahmen fanden auch Zustimmung in den Reihen der erstarkenden SPD, die zunehmend auch kommunalpolitisch aktiv wurde. In der Partei sprach man anerkennend von einem „Munizipalsozialismus“.122 

 

Anfang der 1880er-Jahre war ungefähr die Hälfte der gewerblichen Arbeiter Preußens gegen Krankheit versichert. Die neuen Krankenkassen hatten somit bereits rund eine Million Mitglieder.123 Das Reichsgesetz von 1883 über die Krankenversicherung der Arbeiter als Nachfolger der berufsgruppenbezogenen Zwangskassen, das sich bewusst gegen das konkurrierende System der freiwilligen Hilfskassen stellte, ließ die Zahl der Versicherten weiter steigen und eröffnete den Ärzten einen zuvor nicht gekannten Einfluss.124 Allerdings waren die Leistungen der neuen Krankenkassen noch auf die Heilbehandlung und Krankengeld bis zu maximal 13 Wochen begrenzt.125 Lag die Zahl der Mitglieder in einer der neuen gesetzlichen Zwangskassen 1885 noch bei 4,671 Millionen Mitgliedern, stieg sie bis 1905 auf 11,904 Millionen.126 Im gleichen Zeitraum war die Zahl der in der Regel örtlich organisierten neuen gesetzlichen Krankenkassen von 18.942 auf 22.695 gestiegen. Bis 1911 waren fast 21 Prozent der Bevölkerung in den neuen Kassen versichert, deren Zahl bis dahin auf 22.778 gestiegen war.127

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde auf kommunaler Ebene die Gesundheitsfürsorge ausgebaut. So entstand 1905 in Köln eines der ersten städtischen Gesundheitsämter. Damit wurde ein Trend zur Zentralisierung auf der kommunalen Ebene eingeleitet, der sich nach dem Ersten Weltkrieg weiter beschleunigen sollte. Hatten 1919 erst 17 deutsche Städte eigene Gesundheitsämter, stieg die Zahl bis 1931 auf 73. Die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter stieg auf 300. Dazu kamen 1700 nebenamtliche Stadtärzte.128

 

Trotz verbesserter Rahmenbedingungen auf staatlicher und kommunaler Ebene war das Koblenzer Bürgerhospital nicht frei von Problemen. Dazu gehörte auch, dass weiterhin geeignete Räumlichkeiten zur Isolierung von Patienten fehlten. Das machte sich eben nicht nur in den Extremsituationen wie der Pockenkatastrophe von 1882 bemerkbar, sondern auch im Alltag. So wurde das Personal des Krankenhauses mit einer besonders gefährlichen Tröpfcheninfektion konfrontiert – der schon seit der Antike bekannten Tuberkulose. Die Krankheit breitete sich wieder einmal überall dort aus, wo die Lebensbedingungen der Menschen besonders schlecht waren – in dunklen, engen Altstadtquartieren, in denen die überbauten Innenhöfe eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Räume verhinderte.129

 

 

 

1.6 Aus der Krise zur optimalen Versorgung

 

Das 19. Jahrhundert sollte einen ungeheuren Schub für die medizinische Versorgung in Koblenz bringen.130 Am Anfang der rasanten Entwicklungen stand jedoch wieder einmal eine Krise. Im Hungerwinter 1817 hatte sich herausgestellt, dass die neue preußische Verwaltung Missernte, Teuerung und Armut noch nicht gewachsen war. In der Rheinprovinz formierten sich private Hilfsaktionen. Auch der berühmte Koblenzer Publizist Joseph (von) Görres (1776–1848) engagierte sich in der Sache. In dieser Zeit entstanden mehrere Vereine, die sich der Armenfürsorge annahmen. Die meisten von ihnen stellten ihre Arbeit jedoch schnell wieder ein. Die Ausnahme war ein Frauenverein, der nach dem Hungerjahr zwar von seinem Ziel abrücken musste, Kranke und Notleidende mit Nahrungsmitteln zu versorgen, aber schnell einen neuen Schwerpunkt fand. Fortan setzte sich der Verein für vernachlässigte und Not leidende Kinder ein. Schließlich entstand eine Freischule. Im Schöffenhaus auf dem Florinsmarkt wurden 90 Kinder unterrichtet und versorgt. Die Vereinsmitglieder überwachten nicht nur ihre Einrichtung, sondern übernahmen auch den Unterricht.

 

Spätestens in den 1860er-Jahren waren die Folgen der Not während der Revolutionsjahre überwunden. Das spiegelte sich auch in der Tatsache wider, dass die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens deutlich stieg. Ein Verzeichnis für das Jahr 1867 nennt die Gesamtzahl von 17 Ärzten zur Sicherung der medizinischen Versorgung in Koblenz. Dazu kamen zwei Wundärzte. 16 Ärzte und zwei Wundärzte standen für die Versorgung des in der Stadt und in den Vororten stationierten Militärs zur Verfügung. Schließlich gab es in der Stadt fünf Apotheken, in denen neben den Apothekern insgesamt sieben Gehilfen und vier Lehrlinge arbeiteten. Und nicht zuletzt hatte auch das Bürgerhospital weiter an Bedeutung gewonnen. Ebenfalls 1867 wurden insgesamt 977 Kranke behandelt, die es zusammen auf eine stolze Summe von 71.979 Behandlungstagen brachten. Die durchschnittliche Verweildauer von 73,67 Tagen zeigt allerdings, wie begrenzt damals die medizinischen Möglichkeiten waren. Die Hauptfunktion des Hospitals als Pflegeanstalt für Bedürftige war immer noch deutlich spürbar. Das zeigt auch der Schnitt aus dem evangelischen Krankenhaus. Dort wurden 1867 250 Patienten behandelt. Die Gesamtsumme der Behandlungstage betrug 9465, die durchschnittliche Verweildauer lag somit bei „nur“ 37,86 Tagen.131 Angesichts dieser unwirtschaftlichen Verhältnisse wird deutlich, dass es ohne das Privatengagement des Koblenzer Bürgertums nicht gehen konnte. Schenkungen und Vermächtnisse für die sozial engagierten Vereine nahmen stetig zu. Auch die Institutionen, die eigentlich gar nicht zum Zweck der Fürsorge gegründet worden waren, stifteten beträchtliche Summen. So spendeten die Mitglieder der 1808 gegründeten Bürgergesellschaft „Casino zu Coblenz“ den Erlös ihrer geselligen Veranstaltungen. Auch das im gleichen Jahr ins Leben gerufene Musikinstitut ging mit gutem Beispiel voran. Die Überschüsse aus den Konzerten kamen den Bedürftigen zugute. Dies alles schmälerte die Verdienste und die Bedeutung des Frauenvereins nicht. Im Gegenteil: Der Verein erwarb 1833 die Gebäude des ehemaligen Barbaraklosters an der Ecke Löhrstraße/Pfuhlgasse. Teile des ehemaligen Klosters der Augustinerinnen, die zwischenzeitlich als Lazarett, Cholerastation und Pfandhaus genutzt worden waren, standen jetzt für eine Nutzung als Waisenhaus offen. Der Verein selbst benannte sich fortan nach seiner Neuerwerbung und gab sich den Namen „Katholischer Frauenverein St. Barbara“. Der Verein wuchs, die finanzielle Ausstattung wurde dank großzügiger Förderer immer besser. 1852 übernahm die preußische Prinzessin Augusta das Protektorat über den Verein und damit über die Gebäude, in die inzwischen die Schwestern „vom armen Kinde Jesu“ eingezogen waren. Diese Kongregation war im Februar 1844 von Clara Fey gegründet worden. Die Nonnen hatten auch die Leitung von Haus und Schule übernommen. Nur drei Jahre nach der Initiative Augustas wurden in der Einrichtung 100 Kinder betreut und gepflegt. Die Zeit dieses Ordens im Kloster sollte 1879 zu Ende gehen, als dieser infolge der im Bismarck’schen Kulturkampf verabschiedeten Maigesetze (1873) Deutschland verlassen musste. Es begann eine Zeit der Übergangslösungen, die 1898 durch den Einzug der Dernbacher Schwestern beendet wurde. Diese waren in Koblenz sehr aktiv und sollten später auch das Horchheimer Krankenhaus St. Josef übernehmen, das erst 1988 aufgegeben und unter gleicher Leitung zum Alten- und Pflegeheim umfunktioniert wurde.

 

1908 zog das von den Dernbacherinnen betreute Waisenhaus in das neue Kloster in der heutigen Waisenhausstraße um, wo es bis 1970 auch eine Abteilung zur Behandlung kranker Kinder gab. Teile des alten Barbaraklosters wurden kurz nach dem Umzug abgerissen und durch ein Geschäftshaus der Firma Tappiser & Werner ersetzt.

 

 

1.6.1 Evangelisches Stift St. Martin

 

Nicht nur die katholischen Koblenzer taten sich bei der Förderung der medizinischen Versorgung hervor, sondern auch die evangelische Minderheit – allen voran der ursprünglich aus Bad Kreuznach stammende Buchdrucker und Buchhändler Johann Friederich Kehr. Er gilt als Gründungsvater des Evangelischen Stifts St. Martin, das heute als einer von drei Standorten des Stiftsklinikums Mittelrhein in der Koblenzer Vorstadt angesiedelt ist. Die Anfänge der Einrichtung liegen jedoch in der Altstadt. 1844 wurde mit Unterstützung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. im Bereich des Görgenklosters (nach dem die Görgenstraße benannt ist) zunächst ein Waisenhaus und kurze Zeit später ein Frauenkrankenhaus eingerichtet. Erst elf Jahre später sollte eine Abteilung für Männer dazukommen. In der räumlich beengten Altstadt hatte das neue Krankenhaus allerdings auf Dauer keine Chance, sich weiterzuentwickeln. 1898 folgte schließlich der Umzug in das in der Kurfürstenstraße neu errichtete Krankenhaus. Dort übernahmen die Diakonissen bis 1964 die Krankenpflege.132

 

 

1.6.2 Brüderhaus und Marienhof

 

Nicht nur der konfessionelle Gegensatz zwischen den protestantischen Preußen und den katholischen Rheinländern, sondern auch der Geist der Romantik zündete den Funken, der schließlich zur Wiederentdeckung des Glaubens führte. Davon profitierte eklatant die katholische Kirche. Das 19. Jahrhundert ist nämlich auch eine Zeit der Ordensneugründungen. Zu den Pionieren gehörte der gelernte Schornsteinfeger Peter Friedhofen, der 1851 in zwei gemieteten Räumen in der Florinspfaffengasse 6 den Grundstock für eine geistliche Genossenschaft legte, die sich besonders intensiv der Krankenpflege widmete. Seine „Barmherzigen Brüder“ waren überaus erfolgreich. Die Bewegung wuchs. In der Kardinal-Krementz-Straße wurde schließlich ein neues Krankenhaus gebaut, das bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder erweitert und modernisiert wurde. Der heute noch bestehende Altbau konnte 1899 schließlich bezogen werden.

 

Philipp de Lorenzi war nicht nur Pfarrer von Liebfrauen, sondern auch Historiker. Er gehörte zu den bekanntesten Geistlichen der Altstadtgemeinde. Der Pastor regte auch die Gründung einer Schwesterngemeinschaft an, die 1857 von Irmina Hoelscher aus der Taufe gehoben wurde. Irmina Hoelscher stellte zunächst mit drei Gleichgesinnten ihr Leben in den Dienst der sozialen Arbeit. Die engagierten Frauen sollten schließlich unter der Bezeichnung „Schwestern vom Heiligen Geist“ bekannt werden. Aufgabe des noch jungen Ordens war von Anfang an die Pflege von Kranken. Ein weiterer Schwerpunkt: Die Schwestern übernahmen Erziehung und Unterricht von Kindern aus armen Verhältnissen. Ihre Arbeit verrichteten die Nonnen unabhängig von Herkunft und Konfession der zu Betreuenden. Bereits 1865 bezogen die Nonnen am Löhrrondell ein eigenes Gebäude. Dort wurden auch alte alleinstehende Frauen versorgt. Da auch dieser Gemeinschaft großer Erfolg beschieden war, wurden die räumlichen Voraussetzungen für die karitative und pflegerische Arbeit im Laufe der Zeit recht unbefriedigend. 1885 erwarb der Orden ein großes Grundstück in der Koblenzer Straße. Nur drei Jahre später wurde das neue Mutterhaus samt Kapelle eingeweiht. Auch dieses Gebäude sollte nicht ausreichen. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderts durch einen Neubau ergänzt, der bereits 1903 genutzt werden konnte.133 Die „Schwestern vom Heiligen Geist“ waren auch im Bereich der Altenpflege sehr aktiv. Im gleichen Jahr, in dem sie ihren Erweiterungsbau eröffneten, begann auch ihr Engagement in der Altenpflege. Ebenfalls 1903 übernahmen sie die Betreuung des neu erbauten Josefinenstifts in der Maria-Hilf-Straße des Stadtteils Lützel (der späteren Bonner Straße – heute Bundesstraße 9). Dieses Heim war eine Stiftung des Fräuleins de Haye (1831–1895). Die Dame lebte in der Viktoriastraße und war das letzte lebende Mitglied der begüterten Koblenzer Familie Balthasar de Haye.

1.6.3 Das Haus der Dominikanerinnen

 

Die Kongregation der Arenberger Dominikanerinnen begründete 1887 – wenige Jahre nach den Schwestern von der Heimsuchung – die zweite klösterliche Niederlassung im Ortskern von Moselweiß. Das St. Josefhaus war die erste Filiale des Mutterhauses und wurde von der Generaloberin Cherubina ins Leben gerufen. Fünf Schwestern trafen am 4. Juli 1887 in Moselweiß ein, um in erster Linie die ambulante Krankenpflege im Ort zu übernehmen. Das Haus, das die Schwestern bezogen, war Eigentum der Arenberger Dominikanerin Schwester Dominika Sauer und ihres verstorbenen Bruders Josef Sauer gewesen. Die Genehmigung für die neue Niederlassung war von der Regierung bereits 1886 „behufs Ausübung der Krankenpflege“ erteilt worden. Zugleich – so heißt es wörtlich – hatten die beteiligten Herren Minister der Genossenschaft gestattet, als Nebentätigkeit eine „Kleinkinderbewahrschule“ zu übernehmen. Mit tatkräftiger Hilfe des damaligen Moselweißer Pastors Johann Baptist Klee war es möglich, bereits 1896 mit einem großzügigen Um- und Neubau zu beginnen. Zunächst als Altenheim gedacht, richteten die Schwestern ihr neues Haus – nachdem ein Operationssaal angefügt worden war – schließlich als Krankenhaus für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke ein. 1899 kamen die ersten Patienten ins Haus.134 Neben dem Krankenhaus betreuten die Dominikanerinnen die ambulante Krankenpflege in Moselweiß. Für die noch nicht schulpflichtigen Kinder unterhielten die Schwestern eine „Bewahrschule“.135

 

 

1.6.4 Die Heilanstalt Bad Laubach

 

In der südlich der Koblenzer Vorstadt gelegenen Laubach hatte sich lange Zeit eine Hinrichtungsstätte befunden. Ausgerechnet dort sollte eine Kuranstalt entstehen. Diese merkwürdige Wendung wurde mit dem Bau der neuen Landstraße am Rhein möglich, der am Anfang des         19. Jahrhunderts begann. Nicht zu unterschätzen ist auch die Bedeutung der aufkommenden Dampfschifffahrt, die entscheidende Auswirkungen auf die Entwicklung des Fremdenverkehrs hatte. Vor diesem Hintergrund war es durchaus sinnvoll, das Gelände am Fuße des Rittersturzes zu erschließen. 1840 wurde eine Aktiengesellschaft gegründet. Sie war Träger der neu zu errichtenden Kaltwasserheilanstalt für Nervenkranke. Das Beteiligungsmodell hatte offenbar Erfolg. Bereits 1843 wurde über die Abgabe von Steinen für die Erweiterung der Wasserheilanstalt verhandelt. Und wieder wurde das Projekt über Aktien finanziert. Im März 1844 zeichneten 22 Aktionäre insgesamt 66 Aktien.136 Insgesamt wurden acht Gebäude errichtet, die eine Kapazität von insgesamt 150 Betten hatten. „Bad Laubach“ wurde sehr beliebt und war zeitweise sogar ein gesellschaftlicher Mittelpunkt am Mittelrhein, zumal auch viele Gäste aus dem Ausland kamen. Die neue Anstalt, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts ihre Blütezeit erlebte, hatte eine Liege- und Wandelhalle, einen Lese- und Billardsaal und eine Kegelbahn.137 Noch 1867 „kurten“ 560 Patienten an insgesamt 19.772 Tagen. Die durchschnittliche Verweildauer betrug somit 35,3 Tage.138 Obwohl in erster Linie für Privatpatienten gedacht, hatte die Heilanstalt sehr wohl eine gemeinnützige Funktion: Es bestand die Möglichkeit, dass mittellose Kranke dort gratis behandelt wurden. Zu diesem Zweck wurde am   10. November 1859 eine Stiftung gegründet, die die Kur der Kranken bezahlen sollte.139 Diese Idee wurde in Koblenz relativ früh in die Tat umgesetzt. In Berlin übernahm man einen solchen Vorstoß erst fünf Jahre später. Im böhmischen Marienbad sollte ein Krankenpensionat gestiftet werden, um „Unbemittelte aus dem Civil- und Militairstande“ zu pflegen und zu betreuen.140

 

Die Koblenzer Stadtverwaltung versuchte aber auch, mittellose Kranke zur Behandlung in benachbarte Kurorte zu schicken. Dies zeigt ein Brief von Hubert-Josef Cadenbach nach Aachen vom Juli 1864. Darin bat er, den mittellosen Steuereinnehmer Friedrich Rudolph unterzubringen, damit dieser die ärztlich empfohlenen Bäder nehmen konnte.141 Solche Anträge hatten durchaus Aussicht auf Erfolg, wie weitere Briefe des Oberbürgermeisters zeigen. So gab die „Herzoglich Nassauische Hospitalbad Commission“ in Bad Ems im August 1863 einem entsprechenden Gesuch statt.142 Ein Jahr später weist ein Register bereits 23 Personen aus dem Bereich der heutigen Altstadt aus, die in Bad Ems kurten. In den Jahren 1870 und 1871 waren es immerhin noch jeweils 14 Personen.143

1.6.5 Das Hospital in Ehrenbreitstein

 

Die alte trierische Stadt Ehrenbreitstein wurde erst 1937 eingemeindet. Bis dahin war die ehemalige Residenz der Erzbischöfe und Kurfürsten selbstständig und hatte eigene Einrichtungen der sozialen Fürsorge. 1850 wurde im Obertal auch ein eigenes Kranken- und Waisenhaus gegründet. Die Entscheidung fiel allerdings nicht ganz unfreiwillig: Den entscheidenden Ausschlag gab eine Cholera-Epidemie, die in der Bürgermeisterei Ehrenbreitstein 77 Menschenleben gefordert hatte (vgl. S. 49). Die Opfer hinterließen 20 elternlose Kinder, die versorgt werden mussten.144 Am Anfang stand ein gutes Geschäft für die katholische Pfarrgemeinde Heilig Kreuz. Margarethe Fensterer und ihr Gatte, der Arzt Dr. Franz Fensterer, verkauften drei aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammenden Gebäude zu einem stark ermäßigten Preis von 5000 Talern. Zunächst hatte die Pfarrgemeinde nur eines der Gebäude genutzt.145 Zu diesem Zeitpunkt war die Einrichtung streng genommen noch kein Hospital, sondern ein reines Waisenhaus. Details wurden in einem Vertrag zwischen der städtischen Armenkommission und der Verwaltung des neuen „Waisen- und Armenhauses“ geregelt. Eigentümerin blieb die Pfarrgemeinde.146 Schnell stellte sich heraus, dass die Kapazitäten nicht ausreichten. Schon 1850 stieg die Zahl der betreuten Waisenkinder auf 27, ein Jahr später auf 28.147 Auf Initiative der Pfarrgemeinde und wohlhabender Bürger, konnte schließlich ein neues Gebäude errichtet werden. 1854 wurde die ältere Bausubstanz abgebrochen, zwei Jahre später war ein großes dreigeschossiges Gebäude fertig. Der Neubau wurde 1886 noch einmal um einen Flügel erweitert.148

 

Den Dienst übernahmen wie im Falle des Kemperhofs die Schwestern von der Gemeinschaft des heiligen Karl Borromäus. Für die Errichtung des Baus zeichnete Oberst von Cohausen verantwortlich, der als Schöpfer der preußischen Stadtbefestigung Ehrenbreitsteins gilt und auch wegen seiner archäologischen Studien heute noch bekannt ist.149 Doch trotz der Erweiterungen blieb die Einrichtung streng genommen ein Asyl für Alte, Kranke und Waisenkinder. Die Behandlung von Kranken spielte eine untergeordnete Rolle, was auch die Statistik zeigt. So wurden 1869 nur 40 Einheimische und 118 auswärtige Patienten behandelt.150 Erst 1886 wurde der erste hauptamtliche Arzt fest eingestellt. Es war der Armenarzt Dr. Istas.151 In den folgenden Jahren bemühte man sich um die Verbesserung der medizinischen Ausstattung, zumal die Einrichtung schon allein aufgrund der schlechten Ausstattung der örtlichen Armenkassen mit dem Aufkommen der gesetzlichen Krankenkassen immer mehr zur Belegklinik für die Patienten der niedergelassenen Ärzte wurde. So richtete man 1893 einen Raum für die Desinfektion ein, kurze Zeit später wurden endlich auch die Toiletten an die örtliche Wasserleitung angeschlossen.152 Wie auch im Koblenzer Hospital fehlten jedoch Möglichkeien, Infektionskranke vernünftig zu isolieren. So kritisierte der Kreisarzt im Spätsommer 1910 gänzlich unhaltbare Zustände. Allerdings kündigte Krankenhausarzt Dr. Istas den baldigen Bau eines Isolierhauses an.153 Dazu scheint es aber nicht gekommen zu sein.

 

Der Erste Weltkrieg machte den Verantwortlichen einen Strich durch die Rechnung. Während der Kriegsjahre musste die Einrichtung bis zu 700 verwundete oder kranke Soldaten gleichzeitig versorgen.154 Vor diesem Hintergrund und dem allgemein schlechten Zustand des Hospitals entschied man sich schließlich, das Waisenhaus aufzugeben. Die Konsequenz: Der Hospitalgedanke wurde endgültig aufgegeben. 1921 wurde die Anstalt in das Krankenhaus St. Joseph umgewandelt,155 das trotz der Kriegsschäden und des Brandes von 1948 noch in den 1970er-Jahren bestand. Erst zu Beginn der 1990er-Jahre wurden die Krankenhausgebäude im Zuge der Stadtteilsanierung abgebrochen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.7 Maßnahmen gegen die Tuberkulose

 

Obwohl die Tuberkulose fast ständig präsent und in der Summe sogar verhängnisvoller als die neuen Epidemien war, spielen die Maßnahmen in den Kommunen gegen die Tbc156 in der historischen Forschung eine eher untergeordnete Rolle. Das hat Gründe. Hatte der Kampf gegen die anderen gefährlichen Infektionskrankheiten Cholera, Pocken und Typhus für die Verwaltung stets eine vorrangige Bedeutung, wurde der Tuberkulose als „Krankheit der Armen“ lange Zeit auch in den amtlichen Quellen weniger Aufmerksamkeit zuteil – und das, obwohl sie, so Christoph Gradmann, „die epidemiologisch besehen wichtigste Infektionskrankheit des 19. Jahrhunderts“ war.157 Das änderte sich allmählich nach dem Bekanntwerden der Entdeckung des Tuberkelbazillus durch Robert Koch am 24. März 1882 in Berlin. Und als der wohl meistumjubelte Forscher des 19. und frühen 20. Jahrhunderts 1890/91 das Tuberkulin als Heilmittel gegen die Tuberkulose marktreif entwickelte, glaubte man, die Volkskrankheit endlich in den Griff zu bekommen. Doch das neue Medikament war umstritten, weil es trotz mehrfacher Verbesserungen keine objektiv nachweisbaren Heilerfolge brachte. Robert Koch musste sich schließlich sogar den Vorwurf gefallen lassen, ihm ginge es ausschließlich um persönliche Bereicherung.158

 

Unabhängig vom Wirbel um Robert Koch und seinen Entwicklungen wurden bereits in den 1880er-Jahren die Forderungen nach besonderen Heilstätten für „Unbemittelte“ immer lauter. Der Arzt Hermann Brehmer hatte bereits in seiner Dissertation von 1856 herausgestellt, dass sich die Tuberkulose an abgelegenen Orten, an denen es die Infektion nicht gab, gut bekämpfen ließ. Diese These führte zur Entstehung einer regelrechten Volksbewegung.159 So gründeten Hannoveraner Ärzte 1888 den ersten „Heilstätten-Verein“, der Tuberkulosekranken in Einzelfällen sogar eine Kur im Harz bezahlte. Oft sollten Betroffene auf ebensolche Privatinitiativen angewiesen bleiben. Die Situation verbesserte sich zumindest für einen kleineren Teil der Patienten, weil 1891 eine für die „arbeitende Klasse“ eingerichtete Kranken- und Invalidenversicherung die Kosten übernahm. Nur ein Jahr später wurde in Falkenstein im Taunus die erste Volksheilstätte gegründet. 1896 nahm dann das „Deutsche Zentralkomitee zur Errichtung von Heilstätten für Lungenkranke“ seine Arbeit auf, das kein Träger, sondern vielmehr eine Koordinierungsstelle für die flächendeckende Einführung von Volksheilstätten war. 1899 gab es einen weiteren entscheidenden Fortschritt: Die Landesversicherungsanstalten übernahmen die Kosten der Behandlung von Tuberkulose, was die Kommunen schließlich deutlich entlasten sollte.160 Diese Entlastungen dürften nicht unerheblich gewesen sein. Galt die Tuberkulose doch als „Volkskrankheit“, was sich schon allein durch die hohen Opferzahlen belegen lässt. Im Deutschen Reich starben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts jährlich 100.000 Menschen an der Infektionskrankheit.161 

 

Auch im Regierungsbezirk Koblenz versuchte man, der besorgniserregenden Entwicklung Herr zu werden. So bemühte sich Regierungspräsident August Freiherr von Hövel in einem Rundschreiben an die Landräte um Aufklärung und verwies auf die Diskussionen in der 15. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege, bei der der Kampf gegen die Tuberkulose vor allem vom Kieler Arzt Prof. Dr. Heller thematisiert worden war.162 Hellers Vorschläge flossen schon im März 1891 direkt in die „Maßnahmen zur Verhütung der Schwindsucht“ ein, weil auch im Landkreis Koblenz eine erhebliche Zunahme der Tuberkulose-Fälle zu beobachten war. Die Behörden führten dies hauptsächlich auf den „getrockneten, verstreuten“ Auswurf zurück. Man forderte deshalb das Aufstellen von Spucknäpfen in öffentlichen Lokalen und die regelmäßige feuchte Reinigung von Räumlichkeiten. Darüber hinaus wies die Bezirksregierung auf die Ansteckungsgefahr über Lebensmittel hin.163

 

Auch die Stadt Koblenz nahm die Überwachung von Lebensmitteln sehr ernst, was nicht nur die Entwicklungen um den 1890 fertiggestellten Schlachthof zeigen. Das Augenmerk der Kontrolleure richtete sich im späten     19. und frühen 20. Jahrhundert vor allem auf die Milch. Man wusste, dass Milch sehr wohl „Tansporteur“ des Tuberkuloseerregers sein konnte, vor allem dann, wenn sie nicht pasteurisiert war.164 Außerdem war man aus anderen Städten gewarnt, in denen sich die „Lebensmittelskandale“ rund um die Milch häuften. „Panschereien“ waren an der Tagesordnung. Dafür waren allerdings in der Regel nicht die Bauern verantwortlich, sondern die Händler. Diese verdünnten die Milch oft gerne mit Wasser, oder verschlechterten die Qualität durch das „Abrahmen“. Um der verdünnten Milch und ihrem bläulichen Schimmer die ursprüngliche Farbe zurückzugeben, gab es mehrere Möglichkeiten: Harmlose Alternative war die Zugabe von Zucker und Stärke, während skrupellose Kaufleute auch nicht vor der Beigabe von Kreide, Gips oder Gummi zurückschreckten. Besonders gefährlich wurde es in den Sommermonaten, wenn die Milch infolge fehlender Kühlung schneller sauer wurde und die Händler dieses durch die Zugabe von „absorbierenden Alkalien und Erden“ zu vertuschen suchten.165

 

Schließlich häuften sich auch in Koblenz die Klagen über die „fortgesetzte Verfälschung“ der Milch. Polizeidirektor und Landrat Jakob Franz Freiherr von Frentz informierte im Juli 1877 den Koblenzer Oberbürgermeister Karl-Heinrich Lottner darüber, dass er nach dem Vorbild anderer Städte beabsichtigte, entsprechende polizeiliche Kontrollen vorzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Kreisphysikus Dr. Schulz bereits angeboten, „die Polizeibeamten in einem Cursus ausreichend zu instruieren“. Darüber hinaus plante man, die zur Untersuchung der Milch erforderlichen Geräte anzuschaffen.166 Diese Geräte standen im Spätjahr 1877 zur Verfügung.167 Und schließlich konnte man sich auf verbesserte gesetzliche Grundlagen berufen. Eine war insbesondere das Reichsgesetz über den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879. Es räumte den Behörden erhebliche Zugriffsrechte ein.

Wer gesundheitsgefährdende Nahrungs- oder Genussmittel in Umlauf brachte, musste mit Gefängnisstrafen und dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte rechnen.168

 

Und auch in späteren Jahren sollte man in Koblenz auf der Hut sein. Zwar hatte die Kommunalverwaltung grundsätzlich an einer Verbesserung der Milchversorgung für alle Bevölkerungsschichten Interesse, doch überwachte man Herkunft und Ruf potenzieller Anbieter sehr genau. Dies zeigen auch die Vorgänge um die Aufstellung von sogenannten „Milchhäuschen“ in den Jahren von 1904 bis 1906. Am Ende der Untersuchungen erhielt die „Gemeinnützige Gesellschaft für Milchausschank in Rheinland und Westfalen“ mit Sitz in Düsseldorf den Zuschlag.169 Man entschied sich damit gegen das Angebot von C.W. Borth aus Bonn, der sich mit der Versicherung beworben hatte, die erforderliche Bonität und einen guten Leumund zu besitzen. Die Wirklichkeit sah jedoch anders aus. Nachforschungen in Bonn ergaben, dass Borth ein ehemaliger Nachtwächter war, der es durch Heirat zwar zu Vermögen gebracht, aber seit Jahren nicht gearbeitet hatte und „[…] oft zu jeder Tages- und Nachtstunde betrunken auf der Straße getroffen wurde. […]“170 Bis Ende 1911 wurden schließlich durch die „Gesellschaft für Milchausschank“ im Stadtgebiet fünf Milchhäuschen aufgestellt, ein weiteres sollte folgen. Ingesamt gesehen, gab es damals in Koblenz 85 öffentliche Schankstellen – darunter allein 23 Selterwasserbuden – für alkoholfreie Getränke, die die Behörden im Blick hatten.171

 

Weit nachlässiger als bei der Lebensmittelüberwachung war man bei der Realisierung der von der Bezirksregierung geforderten Naherholungsheime zur Behandlung von „Lungenkranken“. Immer wieder drängte Regierungspräsident August von Hövel die Koblenzer Kommunalverwaltung, auch im örtlichen Stadtwald ein Erholungsheim einzurichten. Im Oktober 1903 erinnerte Regierungspräsident Hövel daran, dass der „Waldheilstätten Verein vom Roten Kreuz in Berlin“ innerhalb von drei Jahren in der Umgebung von Berlin sechs Erholungsstätten eingerichtet habe, um „arbeitsunfähige Kassenkranke den Tag über in den Wald zu schaffen, dort zu verpflegen und  auch dem ungünstigen Einfluss der engen luft- und lichtarmen Wohnungen zu entziehen“. Der Regierungspräsident betonte, dass die Heime ohne hohe Kosten realisiert und sehr gut angenommen wurden. So sei die Zahl der Besuchstage von 1900 bis 1902 von 12.011 auf 55.200 gestiegen. Der Erfolg war so groß, dass noch 1902 weitere Heime in Posen, Halle, Hannover und Kassel eingerichtet wurden. Vor diesem Hintergrund forderte August von Hövel die Stadt Koblenz zur Berichterstattung über die mögliche Errichtung von Naherholungsheimen auf, wobei die Verwaltung sich auch mit dem „Vaterländischen Frauen-Verein“ abzustimmen suchte.172

 

Die dem Oberbürgermeister gesetzte Frist bis zum           1. Januar 1904 verstrich ohne Reaktion. Erst nach Ermahnung nahm die Stadt in einem Bericht vom 29. Februar 1904 Stellung, wobei sie sich auf die Ergebnisse einer Untersuchungskommission berief und auf Zeitgewinn setzte. Aus folgender Antwort an die Bezirksregierung lässt sich deutlich ablesen, was man in Koblenz von einem Naherholungsheim hielt: „[…] Die Commission ist zwar der Ansicht, dass die Errichtung solcher Erholungsstätten zwar wünschenswert erscheint, glaubt aber, daß sich der Cob[lenzer] Stadtwald hierzu nicht recht eigne, weil er, vollständig bergig gelegen, nur wenige bequeme Aufstiege biete. Ist nun der Cobl[enzer] Stadtwald an sich schon der Zielpunkt [von vielen] Einheimischen und Fremden, so pflegen vorzugsweise gerade diejenigen Plätze stark aufgesucht zu werden, zu denen die wenigen bequemen Aufstiege führen. Schon aus diesem Grunde kann es nicht wünschenswert erscheinen, dort Erholungsstätten für Kranke und Rekonvaleszenten zu errichten. Die anderen Teile des Stadtwaldes aber, welche zu diesem Zwecke zur Verfügung gestellt werden könnten, sind verhältnismäßig schwer zu erreichen und so weit von der Stadt entfernt, daß eine Verpflegung schon schwierig und teuer werden würde. […]“173 Eine Alternative nannte die Verwaltung jedoch nicht, sodass man den Bericht durchaus als eine Sammlung der besten „Totschlagargumente“ sehen kann. Regierungspräsident Hövel ließ jedoch nicht locker und stellte in Aussicht, dass es für die Umsetzung des Projektes erhebliche Zuschüsse von der Provinz geben könnte.174

 

Die Stadt, die durch die Stadterweiterungsmaßnahmen ohnehin stark belastet war, verzögerte verständlicherweise die Entscheidung für oder gegen ein Naherholungsheim. Mit Erfolg. Das Projekt verlief schließlich im Sande – wohl auch, weil man berechtigte Zweifel am wirtschaftlichen Erfolg des Projektes hatte. Zu dieser Zeit war nämlich das Bürgerhospital trotz der erheblichen Erweiterungen, einer deutlichen Erhöhung der Patientenzahlen und des Ausbaus des Krankenversicherungswesens in eine „Finanzfalle“ geraten. Hatte das Vermögen bis 1885 noch einen Wert von rund 400.000 Mark, sank es kurze Zeit später um 50 Prozent. 1894 erreichte schließlich das reine Geldvermögen mit 77.221 Mark einen absoluten Tiefstand. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. So verdoppelte sich zwischen 1875 und 1891 der Verpflegungshaushalt, bis 1904 lässt sich sogar eine Verdreifachung feststellen. Entscheidend für die ungünstigen Entwicklungen dürfte aber vor allem die Höhe der Personalkosten gewesen sein, die sich mehr als verdoppelten.175

 

Das Bürgerhospital hatte sich aller Schwierigkeiten zum Trotz am Anfang des 20. Jahrhunderts endgültig als Pflegeeinrichtung etabliert. Das zeigen auch die Vergleichszahlen aus dem Regierungsbezirk. Kamen 1880 auf 10.000 Einwohner nur 70 Krankenhauspatienten, waren es 1913 bereits 373. Im gleichen Zeitraum ging die Sterblichkeitsrate um 44 Prozent zurück, was nicht nur auf die verbesserte medizinische Versorgung zurückzuführen ist, sondern auch auf die großen Ingenieurleistungen jener Zeit. Auch in Koblenz und Umgebung lässt sich beobachten, dass das Sinken der Sterblichkeitsraten mit der fortschreitenden Verbesserung der Trinkwasserversorgung und der völligen Neuordnung der Kanalisation einhergeht. Gab es 1880 auf 10.000 Einwohner im Regierungsbezirk Koblenz noch 257 Sterbefälle, waren es 1913 nur noch 145. Mit diesem Wert lag der Raum Koblenz im Vergleich zu den anderen preußischen Regierungsbezirken im oberen Mittelfeld. Zum Vergleich: Im Regierungsbezirk Düsseldorf ging die Zahl der Sterbefälle sogar um 50 Prozent zurück.176 Thomas Tippach hat – wie Tabelle 4 zeigt – den Rückgang der Sterblichkeitsrate für das Koblenzer Stadtgebiet ermittelt. Ergebnis: Zwischen 1871 und 1908 gingen die Todesfälle in der Zivilbevölkerung um die Hälfte zurück. Rechnet man die Angehörigen des Militärs dazu, ergibt sich immer noch ein Rückgang um ein Drittel.177

 

Trotz der günstigen Entwicklungen blieb die Tuberkulose ein ernsthaftes Problem, und die schlechten Isolierungsmöglichkeiten im Bürgerhospital waren allgemein bekannt. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts verhandelte man in den städtischen Gremien ernsthaft über den Bau eines neuen Krankenhauses. Die schlechten Möglichkeiten der Krankenisolierung und die Mängel des im Hospital vorhandenen Desinfektionsraums waren spätestens seit 1902 immer wieder ein Thema.178 Das änderte sich auch nicht nach der Verbesserung der Zustände im Zuge der Umnutzung des früheren Epidemiehauses in der Boninstraße. Dramatisch wurde es nach Ende des Ersten Weltkrieges. So teilte das preußische Ministerium für Volkswohlfahrt mit, dass die Tbc vor allem in den Jahren 1919 und 1920 zugenommen habe.179 In Koblenz ging im Vergleich zum „Rekordjahr“ 1917 mit 142 Opfern zumindest die Zahl der Toten zurück. So starben 1924 46 der in Koblenzer Krankenhäuser eingelieferten Patienten an der Infektionskrankheit. Ein Behandlungsschwerpunkt war die neue städtische Krankenanstalt auf dem Kemperhofgelände, die in ihrem ersten vollen Betriebsjahr 312 Betten zur Verfügung stellte und insgesamt 2791 Patienten behandelte. In den Kemperhof wurden auch die meisten Tbc-Patienten eingeliefert. 26 der 225 Tbc-kranken Männer und Frauen starben.180 In der Bilanz für das Jahr 1925 meldete der Kemperhof bei 2780 behandelten Patienten einen deutlichen Rückgang der Tbc-Fälle. Sie lagen nun bei 135. 21 dieser Patienten starben.181

 

Die Abnahme der Tbc-Patienten mag ein Hinweis darauf sein, dass sich die Lebensbedingungen an Rhein und Mosel endlich wieder verbesserten und die Maßnahmen der Weimarer Zeit für die öffentliche Gesundheitspflege allmählich griffen. Der relativ hohe Anteil der Toten spricht dafür, dass nur noch schwere Fälle in die Koblenzer Krankenhäuser eingeliefert wurden. Das bedeutete gleichzeitig, dass das Personal in den einzelnen Anstalten doppelt auf der Hut sein musste. Und genau deshalb war der Bedarf an besonders ausgebildeten Desinfektoren da. Entsprechende Lehrgänge bot weiterhin die „Desinfektorenschule“ des Staatlichen Medizinal-Untersuchungsamt an. Diese Einrichtung unterstand wiederum der Bezirksregierung Koblenz.182 Auch das Arenberger Caritashaus lud zu den gut zweiwöchigen Kursen ein. Die Zielgruppe dieser Einrichtung waren Krankenschwestern.183

 

Erst mit dem Aufkommen von Antibiotika nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Tuberkulose allmählich ihren Schrecken. Eine stationäre Behandlung war fortan nur bei besonders fortgeschrittenen Fällen erforderlich. Zu diesem Zweck errichtete man in den Jahren 1952 und 1953 auf dem Kemperhofgelände das sogenannte „Lungenhaus“, das eine der modernsten Tbc-Stationen in Deutschland sein sollte. Dennoch war die Tuberkulose noch längst nicht besiegt. Noch 1968 erkrankten im Stadtgebiet 94 Menschen neu daran. Davon starben vier. Die Anzahl der „aktiven Fälle“ lag bei insgesamt 354. Im gleichen Zeitraum waren im damaligen Landkreis Koblenz 96 Personen erkrankt. Sieben Todesfälle waren zu beklagen. Die Gesamtzahl lag bei 317 Betroffenen.184 Und auch heute noch muss täglich mit Tuberkulosefällen gerechnet werden, zumal weltweit nach wie vor täglich 5000 Menschen an der Infektionskrankheit sterben.185 Tuberkulose ist in Osteuropa nach wie vor ein großes Problem, das jederzeit nach Deutschland „exportiert“ werden kann. Dass ein Restrisiko bleibt, zeigte sich zum Beispiel im Herbst 2000 an der Universität Trier. Von dort wurde im September ein Tuberkulosefall gemeldet, im Dezember kamen zwei weitere dazu.186

 

 

 

 

1.8 Die Desinfektionsanstalt

 

Auch wenn in Kiel 1875 die erste aseptische Klinik der Welt eröffnet wurde, sollte es noch lange dauern, bis alle deutschen Krankenhäuser über Möglichkeiten verfügten, Patienten keimfrei zu behandeln. Um dies zu gewährleisten, mussten nicht nur entsprechende Operationssäle, sondern auch Desinfektionsanstalten geschaffen werden. Dass Beispiel des Koblenzer Bürgerhospitals zeigt, dass dies alles andere als leicht war. Allerdings hatten auch andere Städte dieses Problem – wie folgende Bemerkungen eines Professors Dr. Kirchner in der Ärztlichen Sachverständigenzeitung vom September 1902 verdeutlichen: „Studien wie diejenigen des Jesuitenpaters Athanasius Kircherus, der in den 70er-Jahren des 17. Jahrhunderts als erster Mikroorganismen beschrieb, und des Delfter Privatgelehrten Antony van Leuwenhoek, der Anfangs des 18. J[ahrhunderts] mit Hilfe seiner noch unvollkommenen Linsen Bakterien entdeckte, waren Lichtblitze in einer dunklen Nacht, die ohne Folgen blieben. Selbst einem Henle187, der in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Notwendigkeit der Annahme belebter Krankheitskeime treffend begründete, gelang es weder dieselben nachzuweisen noch die wissenschaftliche Welt von der Richtigkeit seiner Anschauung zu überzeugen. Erst die bahnbrechenden Arbeiten von Louis Pasteur und Robert Koch und dem Bienenfleiss ihrer zahlreichen Schüler ist es zu danken, dass die belebte Natur der Krankheitsgifte heute als eine allgemein anerkannte Tatsache gilt. Auch diejenigen, welche zwar die Krankheitskeime als belebte Mikroorganismen nicht mehr leugnen können, sie aber, von  der wunderlichen Theorie des Nosoparasitismus188 befangen, nicht als Ursache, sondern als Folge- und Begleiterscheinungen der Krankheit hinstellen möchten, werden bald genug ausgestorben sein.“189

 

Kirchner schreibt weiter: „Von einer Uebersetzung unserer theoretischen Kenntnisse in die Praxis der Seuchenbekämpfung sind wir jedoch auch heute bedauerlicher Weise noch weit entfernt. Zwar haben wir im Reich seit dem 30. Juni 1900 in dem ,Gesetz betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten‘, welches von Leuten, die seine Bedeutung nicht erkannt  haben, befremdlicher Weise durch die Bezeichnung als kleines Seuchengesetz in dem Urteil der Ärzte herabgesetzt wird, ein Gesetz, welches den Ergebnissen der neueren Forschung auf dem Gebiete der Infektionskrankheiten voll Rechnung trägt und sich je länger desto mehr als eine schneidige Waffe in der Hand befähigter Amtsärzte  bewähren wird. Auch ist gegründete Hoffnung vorhanden, dass in Preussen das seiner Zeit treffende, aber nunmehr veraltete Regulativ vom 8. August 1835 durch ein auf modernen Anschauungen fussendes Seuchengesetz ersetzt werden wird.“190

 

Bemerkenswert ist, dass Kirchner gegen den Einsatz mobiler Desinfektionsapparate außerhalb der Kliniken plädierte. Sein Argument: Der Schaden war größer als der Nutzen, weil spätestens beim Rücktransport der Apparate in die Krankenhäuser Infektionskrankheiten eingeschleust werden konnten. Vor diesem Hintergrund forderte der Professor den Bau von Desinfektionsanstalten durch die  Kommunen.191 Doch genau davon war man im Koblenz des Jahres 1902 noch ein gutes Stück weit entfernt. Eine Desinfektionsanstalt gab es nämlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wohl aber zwei mobile Apparate, die im Bürgerhospital „stationiert“ waren. Allerdings lassen sich die Anfänge des Desinfektionswesens in der Stadt sowie Art und Funktion der Geräte mithilfe der städtischen Akten nur unzureichend rekonstruieren. Schon zu Beginn der 1880er-Jahre musste es im Bürgerhospital ein stationäres Großgerät und einen mobilen Apparat gegeben haben. Ob und wann besondere Räumlichkeiten für die fest installierte Anlage vorhanden waren, ist mithilfe der Quellen nicht zweifelsfrei zu klären. Anders das St.-Josef-Krankenhaus in Ehrenbreitstein. Dort war 1893 ein eigener Desinfektionsraum erbaut worden.192

 

 Um die Jahrhundertwende muss die Ausbildung von Desinfektoren in besonderen Lehrgängen zu diesem Zeitpunkt aber schon zum festen Repertoire gehört haben. „Veranstalterin“ war die Königliche Regierung, die Bekanntmachungen über die neuen Kurse an die örtlichen Verwaltungen und die Landräte weiterleitete.193

Ein Grund für die steigende Aufmerksamkeit der Bezirksregierung war die Tatsache, dass im Laufe des Jahres 1904 im Regierungsbezirk wieder verstärkt Typhusfälle aufgetreten waren. Und Regierungspräsident August Freiherr von Hövel betrieb Ursachenforschung, wie folgende Dezember-Anweisung zeigt: „[…] Durch die neueren verbesserten bakteriologischen Untersuchungsmethoden ist es erwiesen, daß von den an Typhus erkrankten Personen eine procentual nicht unbedeutende Zahl auch nach beendigter Reconvalescenz reichlich Typhusbacillen ausscheidet. [...] Das häufige Vorhandensein solcher Personen erklärt in vielen Fällen das Vorkommen von ,Typhushäusern‘, das heißt Häusern, in denen immer wieder von Zeit zu Zeit Typhusfälle in der Weise aufgetreten, dass besonders die neu hinzuziehenden, z. B. Dienstboten, an Typhus erkranken, während die Bewohner durch die bereits überstandene Erkrankung geschützt sind. Zur Verringerung der der Allgemeinheit von Typhusträgern drohenden Gefahr empfiehlt es sich, überall im Bezirk einheitliche Maßregeln zu tragen. […]“194

 

Als die deutlichen Worte des Regierungspräsidenten fielen, arbeitete man in der preußischen Regierung schon längst an neuen Grundlagen. Eine Folge waren das Landesseuchengesetz vom 28. August 1905 und die entsprechenden Ausführungsbestimmungen vom 15. September 1906. Die neuen gesetzlichen Reglungen zwangen wiederum den Regierungspräsidenten, sich intensiv um die Ausbildung von Desinfektoren zu kümmern. Allerdings machte sich August von Hövel angesichts der großen Schwankungen in der Häufigkeit von Infektionskrankheiten keine Illusionen darüber, dass diese Desinfektoren eine dauerhafte berufliche Perspektive hatten. Die Gebühren für eine Desinfektion reichten für Desinfektoren nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Hövel ging im August 1907 sogar so weit, für Desinfektoren ein Mindesteinkommen zu fordern. Das war nichts anderes als die Forderung, diese Fachkräfte fest einzustellen.195 Davon war man in Koblenz zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt. Nach wie vor waren der oder die mobilen Desinfektionsapparate im Hospital untergebracht. Die Geräte wurden dann bei Bedarf in den Wohnungen eingesetzt, die von den sogenannten Hausepidemien betroffen waren. Über die tatsächlichen Einsätze wurde eine kleine Statistik geführt. So zählte man 1907 121 desinfizierte Koblenzer Wohnungen. Ein Jahr später waren es 167 Wohnungen, 1909 ging die Zahl der Desinfektionen leicht auf 157 zurück. Die Kosten für die Einsätze waren theoretisch von den Bewohnern der betroffenen Häuser oder Wohnungen zu tragen. Konnten diese das Geld nicht aufbringen, übernahm die Stadt die Kosten – und das tat sie sehr oft. Zahlten 1907 nur 66 Betroffene Gebühr, so stieg die Zahl 1908 auf 99. 1909 zahlten 89 Hausbewohner.196

 

Das Hygieneproblem im Hospital konnte dagegen nur mit größer dimensionierten Apparaturen bewältigt werden. Gerade die stationären Geräte mussten so groß sein, dass sie ein ganzes Krankenbett aufnehmen konnten. Aber erst im Dezember 1908 sprach die Hospitalkommission außerhalb der regulären Tagesordnung das Problem an. Der Kreisarzt hatte in der Sitzung darauf hingewiesen, dass das Desinfektionswesen in der Stadt völlig unzureichend war. Einen fest angestellten Desinfektor gab es zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht. Es dauerte Tage, bis das angeforderte Personal ans Werk kam. Dieses ungeregelte Vorgehen machte natürlich auch Betrieb und Wartung der vorhandenen Anlage unnötig teuer. Und: Der Kreisarzt wies darauf hin, dass bereits mehrere kleine Städte in der näheren Umgebung von Koblenz dazu übergegangen seien, kommunale Desinfektoren zu beschäftigen.197 Dennoch scheute man in Koblenz die erforderlichen Investitionen. Zwar folgte im März 1909 die Gesundheitskommission den Empfehlungen der Hospitalkommission und forderte – unabhängig von einem Krankenhausneubau – eine Verlegung der Desinfektionsanstalt aus der Altstadt, doch favorisierte man zunächst einmal eine provisorische Lösung. So hätte man es gern gesehen, wenn der Desinfektor des Landkreises sich vorübergehend auch um Koblenz gekümmert hätte. In Bendorf und Vallendar war man da ein gutes Stück weiter. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten dort bereits Desinfektoren in städtischen Diensten.198

 

Auf der Suche nach einem geeigneten Standort für eine Desinfektionsanstalt wurde man dagegen relativ schnell fündig, weil das ehemalige Epidemienhaus in der Boninstraße (heute Behringstraße) für diesen Zweck besonders geeignet erschien. 1882 zur Aufnahme von Pockenkranken errichtet, war es zehn Jahre später angesichts der besorgniserregenden Meldungen aus Hamburg zur Aufnahme von 50 bis 60 Cholerakranken vorbereitet worden.199 Später diente das Gebäude unterschiedlichen Zwecken. So war es 1899 Obdachlosenasyl des Katholischen Männervereins. Noch Anfang 1908 wurde das Fachwerkgebäude von der Stadt zur Unterbringung von Obdachlosen genutzt. Als sich definitiv herausstellte, dass eine wirksame Desinfektion der Wäsche aus dem Krankenhausbetrieb im Bürgerhospital schon allein aus Platzgründen nicht möglich war, beschlossen die Stadtverordneten, Nebenräume der früheren Pockenstation zum Aufbau einer Desinfektionsanstalt zu nutzen.

 

Nach den grundsätzlichen Beschlüssen der Jahre 1908 und 1909 ging der Umzug vom Bürgerhospital in die Boninstraße schnell und geräuschlos über die Bühne. Die Technik hat man in diesem Zusammenhang wohl nicht erneuert, der alte Apparat wurde einfach am neuen Standort aufgestellt. Immerhin rang man sich schließlich dazu durch, einen hauptamtlichen Desinfektor einzustellen. Der Hospital-Ausschuss machte im August 1910 grundsätzlich den Weg für die Einstellung frei.200 Darüber hinaus wurde eine neue Gebührenordnung auf den Weg gebracht, die Desinfektionen mit Formalin, ohne Formalin und mit Dampf unterschied. Die dabei verbrauchten Chemikalien wurden zum Selbstkostenpreis berechnet.201

 

Die Desinfektorenstelle erhielt schließlich Heinrich Schmidt. Der neue Mann musste sich mit einer Reihe von Provisorien abfinden. So war der mobile Apparat weiter im Bürgerhospital untergebracht. Er musste nach Bedarf mit einem Handwagen an den Einsatzort gebracht werden. Seinen täglichen Einsatzplan erhielt er von der Hospitalverwaltung, die wiederum auf entsprechende Meldungen der Polizeidirektion reagierte.202

 

Auch wenn der Oberbürgermeister das damalige Stadtbauamt schon Anfang November damit beauftragte, das „Dampfdesinfektionsgerät im Epidemienhaus“ überprüfen zu lassen203, stellte die Bezirksregierung in ihrer Verfügung vom 22. Dezember 1911 fest, dass „[…] der am hiesigen Seuchenhause aufgestellte Dampfinfektionsapparat zu Entseuchungszwecken völlig ungeeignet […]“ war. Die Regierung betonte, dass mit „[…] der Errichtung einer besonderen Entseuchungsanstalt […] unter keinen Umständen gewartet werden [kann], bis die Frage des Hospitalneubaus entschieden ist. […]“204

 

Im Frühsommer 1911 befassten sich schließlich die Stadtverordneten mit der Sache. In der Sitzung vom 28. Juni erinnerte Oberbürgermeister Karl Ortmann daran, dass der bisherige Desinfektionsapparat im Epidemienhaus nunmehr 25 Jahre alt sei und den Anforderungen der Gegenwart nicht mehr entspreche. Der Vorsitzende machte deutlich, dass man bislang mit Rücksicht auf den beabsichtigten Hospitalneubau mit der Anschaffung eines neuen Apparates gewartet habe, die Sache aber nun nicht mehr verschieben könne. Die Stadtverordneten folgten dem Beschluss der Hospitalkommission. Diese hatte sich am 26. Juni 1911 für die Anschaffung eines neuen Apparates entschieden. Dieser sollte vorübergehend ebenfalls im Epidemienhaus Boninstraße aufgestellt werden, das zu diesem Zweck erweitert werden musste.205

 

Alle Beteiligten waren sich darüber im Klaren, dass die neue Anlage so groß sein musste, dass es problemlos möglich war, ein ganzes Krankenbett zu desinfizieren, ohne dass es auseinandergebaut werden musste. Entsprechend wurde auch die Ausschreibung gestaltet.206 Am Ende entschied sich die Stadt für eine Anlage, die mit Formalin betrieben wurde. Die neue Apparatur wurde schließlich Ende 1911 von der Firma F. & M. Lautenschläger GmbH mit Hauptsitz in Berlin-Reinickendorf zum Preis von 5328 Mark geliefert.207 Im Mai 1912 wurden die Mitglieder der Hospitalkommission darüber informiert, dass der neue Desinfektionsapparat in der Boninstraße fertiggestellt sei.208

 

Trotz der erheblichen Investitionen waren auch nach dem Aufbau des neuen Desinfektionsapparates die Probleme längst nicht gelöst. So bemängelte die Bezirksregierung im Februar 1913, dass der Betrieb in der Desinfektionanstalt alles andere als optimal lief, wie folgender Brief des Regierungspräsidenten Friedrich von Scherenberg (1911–1917) zeigt: „[…] Angestellte Ermittelungen haben ergeben, dass der von der Stadtverwaltung mit großem Kostenaufwand beschaffte Dampfdesinfektionsapparat bis zum Schlusse des Jahres 1912 nur zweimal benutzt worden war. Die gesetzlich vorgeschriebene Desinfektion von nicht waschbaren Kleidungsstücken, Federbetten, wollenen Decken, Matratzen usw. ist also in der großen Zahl der vorgekommenen übertragbaren Krankheiten fast ausnahmslos nicht im Desinfektionsapparat erfolgt. Wenn auch in den Desinfektionsanweisungen der allgemeinen Ausführungsbestimmungen sowie in den Einzelanweisungen zum Landesseuchengesetz die Desinfektion jener Gegenstände in Dampfapparaten oder mittels Formalin angeordnet ist, so kommt doch letztere nur da in Betracht, wo ein Dampfdesinfektionsapparat nicht vorhanden ist. Die Wirksamkeit der Formaldehyd-Desinfektion kommt nach feststehenden wissenschaftlichen Erfahrungstatsachen derjenigen der Dampfdesinfektion nicht gleich und in dem mitgeteilten Erlass des Herrn Ministers des Inneren vom 22. März 1912 ist ausdrücklich hingewiesen, dass zur Desinfektion bei Tuberkulose die Formalindesinfektion nicht ausreicht, vielmehr die Dampfdesinfektion zur Anwendung zu ziehen ist. Ich ersuche nunmehr mit Strenge darauf zu wirken, dass bei den vorkommenden übertragbaren Krankheiten insbesondere bei Typhus, Ruhr, Diphtherie, Scharlach, Tuberkulose die Desinfektion der obengenannten Gegenstände ausschließlich im Dampfdesinfektionsapparat erfolgt. […]“209

 

Irreführend ist, dass der Koblenzer Regierungspräsident von einem mit Dampf betriebenen Gerät spricht und sich somit der Verdacht einer schlampigen Arbeitweise in der Desinfektionsanstalt Boninstraße aufdrängt. Andere Verhältnisse spiegelt ein Bericht des Kreisarztes vor der städtischen Gesundheitskommission. Er bemängelte, „[…] dass der kostspielige Formalindesinfektor für den Regelfall unzweckmäßig erscheine, auch die Art der Benutzung der städtischen Desinfektionsräume zu wünschen übrig lasse. […]“210 Darüber hinaus forderte der Kreisarzt, einen weiteren Desinfektor einzustellen und zusätzlich eine Desinfektionskolonne für den Epidemiefall aufzustellen.

 

Aus den weiteren Unterlagen geht hervor, dass schon mit dem Gerät der Firma Lautenschläger die Dampfdesinfektion möglich war. Dennoch fasste man weitere Umbauten und wohl auch eine Umrüstung oder Modernisierung des Apparates ins Auge. Das zeigten auch die neuen Ausschreibungen, auf die sich auch die Weimarer Aktiengesellschaft Apparatebauanstalt und Metallwerke meldete. Das Untenehmen hatte im Mai 1913 das Koblenzer Garnisonslazarett mit einem Gerät beliefert, in dem sowohl mit Dampf als auch mit Formalin gearbeitet werden konnte. Dieses Gerät hatte eine Länge von 2,3 Metern, eine Höhe von 2,0 Metern und eine Breite von 1,3 Metern. Es eignete sich somit zur Desinfektion kompletter Betten.211 Ein konkurrierendes Verfahren kam ohne Wasserdampf und Formalin aus. So empfahl sich die Maschinenfabrik Arthur Vondran in Halle an der Saale mit einem Apparat, der materialschonend ausschließlich mit „trockener, heißer Luft“ arbeitete.212 Am Ende entschied sich die Stadt gegen eine Neuanschaffung und für einen Umbau der bestehenden Anstalt. Dazu gehörten vor allem die Vergrößerung des Maschinenraumes, die Trennung von Desinfektions- und Maschinenraum sowie die Errichtung eines Trockenschuppens und zweier Schutzdächer.213 Die Erweitungsmaßnahmen waren auch deshalb erforderlich, weil die beiden Desinfektionswagen der Stadt nur provisorisch bei der Spedition Harnischfeger in der Neustadt untergebracht waren, die dafür eine Pauschale von 100 Mark jährlich erhielt.214

 

Schließlich erkannte man auch bei der Stadt, dass ein Desinfektor allein die umfassenden Arbeiten nicht bewältigen konnte. Man entschied sich dafür, eine zweite Stelle zu schaffen, die mit dem Krankenwärter Rams besetzt werden sollte.215 Der erste Desinfektor, Heinrich Schmidt, mietete 1913 sogar den Fachwerkbau in der Boninstraße an. Er musste das Fachwerkgebäude aber bereits 1915 wieder räumen, weil das Gebäude zur Unterbringung von Soldaten benötigt wurde. Vorübergehend wurde die vorhandene Desinfektionsanlage vom Militär genutzt, weil die im Moselweißer Garnisonslazarett vorhandenen Kapazitäten nicht mehr ausreichten.216

 

Auch nach dem Ersten Weltkrieg hatte die ehemalige Pockenstation eine wichtige Funktion: Sie wurde von der US-Besatzung vorübergehend wieder als Epidemienhaus genutzt, aber bereits 1921 wieder an die Stadt zurückgegeben.217 Fortan wurde es wieder als Obdachlosenasyl benutzt, da der geplante Umzug des Hospitals nach Moselweiß eine Desinfektionsanstalt nach alter Prägung überflüssig machte.218 In der neuen Krankenhauswäscherei sollten auch die notwendigen technischen Geräte für eine gründliche Desinfizierung enthalten sein. Und die war seit den beiden letzten Kriegsjahren wichtiger denn je. Wie die Statistiken aus jener Zeit zeigen, war das Tuberkulose-Problem noch längst nicht gelöst. Im Gegenteil: Todesfälle waren an der Tagesordnung, und auch die anderen Infektionskrankheiten wie Typhus und Diphtherie konnten noch lange nicht zu den Akten gelegt werden. So weist die Statistik für das Jahr 1917 insgesamt 1252 Todesfälle auf (743 Männer und 509 Frauen). Der Anteil der Menschen, die an Lungentuberkulose gestorben waren, lag mit 125 (85 Männer und 40 Frauen) bei knapp zehn Prozent. Weitere 17 Personen (sieben Männer und zehn Frauen) waren an der „Tuberkulose anderer Organe“ gestorben. Bei weiteren sieben Frauen wurde Typhus als Todesursache festgestellt. Schließlich waren auch noch 47 Menschen (23 Männer und 24 Frauen) an den Folgen von „Diphtherie und Krupp“ gestorben.219

 

 

 

 

 

 

 

1.9 Prostitution und Krankheit

 

Als Garnisons- und Festungsstadt war Koblenz mit der Prostitution besonders stark konfrontiert. Hinzu kommt, dass „Frauenhäuser“ in der Stadt eine lange Tradition haben, die weit in das Mittelalter zurückreichte. Beim Kampf gegen das „Gewerbe“ ging es nicht nur um moralische, sondern vor allem um gesundheitliche Argumente. Die Zahl der geschlechtskranken Frauen in der Stadt war nämlich nicht zu unterschätzen. Nicht umsonst hatte die Obrigkeit Angst davor, dass die Krankenstände der Soldaten in die Höhe schnellten. Und so versuchte man immer wieder, das „Gewerbe“ einzudämmen. Freilich gab es keine dauerhaften Erfolge. Ganz im Gegenteil: Die Provinzhauptstadt war nicht nur ein Mittelpunkt für Beamte und Soldaten, sondern eben auch für Dirnen.220

 

Während man die Bordelle zur Zeit der französischen Besatzung als notwendiges Übel betrachtete und sogar eine „Hurenheilungskasse“ einrichtete, in die sowohl Bordellbetreiber als Prostituierte einzahlen mussten, sah man in der preußischen Verwaltung die Dinge anders. 1816 und 1843 wurden die Freudenhäuser verboten. Ergebnis: Die Obrigkeit verlor vollends die Kontrolle über die Huren, die nun ihr Gewerbe im Verborgenen betrieben. Die Polizeibehörde war machtlos.221 Damit hatten die preußischen Aufsichtsbehörden genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie eigentlich bezweckt hatten. Es ging nämlich nicht nur um die Eindämmung der „käuflichen Liebe“, sondern vor allem um eine vernünftige medizinische Versorgung geschlechtskranker Frauen. Schließlich beschränkte man sich darauf, das „Umhertreiben“ auf den Straßen zu unterbinden. Auf die scharfe Kontrolle der Privatbordelle in der Stadt wurde verzichtet.222

 

Wie die Franzosen drängten auch die Preußen darauf, dass die Huren im Falle einer Krankheit auch richtig behandelt wurden. Polizeidirektor Johann Heinrich Weber hatte bereits 1816 entsprechenden Druck auf Stadt- und Hospitalverwaltung ausgeübt. Und das mit gutem Grund: Hatte er doch selbst eine erkrankte Dienstmagd zur Behandlung ins Bürgerhospital geschickt, wo sie allerdings abgewiesen wurde. Die Frau stammte nicht aus Koblenz und man sah seit der Abschaffung der „offiziellen“ Bordelle keine Möglichkeit, sie zu behandeln. Zu diesem Zeitpunkt gab es ja noch keine rechtliche Handhabe, was sich erst mit dem Gesetz über den Unterstützungwohnsitz 1870 änderte. Die Frau wurde schließlich ins Arresthaus223 gebracht, das über eine eigene Krankenstation verfügte. Man bedenke: Seit dem Verbot von 1816 wurde Prostitution bestraft – und zwar mit einer achttägigen Gefängnis- oder Arbeitshausstrafe und einer Geldstrafe von fünf Reichstalern. Die „Alternative“: bis zu 20 Peitschenhiebe. Außerdem konnten die meist auswärtigen Prostitutierten der Stadt verwiesen werden. Diese wiederum unterliefen das Verbot, indem sie ankündigten, ihren Freier heiraten zu wollen.224 Bereits 1818 war klar, dass die Maßnahmen der Behörden nicht dazu geeignet waren, die venerischen Krankheiten einzudämmen. So meldete im März jenen Jahres der Kommandeur des        9. Husarenregiments, Oberst von Hellwig, dass der Krankenstand unter den Husaren nicht gesunken sei. Nach wie vor mussten zahlreiche geschlechtskranke Soldaten in das Garnisonslazarett225 eingeliefert werden. Oberbürgermeister Abundius Maehler schlug schließlich eine Reihe von Gegenmaßnahmen vor, wie sie bereits in französischer Zeit bestanden. Bei der Bezirksregierung sah man das ganz ähnlich. Die Folge: Das Reglement vom 21. Juni 1818, mit dem eine Meldepflicht für Prostituierte und ärztliche Pflichtuntersuchungen in einem Turnus von acht Tagen eingeführt wurde. Darüber hinaus verbot man die Straßenprostitution. Bei einem Verstoß gegen die Regelungen drohten Gefängnisstrafen.226

 

In der Praxis war von einer verschärften Gangart nicht viel zu spüren. Zwar verweigerten die Behörden immer wieder Anträge zur Eröffnung von Bordellbetrieben, doch war der Einfluss der örtlichen Polizei außerhalb der Festungsmauern zu Ende. Und so hatten die Prostituierten immer wieder ein „Rückzugsgebiet“, um bei der nächsten günstigen Gelegenheit wieder in die Stadt zu kommen. Daran änderte auch das neue preußische Strafgesetzbuch vom 1. Juli 1851 nichts, das Prostitution generell verbot und unter Strafe stellte. Die überforderten Behörden duldeten weiterhin Bordelle, solange sich diese Betriebe nicht in exponierter Lage befanden. Die häufigen Beschwerden Koblenzer Bürger über entsprechende Etablissements belegen jedoch, dass auch diese eingeschränkte Duldung in der Praxis nicht gut funktionierte. Dennoch bildeten sich im Laufe der Zeit in der Altstadt bestimmte Schwerpunkte für das „Gewerbe“. Dies waren vor allem die kleinen Mauerhäuschen entlang der noch erhaltenen Abschnitte der mittelalterlichen Stadtmauer und die westlichen Randbereiche der Altstadt. Berüchtigt waren auch die Nebengassen der Kastorstraße. Wie aussichtslos die Bemühungen waren, die Prostitution in der Stadt einzudämmen, zeigt die schon fast resignierende Bilanz des Polizeidirektors. Raitz von Frentz räumte ein, dass man trotz der Bestimmungen des neuen Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871, die Prostitution generell unter Strafe stellten, ebendiese nicht wirkungsvoll bekämpfen konnte. Er begründete dies 1874 mit der Tatsache, dass auf 24.528 Einwohner in Koblenz eine starke Garnison von 6039 „Miltairpersonen“ kam. Allein in Koblenz lebten rund 3388 Soldaten, weitere 1993 in Ehrenbreitstein. Und schließlich waren auch in Neuendorf 658 Angehörige des Militärs stationiert.227 Die daraus resultierenden Probleme waren natürlich keine Koblenzer Spezialität. Das spiegelte sich auch in der Novelle des Strafgesetzbuches vom 26. Februar 1876 wider, das unter bestimmten Umständen die Duldung der Prostitution auch offiziell möglich machte. In § 361 Absatz 6 hieß es wörtlich: „Mit Haft wird bestraft eine Weibsperson, welche wegen gewerbsmäßiger Unzucht einer polizeilichen Aufsicht unterstellt ist, wenn sie den in dieser Hinsicht zur Sicherung der Gesundheit, der öffentlichen Ordnung und des öffentlichen Anstandes erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, oder welche ohne einer solchen Aufsicht unterstellt zu sein, gewerbsmäßige Unzucht betreibt.“228

 

Immer wieder wurden Frauen aufgegriffen, die von außerhalb in die Stadt kamen, um ihrem „Gewerbe“ nachzugehen, was zunehmend zu einem Problem für die Behörden wurde. Schon 1852 klagte die Bezirksregierung darüber, dass die Syphilis229 in Koblenz stärker als bisher bekannt in der Stadt grassierte. Die Kommune wurde verpflichtet, die ärztliche Kontrolle der Prostituierten auf eigene Kosten wieder aufzunehmen und zu verstärken. Die Stadt wehrte sich gegen die zusätzliche Belastung und protestierte in Berlin – vergebens. Die wöchentliche Untersuchung der Prostituierten erfolgte schließlich im Hohenfelder Haus (Löhrstraße 30), das seit 1855 als Polizeigebäude diente. Ab 1861 war der Kreischirurg für diese Untersuchungen zuständig.230 Stellte sich bei den Untersuchungen heraus, dass Frauen erkrankt waren, konnten diese zwangsweise ins Bürgerhospital eingewiesen werden. Wie hoch dort der Anteil der Geschlechtskranken im Verhältnis zum Gesamtkrankenstand war, haben Ulrike Grundmann und Petra Weiß für die Jahre 1826 bis 1902 ermittelt. Demnach wurde die höchste Quote von 6,7 Prozent im Jahr 1833 errreicht. Der Durchschnitt lag bei knapp 3,9 Prozent. 231

 

Für die Behandlung der Geschlechtskranken wurden im Bürgerhospital bestimmte Zimmer reserviert. Dabei wurden die Personen mit Krätze und Geschlechtskrankheiten zusammengelegt.232 Das war auf Dauer natürlich ein unhaltbarer Zustand. Deswegen bemühte man sich um eine zufriedenstellende Lösung. Man dachte daran, die Geschlechtskranken in einem besonderen Gebäude zu isolieren. Das sollte im Deutschherrenhaus erfolgen, das jedoch weiterhin als Staatsarchiv genutzt wurde. Geschlechtskranke wurden im Kloster Maria Trost behandelt.233

 

 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entschloss man sich, die geschlechtskranken Frauen in einem Nebengebäude auf dem Hospitalgelände unterzubringen. Insgesamt gesehen dürfte die Dunkelziffer bei den Geschlechtskrankheiten sehr hoch gewesen sein. Die behördlichen Maßnahmen griffen nämlich nur bei den ortsansässigen Frauen. Die meisten Prostituierten kamen jedoch von außerhalb in die Stadt. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Zwangsuntersuchungen nur relativ wenige Frauen betrafen. Wurde 1884 mit 56 Fällen ein Höchststand erreicht, unterzogen sich drei Jahre später nur noch zehn Frauen der Untersuchung. Die Zahlen pendelten sich auf einem niedrigen Niveau ein. 1890 gingen nur 16 Frauen zur Untersuchung, ein Jahr später waren es immerhin 28.234 Das lag sicherlich auch daran, dass nur die wenigsten Betroffenen wirklich als Prostituierte „überführt“ werden konnten. Die Grenzen zwischen einem ausschweifenden Lebenswandel und dem „Gewerbe“ waren fließend. Und während des Ersten Weltkrieges und dem Beginn der Besatzungszeit verschwammen die Grenzen angesichts der großen wirtschaftlichen Not weiter. Auf jeden Fall hatte man im Hospital Probleme, die Behandlungskosten in den Griff zu bekommen, weil sowohl die Landesversicherungsanstalt für die Rheinprovinz als auch die Allgemeine Ortskrankenkasse eine Kostenbeteiligung verweigerten. Dies geht auf jeden Fall aus dem Schriftverkehr zwischen dem Hospitalinspektor Schaefer und den Versicherungsträgern hervor, der in die Monate Januar und Februar 1919 datiert ist. Das Argument der Kassen: Es handele sich um eine gemäß den örtlichen Polizeistatuten vorgeschriebene Zwangsbehandlung, deren Kosten die Kommunen zu übernehmen hätten.235

 

 Auch spätere Berichte zeigen, dass sich Prostitution und Geschlechtskrankheiten in Koblenz auf einem hohen Niveau eingependelt hatten. Diese Feststellung gilt auch für die Zeit, als Koblenz vorübergehend seine einst herausragende Rolle als deutsche Garnisonsstadt verlor. Aus wirtschaftlicher Not waren viele Frauen gezwungen, sich Amerikanern und Franzosen „anzubieten“. Und als sich die Verhältnisse in der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre besserten, waren erstaunlich viele Huren in der Stadt anzutreffen. Als Zentrum für den ganzen Mittelrhein war die Stadt auch nach dem Abzug der französischen Besatzung (1929/30) ein beliebtes Ziel vergnügungssüchtiger Männer. Das zeigen die Zustände in den kleinen Häuschen an der Wasserturmsmauer. Im Verwaltungsbericht 1932 heißt es: „Die Überwachung der Dirnen auf der Wasserturmsmauer erfolgte durch regelmäßige (wöchentliche, 14-tägige oder monatliche) ärztliche Untersuchung auf deren eigene Kosten. Zum Zwecke der Gewerbsunzucht wohnten auf der Wasserturmsmauer dauernd 35 Personen. Vorübergehend übten außerdem dort gewerbsmäßig Unzucht aus 80 Personen, so dass insgesamt 115 Personen gesundheitlich überwacht wurden. Es ist also ein starkes Fluktuieren der Bewohnerinnen festzustellen, was besondere Aufmerksamkeit erfordert.“236

 

Tatsächlich dürfte die Zahl der Prostituierten in der Stadt noch wesentlich größer gewesen sein, da sich zu den gemeldeten Dirnen weitere Frauen aus der Region gesellten, die bei ihnen zur Untermiete wohnten. So viel steht fest: Im mittleren Abschnitt der Wasserturmsmauer muss die Dominanz der Prostituierten so groß geworden sein, dass man sich in den Kriegsjahren dazu entschloss, den Durchgang mit einem bewachten Bretterverschlag zu „regulieren“. Dies sollte vor allem Soldaten darin hindern, einfach durch die Gasse zu flanieren, die aus der Richtung Altlöhrtor/Magazinstraße zur Balduinstraße führte. Wer zu den Prostituierten wollte, musste das deutlich kundtun. Schon allein diese Tatsache war für manchen Soldaten Abschreckung genug. Die Sperre bestand allerdings nicht lange, weil die Gebäude an der Wasserturmsmauer während der Luftangriffe von 1944 zerstört wurden. Viele Prostituierte, die im Weinkeller des benachbarten Casinos Schutz gesucht hatten, kamen bei einem alliierten Luftangriff ums Leben.237

 

Venerische Krankheiten hatten sich nicht nur in Koblenz zu einer regelrechten Plage entwickelt. Der Gesetzgeber reagierte. Mit dem am 1. Oktober 1927 in Kraft getretenen Reichsgesetz zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten wurden die Kommunen als Hauptträger der öffentlichen Gesundheitsfürsorge noch stärker in die Pflicht genommen. Das Gesetz markierte den Anfang kommunaler Gesundheitsbehörden als Vorläufer der „zweiten Generation“ von Gesundheitsämtern, die in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre folgen sollten. In Koblenz war die neu eingerichtete Gesundheitsbehörde eine Abteilung des Wohlfahrtsamtes. Dazu gehörte eine Beratungsstelle, die im städtischen Bürgerhospital eingerichtet wurde, obwohl zu diesem Zeitpunkt längst ein großer Teil des Krankenhausbetriebes in den Kemperhof nach Moselweiß verlagert worden war. Die Hauptaufgabe der neuen Gesundheitsabteilung war es, alle Maßnahmen zu ergreifen, die der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten aller Art dienten. Obwohl die frühere Sittenpolizei nach Inkrafttreten des Reichsgesetzes aufgehoben wurde, hatte die Gesundheitsbehörde dennoch Druckmittel. So leitete sie bereits 1927 in 27 Fällen Zwangsbehandlungen ein. Außerdem gab es Zwangsuntersuchungen, die nach der Einrichtung des neuen Gesundheitsamtes im Kurfürstlichen Schloss erfolgten.238

 

2. Der Neuanfang in Moselweiß

 

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rotz der durch die preußische Befestigung auferlegten Fesseln wuchs die Bevölkerungszahl der Stadt Koblenz. Dieser Entwicklung musste auch das soziale Netz Rechnung tragen. Natürlich veränderte sich im Laufe der Zeit auch das Altstadt-Hospital. In unmittelbarer Nachbarschaft des alten Franziskanerklosters wurden Häuser und Grundstücke angekauft. In den 70er- und 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts kam es zu umfangreichen Erweiterungen. Hatte die Zahl der Betten beim Einzug gerade mal 40 betragen, war sie jetzt auf 370 gestiegen. Erweiterungsbauten reichten jedoch bei Weitem nicht aus. Auch der Personalstamm war erheblich gewachsen, was die Statistiken vom Oktober und November 1914 widerspiegeln, als man sich gemäß einer Anweisung des preußischen Innenministeriums auch an Rhein und Mosel mit der Aufnahme verwundeter Soldaten auseinandersetzte. Demnach gab es in Koblenz 59 männliche und 243 weibliche Krankenpflegekräfte. Allerdings besaßen nur 13 Männer und 153 Frauen eine staatliche Prüfung. Weitere 38 Frauen hatten die am 1. August 1914 eingeführten Notprüfungen bestanden. Der Einfluss der geistlichen Korporationen in der Krankenpflege war weiterhin beachtlich. 242 Frauen und Männer, die in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in der Stadt eingesetzt waren, gehörten einer religiösen Lebensgemeinschaft an.239 Im Bürgerhospital lebten in dieser Zeit 30 Borromäerinnen. 20 dieser Schwestern waren in der Krankenpflege eingesetzt. Dazu kamen fünf Krankenwärter und eine Krankenwärterin.  70 bis 80 Betten konnten laut Statistik sofort für die Versorgung von Soldaten bereitgestellt werden. In Wirklichkeit aber waren bereits im Herbst 1914 106 Betten mit Verwundeten belegt worden.240

 

Trotz der beachtlichen Zahlen spielte das Hospital bei der Versorgung von Militärangehörigen in zivilen Einrichtungen nicht die Hauptrolle. Die übernahm das modernere, 1899 erstmals bezogene Brüderhaus in der Kardinal-Krementz-Straße. Dort standen 225 Betten für die Soldaten zur Verfügung. Davon waren 200 belegt. Im November 1914 arbeiteten 70 Personen in der Einrichtung, davon gehörten aber nur 25 der Kongregation der Barmherzigen Brüder an. Insgesamt 30 Personen waren direkt mit der Krankenpflege befasst. Davon besaßen 20 eine staatliche Prüfung.241 Ein weiterer Schwerpunkt der medizinischen Versorgung wurde auch der Marienhof in der Moselweißer Gemarkung. Dort standen 135 Betten für die Soldaten zur Verfügung. 86 Personen wurden in der Krankenpflege eingesetzt. Das waren fast alles Frauen, die der Kongregation „Schwestern vom Heiligen Geist“ angehörten. Ihre Ausbildung war in der Regel sehr gut. 81 Personen hatten eine staatliche Prüfung.242

 

Auch wenn die genannten Zahlen aus der Kriegszeit stammten und in der ganzen Stadt weitere Betten in Notlazaretten243 geschaffen werden mussten, spiegeln die Statistiken doch eine gewisse Konkurrenzsituation der größten Koblenzer Krankenhäuser seit dem Ende des      19. Jahrhunderts wider. Schon allein aufgrund der topografischen Situation hatte das Bürgerhospital unabhängig von den unzureichenden Isolierungsmöglichkeiten die schlechtesten Entwicklungschancen. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Stadtverwaltung, die seit der Verabschiedung der Bundesgesetze über den Unterstützungswohnsitz von 1870/71 direkt für die Hospitalverwaltung zuständig war, bereits 1902 entschieden hatte, die rund 100 Betten für die Armen auszulagern. Ausweichquartier wurde das in der benachbarten Nagelsgasse gelegene von Solemacher’sche Haus. „Die [...] Erweiterungsbauten waren lediglich auf die jeweiligen Bedürfnisse eingestellt und diesen angepasst. Die Folge war, dass die Einheitlichkeit des Hauses und die Übersichtlichkeit mit der Ausdehnung desselben mehr und mehr verloren gingen und der Betrieb erschwert wurde. Auch war es nicht möglich gewesen, in den Räumen des alten Klosterbaues trotz mancher Verbesserungen der Neuzeit entsprechende gesundheitliche Verhältnisse zu schaffen [...]“244, bemängelte der für die spätere Klinikverlegung zuständige Mediziner und Beigeordnete Dr. Ernst Dahm (1875–1941)245.

 

Das Wirken der Borromäerinnen im Bürgerhospital wurde im Frühjahr 1909 auf eine neue vertragliche Basis gestellt. Damit war sichergestellt, dass die Schwestern „gesund und krank“ auf Kosten des Hospitals unterhalten wurden. Darüber hinaus gab es für sie „in der Anstalt eine anständige, von allen anderen Personen abgetrennte Wohnung.“ Außerdem wurde jeder Schwester aus der Kasse der Hospitalverwaltung jährlich ein Betrag in Höhe von 150 Mark für Bekleidung ausgezahlt. Wenn eine Schwester starb, beerdigte man sie auf Kosten des Hospitals. Der Generaloberin im Trierer Mutterhaus wurde eine besondere Autorität zugebilligt. Sie konnte Schwestern zurückberufen und nach eigenem Ermessen wechseln. Auch das nicht geistliche Dienstpersonal wurde von den Borromäerinnen ausgewählt, allerdings behielt sich die Hospitalleitung vor, Neueinstellungen zu bestätigen.246

 

Trotz der guten Betreuung waren die Bedingungen im Hospital alles andere als ideal. Patienten und Personal des Krankenhauses mussten zusätzliche Belastungen ertragen, für die die Anstalt längst nicht mehr ausgelegt war. So erhielt die Einrichtung nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges den Status eines „Festungs-Hilfs-Lazaretts“. Dessen Chefarzt beklagte sich im Dezember 1915 beim Beigeordneten Dr. Janssen über die beengten Verhältnisse, aber kurioserweise nur über die unzulänglichen Möglichkeiten zur sauberen Lagerung der Uniformen der Verwundeten.247 Im weiteren Verlauf des Krieges mehrten sich die Hinweise auf die alles andere als befriedigenden Bedingungen. So schrieb der Chefarzt im Juni 1916: „[...] Da durch die Zunahme der Infektionen (Masern) wieder ein Mangel an zur Isolierung nötigen Räume eingetreten ist, bitte ich nochmals zur Erlangung solcher die geplanten baulichen Veränderungen baldigst ausführen zu lassen. [...]“248 Ins Auge gefasst wurden damals die Erweiterung der Augenklinik und die Modernisierung der Infektionsabteilung. Die Verwaltung konnte sich aber angesichts knapper Kassen nicht dazu durchringen, die gewünschten Veränderungen zu realisieren.249 Aber auch andere Bereiche des Krankenhauses zeigten Mängel. Der in Koblenz sehr populäre Hospitalpfarrer Dr. Georg Reitz kritisierte im November 1916: „[...] Ich bitte dringend, in dem Gang der Mansarde über mir, wo die vielen Mädchen jetzt untergebracht sind, für ein ordentliches Becken und eine hygienische Aborteinrichtung zu sorgen. Heute kommt wieder Wasser bei mir durch, das die Decke verdirbt. Und von dem Abort riecht der ganze Mansardengang. Die Zustände sind ganz unhaltbar. Ich habe noch drei Mansardenzimmer oben, darunter auch mein Fremdenzimmer. Ich könnte aber augenblicklich niemand dort schlafen lassen. Ich bitte um unverzügliche Abstellung der ekelhaften Geschichte. [...]“250 Auch der Krieg selbst machte Veränderungen im Hospital nötig, zumal sich die deutsche Niederlage spätestens seit dem Hungerjahr 1917 abzeichnete. Am 12. März 1918 war Koblenz Ziel eines ersten Luftangriffs geworden. Bei einem alliierten Angriff auf den Hauptbahnhof starben zwölf Menschen. Die Akten spiegeln die Bemühungen der damaligen Krankenhausleitung wider, das Hospital gegen mögliche Luftangriffe zu sichern. So wurde im September ein weiterer bombensicherer Raum zum Unterbringen der Kranken des Hospitals erforderlich, „da diese nicht mehr bei der kalten Jahreszeit in die Keller gebracht werden können“. Vorgeschlagen wurde, die Einsegnungskapelle und den daran anschließenden Flur entsprechend zu nutzen und die Fenster gegen Bombensplitter zu sichern.251

 

Weiterführende Maßnahmen waren nicht mehr nötig, weil der Krieg im November 1918 endlich zu Ende war. Sechs Tage nach dem Waffenstillstand, genauer gesagt, am Morgen des 17. November 1918, setzte sich eine Million Mann unter dem Befehl des französischen Marschalls Ferdinand Foch in Bewegung. Zu diesem gewaltigen Verband zählten rund 250.000 Amerikaner, die sich das Moseltal hinunter zum Rhein bewegten. Es war die neue 3. Armee unter dem Oberbefehl von John J. Pershing. Am Morgen des 12. Dezember (10.30 Uhr) marschierten schließlich rund 10.000 amerikanische Soldaten in die Stadt ein. „In vielen Fällen begrüßten die Beamten unsere Ankunft, weil sie in unserer Anwesenheit eine große Hilfe für die Stärkung ihrer durch die Revolution geschwächten Autorität erblickten, denn während des Monats November waren in zahlreichen Städten des Rheinlandes  Soldaten- und Arbeiterbeiräte geschaffen worden, die viele Machtbefugnisse der Beamten an sich gerissen hatten“, erinnerte sich US-General Henry T. (Turcman) Allen.252 Trotz der anfangs von gegenseitigem Misstrauen und Übergriffen der neuen Besatzung geprägten Atmosphäre gelang es, dass Verwaltung und Justiz weiterhin funktionierten. Gleiches muss auch für die medizinische Versorgung gegolten haben, denn die Quellen berichten nur wenig über Störungen im Hospitalbetrieb. Nur von den beengten Verhältnissen im alten Franziskanerkloster war die Rede. Denn im Bürgerhospital wurden in der ersten Phase der fremden Besatzung auch verletzte und kranke Gefangene untergebracht, wie ein Bewilligungsbescheid der damaligen Bezirksregierung belegt. Darin heißt es: Dem Antrag des Bürgerhospitals auf Erstattung der Kosten für die Instandsetzung der Geisteskrankenzelle wurde stattgegeben. Zuvor hatte ein von den Amerikanern eingelieferter Geisteskranker bei einem Tobsuchtsanfall die Zelle zerstört. Wie die witeren Ermittlungen ergaben, war der Patient zwar deutscher Staatsangehöriger, aber in amerikanischer Strafhaft. Er wurde auch nach seiner Entfernung aus dem Spital wieder den Amerikanern übergeben. Und das Reich musste 256 Mark an das Hospital zahlen.253 Ein weiterer Blick in die Akten zeigt, dass die Haftbedingungen für Gefangene nicht sonderlich streng gewesen sein mussten. So heißt es in einem Brief des Oberbürgermeisters Dr. Karl Russell an das städtische Hochbauamt: „[...] Es ist wiederholt vorgekommen, dass Kranke, vor allen Dingen im Krankenhaus untergebrachte amerikanische Gefangene, über den an der Nagelsgasse gelegenen Zaun das Krankenhaus verlassen haben oder in das Krankenhaus zurückgekehrt sind, auch auf diese Weise nicht einwandfreien Besuch erhalten haben. Um das Entweichen der Krankenhaus-Insassen zu verhüten, ist eine Erhöhung des Zaunes und eine schrägliche Absperrung mit Stacheldraht erforderlich. [...]“254 Vor den geschilderten Hintergründen verwundert es nicht, dass man sich in Koblenz schon früh Gedanken über eine Verlagerung des Krankenhauses machte. „Als bereits vor einigen Jahrzehnten sich das Haus wiederum als zu klein erwies und eine neue Erweiterung erforderlich wurde, sah man bei den erwähnten Mängeln und bei der Beschränktheit des zur Verfügung stehenden Geländes und der ungünstigen Lage inmitten des dicht bevölkerten Stadtteiles von einer weiteren Vergrößerung ab und entschloss sich zu einem Neubau. Zunächst wurde in Moselweiß ein Gelände von etwa 40 Morgen erworben. Später, als die Verhandlungen mit der Gemeinde Metternich wegen Eingemeindungen liefen, sollte der Neubau in diesem Stadtteil am Südhange des Höhenzuges angelegt werden. Die Baupläne waren seitens des Bauamtes angefertigt, kamen aber nie zur Ausführung“, erinnert sich Beigeordneter Dahm.255

 

Bis zum endgültigen Umzug auf das Kemperhofgelände in Moselweiß sollte es noch Zwischenstufen geben. Einige davon lassen sich bis weit in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurückverfolgen. Einer der ersten Schritte auf dem langen Weg zu einer modernen medizinischen und sozialen Versorgung durch die Kommune war der Bau eines Isolierhauses für geschlechtskranke Frauen auf dem Gelände des Bürgerhospitals und die Gründung des „Kaiserin-Augusta-Hauses“.

 

Das heute nicht mehr bestehende Gebäude für Wöchnerinnen sollte am Kaiserin-Augusta-Ring (jetzt Moselring) gebaut werden. Die Voraussetzungen schufen die Koblenzer Stadtverordneten in ihrer Sitzung am 30. September 1911. Bei den Beratungen wurde auch deutlich, dass die für den Bau erforderlichen Mittel schon bereitstanden. Großzügige Stiftungen des Bankiers Kommerzienrat Dr. Gustav Seligmann und des Kommerzienrates Oswald sowie der „Frau Geheimrat“ Spaeter hatten dies möglich gemacht. Die bestehende Finanzierungslücke sollte aus Mitteln der Stadt Koblenz gedeckt werden. Das neue Heim wurde offiziell erst am 22. Oktober 1913 – also genau am Geburtstag der früheren Kaiserin – seiner Bestimmung übergeben.256 Angesichts der Geburtenentwicklung in der Stadt waren die Kapazitäten des Wöchnerinnenheims bereits 1920 ausgereizt. Schließlich wurde der Südflügel des neuen Waisenhauses St. Barbara im Stadtteil Goldgrube als Säuglingsheim umgebaut.257

 

 

2.1 Vom Pensionat zum Krankenhaus

 

Waren das 19. und auch noch das frühe 20. Jahrhundert noch von großen medizinischen und städtebaulichen Debatten geprägt, ging es in der Phase der sogenannten „Posturbanisierung“ seit den frühen 1920er-Jahren zunehmend um die konkrete Ausführung im Sinne eines gesundheitsorientierten Städtebaus. Immerhin konnten sich die örtlich Zuständigen auf die Weimarer Verfassung berufen, deren Artikel 161 ausdrücklich die Erhaltung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit vorschrieb. Trotz der Anfänge in der Ära Bismarck war die noch junge Republik der erste wirkliche deutsche Sozialstaat, der sich entschieden einer ausschließlich vom Markt gesteuerten Wirtschaftsgesellschaft entgegenstellte.258 Obwohl die finanzielle Ausstattung angesichts der zahlreichen Krisen zu wünschen übrig ließ, entstand somit ein Klima, das immense Investitionen in neue Wohngebiete und die Modernisierung der „Gesundheits-Infrastruktur“ zuließ. Darüber hinaus gewann die bereits im Kaiserreich betriebene Prävention eine noch nie da gewesene Bedeutung. Hatte vor allem der Kampf gegen die Tuberkulose seit den 1880er-Jahren zur intensiveren Beobachtung gefährdeter Bevölkerungsgruppen geführt, entwickelte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine umfassende präventive kommunale Gesundheitsfürsorge. Leitwissenschaft wurde die 1902 vom Mediziner Alfred Grotjahn (1869–1931) begründete und in dessen Standardwerk „Soziale Pathologie“259 weiterentwickelte Sozialhygiene, die sich von ihrem Außenseiterdasein befreite und zu einer breiten Bewegung wurde.260 Deren zentraler Anspruch war es, gesundheitlich gefährdete Gruppen ärztlich zu beobachten. Dazu kam hygienische Beratung, Aufklärung und Gesundheitserziehung. Der neue Anspruch wurde verfassungsrechtlich verankert. So legte Artikel 119 fest, dass die Reinhaltung, Gesundung und soziale Förderung der Familie Aufgabe des Staates und der Kommunen war.261 Aus diesen Anfängen sollte sich schließlich das umfassende Gebiet der Sozialmedizin entwickeln, die heute nicht mehr wegzudenken ist und auch in der Ausbildung in sozialen und medizinischen Berufen eine entscheidende Rolle spielt.262

 

Der neue hohe Anspruch an die Prävention machte es erforderlich, dass die Mediziner in den Kommunen mit den örtlichen Polizeibehörden zusammenarbeiteten, was  von den zu überwachenden Menschen nicht immer misstrauisch verfolgt wurde, da Wohnungsinspektionen durchaus üblich waren.263 Auf jeden Fall führte die Verstärkung der Gesundheitsfürsorge dazu, dass das alte französisch-preußische Kreisarztsystem allmählich an seine Grenzen stieß. Es wurde das neue Amt des Stadtarztes geschaffen. Das Ergebnis war, dass die Kreisärzte vielerorts bedeutungslos wurden, was sich übrigens auch in Koblenz offenbarte. In der Provinzhauptstadt war der Stadtarzt ein Mediziner des städtischen Bürgerhospitals, dessen Bedeutung weiter zunahm.

 

Eine schwerwiegende Entscheidung des Katholischen Männervereins brachte nach der lange erfolglosen Suche der Stadtväter um ein neues Krankenhaus die Wende. Der Verein sah sich gezwungen, sein in der Moselweißer Gemarkung gelegenes Knabenpensionat Kemperhof264 aufzulösen. Der Verein hatte das Kemperhofgelände bereits 1850 erworben und am 3. Juni des gleichen Jahres in Anwesenheit der Prinzessin und späteren Kaiserin Augusta den Grundstein für ein neues Waisenhaus gelegt. Dieses Gebäude war dann nach Plänen des Koblenzer Architekten Adolf Osterhaus errichtet worden.265 Ein Verkauf war für den Verein keine leichte Entscheidung. Hatte man doch erst Ende 1908 einen Neubau zur Unterbringung der Waisenknaben fertiggestellt. Die reinen Baukosten dieses nach Plänen des Koblenzer Büros Huch & Grefges erstellten Gebäudes beliefen sich auf 175.000 Reichsmark – Grund und Boden exklusive.266

 

Der notarielle Vertrag, der den Ankauf durch die Stadt Koblenz besiegelte, wurde am 22. Februar 1921 unterschrieben. Demnach kaufte die Kommune vom Katholischen Männerverein das früher als Privatschule benutzte Pensionat Kemperhof einschließlich umliegender Ländereien sowie die Küchen – und die Kapelleneinrichtung. Der Kaufpreis betrug 1,75 Millionen Reichsmark. Außerdem zahlte die Stadt Koblenz weitere 250.000 Reichsmark für die infolge des Verkaufs im Knabenwaisenhaus vorzunehmenden Umbauten in der Schule und zur Stärkung des Pensionsfonds für die ehemaligen Lehrer.267 In ihrer Sitzung vom 26. Februar 1921 segneten die Mitglieder der Koblenzer Stadtverordneten-Versammlung den Ankauf der gesamten Anlage ab. Zuvor hatten die Bauverwaltung und die beteiligten Ärzte die Zweckmäßigkeit überprüft und waren zu einem positiven Urteil gekommen, wenngleich die verkehrstechnische Anbindung zu wünschen übrig ließ – bei Regen und Tauwetter waren die Wege recht unkomfortabel. Zudem fuhr die Straßenbahn nur alle 40 Minuten, sodass sich die Stadtverwaltung bei der „Coblenzer Straßenbahngesellschaft“ für einen 20-Minuten-Takt einsetzte. Dem Wunsch des Koblenzer Oberbürgermeisters wurde erst am 23. Oktober 1924 entsprochen.268

 

Die Verwaltung des ehemaligen Knabenpensionats wurde sehr unspektakulär gestaltet. Dessen Buchhalter Meisenberg sollte am 1. April 1921 in den Dienst der Stadt   übernommen werden, um die „künftige Filiale des Hospitals im Kemperhof“ zu führen.269 Darüber hinaus wurde ein neuer städtischer Ausschuss gegründet: Der „Unterausschuss für Krankenhausumbauten“ – kurz „Kemperhofausschuss“ genannt.270 Bereits im Sommer des gleichen Jahres waren die Umbaupläne des Hochbauamtes fertiggestellt. Zuvor war die Ärzteschaft in die Planungen eingebunden worden. Die Stadtverordneten segneten diese schließlich in ihrer Sitzung vom 3. August 1921 ab.271 Am 13. September 1921 lag der Bauantrag der Neubauabteilung im städtischen Hochbauamt der Genehmigungsbehörde vor. In dem Antrag hieß es schlicht: „Der Kemperhof in Coblenz-Moselweiss wird zu einem Krankenhaus umgebaut. Hierzu ist es erforderlich, dass verschiedene Bauteile abgebrochen werden. Zuerst soll das Maschinen- und Kesselhaus niedergelegt werden. Um baupolizeiliche Genehmigung wird gebeten.“272

 

In der Baubeschreibung wurde dann das Vorhaben präzisiert. Demnach sollten sich die Umbauarbeiten zum größten Teil auf das Innere des Gebäudes beziehen, während das Äußere in seiner bisherigen Form fast durchweg bestehen bleiben sollte, wobei man die Küche durch einen Anbau erweitern wollte. Dort wurden später Spülraum, Personalraum, ein Gemüseputzraum sowie Abortanlagen mit Waschraum für das Personal untergebracht. Weitere Veränderungen betrafen das bestehende Stiegenhaus, das abgebrochen und an anderer Stelle durch ein neues Treppenhaus mit Eisenbetontreppen ersetzt werden sollte. Darüber hinaus plante man, im bestehenden Haupttreppenhaus einen vom Erdgeschoss bis zum Dachgeschoss führenden Personenaufzug einzubauen. „[...] Im Übrigen handelt es sich bei den Umbauarbeiten um Entfernen von überflüssigen Treppen, Abbrechen und Neueinziehen von Wänden, Herstellung von Öffnungen, Einbauen neuer Closettanlagen. Das Entfernen der in Frage kommenden Wände ist von der Tragkonstruktion voll und ganz abhängig. Der Küchenanbau ist eingeschossig. Die Kellerdecke wird in Betonkappen zwischen T-Trägern erstellt. Die Umfassungs- und Innenwände werden in Ziegelsteinen gemauert. Der Anbau erhält ein Holzcementdach, die Außenflächen werden verputzt [...]“, hieß es in der Baubeschreibung wörtlich.273

 

Ebenfalls zum ersten Bauabschnitt sollte der Neubau eines dreigeschossigen Kesselhauses mit ausgebautem Dachgeschoss gehören. Dieses Gebäude war für die Wäscherei vorgesehen. Ferner sollten zwei größere Wohnungen sowie Schlafräume für das „Dienstpersonal“ eingerichtet werden. Um die Bedingungen für Patienten zu verbessern, sollte eine neue Liegehalle dazukommen. Sie wurde als Ziegelsteinbau mit Stahlbetondecken errichtet. Diesem ersten „Maßnahmenpaket“ sollte noch im Herbst ein zweites hinterhergeschickt werden. Bereits am 24. Oktober 1921 reichte das städtische Hochbauamt einen weiteren Antrag ein, in dem gravierende Schritte angekündigt wurden. Demnach sollte die Turnhalle des früheren Knabenpensionats zu einem Infektionshaus umgebaut werden. In dem zweigeschossigen Umbau sollten vier Stationen mit getrennten Eingängen für Infektionskranke eingerichtet werden. Die Planer hatten auch an außerplanmäßige Kapazitäten gedacht – sie wollten das Dachgeschoss ebenfalls ausbauen, um es für zusätzliche Krankenräume zu nutzen. Der Fall des Ausbruchs einer Epidemie war ausdrücklich eingeplant. Die gewählten Materialien entsprachen den Möglichkeiten der Zeit: Neben Ziegelsteinmauern kamen Holzfachwerkkonstruktionen mit Bimsstein und Stahlbeton (damals Eisenbeton genannt) zum Einsatz. Die Arbeiten verliefen zügig, sodass das Hochbauamt bereits am 31. August 1922 die Abnahme des Kesselhaus-Rohbaus beantragen konnte.274

 

Doch die Verhältnisse waren schwieriger, als es die Bauakte wiedergibt. Im Frühjahr und Sommer 1922 war das Krankenhauswesen in Koblenz vor allem von Leerständen gekennzeichnet. Aufschlüsse über die Situation gibt das Protokoll der gemeinsamen Sitzung des Bau-, Finanz- und Hospitalausschusses vom 25. August 1922. Zentraler Punkt war die Entwicklung im Bürgerhospital. Oberbürgermeister Karl Russell führte in der Sitzung aus, dass im Bürgerhospital eine abnehmende Belegung festgestellt wurde. In den Monaten zuvor waren stets 100 bis 140 Betten unbelegt geblieben. Betroffen waren alle Abteilungen. Die Situation war so dramatisch, dass man sich in jenen Tagen ernsthaft die Frage stellte, ob es sinnvoll war, die Bauarbeiten am Kemperhof weiterzuverfolgen. Doch die Ausschussmitglieder konnten sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden. Im Protokoll heißt es dazu: „[...] Man war allgemein der Ansicht, dass eine Unterbrechung dieser Arbeiten vom finanziellen Standpunkt aus zu verwerfen sei, jedoch einstimmig der Ansicht, dass unter allen Umständen das Hauptgebäude bis zu seiner vollendeten Zweckbestimmung ausgebaut und eingerichtet werden sollte. Bezüglich des Ausbaues des Infektionsgebäudes und der Leichenhalle waren die Meinungen geteilt, vorwiegend war man jedoch der Ansicht, dass auch dieser Bau durchgeführt werden soll. Der projektierte unterirdische Verbindungskanal zwischen dem Hauptgebäude, dem Isolierhaus und der Leichenhalle soll nur in seinen Abmessungen ausgeführt werden, als er für die Verlegung der Rohrleitungen erforderlich ist. Das Projekt des Leichenhauses soll im Unterausschuss sowohl bezüglich seiner Lage als auch seiner Ausführung in der denkbar einfachsten Form [...] beraten und endgültig beschlossen werden. [...]“275

 

Die Ausschüsse entschieden am Ende ihrer gemeinsamen Sitzung, bereits begonnene Arbeiten fertigzustellen. Darüber hinaus sollte auch das Röntgen-Institut komplett eingerichtet werden – die Ausstattung war bereits bestellt. Als dringend notwendig wurde auch die Vollendung des zweiten Operationssaals erachtet. Von anderen Arbeiten sollte dagegen abgesehen werden. Als Beispiel wurde die ursprünglich ins Auge gefasste Diphtheriebaracke genannt.276

 

Auffallend ist, dass in den Akten nur selten von den weiteren Entwicklungen im Waisenhaus gesprochen wird. Sicher ist aber, dass der Ankauf des gesamten Areals nicht ganz geräuschlos über die Bühne ging. Und das Waisenhaus, vor allem aber die Privatschule, spielte dabei eine zentrale Rolle. Die rechtlichen Auseinandersetzungen sollten fast 16 Jahre andauern und mit einem Vergleich enden, über den der Stadtrat abschließend am 4. März 1937 beriet. Demnach wurde kräftig nachgebessert. Der Katholische Männerverein erhielt einen „Nachschlag“ von 105.405 Reichsmark, der sich aus einem Hauptbetrag und der Entschädigung für den Zinsausfall zusammensetzte. Das Vergleichsangebot wurde dem Verein am 15. Mai 1937 zugestellt. Der nahm das Angebot am 4. Juni 1937 an.277

 

Eigentlich sollte zunächst nur die innere Abteilung des Hospitals in das ehemalige Knabenpensionat verlegt werden, während die Chirurgie im alten Bürgerhospital verbleiben sollte. Aber angesichts der schwierigen Zeit der Besatzung rückten die Verantwortlichen schnell von dieser Variante ab. Hauptkritikpunkt: Der Betrieb des Krankenhauses an zwei verschiedenen Standorten würde auf Dauer zu unwirtschaftlich. In ihrer gemeinsamen Sitzung am 3. Oktober 1922 entschieden sich die Mitglieder des Bau-, Finanz- und Hospitalausschusses mit Rücksicht auf die schwierige Finanzlage, dass nur eines der beiden Krankenhäuser – also Kemperhof oder Hospital in Betrieb genommen werden sollte. Außerdem wurde beschlossen, dass der im Umbau befindliche Kemperhof für die Aufnahme der Chirurgie vorbereitet werden sollte.278 Der Entscheidung vorausgegangen waren intensive Untersuchungen, in die auch der Chefarzt eingebunden war. Der schrieb an den Oberbürgermeister Dr. Karl Russell: „[...] Aus den Besprechungen [...] ist mit aller Klarheit zu entnehmen, dass mit einem Umbau des alten Hospitals zur Errichtung einer modernen chirurgischen Abteilung bei der Notlage der Zeit nicht mehr zu rechnen ist. Damit ist für mich eine vollständig neue Situation geschaffen, und nach reiflicher Überlegung stelle ich den Antrag, jetzt nicht die innere, sondern die chirurgische Abteilung nach dem Kemperhof zu verlegen, und zwar aus folgenden Gründen: Die chirurgische Abteilung war stets voll belegt, und hat immer mit Platzmangel zu kämpfen gehabt. Die von Herrn Beigeordneten Dr. Dahm als leer stehend aufgeführten Betten beziehen sich auf die Diphtherie- und Geschlechtskrankenabteilung, kommen also für die chirurgische Station nicht in Frage. Die innere Abteilung dagegen wies nur eine Belegzahl bis zur Hälfte oder noch weniger (bis zu 60 Betten) auf. Daraus geht hervor, dass der Kemperhof mit äußeren Kranken weit eher belegt werden wird, als mit innerlich Kranken, zumal deren Zahl bei den teuren Preisen noch weiter zurückgehen wird, was bei der chirurgischen Abteilung nicht zu befürchten ist. Der Platz im alten Hospital würde für die innere Abteilung demnach vollständig ausreichen und die dort noch geplanten Umbauten würden sich erübrigen. Die im Kemperhof für die chirurgische Abteilung notwendig werdenden Änderungen für die Errichtung von Operationssälen sind so gering, dass sie sicher weit hinter den Kosten eines Umbaues des alten Hospitals zurückbleiben werden. Die Augenabteilung und, was von ganz besonderer Wichtigkeit ist, die Geschlechtskrankenabteilung, könnten bei Verlegung der chirurgischen Station nach dem Kemperhof mit herausgenommen werden. Erstere würde im Hauptgebäude, letztere in der Isolierstation, deren Ausbau beschlossen ist, untergebracht werden können. Damit würde die unwürdige Beherbergung der Haut- und Geschlechtskranken, die ja eigentlich den Anlass zum Ausbau des Krankenhauses gegeben hat, ein Ende finden. Auch die gemeinsame Verwaltung, die meines Erachtens unbedingt bestehen bleiben muss, wird sich bei der von mir vorgeschlagenen Einrichtung leicht durchführen lassen. Da die innere Abteilung nicht alle Räume des alten Hospitals in Anspruch nehmen wird, ließen sich ohne Schwierigkeiten in demselben noch die Sprech- und Untersuchungszimmer für die Lungen- und Geschlechtskranken, das Wohlfahrtsamt unterbringen und die unbedingt notwendige Verlegung der Milchküche erreichen. [...]“279

 

Die Anregungen wurden zur Kenntnis genommen, aber im Laufe der Gespräche zeichnete sich eine Tendenz zu noch radikaleren Einschnitten ab. Ende März 1923 teilte der Oberbürgermeister dem Inspektor Wallrafen von der Hospitalverwaltung mit, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass das gesamte Bürgerhospital – mit Ausnahme des alten Baus – binnen kürzester Zeit vollständig geräumt werde. Karl Russell bat den Inspektor, die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen und sich mit dem Chefarzt wegen des Abtransports von Kranken und Mobilien abzustimmen und einen exakten Plan zu entwerfen. Darüber hinaus erinnerte der Oberbürgermeister an den festgelegten Plan zur Verteilung der Kranken auf andere Häuser im Stadtgebiet.280

 

In einer Sitzung am 12. April 1923 entschieden Finanz- und Hospitalausschuss, dass die Abteilungen für Infektionskranke sowie für Haut- und Geschlechtskrankheiten im alten Bürgerhospital verbleiben sollten. Nach Fertigstellung des Isolierhauses im Kemperhof sollte allerdings eine dieser beiden Abteilungen nach Moselweiß verlegt, die übrig bleibende Abteilung möglichst auf die anderen Krankenhäuser der Stadt verteilt werden. Für den Fall, dass es nicht realisierbar sein sollte, die Kinderabteilung für chirurgische Kranke im Kemperhof selbst unterzubringen, war eine Verlegung in den Marienhof angedacht. Das Wöchnerinnenheim am Kaiserin-Augusta-Ring (heute Moselring) sollte aber zunächst bestehen bleiben.281

 

Anfang Mai 1923 war der Umzug der großen Abteilungen in das neue Krankenhaus in der Moselweißer Gemarkung abgeschlossen. Dr. Karl Russell lud für Samstag,      5. Mai, zur Einweihungsfeier ein (schwarzer Anzug erbeten). Der Einladung ist zu entnehmen, dass der Trierer Bischof Dr. Franz Rudolf Bornewasser um 17.30 Uhr die Krankenhauskapelle einsegnete. Um 18 Uhr begann die Ansprache des Oberbürgermeisters in der Eingangshalle. Danach folgten Rundgang und ein kleiner Imbiss.282

 

Wie in den Ausschusssitzungen vereinbart, blieben die Abteilungen Haut- und Augenkrankheiten im Bürgerhospital. Doch weitere Investitionen in die alte Anlage sollten vermieden werden. Im Protokoll über ein Gespräch zwischen städtischen Beigeordneten und Medizinern hieß es: „[...] Allseitig wurde anerkannt, dass es unzweckmässig wäre, bezüglich der Unterbringung der Geschlechtskrankheiten größere bauliche Veränderungen im Hospital [...] vorzunehmen. Es soll noch die Frage geprüft werden, ob es nicht möglich wäre, die Kranken in andere Zimmer des Hospitals unterzubringen; in Aussicht genommen sind: die jetzige Hautabteilung, die Pensionszimmer der inneren Abteilung mit dem anschliessenden Saal 120 und die jetzige Klausur der Schwestern. Die Klausur soll in die jetzige Abteilung für Augenkranke nach dem Kemperhof. Eine Besichtigung der Räume soll in den nächsten Tagen stattfinden. [...]“283

 

Auf jeden Fall wurde der durch den Umzug der beiden großen Abteilungen frei werdende Raum genutzt, um die Betten für Bedürftige aus dem von Solemacher’schen Anwesen zurück in die Klostergebäude zu verlagern. Aber auch diese Neuorientierung konnte natürlich nur ein Provisorium sein. „Die Notwendigkeit eines Anbaues des Kemperhofes zu einem großen modernen Krankenhaus ist auch bereits allgemein anerkannt. Die Pläne sind fertig gestellt und sollen nach Erwerb des notwendigen Geländes ausgeführt werden“, betonte Beigeordneter Dahm 1925.284 Zu diesem Zeitpunkt waren die in der Bauakte angekündigten Maßnahmen des ersten Bauabschnitts längst verwirklicht. Dennoch waren die Probleme bei den ersten Maßnahmen noch präsent. Beigeordneter Dahm schreibt dazu in seiner ausführlichen Zwischenbilanz: „[...] Besondere Schwierigkeiten boten die zweckentsprechende Anordnung der Räume in der Umgestaltung derselben und ihre Anpassung an die ärztlichen Bedürfnisse. Vor allem galt es, die erste Forderung für ein Krankenhaus zu erfüllen, Luft und Licht in die Aufenthaltsräume zu lassen und die Möglichkeit peinlichster Sauberkeit in allen Teilen des Hauses zu schaffen. Die Mittelflure, welche sich durch alle Stockwerke des Hauses zogen, mussten beseitigt werden. Es geschah dies durch die Wegnahme der meisten nach der Innenseite gelegenen Räume. Ferner wurden zur weiteren Durchlüftung noch Fenster an den Flurenden angebracht. An Stelle der verloren gegangenen Zimmer wurden viele große Hallen geschaffen, die als Tagesräume eingerichtet sind. [...] Der Tannenholzfußboden wurde im ganzen Hause durch Eichen-Parkettfußböden ersetzt, welche in den Fluren zur Dämpfung der Geräusche und zum sicheren Begehen einen Belag von Linoleum erhielten. Die vorhandenen Treppenhäuser wurden erweitert, neue nach Bedarf eingebaut. Die baulichen Veränderungen stießen naturgemäß auf große Schwierigkeiten und es ist auch nicht möglich gewesen, das Gebäude, das zu ganz anderen Zwecken erbaut war, in allen Teilen zu einem neuzeitlichen Krankenhause umzugestalten. Immerhin kann die Lösung als eine recht befriedigende gelten.“285

 

Schon während der ersten Bauphase war klar geworden, dass schon bald erneut Erweiterungen notwendig sein würden. Nach einer Sitzung des Hospitalausschusses gab Oberbürgermeister Dr. Karl Russell im Oktober 1923 zu Protokoll, er habe „[...] insbesondere die unbedingte Notwendigkeit dargelegt, dass die Leichen aus dem Infektionshaus herauskommen und anderweitig untergebracht werden müssen. [...]“286 In der gleichen Sitzung wurde angeregt, zunächst für den Winter ein Provisorium durch eine leicht gebaute Baracke zu schaffen. In einem nächsten Schritt sollte mit dem Bau eines Gebäudeteils begonnen werden, um diesen als Leichenhalle einzurichten. Eigentlich war ursprünglich ein Gebäude zur Unterbringung der Schwestern vorgesehen. 287

 

Anfang 1924 folgte ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Klinikum: Die Infektionsabteilung des Kemperhofs wurde fertiggestellt und sofort mit Diphtheriekranken belegt. Die Mitglieder des Hospitalausschusses besichtigten Anfang Februar die neuen Abteilungen und nahmen darüber hinaus Badehaus, Röntgenabteilung, OP-Säle und Laboratorien unter die Lupe. „[…] Die Versammlung war einstimmig der Ansicht, dass sowohl die Infektionsabteilung wie auch die übrigen besichtigten Einrichtungen geradezu mustergültig angelegt und ausgestattet seien […]“, hieß es in einem Protokoll vom Februar 1924.288

 

Auf den ersten Blick verwundert es, mit welcher Routine man über die Erfordernisse des Alltags und die Modernisierung der städtischen Krankenanstalten sprach. Denn die Monate, in denen das neue Krankenhaus auf dem Kemperhofgelände Konturen annahmen, gehörten zu den schwierigsten der Koblenzer Stadtgeschichte. Als man in Koblenz über die Erweiterung des städtischen Krankenhauses nachdachte, putschten in Aachen die Separatisten. Am 21. Oktober 1923 riefen sie erneut die „Rheinische Republik“ aus. Schon am Morgen des 24. Oktober marschierten sie durch die Straßen der Koblenzer Innenstadt. Erst Anfang 1924 ging die Zeit der Separatisten zu Ende, gegen die sich die Koblenzer zur Wehr gesetzt hatten.289

 

Bei genauerer Betrachtung war der Zeitpunkt der Krankenhausverlegung nicht zufällig gewählt. Zum einen stand schon seit Jahren fest, dass das Bürgerhospital nicht mehr den Anforderungen genügte, zum anderen gab es positive Entwicklungen in der Gesetzgebung, die dazu beitragen sollten, den gewaltigen Investitionsstau in den Kommunen zu überwinden. Nach Krieg und Hungermonaten waren die meisten Gemeinden finanziell völlig ausgelaugt, weil die zur Verfügung stehenden Mittel meist ausschließlich für soziale Zwecke bereitgestellt werden mussten. Eine besondere Bedeutung hatte das Finanzausgleichsgesetz des Reiches vom 23. Juni 1923, das den gestiegenen Finanzierungsbedarf in den Kommunen und Ländern des Deutschen Reichs anerkannte. Die Konsequenz: Realsteuern wie Grund- und Gebäudesteuer sowie die Gewerbesteuer gingen an die Länder, die die Mittel ihrerseits wieder ganz oder teilweise den Gemeinden überließen. Dazu kam eine Beteiligung der Länder an den progressiven Verkehrssteuern; das sind die Steuern für Körperschaften, Grunderwerb, Kraftfahrzeuge, Rennwetten und Kapitalverkehrssteuern. Schließlich erhielten die Gemeinden auch noch einen Pflichtanteil aus der Einkommen-, Körperschaft- und Grunderwerbsteuer. Kalkulationsgrundlage für diese Zuteilungen waren Steuervorausschätzungen. Die wiederum basierten auf dem Anteil, der dem jeweiligen Land im Deutschen Reich zustand. Diese gewaltige Reform hatte auch Folgen für die Finanzverwaltung: Die Gemeinden waren jetzt nur noch direkt für die Realsteuern zuständig, alles andere übernahmen die erheblich aufgewerteten Finanzämter.290

 

Alles in allem wurde das Klima für die Kommunen nun wesentlich besser, zumal der Abbruch des Ruhrkampfes am 26. September 1923 und die Währungsreform am 15. November den Beginn einer kurzen Phase der Stabilität einleiteten. Die Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen wurde in vielen Städten genutzt – so auch in Koblenz. In der Provinzhauptstadt wurde diese positive Entwicklung vor allem an den städtischen Krankenanstalten deutlich. Trotz dieser deutlichen Verbesserungen spielten auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle. Schon damals zeichnete sich ab, dass kleinere Häuser auf Dauer kaum rentabel arbeiten konnten. Franz Rothenbacher hat darauf hingewiesen, dass die Krankenhaus-/Einwohner-Relation 1931 einen Höhepunkt erreichte. Damals kamen auf eine Million Deutsche fast 80 Krankenhäuser. Bis 1970 sollte die Dichte auf etwa 58 abnehmen. Auf der anderen Seite verschlechterte sich die Relation von Stationsbetten und Einwohnern nicht. Im Gegenteil: Die Gesamtzahl der Betten stieg – sieht man einmal von den Kriegsjahren ab – in den folgenden Jahrzehnten sogar deutlich. Kamen 1930 auf 10.000 Einwohner nicht einmal 80 Betten, stieg die Zahl bis 1970 auf 120. Diese Tatsache spiegelt einen gewissen Konzentrationsprozess wider, der auch für eine Verbesserung der medizinischen Qualität steht. Die Verweildauer in den Krankenhäusern nahm nämlich deutlich ab.291

 

 

 

 

 

 

2.2 Erweiterungspläne trotz Flaute

 

Trotz der Wende in den Jahren 1923 und 1924 war die wirtschaftliche Situation in der Preußischen Rheinprovinz nach wie vor schwierig. Auch am Ende der 1920er-Jahre waren die von der amerikanischen und französischen Besatzungsmacht verursachten Schäden und Belastungen nicht zu übersehen. Oberpräsident Dr. h. c. Hans Fuchs meldete sich 1928 mit folgender nüchterner Bilanz zu Wort: „[…] Die den Gemeinden entstandenen Besatzungsschäden haben vielfach nicht erfasst werden können. Soweit im Entschädigungsverfahren Ersatz geleistet wurde, ist dieser durch die fortschreitende Geldentwertung illusorisch geworden. Es sei erinnert an die ungeheueren Schäden, die in den Gemeindewaldungen durch die Besatzung angerichtet worden sind, sei es durch wahlloses Fällen bester Forststücke, durch Zerfahren der Gemeindewege, durch Schießübungen, durch restlosen Abschuss des Wildes und durch Vernichtung des Fischbestandes. Reich und Staat haben sich zwar bemüht, durch Sonderhilfsmaßen hier einen Ausgleich zu schaffen. Die entstandenen Schäden sind aber so groß, dass die zur Verfügung gestellten Mittel nur einen Tropfen auf den heißen Stein bedeuten und dass die Gemeinden mit außerordentlich hohen Verlusten belastet werden. […] Aus allem geht hervor, dass die Gemeinden nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft größere Aufgaben in Angriff zu nehmen. Infolgedessen haben zahlreiche dringende Arbeiten auf dem Gebiete des Wegebaues, des Baues von Wasserleitungen, Entwässerungsanlagen und vor allem von Schulgebäuden seit Jahren zurückgestellt werden müssen. Statt der Finanzierung produktiver Zwecke bildet die Aufbringung der Fürsorgelasten im besetzten Gebiet seit Jahren das Finanzproblem. Es hat zwangsläufig zu einer vollkommenen Ueberspannung der Realsteuerzuschläge geführt, von denen 600, 800 und selbst über 1000 Prozent Zuschlag zur Grundvermögenssteuer zu verzeichnen sind. […] Zusammenfassend sei gesagt: Die geringen Einnahmen aus den Steuerüberweisungen als Folge des wirtschaftlichen  Niedergangs einerseits, die daraus und aus den zwangsläufig hohen unproduktiven Ausgaben resultierende enorme Erhöhung der Realsteuern andererseits haben zu einer verhängnisvollen steuerlichen Belastung und Verschuldung der Kommunen geführt. Die Gemeinden sind nicht in der Lage, an größere kommunalpolitische Aufgaben heranzugehen. Das kommunale Leben ist vielfach lahmgelegt und zum Verkümmern verurteilt.“ 292 Trotz der zweifellos schwierigen Lebensbedingungen für die Bürger in dieser Zeit trifft die trübe Bilanz des Oberpräsidenten – der natürlich alle Gemeinden im Rheinland im Blick hatte – nicht auf die tatsächlichen Zustände in der Provinzhauptstadt zu. Zwar verbesserte sich das Verhältnis der Koblenzer zur französischen Besatzung nur langsam, doch wurden gerade in den 1920er-Jahren zahlreiche Projekte angegangen und auch realisiert. Der Kemperhof ist da nur ein Beispiel, vor allem in den Stadterweiterungsgebieten gab es deutliche Fortschritte. Darüber hinaus gab es in der Stadt eine ganze Reihe von ehrgeizigen Plänen. Die wurden 1925 in der zweiten Auflage des Werks „Deutschlands Städtebau“ publiziert. Darin meldete sich auch der Beigeordnete Dr. Ernst Dahm mit einem Beitrag über den aktuellen Stand im Kemperhof zu Wort. Nicht ohne Stolz auf das Erreichte schreibt der Beigeordnete: „[...] Die innere Einrichtung entspricht vollkommen den Forderungen der Neuzeit, die Beheizung der Krankenräume erfolgt durch Warmwasser, die der Flure durch Dampf. Dieser wird in einer mit Koksbahn versehenen Kesselanlage mit sieben Kesseln erzeugt. Die moderne Dampfkochküche ist mit den notwendigen elektrisch betriebenen Hilfsmaschinen ausgestattet. Maschinell gekühlte Kühlräume dienen zur Aufbewahrung des Fleisches und der leicht verderblichen Lebensmittel. Eine Dampfwäscherei und Dampftrockenanlage vervollständigen den wirtschaftlichen Betrieb.“

 

Weiter hieß es: „Besondere Sorgfalt wurde auf die Auswahl der Einrichtungsgegenstände gelegt, welche unmittelbar zur Heilung der Kranken bestimmt waren. Dies galt vor allem für das Röntgeninstitut, welches für die Erkennung und Behandlung von Kranken unentbehrlich ist und nur in vollendeter Ausführung die gewünschten Erfolge erzielt. Die Firma Siemens & Halske AG in Berlin, welche das Institut errichtete, ist diesen Forderungen voll und ganz nachgekommen. Ein großer Diagnostikapparat mit Hochspannungsgleichrichter erzeugt den für die Durchleuchtung und Aufnahme erforderlichen Strom. Ein Universal-Stativ ermöglicht die Anwendung an den Kranken in stehender, sitzender und liegender Haltung. Im Therapieraum erzeugen ein Multivoltapparat mit zwei Hochspannungs-Transformatoren den Wechselstrom, der durch einen intermittierenden Hochspannungsgleichrichter in hochgespannten intermittierenden Gleichstrom umgewandelt wird. Die Röntgenröhren sind in zwei große bleiarmierte Kasten eingesenkt, wodurch die Übertragung der Strahlen in den Raum verhindert und die Bestrahlung an der zu behandelnden Körperstelle sichergestellt ist. [...] Eine große Anzahl elektrisch-medizinischer Apparate dient ebenfalls Diagnostik und therapeutischen Zwecken. Das Badehaus und das Inhalatorium sind im Erdgeschoss unter der Liegehalle untergebracht.“ 293

 

Trotz der an und für sich recht guten Bilanz der Verwaltung lagen die Pläne für eine nochmalige Vergrößerung des Kemperhofs bereits fertig in der Schublade. So sollte die Liegehalle um etwa das Doppelte vergrößert werden. An der Ostseite war der Anbau eines zweistöckigen Flügels mit weiteren Betten vorgesehen. Die Kapazitäten der Erweiterung waren für damalige Verhältnisse gewaltig. Beigeordneter Dahm spricht von einer Kapazität von 1000 (!) Betten.294 Zu diesem Zweck sollte ursprünglich ein ganz neues Krankenhaus auf dem Moselweißer Feld errichtet werden. Die frühen, allerdings nicht weiter verfolgten Pläne sahen einen großflächigen, fast schlossartigen Neubau nach dem Vorbild des französischen Pavillonsystems vor. Allerdings gab man dieses Vorhaben schnell wieder auf, weil sich im gesamten Reichsgebiet ein neuer Trend abzeichnete: Nach den langen Jahren des Aufbaus zeichnete sich nun ein bis dato unbekanntes Phänomen ab – vielerorts wurden Überkapazitäten gemeldet.295 Angesichts dieser Entwicklungen und der traditionellen Flaute in der Stadtkasse entschied man sich schließlich auch in Koblenz für eine deutlich reduzierte Variante. Die nötigen Kapazitäten sollten durch Anbauten geschaffen werden. Nach Ankauf der erforderlichen Grundstücke wollte man 1926 mit einem Erweiterungsbau für rund 150 Betten beginnen. Die Maßnahme sollte als große Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Erwerbslose ausgelegt sein.296 Doch der Baubeginn verzögerte sich angesichts knapper Kassen und der Rentabilitätsberechnungen immer wieder. Außerdem schien der Bedarf nicht akut zu sein, weil es in den Koblenzer Krankenhäusern Anfang der 1930er-Jahre für die stationäre Versorgung von Patienten immerhin 1305 Betten gab. Die Gesamteinwohnerzahl lag damals bei rund 60.200.297 Rein statistisch gesehen mussten sich 46,1 Bürger ein Bett teilen. Dieser Schnitt war deutlich besser als der 1913 für das Reichsgebiet ermittelte Schnitt von 69,0.298 Insgesamt gesehen war diese Relation gar nicht so schlechtl. Zum Vergleich: Im Juni 2005 gab es für die 106.869 Koblenzer insgesamt 1932 Betten und somit einen Schnitt von 55,3 Koblenzern pro Bett. Rein rechnerisch betrachtet ergaben sich zu Beginn der 1930er-Jahre sogar Überkapazitäten. In Koblenz gab es neben den beiden städtischen Anstalten Kemperhof und Bürgerhospital noch fünf „Privatkrankenhäuser“, die von religiösen Gemeinschaften betrieben wurden. Nicht anders als heute spielten diese Einrichtungen auch für die medizinische Versorgung des Umlandes eine entscheidende Rolle. Unter dem Strich waren die Stationen nicht ausgelastet. Die Verwaltung sprach von einem „[...] Umstand, der sich natürlich in wirtschaftlicher Beziehung für die einzelnen Krankenhäuser ungünstig auswirkt. [...]“299

 

Die vorhandenen Überkapazitäten brachten Stadtväter und Krankenhausverwaltung in Verlegenheit. Erwiesen sich doch die schon vor längerer Zeit für die Erweiterung des Kemperhofs erworbenen Grundstücke als schwere Belastung. So wurden dem Oberbürgermeister bereits im September 1930 „Vorschläge zur Verbilligung der Verwaltung“ unterbreitet. Darin hieß es: „[...] Eine unerträgliche Belastung für die städtischen Krankenanstalten bildet auch die Zahlung der jährlichen Zinsen für die zur Erweiterung des Krankenhauses Kemperhof angekauften Grundstücke. Die Zinsen für diese Grundstücke betragen jährlich mehr als RM 40.000, während sie eine Pacht von nur RM 1100 einbringen. Von dieser Pacht müssen natürlich noch die hohen Steuern bezahlt werden. Nach Abzug der Steuern bleibt eine Pacht überhaupt nicht mehr übrig, so dass die städtischen Krankenanstalten an den fraglichen Grundstücken jährlich RM 40.000 zulegen. […] Da auch in absehbarer Zeit nicht daran gedacht werden kann, den Kemperhof zu erweitern bzw. dort auch die Abteilungen, die jetzt im Bürgerhospital untergebracht sind, anzugliedern, dürfte es für die Stadt das Vorteilhafteste sein, die Grundstücke wenn irgend möglich wieder abzustossen. Dass das nicht leicht sein wird, ist ohne weiteres klar, denn einmal besteht bei der landwirtschaftlichen Bevölkerung von Koblenz-Moselweiss begreiflicherweise wenig Neigung, ihren sowieso unrentablen Betrieb durch Hinzukauf von Grundstücken noch zu erweitern, weiter bleibt aber auch noch in Betracht zu ziehen, dass die Grundstücke zur Zeit verhältnismäßig teuer gekauft worden sind und dass diese Erwerbspreise heute sicherlich nicht mehr erreicht werden. Der Verkauf dieser Grundstücke wäre daher sicherlich ein Ende mit Schrecken, aber ein solches ist immer besser als ein Schrecken ohne Ende. Wenn die Stadt sich die in Betracht kommenden Grundstücke dennoch für eine spätere Krankenhauserweiterung sichern will, so könnte dies ja in der Form geschehen, dass in den Kaufverträgen gesagt wird, dass die Grundstücke nur mit Erlaubnis der Stadt bebaut werden dürfen und dass ihr bei dem evtl. Weiterverkauf das Vorkaufsrecht zusteht. […]“300

 

Auf jeden Fall sollten die verhältnismäßig weit ab vom Kemperhof gelegenen Grundstücke veräußert werden, denn an die ursprünglichen Dimensionen der geplanten Erweiterung war nicht mehr zu denken. Auch im Sommer 1931 war der Grundstücksverkauf ein wichtiges Thema. Details wurden zwischen dem scheidenden Oberbürgermeister Dr. Karl Russell und leitenden Mitarbeitern der städtischen Liegenschaftsverwaltung besprochen. Ergebnis: Russell drängte darauf, den Grundbesitz des Krankenhauses unbedingt zusammenzuhalten und gab wörtlich zu Papier „[...] Von meiner Seite wurde darauf hingewiesen, dass die Krankenhausverwaltung grundsätzlich darauf bedacht sein müsse, ihren gesamten Grundbesitz zu erhalten und dass daher von einem Verkauf der weiter vom Kemperhof gelegenen Grundstücke nicht die Rede sein könne, umso weniger, als die Stadt Koblenz nach wie vor auf dem Standpunkt stehe, dass zu gegebener Zeit eine Erweiterung des Krankenhauses Kemperhof stattfinden müsse. Der Vertreter des Liegenschaftsamtes erklärte auch, dass der Verkauf von Grundstücken zur Zeit kaum möglich sein werde. [...]“301

 

Die kühnen Pläne konnten erst nach einer Verbesserung der ökonomischen Rahmenbedingungen in die Tat umgesetzt werden. Die finanziellen Weichen wurden über den zweiten Nachtrag zum außerordentlichen Haushaltsplan der Stadt Koblenz für das Rechnungsjahr 1936 vom     12. November gestellt. Darin wurden 170.000 Reichsmark für die Erweiterung und die Einrichtung einer Abteilung für Wöchnerinnen ausgewiesen. Finanziert werden sollte diese durch den Verkauf von Grundstücken in Höhe von 120.000 Reichsmark und einen staatlichen Zuschuss in Höhe von 50.000 Reichsmark.302 Die Umbauten und Erweiterungen sollten vor allem die inneren Abteilungen auf Vordermann bringen. In der Chronik des Kemperhofs steht dazu: „[...] Hier genügen die inneren Abteilungen nicht mehr den Anforderungen, die an sie gestellt werden. Es ist ein Plan ausgearbeitet, durch den dieser Mangel ausgeglichen werden könnte, und der dem städtischen Krankenhaus seine Stellung unter den Krankenhäusern der Stadt auch in Zukunft sichern soll. [...] Der gesamte Gebäudekomplex, der sich in eine Reihe von Einzelgebäuden aufteilte, würde nach diesem Plan bis an die Koblenzer Straße heranreichen und den Kemperhof zu einem der größten Krankenhäuser Westdeutschlands machen. [...]“303  Dass die Erweiterung des Krankenhauses – wenn auch in wesentlich bescheideneren Dimensionen als ursprünglich geplant – allmählich in greifbare Nähe rückte, war wahrscheinlich auch ein Motiv, sich eingehend mit dem Waisenhaus und seiner Schule zu befassen. Der Hauptgrund war jedoch, dass kirchlich geführte Bildungseinrichtungen nicht mehr gerne gesehen wurden. Auch in diesem Bereich nahm die nationalsozialistische Gleichschaltung deutliche Konturen an. Im Juli 1937 legte der zuständige Kreisschulrat einen Bericht vor, der an der Einrichtung – entgegen früherer Beurteilungen – kein gutes Haar mehr ließ.304 Schließlich befasste sich das Reichsministerium für Wirtschaft, Erziehung und Volksbildung mit der Angelegenheit. Es ging dabei nicht nur um die Knaben-Waisenhausschule, sondern auch um die Mädchen-Waisenhausschule St. Barbara. Dem Drängen der Bezirksregierung Koblenz entsprach das Berliner Ministerium, das am 24. August 1938 der Schließung beider Anstalten zustimmte. Die 19 Mädchen von St. Barbara wurden am 1. Oktober in die entsprechenden Klassen der Thielenschule305 am heutigen Moselring eingewiesen. Bereits einen Tag vorher wurden die männlichen Schüler wie vorgeschlagen in die Volksschule Moselweiß überwiesen, wo eine neue Klasse eingerichtet wurde. Der Lehrer der alten Kemperhofschule wurde in den Staatsdienst übernommen.306

 

Parallel zu den Veränderungen im schulischen Bereich liefen die Detailplanungen für den Erweiterungstrakt. Am 16. Juli 1938 wurden die Pläne des „Um- und Erweiterungsbaues des städt. Krankenhauses Kemperhof“ vorgelegt. Demnach sollte „[...] das städtische Krankenhaus Kemperhof durch einen Anbau und damit verbundenen inneren Umbau in südlicher Richtung am Zufahrtsweg zur Moselweißerstraße erweitert werden. [...]“307 Die Erweiterung wurde 1939 abgeschlossen.

2.3 „Revierkämpfe“ mit Folgen

 

Die Streitereien um die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen sind keine Spezialität der Bundesrepublik Deutschland im frühen 21. Jahrhundert. Bereits in der Weimarer Republik zeichnete sich ein Konkurrenzkampf zwischen den Repräsentanten des öffentlichen Gesundheitswesens, den Vertretern der freien Wohlfahrtsverbände und der immer stärker werdenden Lobby der niedergelassenen Ärzte ab. Wie die Verzögerungen bei der Erweitung des Kemperhofs zeigen, hinterließ die Debatte um Überkapazitäten und Krankenhauskosten auch in Koblenz Spuren. Dazu kam, dass die niedergelassenen Ärzte ganz offen gegen die Behandlung von Kranken in öffentlichen Einrichtungen Front machten und für sich quasi ein „Exklusivrecht“ beanspruchten. Dokumente, die diese offenen Auseinandersetzungen belegen, gibt es in den Akten der Stadt Koblenz zwar nicht, doch spricht allein die Tatsache Bände, dass sich die Verwaltung intensiv mit der geplanten „Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände“ auseinandersetzte. Dieser Arbeitsgemeinschaft sollten der Städtetag, der Landkreistag, der Reichsstädtebund und der Verband der preußischen Provinzen angehören.308 Das Bündnis war nichts anderes als eine Allianz gegen Übergriffe von Wohlfahrtsverbänden und Ärzten in Aufgaben der medizinischen Grundversorgung, die die Kommunen für sich beanspruchten.

 

In mehreren Vorberichten und Denkschriften spricht der Städtetag die Problematik ganz offen an. So heißt es im November 1927: „[…] Auf dem Gebiete der offenen Gesundheitsfürsorge tritt der Reichsverband der sozialhygienischen Reichsfachverbände immer mehr mit der Behauptung heran, er sei der berufene Vertreter der offenen Gesundheitsfürsorge in Deutschland. In Wirklichkeit aber liegen die Einrichtungen der offenen Gesundheitsfürsorge (die Fürsorgestellen mit ihren zahlreichen Ärzten, Schwestern, Fürsorgerinnen, die Beratungsstellen, die Erholungsverschickung usw.) nicht bei der freien Wohlfahrtspflege, sondern sind zum weit überwiegenden Teil kommunaler Natur. Sie sind geschaffen und werden unterhalten von den Städten, den Kreisen und in Preußen zum Teil auch von den Provinzen. Es ist ein höchst unerwünschter Zustand, dass die in Frage kommenden Ministerien wichtige Erlasse herausgeben, ohne sich vorher mit den kommunalen Spitzenverbänden, wohl aber mit der freien Wohlfahrtspflege in Verbindung zu setzen. Hier liegt ein gemeinschaftliches Interesse der kommunalen Spitzenverbände vor, Abhilfe zu schaffen. Ähnlich liegen die Dinge auf dem Gebiete der geschlossenen Gesundheitspflege, dem Krankenhauswesen. Der Gutachterausschuss für das öffentliche Krankenhauswesen, der seine Tätigkeit vor einigen Monaten eingestellt hat, hat […] eine Tätigkeit entwickelt, die weit über das Mass des Erforderlichen hinausging. Andererseits muss anerkannt werden, dass Angelegenheiten des Krankenhauswesens einer Fachberatung bedürfen. Die Einsetzung eines ständigen Ausschusses für das Krankenhauswesen, in dem die führenden Fachleute einschließlich der leitenden Krankenhausärzte und der Verwaltungsdirektoren vertreten sind, wird sich deshalb nicht umgehen lassen. Es entspricht dem Bedürfnis rationeller Arbeitsgestaltung, dass auf diesem Gebiete eine gemeinschaftliche Tätigkeit der kommunalen Spitzenverbände in Gang gebracht wird. […] Nach der […] Vereinbarung der kommunalen Spitzenverbände über die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft auf dem Gebiete des Gesundheitswesens sollen zu den Aufgaben der Arbeitsgemeinschaft alle Angelegenheiten des Gesundheitswesens gehören, soweit sie einer interkommunalen Klärung bedürfen. […]“309 Trotz dieser klar formulierten Forderungen und der Bildung einer kommunalen Allianz sollte wertvolle Zeit verstreichen, bis die neue Arbeitsgemeinschaft mit Macht auf eine Veränderung der Missverhältnisse drängen konnte. Dazu kommt, dass die Reichsregierung seit Ende der 1920er-Jahre auf die Zusammenarbeit aller Kräfte drängte, die das Gesundheitswesen prägten. Das wiederum schwächte die Position des Deutschen Städtetages. Das Dilemma offenbarte sich bereits Anfang 1929, wie folgende Zeilen im Vorbericht für den Städtetag-Vorstand zeigen: „[…] In den ,Richtlinien der Reichsregierung für Gesundheitsfürsorge in der versicherten Bevölkerung’ vom 27. Februar 1929 […], die am 1. April 1929 in Kraft getreten sind, ist zum Ausdruck gebracht, dass sich ,zur Förderung der gemeinsamen Zwecke in der Gesundheitsfürsorge die Versicherungsträger mit den Trägern der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege, mit den staatlichen und kommunalen Gesundheitsbehörden, mit der Ärzteschaft und anderen beteiligten Stellen in Arbeitsgemeinschaften verbinden sollen‘. Da in absehbarerer Zeit die Zersplitterung der Träger der Sozialversicherung voraussichtlich nicht geändert werden wird, erscheinen Arbeitsgemeinschaften als der einzig mögliche Weg, um eine umfassende und planmäßige, zusammenhängende und möglichst wirksame Gesundheitsfürsorge zu erreichen. Durch Arbeitsgemeinschaften können die Ausgaben für unnötige Doppelarbeiten vermieden werden und Mittel zur Steigerung der notwendigen Leistung freigemacht werden; die Gesundheitsfürsorge kann dadurch einfacher und wirtschaftlicher gestaltet werden. Der Städtetag ist bemüht, die Bildung von Arbeitsgemeinschaften, vor allem die Bildung von örtlichen Arbeitsgemeinschaften, in jeder Weise zu fördern. Eine solche Förderung ist dadurch möglich, dass sich die Spitzenverbände in den Kommunen, der freien Wohlfahrtspflege, der Versicherungsträger und der Ärzteschaft über eine Art Mustersatzung verständigen, die den Beteiligten die Bildung von Arbeitsgemeinschaften erleichtert. Nach langwierigen und überaus schwierigen Verhandlungen, die der Städtetag mit den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege, der Versicherungsträger und der Ärzteschaft gepflogen hat, ist zwischen Vertretern der Spitzenverbände eine Einigung sowohl über eine Mustersatzung für örtliche Arbeitsgemeinschaften wie über eine Mustersatzung für überörtliche […] Arbeitsgemeinschaften erzielt worden. […] Die Mustersatzungen sollen nunmehr von den zuständigen Organen der Spitzenverbände genehmigt und alsdann an alle Stellen, die an der Bildung von Arbeitsgemeinschaften beteiligt sein werden, mit der Empfehlung versandt werden, auf der Grundlage der Mustersatzung Arbeitsgemeinschaften zu bilden. […]“310

 

Obwohl zu diesem Zeitpunkt die Zeichen zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen auf Verständigung standen, dürfte es erhebliche Differenzen unter den Beteiligten gegeben haben. Das lag nicht zuletzt an den für die anderen „Parteien“ unannehmbaren Forderungen des Deutschen Ärztetages, der sich im Oktober 1927 auf seiner Versammlung in Würzburg klar für eine starke Eingrenzung kommunaler medizinischer Dienstleister ausgesprochen hatte. Es ging um die Frage, welche Tätigkeit die kommunale Gesundheitsfürsorge nach Auffassung der Ärzteschaft wahrnehmen sollte. Der Ärztetag hatte folgenden schwerwiegenden Beschluss gefasst: „Um die friedliche Zusammenarbeit zwischen Fürsorgeärzten und praktizierenden Ärzten zu ermöglichen, ist es unbedingt erforderlich, dass grundsätzlich die ärztliche Behandlung in der Fürsorgearzttätigkeit unterbleibt, und der Aufgabenkreis des Fürsorgearztes lediglich nach sozialen, prophylaktischen und hygienischen Gesichtspunkten bestimmt wird.“ Darüber hinaus hatte die Versammlung vor einer „Überspannung der Befürsorgung und die Ausdehnung derselben auf alle Volkskreise, alle Gebiete und jede Lebensperiode“ gewarnt. Begründung: Das Verantwortungsgefühl in den Familien könnte erschüttert werden. Selbst für den Bereich der Schulfürsorge wurde gefordert, dass die Behandlung durch Ärzte in kommunalen oder staatlichen Diensten unterbleibt.311 Diese Maximalforderung nahm der Interkommunale Ausschuss für das Gesundheitswesen als ein Organ der kommunalen Spitzenverbände nicht hin. Man lehnte die  Beschluss des Ärztetags unter Hinweis auf das Primat der Volksgesundheit ab. Das Argument: Gesundheitsfürsorge habe eine außerordentlich wichtige bevölkerungspolitische und allgemeine soziale Aufgabe zu erfüllen. Man könne diesen wichtigen Bereich nicht nur aus Sicht der Armen- und Altenpflege betrachten. Wörtlich hieß es: „[…] Nicht nur auf dem Gebiete der Schulgesundheitsfürsorge, auch auf dem Gebiete der Tuberkulosefürsorge, der Geschlechtskrankenfürsorge, der Psychopathenfürsorge, der Krankenhausfürsorge und auf den anderen Gebieten der Gesundheitsfürsorge muss sich die Tätigkeit der Fürsorge auf alle gesundheitsfürsorgebedürftigen Kreise der Bevölkerung erstrecken. […] Ein allgemeines grundsätzliches Behandlungsverbot in dem Sinne, dass jeder ärztliche Rat und jede ärztliche Hilfe zur Beseitigung von Gesundheitsstörungen zu unterbleiben hat, muss abgelehnt werden. Die Gesundheitsfürsorge muss in besonderen Fällen in der Lage sein, die nötige Behandlung selbst zu leisten, insbesondere dann, wenn der Fall der Nothilfe vorliegt. […]“312

 

Angesichts der brisanten Hintergründe war es klar, dass auch der Vorstand des Deutschen Städtetages die Auffassung des Interkommunalen Ausschusses für das Gesundheitswesen teilte. Man beschloss, auf dieser Argumentationsgrundlage Verhandlungen mit der Ärzteschaft aufzunehmen. Der Vorstand betonte dazu, dass eine Verständigung mit der Ärzteschaft durchaus im Interesse der Städte liege. Er schlug darüber hinaus die Einrichtung von Schlichtungsausschüssen vor, um Streitigkeiten nach Möglichkeit zu verhindern. Als Vorbild wurde Sachsen genannt, wo es solche Ausschüsse bereits gab.313  Durchsetzen konnten sich die Kommunen mit ihrer Haltung jedoch nicht. Bereits 1931 wurde die Position der Kliniken wesentlich geschwächt – vielleicht auch deshalb, weil man sich auf Reichsebene von einer Stärkung der niedergelassenen Ärzte eine Senkung der Kosten im Gesundheitswesen erhoffte. Die Krankenhäuser verloren damals wichtige Kompetenzen in der ambulanten Versorgung und Einnahmemöglichkeiten. Der Sicherstellungsauftrag für ambulante Versorgung ging nämlich von den Krankenkassen an die kassenärztlichen Vereinigungen über. Den Krankenhäusern wurde damit die Möglichkeit genommen, direkt mit den Krankenkassen Verträge über die ambulanten Leistungen abzuschließen. Das System der späten Weimarer Republik wurde in den ersten Jahren der Bundesrepublik nicht nur übernommen, sondern weiter ausgebaut.314 Wie auch die jüngsten Diskussionen um die Gesundheitsreform gezeigt haben, brachte das Festhalten an alten Strategien nicht die gewünschten Erfolge für Kassen und Beitragszahler.

 

 

2.4 Gesundheitsamt für Stadt und Kreis

 

Die bereits im ersten Teil ausführlich beschriebene Organisation des preußischen Medizinalwesens bestand im Prinzip noch bis 1935. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in Koblenz zwar ein Medizinal-Untersuchungsamt, aber kein Gesundheitsamt. Auch die Funktion des Kreisarztes blieb erhalten, wobei der für die Stadt Koblenz zuständige „amtliche“ Mediziner nun Stadtarzt hieß und seinen Sitz in den städtischen Krankenanstalten hatte, da er die Funktion der öffentlichen Gesundheitsfürsorge in der Regel nur nebenamtlich übernahm. Die Stadtärzte wurden von Fürsorgerinnen in kommunalen Diensten unterstützt. Qualifikation und Erfahrungsschatz der Stadtärzte waren sehr unterschiedlich. War 1920 mit Dr. Ernst Dahm ein ausgewiesener Experte von Merseburg nach Koblenz gewechselt, sollten diese Aufgabe vor allem junge Ärzte der Krankenanstalten übernehmen, die sich trotz ihrer immensen dienstlichen Belastungen zu Fachärzten weiterbilden wollten. Bezeichnend ist die in den Akten dokumentierte Weigerung von Dr. Schanen, seine Aufgabe als Stadtarzt weiter zu erfüllen. Begründung: Der Stationsarzt in der inneren Abteilung gab an, dass seine Weiterbildung unter der zusätzlichen Belastung leide. Was den Vorgang so bemerkenswert macht, ist die Tatsache, dass die Vorgesetzten den jungen Mediziner offenbar unterstützten. Der Bitte Schanens vom 26. März 1935, das Amt zum 1. April abgeben zu wollen, wurde stattgegeben.315 Dass die Entscheidung so schnell folgte, hatte Gründe. Exakt zu diesem Stichtag sollten reichsweit die neuen Gesundheitsämter eingerichtet werden. Dennoch zeigt die Episode: Das Krankenhauspersonal war vielfach einfach damit überfordert, unabhängig vom Klinikalltag auch noch in der kommunalen Gesundheitsfürsorge eingesetzt zu werden. Immer öfter offenbarte sich das Gebot einer deutlichen Trennung beider Bereiche, wie sie in einigen deutschen Städten bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgt war (vgl. S. 99). Doch diese frühen Gesundheitsämter waren nicht flächendeckend eingeführt worden, sodass sich die Reichsregierung zwei Jahre nach der „Machtergreifung“ Adolf Hitlers gezwungen sah, die öffentliche Gesundheitsfürsorge neu zu ordnen. Man wusste nur zu gut, dass die Infektionsplagen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts immer noch nicht besiegt waren.

 

Die Rechtsgrundlage für die Gründung der Gesundheitsämter der neuen Generation war das Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3. Juli 1934, dem am 6. Februar 1935 eine erste Durchführungsverordnung folgte.316 Bei genauerer Betrachtung der Entwicklungen stellt sich heraus, dass die Machthaber zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollten. Die neuen Gesundheitsämter eigneten sich bestens zur Verbreitung und Umsetzung der neuen rassenhygienischen Vorstellungen. An dieses dunkle Kapitel wollte man beim Neuaufbau des öffentlichen Gesundheitswesens aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges nicht unbedingt erinnert werden. Entsprechend dürftig ist die Quellen- und Literaturlage im Falle der Frühgeschichte des Gesundheitsamtes Koblenz. Trotz dieser „dunklen“ Tatsachen sollte nicht übersehen werden, dass es primär wirklich um die öffentliche Gesundheitsfürsorge, vor allem aber um die Prävention ging, denn das neue Amt war mit seinem insgesamt 37 Mitarbeitern für damalige Verhältnisse recht gut ausgestattet. Das macht auch die Tatsache deutlich, dass die Mitarbeiterzahl bis zum Ende der 1960er-Jahre so gut wie unverändert blieb.317 Offiziell gegründet wurde das Koblenzer Gesundheitsamt mit der Durchführungsverordnung vom 1. Juni 1935, deren Grundlage wiederum das Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens war. Mit diesem Schritt wurde auch das von Franz Gerhard Wegeler verfeinerte System für den Regierungsbezirk endgültig aufgehoben. An seine Stelle traten nun die neuen Behörden. So war das neue Koblenzer Gesundheitsamt nicht nur für die Stadt selbst, sondern auch für den Landkreis zuständig. Leiter des neuen Amtes wurde Medizinalrat Dr. Schneeweis. Sein Stellvertreter wurde der bisherige Kreisarzt   Dr. Helmut Arnold, der diese Funktion aber nur bis 1936 behielt. Auch Stadtarzt Dr. Franz-Josef Nöthen gab seine Aufgabe als Stadtarzt an die neue Einrichtung ab. Er sollte von 1954 bis 1956 als Amtsarzt an die Spitze des Gesundheitsamtes befördert werden.318 Das Koblenzer Gesundheitsamt war wie das Medizinal-Untersuchungsamt im Kurfürstlichen Schloss untergebracht. Es war mit einem großen Röntgenraum mit Dunkelkammer ausgestattet. Dazu kamen neben einem Labor und einer Zentralkartei die Abteilungen für Erb- und Rassenpflege sowie für den psychiatrischen Außendienst der Landesnervenklinik Andernach.319

 

Die Arbeit des Gesundheitsamtes wurde auch während der Kriegsjahre aufrechterhalten. Das dokumentierte Medizinaldirektor Dr. Hans Frentzen, der auch eine Liste der Mitarbeiter veröffentlichte. Demnach waren 1942 sieben Ärzte im Amt tätig. Dazu kamen zehn Fürsorgerinnen, 14 Verwaltungsmitarbeiter und zwei Laborantinnen. Einschneidende Veränderungen gab es erst mit dem Einsetzen der großen Luftangriffe auf Koblenz seit April 1944. Dabei starben drei Mitarbeiter. Nach der endgültigen Zerstörung des Schlosses im Herbst zog ein kleiner Stab in das Mendelssohn’sche Haus nach Horchheim um. Nach dem Krieg war das Gesundheitsamt nur provisorisch untergebracht, zunächst in der Kurfürstenstraße, dann im Verwaltungshochhaus der Stadtverwaltung am Bahnhof. 320 Erst 1969 wurde für das Gesundheitsamt in der Neversstraße ein Neubau fertiggestellt, in den auch das Medizinal-Untersuchungsamt und das Chemische Untersuchungsamt einzogen. Seit der großen Organisationsreform des Jahres 2000 gehören die beiden letztgenannten Einrichtungen zum neuen Landesuntersuchungsamt321, während das Gesundheitsamt heute der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz322 zugeordnet ist.323

3. Der Zweite Weltkrieg

 

D

er Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zwang die Stadt Koblenz zu weiteren gravierenden Veränderungen auf dem Kemperhofgelände. Da wegen der zu erwartenden Luftangriffe besonders auch auf dem Krankenhausgelände Bunker errichtet werden mussten, war es erforderlich, das Leichenhaus abzubrechen und an anderer Stelle eine Holzbaracke als Provisorium zu errichten. Das sollte sich schnell als unzureichend erweisen, wurden doch bereits zu Beginn der Kampfhandlungen verwundete Soldaten in den Kemperhof eingeliefert. Die Aufzeichnungen von Schwester Humilitas in der Krankenhauschronik machen deutlich, wie chaotisch die Verhältnisse gewesen sein müssen. Und so war die Stadt wiederum zum Handeln gezwungen. Der Bauantrag zur Errichtung einer neuen Leichenhalle datiert auf den 1. September 1941. Auf Wunsch der Verwaltung sollte mit dem zweigeschossigen Neubau in Behelfsbauweise „baldmöglichst begonnen werden“.324

 

Der Bau des neuen städtischen Krankenhauses auf dem Kemperhofgelände hatte zu einem merkwürdigen Dualismus geführt. Einerseits entsprach das Bürgerhospital nicht mehr den Erfordernissen der Zeit und spielte nur noch eine Nebenrolle, andererseits gab es Argumente, die sogar für eine Selbstständigkeit des alten Hospitals sprachen. Die Gründe hierfür lagen in der Stiftung Bürgerhospital, die nach wie vor bestand. Im Koblenzer Stadtrat war man sich darüber einig, dass die Dinge den aktuellen Entwicklungen angepasst werden mussten. Und so wurde im November 1936 die Zusammenlegung der Stiftung Bürgerhospital mit der städtischen Krankenhausverwaltung Kemperhof verhandelt. Ergebnis: Das Hospital wurde nicht als selbstständige Stiftung und damit als juristische Person gesehen. Begründung: Gründung und Verwaltung der Stiftung erfolgten seinerzeit auf Grundlage der Rechtsverhältnisse in französischer Zeit. Festgestellt wurde aber auch, dass der Stiftungsausschuss 1850 ein Eigenleben führte und – obwohl dies zwingend vorgeschrieben war – der Aufsichtsbehörde keine Rechenschaft ablegte. Auch 1871 gab es trotz der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen keine wesentlichen Änderungen. Aber: Das Hospitalvermögen war als unselbstständige Stiftung und Sondervermögen geführt worden. Die Entscheidung von Rat und Oberbürgermeister, die Vermögen zusammenzulegen, wurde im Protokoll und in der Niederschrift des Oberbürgermeisters wie folgt begründet: „[...] Das getrennte Eigentum in den für den einheitlichen Zweck der Krankenversorgung eingerichteten Gebäulichkeiten hat sich nun verwaltungs- und finanzmäßig als unzweckmäßig und unmöglich erwiesen. Die öffentlich-rechtliche Aufgabe der Stadt Koblenz für die Krankenunterbringung wird fast ausschließlich in dem städtischen Eigentum Krankenhaus Kemperhof erfüllt, während das Bürgerhospital nur noch zur Unterbringung der Augen- und Geschlechtskranken dient, im übrigen den Pfründern. Da aus diesem Grunde nicht angeht, das städtische Eigentum auf das Bürgerhospital zu übertragen, andererseits die eigentümliche, finanzielle und verwaltungsmäßige Bereinigung eine Zusammenlegung erfordert, ist die Erfüllung des Stiftungszweckes [...] gefährdet oder gar unmöglich geworden. [...] Das Vermögen des Bürgerhospitals [...] wird hiermit aufgehoben und in Erfüllung der Absicht des Stifters, es tunlichst demselben Zwecke zuzuführen, mit dem städtischen Krankenhausvermögen vereinigt.“325 Die Zusammenlegung der Vermögen führte dazu, dass der Kemperhof bis auf den heutigen Tag Grundbesitz im Kastorviertel hat. Die Grundstücke, auf denen die Gebäude des Bürgerhospitals standen, wurden in Erbpacht vergeben und bringen dem Krankenhaus nach wie vor Einkünfte.

 

 

3.1 Exkurs: Die Partei und das Krankenhaus

 

Die neuen politischen Verhältnisse seit 1933 spiegelten sich zunehmend auch im Krankenhausalltag wider. Die NSDAP mischte sich überall ein und stellte selbst bei Kleinigkeiten unangenehme Fragen. Natürlich prüfte die Partei auch das Personal des Kemperhofs auf Gesinnung. Das galt auch bei Neueinstellungen und der Annahme von Praktikanten. Das macht auch ein Schreiben des Oberbürgermeisters Otto Wittgen an die Kreisleitung der NSDAP St. Goar/Rhein Ende Oktober 1938 deutlich. Darin bat Wittgen um Information über die politische Zuverlässigkeit eines jungen Mannes, der als Medizinalpraktikant bei der Stadtverwaltung eingestellt wurde.326 Otto Wittgen war auch in diesem Fall gründlich. Schon am 11. Oktober hatte er Auskünfte von der Bonner NSDAP-Kreisleitung (Gau Köln-Aachen) erhalten. Diese stellte schließlich fest, dass der Mann im Arbeitslager des SA-Hochschulamtes gewesen war und seit 1. November 1933 der SA angehörte. Fazit: Es sei zwar nichts Nachteiliges über die politische Gesinnung des Bewerbers bekannt, doch könne man kein abschließendes Urteil fällen.327 Das Beispiel ist eines von vielen und zeigt, wie die Einmischung der Partei intervallartig gesteigert wurde. Aus den Quellen wird auch ersichtlich, dass die Gangart bereits 1936 deutlich verschärft worden war. Das zeigt unter anderem auch folgender Eintrag in der Krankenhauschronik vom 14. Juli jenes Jahres: „[...] Heute ein aufregender Tag. In der Anstalt hing nun ein Hitlerbild. […] Schwester Gitta tadelte dies. Sofort wurde das dem Herrn Inspektor Zimmers gemeldet, der es auch sofort der Gestapo weitergab. Wir wurden durch einen guten Bekannten gewarnt und gebeten, die Schwester so schnell wie möglich ins Ausland zu schaffen. Es gelang. Im Mantel, ohne Koffer, gerade so wie sie war, ging es schleunigst zum Moseltor hinaus, an den Moselweißer Bahnhof, dann direkt nach Holland. Vorne am Eingang kam gerade die Polizei herein, um die Schwester abzuführen. Sie bekam noch einen Brief geschickt, der ihr verbot, deutschen Boden innerhalb von 10 Jahren zu betreten. – Ein kleines Licht der Zeit [...]“328 Fast resignierend wirkt der Chronikeintrag für den Oktober 1936, in dem es schlicht heißt: „[...] Unsere Krankenpflegeschule besteht aus braunen Schwestern, den so genannten NS-Schwestern, welche politisch besonders geschult werden. [...]“329 Der nächste Schritt folgte am 25. Januar 1937: Alle Mädchen mussten den Treueschwur auf den Führer leisten.330 Wenige Tage später wurde beanstandet, dass im Krankenhaus zu wenige Hitlerbilder hingen. Inspektor Zimmers konfrontierte den Professor Hohmeier, der nicht nur Chefarzt der Chirurgie, sondern auch ärztlicher Direktor des Kemperhofs war. Der konnte sich folgenden Satz leisten (und blieb danach unbehelligt): „[…] Wir haben in jedem Zimmer ein Kreuz, das genügt uns. Wir arbeiten im Zeichen des Kreuzes. […]“331 Erst am 15. September 1939 kam mit Dr. Kugelmeier ein neuer Chefarzt. Der erfreute sich bei Personal und Patienten einer hohen Wertschätzung, wurde aber 1943 in die Wehrmacht eingezogen.332

 

Auch die Borromäerinnen selbst wurden aufmerksam beobachtet. Das zeigt das Beispiel einer Schwester, die im April 1937 aus dem Dienst entfernt wurde. Heute kann nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden, ob diese Maßnahme zu Recht oder zu Unrecht erfolgt war. Wie ein „Parteigenosse“ vor der NSDAP-Ortsgruppe Mosel zu Protokoll gab, hatte die Schwester Geld unterschlagen und nicht der Krankenhausverwaltung ausgehändigt. Im konkreten Fall ging es um die Verpflegungskosten einer Privatpflegerin, die eine betuchte Patientin mitgebracht hatte. Diese private Pflegekraft hatte nachts im Zimmer der Patientin auf dem Sofa geschlafen und an dem Essen teilgenommen. Für die Kost und Logis ihrer privaten Pflegekraft entrichtete die Patientin einen Betrag an die Ordens- und Stationsschwester. Nach der Entlassung der Patientin gab die Schwester den Betrag nicht weiter, obschon sie seit 20 Jahren in der Klinik tätig war und ihre Pflichten bestens kannte. Im Protokoll hieß es weiter, dass man die Schwester zur Rede stellte, die angab, sie hätte das Geld in den nächsten Tagen abgeliefert. Der „Parteigenosse“ folgerte daraus: „[…] Nach dem Verhalten der Schwester zu urteilen, hat sie meiner Ansicht nach die Absicht gehabt, das Geld nicht abzuliefern. Jedenfalls lieferte sie das Geld […] mehrere Tage später ab. […]“333

 

Die Suspendierung von Schwestern dürfte in verschiedenen Fällen politisch motiviert gewesen sein. Dies zeigt das Beispiel einer anderen Borromäerin. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie Angestellte des Krankenhauses auch in ihrer Freizeit in Anspruch genommen habe. Die Aussage von Anneliese H. wirft auf die ganze Sache jedoch ein ganz anderes Licht. Die Näherin gab am 10. Juli 1936 zu Protokoll: „[...] Vor einigen Wochen kam Schwester Z. vom Waisenhaus zu uns und erzählte, dass dort überall Bilder vom Führer hingen. Wir sagten darauf, dass hier im Krankenhaus [...] gar keine seien. Wir erklärten im Spaß, dass wir eins kaufen und aufhängen wollten, meinten das aber nicht im Ernst. Genannte Schwester hatte nichts dagegen. Vor etwa 14 Tagen kam Schwester Z. mittags in der Freizeit in die Nähstube und erklärte folgendes: ,Hier kommt kein Hitlerbild herein, wenn ihr eins aufhängt, reiße ich es ab.‘ Wir wären katholisch, brauchten hier kein Hitlerbild und hätten genug mit unserem Kreuz. Wir erklärten darauf, dass wir doch eines aufhängen werden und dass sie es nicht abreißen würde. Sie erklärte, dass wir keines aufhängen dürften, wir dürften nicht mal einen Nagel einschlagen. [...]“ Die Aussage wurde von zwei weiteren Personen bestätigt.334 Was aus der Schwester wurde, oder ob der Fall identisch mit dem der in der Krankenhauschronik erwähnten Schwester Gitta war (siehe oben), kann anhand dieses Vorgangs nicht mehr rekonstruiert werden.

 

 

3.2 Kriegswirtschaft

 

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 begannen auch an Rhein und Mosel Vorbereitungen, um sich auf die zu erwartende hohe Zahl an Toten und Verwundeten einzustellen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass der Kemperhof seine Rolle als Zivilkrankenhaus verlieren würde. Zwischen dem Reservelazarett Koblenz und der Verwaltung der städtischen Krankenanstalten Koblenz wurde bereits im September ein Vertragsentwurf erarbeitet, der allerdings noch der Genehmigung durch die Wehrkreisverwaltung XII in Wiesbaden bedurfte. Demnach wurden der Kemperhof und auch das alte Bürgerhospital als Reserve-Teillazarett in Anspruch genommen. Die Verwaltung des Krankenhauses hatte für Unterbringung und die Verpflegung von kranken Wehrmachtsangehörigen zu sorgen. Im Gegenzug sollte das Reservelazarett Koblenz einen Tagessatz von 3,60 Reichsmark bezahlen.335 Der Rest war Formsache. Am 5. Oktober 1939 veranlasste Oberbürgermeister Theodor Habicht den Akteneintrag, dass er nichts gegen den Vertragsabschluss habe, wenn die Krankenhausverwaltung auf jeden Fall auf ihre Kosten komme und die bisherigen Einnahmen nicht vermindert würden. Habicht regte allerdings eine Klausel an. Demnach sollte es möglich sein, über die angegebenen Pauschalsätze nach Bedarf neu zu verhandeln. Auch wollte der Oberbürgermeister eine Reduzierung der Kündigungsfrist von drei auf einen Monat.336 Im endgültigen Vertrag wurde schließlich eine Korrektur des Tagessatzes nach oben erreicht – für jeden Wehrmachtsangehörigen wurde die Pauschale auf 4,80 Reichsmark erhöht. Der Kontrakt wurde übrigens auf der Grundlage des sogenannten Reichsleistungsgesetzes geschlossen. Demnach mussten der Kemperhof und das Bürgerhospital rückwirkend vom 30. August an 96 Betten reservieren. Die Gesamtzahl sollte am 9. September auf 336 und am 24. September sogar auf 455 Betten erhöht werden. Diese schnelle Steigerung zeigte, dass man sich auch in Koblenz intensiv auf die Ankunft kranker oder verletzter Soldaten vorbereitete.337 Da die Zahl der zu reservierenden Betten so hoch war, hatte der Vertrag natürlich auch Folgen für die Versorgung von Zivilisten. Ohne den Segen des Chefarztes des Reservelazaretts ging gar nichts. Und so gab Oberfeldarzt Dr. Weber ganz klare Anweisungen, dass alle zu behandelnden Zivilisten zu melden waren. Nur für Privatpatienten hatte man noch eine kleine Anzahl von Betten reserviert.338

 

Den intensiven Vorbereitungen zum Trotz sah es lange so aus, dass die Stadt weitgehend verschont bleiben sollte     – die schlimmsten Luftangriffe folgten erst 1944. Allerdings waren die Koblenzer bereits am Ostermontag, 6. April 1942, von einem nächtlichen Bombenabwurf auf die Schlossstraße überrascht worden. Bilanz: neun Tote und schwere Schäden im Bereich der Kreuzung Casinostraße. Der Kemperhof wurde schon in der Anfangsphase des globalen Konflikts getroffen. Der erste Luftangriff erfolgte ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als mit dem Einstellen der Kampfhandlungen gegen Frankreich eine leichte Entspannung im Krieg einzutreten schien. Laut Krankenhauschronik wurde der Kemperhof in der Nacht vom 17. zum 18. Juni 1940 von Bomben getroffen, die schwere Schäden anrichteten. Sofort bemühte man sich, die Funktionsfähigkeit des Krankenhauses wiederherzustellen. Das war jedoch leichter gesagt als getan. Auf jeden Fall konnten weder Kemperhof noch Stadt ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Reservelazarett im vollen Umfange erfüllen. Und so drängte man auf eine Änderung des Vertrages zwischen der Stadt Koblenz und der Lazarettverwaltung. Im Schreiben an die Wiesbadener Wehrkreisverwaltung heißt es wörtlich: „[...] Durch die Bombenabwürfe auf das Reservelazarett Kemperhof sind so erhebliche Schäden eingetreten, dass ein bisher belegter Teilflügel unbenutzbar wurde. Die vorgenommene bauliche Nachprüfung der Schäden ergab, abgesehen davon, dass die Kosten der Instandsetzung eine außergewöhnliche Höhe annehmen, die an sich bedauerliche Tatsache, dass immer weitere Teile des Lazaretts stillgelegt werden müssen. Jedenfalls muss bei der notwendig gewordenen Instandsetzung nach Ansicht der Bausachverständigen mit einer vollständigen Schließung des gesamten Hauses gerechnet werden. Es taucht also die Frage auf, ob unter den gegebenen Umständen nicht die dauernde Schließung des Lazarettes Kemperhof zweckmäßig ist. [...] Die Instandsetzung der durch Bombenabwürfe entstandenen Schäden erfordert eine verhältnismäßig lange Zeit und wird, wie bereits angedeutet, zwangsläufig zur Stillegung des gesamten Betriebes führen. [...] Nicht nur durch die Bombenabwürfe sind die Voraussetzungen, unter denen seinerzeit der Vertrag abgeschlossen worden ist, grundlegend geändert worden. Auch die gesamte militärische Lage hat sich so einschneidend geändert, dass über die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung des Lazaretts meinerseits Zweifel bestehen. Bei der geringen Belegung infolge der veränderten militärischen Lage im Westen verursacht die Weiterführung der Stadt erhebliche geldliche Verluste. Die seinerzeit vereinbarten Sätze reichen nur bei der mindestens 70-prozentigen Belegung der beiden Häuser Kemperhof und Bürgerhospital aus. Dieser Belegungssatz, der schon bisher im Durchschnitt nicht erreicht worden ist, sinkt in der letzten Zeit ganz erheblich. Zurzeit sind nur 42 Prozent der Betten belegt. Andere Reserve-Lazarette haben noch geringere Belegung. Der Fehlbetrag der Verwaltung steigt mit dem dauernden Rückgang der Belegungsziffer ungeheuer, da die allgemeinen Kosten nicht verringert werden können. Eine alsbaldige Neuregelung der vertraglichen Beziehungen ist unabweisbar. [...]“339

 

Im Oktober 1940 wandte sich Oberbürgermeister         Dr. Nikolaus Simmer auch an das Reservelazarett. Sein Ziel war es, für die Stadt eine Sonderentschädigung für die Kosten der nach dem Bombenabwurf erforderlich gewordenen Ausbesserungsarbeiten herauszuholen. Simmer sprach davon, dass das Krankenhaus Kemperhof durch Fliegerbomben so schwer beschädigt wurde, dass seine Weiterbenutzung als Krankenhaus nicht nur infrage gestellt, sondern unmöglich gemacht worden sei. Die Stadtverwaltung Koblenz habe daher davon Abstand genommen, den Wiederaufbau und die Weiterbenutzung als Zivilkrankenhaus ins Auge zu fassen. Stattdessen sprach Habicht über die notdürftige Ausbesserung zur weiteren Nutzung als Lazarett.340 Die Stadtverwaltung hatte mit ihren Vorstößen Erfolg. Sie erreichte, dass mit dem Wehrkreiskommando und der Lazarettleitung im November 1941 eine Nachtragsvereinbarung geschlossen werden konnte. Danach wurde der Kemperhof von der Wehrmacht aufgegeben. Das Bürgerhospital mit seinen damals noch 180 Betten musste dagegen die Ansprüche des Militärs erfüllen.341 Zwischenzeitlich war die Wehrmacht auf das Waisenhaus des Kemperhofs ausgewichen. Auch dieser Standort wurde angesichts des damals aus deutscher Sicht noch recht günstigen Kriegsverlaufs am 30. Juni 1942 aufgegeben.342

 

Unabhängig von den recht zähen Verhandlungen wurden Maßnahmen eingeleitet, um die Sicherheit im Krankenhaus zu verbessern. Konsequenz: der Bau von zwei Bunkern. In der ganzen Stadt wurden übrigens fieberhaft Maßnahmen eingeleitet, um das Leben der Zivilbevölkerung zu schützen. So sprengte man in das Felsmassiv des südlichen Ehrenbreitsteins ein Tunnelsystem, das fortan mehreren Tausend Menschen Schutz vor Fliegerangriffen bieten sollte. Die nahmen im Laufe des Jahres 1944 dramatisch zu. Die Alliierten hatten die Bedeutung des Verkehrsnetzes für die Versorgung der deutschen Westfront erkannt. Zwar spielte der Verschiebebahnhof Moselweiß für die Angreifer die zentrale Rolle, doch wurde auch auf die anderen Bereiche der Stadt und deren medizinische Einrichtungen keine Rücksicht genommen. An dieser Stelle sei vor allem an die April- und Septemberangriffe erinnert, nach denen die NSDAP-Gauleitung schließlich die Bevölkerung aufforderte, die Stadt zu räumen. In einer ersten Welle verließen 600 Bürger mit der Eisenbahn Koblenz in Richtung Thüringen.

 

 Im Oktober 1944 waren es bereits mehr als 11.000 Menschen aus dem Gau Moselland. Die Zahl erhöhte sich bis zum 2. Januar 1945 auf mehr als 70.000. Die in Koblenz Verbliebenen kamen auch im Oktober 1944 nicht zur Ruhe. Nachdem es vorher überwiegend amerikanische Verbände waren, die Koblenz angegriffen hatten, nahmen jetzt auch die britischen Flieger unter dem Kommando von Luftmarschall Arthur T. Harris, genannt „Bomber Harris“, die Stadt ins Visier. Als die Royal Air Force am 6. November um 19.28 Uhr zum Vernichtungsschlag ausholte, traf sie eine funktionslose und weitgehend geräumte Stadt. Die Koblenzer Innenstadt bestand fast nur noch aus Ruinen. Trotzdem folgten zwischen November 1944 und Januar 1945 noch weitere Angriffe. Insgesamt warfen amerikanische und britische Bomber rund 40.000 Spreng- und nahezu 160.000 Brandbomben ab.343

 

Infolge der Angriffe wurde die Koblenzer Innenstadt fast vollständig zerstört. Den Bomben fielen auch im Kemperhof viele Menschen zum Opfer. Die zahlreichen Angriffe, die schweren Schäden und die hohe Zahl der Opfer – darunter auch einige der auf dem Kemperhofgelände eingesetzten Zwangsarbeiter344 – machten einen geordneten Krankenhausbetrieb nahezu unmöglich. Das geht auch aus der Kriegschronik des Kemperhofs von Schwester Humilitas hervor.345

3.3 Ausweichkrankenhäuser im Krieg

 

Während der Luftangriffe im November und Dezember 1944 waren weite Teile von Koblenz zerstört oder stark beschädigt worden. Auch die Krankenhäuser in der Stadt hatten schwere Treffer abbekommen. Ein Grund hierfür mag sein, dass die Kliniken der Stadt nicht mit dem Roten Kreuz gekennzeichnet werden durften. Dies war nach den Bestimmungen der Genfer Konvention nur den Militärhospitälern vorbehalten. Deswegen hatte Adolf Hitler persönlich angeordnet, entsprechende Kennzeichnungen von Zivilkrankenhäusern entfernen zu lassen.346  Auch das Bürgerhospital mit seiner Kapazität von rund 300 Betten war völlig ausgebrannt. Bereits im September hatten die Behörden reagiert und wegen der Bombardements die Evakuierung der Stadt angeordnet. Aber es gab eine Reihe von „ausgebombten“ Koblenzern, die wegen ihres Alters oder eines Gebrechens nicht mehr transportfähig waren. Für diese Gruppe mussten Ausweichmöglichkeiten gefunden werden. Es blieb also keine andere Wahl, als die 100 Siechen und Gebrechlichen vorzugsweise im Horchheimer Mendelssohn-Stift unterzubringen. Nachdem die Einrichtung von Scharlachkranken geräumt war, lebten dort etwa 70 „zum großen Teil gehfähige Gebrechliche“. Andere Alternativen waren im Stadtgebiet selten geworden. So hatte das Moselweißer Dominikanerinnenkloster am 23. Dezember 1944 einen Volltreffer erhalten. Das kleine Krankenhaus musste daher den Betrieb einstellen. Deswegen suchte man auch auf dem Land Ausweichmöglichkeiten, um Gebrechliche unterzubringen. So sollte das Schulhaus in Saffig für diesen Zweck hergerichtet werden – obwohl das Gebäude dafür wenig geeignet war. Auch die Leitung des örtlichen Heil- und Pflegeheims war von der Idee wenig begeistert und betonte, man sei nicht in der Lage, die betroffenen Personen zu pflegen und für sie zu kochen. Dagegen war das Bendorfer Stift bereit, eine begrenzte Anzahl von Personen aufzunehmen.347 Theoretisch stand auch das ehemalige St. Josefshaus in Ehrenbreitstein zur Verfügung. Die Einrichtung war per Verfügung vom 15. November 1944 gehalten, 30 Betten für Pflegefälle bereitzuhalten. Die georderten Betten konnten aber nur in mehreren Schritten freigemacht werden. Das Josefshaus war voll von Kranken, Flüchtlingen und ausgebombten Personen. Weil es im Gebäude keinen Bunker gab, konnten nur Gehfähige aufgenommen werden, die in der Lage waren, bei Luftgefahr in den gegenüberliegenden Luftschutzstollen der Festung Ehrenbreitstein zu gehen.348 Trotz der schweren Luftangriffe blieb der Kemperhof das einzige voll funktionsfähige Krankenhaus der Stadt, weil die Notstromversorgung mit Dieselaggregaten funktionierte. Die Einrichtung war vollständig belegt, zumal sie auch noch 40 Kranke aus dem zerstörten Dominikanerinnenkloster aufnehmen musste. Für eine Aufnahme von weiteren Pflegefällen gab es keine Kapazitäten mehr. Da auch der schwer getroffene Marienhof mit rund 15 Pflegefällen ausgelastet war, blieb das Saffiger Schulhaus weiter Thema, zumal in der Saffiger Anstalt inzwischen Personal und Hilfsmittel der Koblenzer Krankenhäuser Rizzaheim und Josefshaus untergebracht worden waren.349

 

Ein weiteres Problem war die Geschlechtskranken-Station für Frauen in Maria Trost. Die hatte sich nach der Zerstörung des Hauptgebäudes quasi aufgelöst, weil sie wegen der Gefahr weiterer Bombenangriffe nicht mehr betrieben werden konnte. Die Station selbst war zwar nur wenig beschädigt worden, doch war es wegen der vielen Bombentrichter in der unmittelbaren Umgebung nicht mehr möglich, Patienten und Pflegepersonal im Haus zu halten. Aus Gründen der „Volksgesundheit“ drängte man auf Verlegung. Infrage kam dabei nur das Bendorfer Krankenhaus, da dieses über die Möglichkeit verfügte, die erkrankten Frauen zu isolieren. Auf Anordnung des Reichsverteidigungskommissars sollten in Kürze 25 Betten freigemacht werden.350

 

 

3.4. Kriegsende in Koblenz

 

Die Besetzung der Gauhauptstadt durch amerikanische Truppen begann  am 17. März 1945. In den frühen Morgenstunden rückten die Soldaten von den Höhen des Stadtwaldes auf die Rheinuferstraße vor. Dann drangen sie bis zum Oberwerth und in die Südliche Vorstadt vor. Zur gleichen Zeit setzten US-Pioniere unter Schutz künstlichen Nebels mit Sturmbooten von Güls auf die Moselweißer Seite über, wo der deutsche Widerstand zunächst nur schwach war. Stoßtrupps der 87. Panzerdivision, die zur 3. Armee des Generalleutnants George S. Patton gehörten, drangen schließlich in Moselweiß ein. Im Stadtteil kam es zu Straßengefechten mit deutschen Soldaten, wobei es mehrere Tote gab. Das konnte die Amerikaner aber nicht aufhalten. Schon um 9 Uhr standen die Stoßtrupps am Krankenhaus Kemperhof.

 

Die Soldaten drangen zunächst in den Westbunker ein. Dort war es inzwischen dem Stadtamtmann Johannes Schmitz, dem Stadtsekretär Otto Braun und dem Verkehrs- und Hafendirektor Franz Lanters (er hatte sich gerade im Kemperhof einer Augenoperation unterzogen) gelungen, die Verteidiger von der Sinnlosigkeit des Widerstandes zu überzeugen. Die drei Kommunalbeamten waren vom kommissarischen Oberbürgermeister Dr. Gorges mit der Wahrnehmung der Interessen der Stadt beauftragt worden. Lanters sprach fließend Englisch und ging mit Schmitz als Parlamentär zu den vordringenden Amerikanern. In der Niederschrift des Hafen- und Verkehrsdirektors vom 17. März 1945 hört sich das so an: „Heute früh um 9.20 Uhr drangen amerikanische Soldaten unter Führung eines Oberleutnants in den unterirdischen Zugang zum Ostbunker des Krankenhauses Kemperhof ein. Zusammen mit dem Amtmann Schmitz ging ich den Leuten entgegen und bat sie, nicht zu schießen. Der Leutnant frug mich, ob Soldaten in dem Bau seien; eine Frage, die ich bejahen musste, da sich etwa zwölf deutsche Soldaten unter Führung eines Leutnants im Ostbunker aufhielten. Der amerikanische Leutnant frug mich, ob die deutschen Soldaten bereit wären, sich zu ergeben, andernfalls müsste er mit allen Waffen gegen den Ostbunker, der umstellt sei, vorgehen. Ich hatte vorher mit dem deutschen Leutnant gesprochen, der einsah, dass er gegen die Übermacht und die bessere Bewaffnung der Amerikaner nichts ausrichten konnte, und der bemüht war, Kämpfe im Bunker im Interesse der Kranken zu vermeiden. Ich sagte dem amerikanischen Leutnant, dass aus diesem letzteren Grunde der deutsche Leutnant bereit wäre, sich mit seinen Leuten zu ergeben. Die zweite Frage des amerikanischen Leutnants lautete, ob Waffen im Hause seien. Ich konnte ihm versichern, dass außer in den Zimmern der deutschen Soldaten keine Waffen dort wären. Eine weitere Frage des amerikanischen Leutnants, warum die Soldaten sich im Hause aufhielten, beantwortete ich dahingehend, dass die Soldaten sich hier nicht aufhalten, sondern sich kämpfend aus dem Gelände auf den Bunker zurückgezogen hätten.“351

Die Entscheidung war richtig. Gelang es doch, eine blutige Auseinandersetzung um den Kemperhof zu verhindern. Die deutsche Besatzung legte die Waffen nieder und ging in Gefangenschaft. Die Amerikaner indessen machten keine Pause und stießen weiter in Richtung Innenstadt vor. Dabei besetzten sie auch den Hochbunker des benachbarten Krankenhauses Marienhof. Einen Tag später war die linksrheinische Stadt komplett in amerikanischer Hand. Bis auch die rechtsrheinischen Stadtteile unter Kontrolle der US-Truppen waren, sollten noch zehn Tage vergehen. Der Kemperhof wurde Standort des Vorkommandos der US-Militärregierung, die sich aber später im Berghotel Rittersturz und Ende des Jahres im Rathaus einrichten sollte.352

 

Koblenz war in diesen Tagen eine Geisterstadt, in der sich die wenigen Verbliebenen zurechtfinden mussten. Die Aufzeichnungen von Gertrud Staudinger über ihren Weg von Wallersheim in Richtung Innenstadt verraten so einiges über die damaligen Verhältnisse in der Stadt: „Als aber dann die Amerikaner kamen, sah ich die Zeit gekommen, nach meinem Sohn im Krankenhaus zu sehen. Am Ostermontag [1. April 1945] war es dann soweit. Mit meiner Freundin machte ich mich auf den Weg. Als wir zur Moselbrücke kamen, standen wir vor einem Riesenloch, ein Teil der Brücke war weg. Die Amerikaner hatten einen Notbehelf gelegt, es war so eine Art Urwaldbrücke. Zwei dicke Seile waren von einem Brückenende zum anderen gespannt. Auf diesen Seilen lagen lose gelegte Kistenbretter. [...] All unser Bitten an die Wache-Soldaten, daß man uns doch mit einem Boot rüber fahren sollte, half nichts. Nein hieß es, wenn wir hinüber wollten, dann nur über die Kistenbretter. Bis zum heutigen Tag kann ich mir immer noch nicht vorstellen, wie ich das geschafft habe. Der erste Fuß auf das Brett gesetzt und das Ganze wackelte wie eine Schaukel und tief unter uns die Mosel. Nach dem Besuch im Kemperhof, wo ich Gott sei Dank meinen Sohn fand, der zwar einigemal operiert war, aber doch das Kriegsende überlebt hat, mußten wir uns wieder auf den Heimweg machen.  Wir zitterten immer noch und schlugen deshalb den Weg in die Stadt ein. Über eine Stunde krochen wir über Trümmer und nochmals Trümmer. Was aber das grausamste war, Koblenz war eine Geisterstadt. Wir haben keine Mutterseele gesehen noch gehört, noch nicht einmal einen Hund. Und nun wieder zurück zu der Brücke. Lange haben wir uns nicht getraut, aber es blieb uns ja nichts anderes übrig, als den zweiten Canossagang anzutreten.“ 353

 

 

 

 

1 Zur Problematik des Zusammenhangs von Alter und Krankheit in der Frühen Neuzeit: Schäfer, Daniel, Alter und Krankheit in der Frühen Neuzeit. Der ärztliche Blick auf die letzte Lebensphase, Frankfurt/New York 2004.

2 Vgl. Foucault, Michel, Die Geburt der Klinik. Eine Archäologie des ärztlichen Blickes, Frankfurt 1988, S. 34 f.

3 Vgl. Barthel, Medizinische Polizey, S. 184.

4 Vgl. Loetz, Vom Kranken, S. 73 f.

5 Jetter, Dieter, Das europäische Hospital. Von der Spätantike bis 1800, Köln1987, S. 202.

6 Vgl. Loetz, Vom Kranken, S. 74 f.

7 Vgl. Grundmann, Hospital, S. 114 f.

8 Vgl. Brans, Hans Otto, Hospitäler, Siechen- und Krankenhäuser im früheren Regierungsbezirk Aachen von den Anfängen bis 1971, Bd. 1: Hospitäler und Siechenhäuser bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, Herzogenrath 1995, Bd. 1, S. 127.

9 Vgl. Grundmann, Hospital, S. 115.

10 Vgl. Brans, Hospitäler, S. 128.

11 Vgl. Grundmann, Hospital, S. 116.

12 Vgl. Foucault, Geburt der Klink, S. 34.

13 De Sade, Donatien Alphonse François, Die Philosophie im Boudoir oder die lasterhaften Lehrmeister. Dialoge, zur Erziehung junger Damen bestimmt, Gifkendorf o. J., S. 56.

14 Rickens, Christian, Die neuen Spießer. Von der fatalen Sehnsucht nach der überholten Gesellschaft, Berlin 2006, S. 31.

15 Dazu auch: Himnanen, Pekka, Die Hacker-Ethik und der Geist des Informations-Zeitalters. München 2001. Weber, Max, Die protestantische Ethik und der ,Geist‘ des Kapitalismus. Hg. von Dirk Kaesler, München 2004.

16 Wagner, Bernd J., „Um die Leiden der Menschen zu lindern, bedarf es nicht eitler Pracht“: Zur Finanzierung der Krankenhauspflege in Preußen, in: Labisch, Alfons/Reinhard Spree (Hg.), Krankenhaus-Report   19. Jahrhundert. Krankenhausträger, Krankenhausfinanzierung, Krankenhauspatienten, Frankfurt/New York 2001, S. 43.

17 Vgl. Foucault, Geburt der Klinik, S. 55.

18 Vgl. Wagner, Finanzierung, S. 45.

19 Vgl. Jetter, Das europäische Hospital, S. 204 f.

20 Vgl. Jetter, Europäisches Hospital, S. 216 f.

21 Dazu: Bonin, Eva, Spezialkliniken im 19. Jahrhundert. Ausdruck nach der Suche einer eigenen Identität. Eine Studie am Beispiel von Augenheilanstalten zwischen 1850 und 1918, Herzogenrath 1994.

22 Vgl. Grundmann, Hospital, S. 274. Abschrift der deutschen Übersetzung von Georg Reitz in den Mittelrheinischen Geschichtsblättern, Heft 8 (1924), S. 4.

23Zur Charakteristik der frühen deutschen Krankenhäuser: Loetz, Vom Kranken, S. 96.

24 Vgl. Grundmann, Hospital, S. 123.

25 Barthel, Medizinische Polizey, S. 185 f.

26 Vgl. Loetz, Vom Kranken, S. 95 ff.

27 Vgl. Corbin, Pesthauch, S. 75.

28 Häberl, Franz Xaver, Entwurf von Erweiterungs- und Verbesserungsanstalten in dem Krankensaale zum kl. Maximilian bei den barmherzigen Brüdern, München 1794, S. 19. Zitiert nach Barthel, Medizinische Polizey, S. 186.

29 Vgl. Häberl, Entwurf, S. 19. Barthel, Medizinische Polizey, S. 186.

30 Vgl. Barthel, Medizinische Polizey, S. 186, unter Hinweis auf:  Stoll, Max, Über die Einrichtung der öffentlichen Krankhäuser, Wien 1788, S. 414.

31 Vgl. Loetz, Vom Kranken, S. 97.

32 Dazu: Volkening, Rolf, Die Russen in Koblenz 1813/14. Ein Beitrag zur Heimat- und Stadtgeschichte, Koblenz 1989 [masch.]. Quellen, die diese Tötungen eindeutig belegen, gibt es allerdings in Koblenz nicht.

33 LHA-441, 13209, S. 162: Die Anweisung ist nicht genau datiert.

34 Dazu: Bauer, Axel. Das öffentliche Krankenhaus als wissenschaftliche Bildungsanstalt, in: Seidler, Eduard/Heinz Schott (Hg.), Bausteine der Medizingeschichte. Heinrich Schipperges zum 65. Geburtstag, S. 9–17.

35 Stark, Karl Wilhelm, Plan zur inneren Einrichtung und Verwaltung einer öffentlichen Krankenanstalt, vom ärztlichen Standpuncte aus entworfen, Erlangen 1839, S. 3. Zitiert nach Bauer, Das öffentliche Krankenhaus, S. 11.

36 Dazu: Schipperges, Utopien, S. 36 ff.

37 Andree, Virchow, S. 221.

38 Vgl. Hampe, Henrike, Geburt und Tod. Die Gefährdung von Frauen und Kindern vor der Einführung der Antiseptik, in: Löneke, Regina/Ira Spieker (Hg.), Reinliche Leiber – Schmutzige Geschäfte. Körperhygiene und Reinlichkeitsvorstellungen in zwei Jahrhunderten, Göttingen 1996, S. 218 f.

39 Mündnich, Joseph, Das Hospital zu Coblenz. Festschrift zur Hundertjahrfeier, Koblenz 1905, S. 145.

40 Vgl. Mündnich, Hospital, S. 145.

41 Vgl. Mündnich, Hospital, S. 145 f.

42 Vgl. Mündnich, Hospital, S. 149.

43 Vgl. Mündnich, Hospital, S. 150 f.

44 Vgl. Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 1. September 2006. Artikel zum Jubiläum der Apotheke, der auf der Auswertung der Hausakten beruht.

45 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, S. 270.

46 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, S. 270.

47 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, S. 270.

48 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, S. 270.

49 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, S. 270.

50 Michel, Fritz, Die kirchlichen Denkmäler der Stadt Koblenz, Düsseldorf 1937. Unveränderter Nachdruck 1981, S. 246.

51 Vgl. Michel, Kirchliche Denkmäler, S. 247.

52 Die Geschichte und Baugeschichte der Liebrauenkirche im Herzen der Koblenzer Altstadt ist von Michael Müller neu aufgearbeitet worden (Müller, Michael Christian, Die Koblenzer Liebfrauenkirche als Spiegel kultureller Identität, Worms 2001).

53 Vgl. Michel, Kirchliche Denkmäler, S. 247.

54 Vgl. Kallenbach, Altstadt, S. 71 f.

55 Vgl. Michel, Kirchliche Denkmäler, S. 248.

56 Vgl. Michel, Kirchliche Denkmäler, S. 248.

57 Vgl. Michel, Kirchliche Denkmäler, S. 248.

58 Vgl. Michel, Kirchliche Denkmäler, S. 248.

59 Vgl. Wagner, Finanzierung, S. 46 f.

60 Vgl. Jetter, Das europäische Hospital, S. 199.

61 StAK-623, 2155: Genehmigung vom 28. Dezember 1825.

62 Dazu: Finken, Ursula, Apollonia Diepenbrock – Gründerin des ersten „Hauses für Frauen“ in Regensburg (1799–1880), in: Berühmte Regensburger. Lebensbilder aus zwei Jahrtausenden. Hg. von Karlheinz Dietz und Gerhard H. Waldherr, Regensburg 1997, S. 251–362.

 

63 StAK-623, 2156: Bericht des Pfarrers Schütte vom 28. November 1851 an die Hospitalverwaltung.

64 Vgl. Grundmann, Hospital, S. 127 ff.

65 Dazu: Witzler, Beate, Großstadt und Hygiene. Kommunale Gesundheitspolitik in der Epoche der Urbanisierung, Stuttgart 1995, S. 141.

66 Augusta lebte mit ihrem Mann Wilhelm, dem Militärgouverneur der Rheinprovinz, und ihren beiden Kindern Friedrich-Wilhelm und Luise von 1850 bis 1858 in Koblenz.

67 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, S. 271.

68 Grundlegend: Wolff, Eberhard, Einschneidende Maßnahmen. Pockenschutzimpfung und traditionale Gesellschaft im Württemberg des frühen 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1998. In Bayern gab es bereits seit 1807/1808 einen Impfzwang, Württemberg folgte 1818.

69 Vgl. Wischhöfer, Bettina, Krankheit, Gesundheit und Gesellschaft in der Aufklärung. Das Beispiel Lippe 1750–1830, Frankfurt 1991, S. 318. Zu den Todesopfern zählten vor allem Kinder bis zu sieben Jahren.

70 LHA Ko-441, 8043; S. 137 ff.: Namentliche Auflistung der betroffenen Personen vom 17. Juni 1827 des Dr. Arnoldi. Der Distriktarzt praktizierte in Winningen als Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer. In seiner amtlichen Funktion rechnete er mit der Bezirksregierung ab.

71 LHA KO-441, 8043, S. 175 ff., 215: Meldungen des Kreisphysikus.

72 LHA Ko-441, 13239, S. 2: Brief vom 6. Februar 1832.

73 LHA Ko-441, 13239, S. 253: Brief vom 31. Juli 1882.

74 Vgl. Jetter, Das europäische Hospital, S. 214.

75 LHA Ko-441, 13239, S. 47: Brief vom 11. März 1882.

76 LHA Ko-441, 13239, S. 69 f.: Auszug aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 22. April 1892.

77 LHA Ko-441, 13239, S. 83 und 86: Bericht von Kreisphysikus Dr. Schulz an die Bezirksregierung, 29. März 1882.

78 Der letzte Pockenfall in Deutschland wurde 1972 gemeldet.

79 Die frühere Pockenstation, die sich in der Nähe des Schlachthofes befand, wurde erst bei den Luftangriffen des Jahres 1944 zerstört.

80 LHA Ko-441, 13239, S. 101 ff.

81 LHA Ko-441, 13239, S. 100.

82 Vgl. Mündnich, Hospital, S. 90.

83 LHA Ko-441, 13239, S. 113 f.: Meldung des Kreisphysikus Dr. Schulz, 19. Mai 1882.

84 LHA Ko-441, 13239, S. 109: Brief des Landrats an die Koblenzer Bezirksregierung, 20. Mai 1882.

85 LHA Ko-441, 13239, S. 248: Jahresaufstellung (undatiert).

86 LHA Ko 441, 13240, S. 1: Brief der Polizeidirektion an die  Bezirksregierung Koblenz, 1. Juli 1893.

87 LHA Ko-441, 13298, S. 567: Nachweisung über die Verbreitung der Ruhrkrankheit im Kreis Koblenz, 12. Oktober 1871, unterzeichnet vom Landrat von Frentz.

88 Dazu auch: Mommsen, Wolfgang J., Sozialpolitik im Deutschen Reich, in: Woelk, Wolfgang/Jörg Vögele, Geschichte der Gesundheitspolitik in Deutschland. Von der Weimarer Republik bis in die Frühgeschichte der „doppelten Staatsgründung“, Berlin 2002, S. 53f. Für den Norddeutschen Bund und damit auch für Koblenz gab es ein Gesetz über den Unterstützungswohnsitz bereits am 6. Juni 1870.

89 Vgl. Wagner, Finanzierung, S. 48 f.

90 Vgl. Witzler, Großstadt und Hygiene, S. 140.

91 Vgl. Jetter, Das europäische Hospital, S. 208.

92 Vgl. Jetter, Das europäische Hospital, S. 218.

93 Vgl. Murken, Axel Hinrich, Das Bild des deutschen Krankenhauses

im 19. Jahrhundert, Münster 1978 S. 9.

94 Witzler, Beate, Großstadt und Hygiene, S. 131 und 139 (mit detaillierten Quellennachweisen): 1877 kamen auf 10.000 Einwohner 24,6 Krankenbetten, bis 1913 stieg der Schnitt auf 69,0.

95 Vgl. Mündnich, Hospital, S. 90.

96 Vgl. Mündnich, Hospital, S. 90.

97 StAK-623, 4236, S. 11 ff.: Bericht über die Revision des Bürgerhospitals, 27. Februar 1891.

98 StAK-623, 4236, S. 11 ff.: Bericht über die Revision des Bürgerhospitals, 27. Februar 1891.

99 StAK-623, 4236, S. 11 ff.: Bericht über die Revision des Bürgerhospitals, 27. Februar 1891. Zum Vergleich: Auch im Ehrenbreitsteiner Hospital gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine Wasserklosetts (StAK, 655,10, 757: Revisionsbericht für das Jahr 1893).

100 Terrazzo ist ein künstlicher mineralischer Werkstoff für Fußbodenbeläge. Er besteht aus einem Bindemittel wie gebranntem Kalk oder Zement und Zuschlägen aus Gestein oder Ziegelsplitt und ist in der Regel fugenlos. Der traditionelle Terrazzo-Boden wird als Ortsterrazzo an Ort und Stelle eingebracht, gewalzt und nach dem Erhärten geschliffen.

101 StAK-623, 4236, S. 11 ff.: Bericht über die Revision des Bürgerhospitals, 27. Februar 1891.

102 StAK-623, 4236, S. 11 ff.: Bericht über die Revision des Bürgerhospitals, 27. Februar 1891.

103 StAK-623, 4236, S. 11 ff.: Bericht über die Revision des Bürgerhospitals, 27. Februar 1891.

 

104 StAK-623, 4236, S. 396: „Vorschriften zur Behütung der Übertragung ansteckender Krankheiten“, 21. Februar 1898.

105 StAK-623, 4230, S. 59 (Druck): Amtsblatt der Königlichen Regierung, 4. September 1884.

106 StAK-623, 4230, S. 59 (Druck): Amtsblatt der Königlichen Regierung, 4. September 1884.

107 Vgl. Wagner, Finanzierung, S. 60 f.

108 Vgl. Tamm, Ingo, Ärzte und gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland und England vor dem Ersten Weltkrieg, in: Vögele, Jörg/Wolfgang Woelk (Hg.), Stadt, Krankheit und Tod. Geschichte der städtischen Gesundheitsverhältnisse während der Epidemiologischen Transition vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert, Berlin 2000, S. 457 ff.

109 Wunder, Bernd, Geschichte der Bürokratie in Deutschland,

Frankfurt 1986, S. 84.

110 Siehe auch: Mommsen, Sozialpolitik, S. 54. In Bayern war man bereits 1868 dazu übergegangen, Krankenversicherungen für die Arbeiterschaft auf örtlicher Grundlage einzurichten. Diese neuen Kassen finanzierten sich über Zwangsbeiträge, was die kommunalen Armenbehörden fortan erheblich entlastete.

111 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, S. 271.

112 Vgl. Koselleck, Reinhart, Preußen zwischen Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791 bis 1848, Stuttgart 1967. 3. Aufl., Stuttgart 1981, S. 597.

113 Vgl. Handwerkskammer Koblenz. 100 Jahre und mehr,

Koblenz 2001, S. 51 und 53.

114 Vgl. Mommsen, Sozialpolitik, S. 54.

115 Vgl. Handwerkskammer Koblenz, S. 59 und 61.

116 Siehe auch: Mommsen, Sozialpolitik, S. 54 und 60. Die Gewerbeordnung von 1869 schrieb die Mitgliedschaft in einer Ortskrankenkasse nur dann vor, wenn man den Nachweis, einer anderen Hilfs-, Kranken- oder Unterstützungskasse anzugehören, nicht erbringen konnte. Diese Regelung förderte andernorts die Regelung von berufsständischen Kassen. So gab es 1874 in Preußen bereits 2710 Gesellenkassen und 1931 Fabrikarbeiterkassen. Dazu kam das Aufblühen gewerkschaftlicher Hilfskassen, gegen die die Ortskrankenkassen spätestens ab 1885 Front machten.

117 Zur Geschichte des Hauses Deinhard: Prößler, Helmut, Geheimer Kommerzienrat Julius Wegeler (1836–1913), Koblenz 1986. Prößler, Helmut: 200 Jahre Deinhard (1794–1004). Die Geschichte des Hauses Deinhard von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hg. zum 175-jährigen Jubiläum der Firma Deinhard & Co., Koblenz 1994. Treue, Wilhelm, Deinhard. Erbe und Auftrag, Koblenz 1969.

118 Bericht über die Verwaltung 1889/90, S. 81.

119 Bericht über die Verwaltung 1889/90, S. 81.

120 Bericht über die Verwaltung 1889/90, S. 81.

121 Dazu: 100 Jahre Debeka – erfahren, sicher, günstig. Geschichte und Geschichten, Koblenz 2005: Die Debeka-Krankenversicherung ist heute immer noch eine Selbsthilfeeinrichtung des öffentlichen Dienstes. Die Gesellschaft hat sich mit der Zeit zur Debeka-Gruppe entwickelt, die zu den größten deutschen Versicherern gehört, aber trotzdem konzernunabhängig geblieben ist. Zum Krankenversicherungsverein auf Gegenseitigkeit, der heute Marktführer in der privaten Kankenversicherung ist, kommen noch der Lebensversicherungsverein auf Gegenseitigkeit (seit 1946), die Bausparkasse AG (seit 1981) und Debeka Betriebskrankenkasse (seit 1995).

122 Vgl. Wunder, Geschichte der Bürokratie, S. 84.

123 Vgl. Frevert, Ute, Krankheit als politisches Problem 1770–1880: soziale Unterschichten in Preußen zwischen medizinischer Polizei

und staatlicher Sozialversicherung, Göttingen 1984, S. 297.

124 Dazu: Huerkamp, Aufstieg der Ärzte, S. 194 f.

125 Vgl. Lindner, Ulrike, Gesundheitspolitik der Nachkriegszeit. Großbritannien und die Bundesrepublik im Vergleich, München 2004, S. 33. Im Gründungsjahr 1883 erfasste die Krankenversicherung etwa zehn Prozent der Bevölkerung.

126 Vgl. Spree, Soziale Ungleichheit, S. 184, Tabelle 18: Angaben inklusive der Mitglieder der Knappschaften.

127 Vgl. Spree, Soziale Ungerechtigkeit, S. 184, Tabelle 18.

128 Vgl. Reulecke, Jürgen, Gesundheitsfür- und -vorsorge in den deutschen Städten seit dem 19. Jahrhundert, in: Machule, Dittmar/Olaf Mischer/Arnold Sywottek (Hg.), Macht die Stadt krank? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit, Hamburg 1996, S. 77.

129 Vgl. Eberhard-Metzger, Claudia/Renate Ries, Die Macht der Seuchen. Mensch und Mikrobe – eine verhängnisvolle Affäre, Stuttgart/Leipzig 2002, S. 20 f.

130 Abgesehen von einzelnen kleineren Festschriften gibt es immer noch keine Gesamtdarstellung über die nichtkommunalen sozialen Einrichtungen. Die folgenden Abschnitte beruhen daher im Wesentlichen auf den älteren Überblicken in den Publikationen zur Stadtgeschichte von Max Bär und Hans Bellinghausen.

131 StAK-623, 4208: Tabelle der Sanitätsanstalten für das Jahr 1867.

132 Dazu: Evangelisches Stift St. Martin zu Koblenz 1844–1984. Festschrift, Koblenz 1984. Diese seinerzeit hochmodernen Gebäude wurden in den frühen 1970er-Jahren abgerissen.

133 Zur Geschichte des Marienhofs: 100 Jahre Krankenhaus Marienhof 1903–2003. Festschrift, Koblenz 2003. Broer, Bärbel, Begeistert über Zeiten und Grenzen. Gemeinschaft der Schwestern vom Heiligen Geist 1857–2007, Krefeld 2007.

 

 

134 Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 22. Dezember 2003.

135 Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 22. Dezember 2003.

136 StAK-623, 2048: Protokolle der Aktionärs-Generalversammlungen  der Heilanstalt Laubach, 1843/44.

137 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, Seite 273. 

138 StAK-623, 4208: Tabelle der Sanitätsanstalten für das Jahr 1867.

139 StAK-523, 4235, S. 41 f.: Urkunde, 10. November 1859.

140 StAK-623, 4235, S. 53: Aufruf, Berlin 1964.

141 StAK-623, 4250, S. 7: Brief des Oberbürgermeisters, 13. Juli 1864.

142 StAK-623, 4250, S. 2: Mitteilung, 12. August 1863.

143 StAK-623, 4250, S.12 ff. und 55 f.: Register der kurbedürftigen Personen für die Jahre 1864, 1870 und 1871.

144 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, Seite 274. Zur Geschichte des Ehrenbreitsteiner Krankenhauses: 100 Jahre St. Joseph-Krankenhaus Koblenz-Ehrenbreitstein, Koblenz 1950.

145 Vgl. 100 Jahre St.-Joseph-Hospital, S. 9.

146 StAK-655,10, 748: Vertrag, 27. November 1850.

147 StAK-655,10, 748: Verzeichnisse für die Jahre 1851 und 1852.

148 Vgl. 100 Jahre St.-Joseph-Krankenhaus, S. 9 f.

149 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, Seite 274. Zur Geschichte des Ehrenbreitsteiner Krankenhauses: 100 Jahre St. Joseph-Krankenhaus Koblenz-Ehrenbreitstein, Koblenz 1950.

150 StAK-655,10, 748: Statistik für das Jahr 1869.

151 Vgl. 100 Jahre St.-Joseph-Krankenhaus, S. 33.

152 StAK-655, 10, 757: Revisionsbericht für 1893.

153 StAK-655, 10, 757: Bericht des Kreisarztes, 26. August 1910.

154 Vgl. 100 Jahre St.-Joseph-Krankenhaus, S. 16.

155 Vgl. 100 Jahre St.-Joseph-Krankenhaus, S. 21 und 25.

156 Tuberkulose wird durch das Mycobacterium tuberculosis verursacht. Sie wird in der Regel durch eine Tröpfcheninfektion übertragen. Auch nicht pasteurisierte Milch kann den Erreger enthalten, was im 19. und auch im frühen 20. Jahrhundert nicht selten war. Der Erreger, der sich stundenlang in der Raumluft verbreitet, wird durch Husten der Erkrankten verbreitet.

157 Vgl. Gradmann, Krankheit, S. 105.

158 Vgl. Gradmann, Krankheit, S. 106 und 154 ff.

Tuberkulose wird heute mit einer Kombination verschiedener Antibiotika behandelt, wobei sich die Therapie meist über mehrere Monate, in Einzelfällen sogar bis zu drei Jahre hinzieht.

159 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 27.

160 Vgl. Nolte, Karen, Unterhalb des Zauberbergs. Tuberkulosefürsorge  in Göttingen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in: Löneke, Regina/Ira Spieker (Hg.), Reinliche Leiber – Schmutzige Geschäfte. Körperhygiene und Reinlichkeitsvorstellungen in zwei Jahrhunderten, Göttingen 1996,   S. 199.

161 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 21.

162 StAK-623, 4238, S. 1: Brief des Regierungspräsidenten August von Hövel vom 18. Februar 1891.

163 Vgl. Coblenzer Zeitung, 22. März 1891: Öffentliche Bekanntmachung der „Maßnahmen zur Verhütung der Schwindsucht“.

164 Beim Pasteurisieren werden Substanzen auf 60 bis 90 Grad Celsius erhitzt. Dabei werden Mikroorganismen abgetötet. Das Verfahren wurde nach Louis Pasteur (1822–1895) benannt. Der fanzösische Chemiker hatte erkannt, dass durch kurzzeitiges Erhitzen von Lebensmitteln und anderen Stoffen die meisten der darin enthaltenen Mikroorganismen vernichtet werden konnten. Durch das Pasteurisieren kann bei Lebensmitteln auch die Haltbarkeit gesteigert werden.

165 Vgl. Hardy, Ärzte, S. 228 f.: Von den Folgen der „Panscherei“ waren vor allem Kinder betroffen, die an gefährlichen Brechdurchfällen erkrankten.

166 StAK-623, 4217, S. 1: Brief des Polizeidirektors Jakob Franz Freiherr von Frentz an Oberbürgermeister Heinrich Lottner, 14. Juli 1877.

167 StAK-623, 4217, S. 3: Rechnungen/ Belege, 17. November 1877.

168 StAK-623, 4217, S. 9: Auszug des Gesetzes vom 14. Mai 1879 nach Reichsgesetzblatt Nr. 14, 1877.

169 StAK-623, 5685, S. 66: Der Finanzausschuss beschloss die Vergabe nach Düsseldorf am 28. Juni 1906. Die Stadtverordneten stimmten dem am 27. Juli zu.

170 StAK-623, 5685, S. 54 f.: Nachricht der Stadt Bonn, 27. April 1906.

171 StAK-623, 5634, S. 6: Aufstellung der Stadtverwaltung Koblenz,     27. November 1911.

172 StAK-623, 4245, S. 1 f.: Regierungspräsident August von Hövel an Oberbürgermeister Karl Ortmann, 17. Oktober 1903.

173 StAK-623, 4245, S. 5 f.: Bericht vom 29. Februar 1904.

174 StAK-623, 4245, S. 7: Brief des Regierungspräsidenten August von Hövel an Oberbürgermeister Karl Ortmann, 7. März 1904.

175 Vgl. Grundmann, Hospital, S. 125.

176 Vgl. Spree, Soziale Ungleichheit, S. 185, Tabelle 19.

177 Vgl. Tippach, Koblenz, S. 50.

178 StAK-623, 5845, S. 51: Protokoll der Sitzung der Koblenzer Hospitalkommission, 16. Dezember 1902.

179 StAK-623, 5811, S. 5: Brief vom 19. Dezember 1921.

180 StAK-623, 5811, S. 20: Bilanz 1924, 16. März 1925.

181 StAK-623, 5811, S. 63: Bilanz 1925, 8. Januar 1926.

182 StAK-623, 6426, S. 247: Bekanntmachung der Bezirksregierung vom 25. März 1926. Demnach sollte ein weiterer Desinfektorenkurs am    17. Mai beginnen.

183 StAK, 623, 6426, S. 281: Bekanntmachung des Staatlichen Medizinal-Untersuchungsamtes, 23. Dezember 1929. Demnach sollte der Kurs im Arenberger Caritashaus vom 8. bis 23. Januar 1930 stattfinden.

184 Vgl. Frentzen, Hans, Gesundheitsamt Koblenz 1935–1969. Festschrift aus Anlaß der feierlichen Übergabe des neuerbauten Gesundheitsamtes für den Stadt- und Landkreis Koblenz, Koblenz 1969, S. 38.

185 Vgl. Pressemitteilung der Schweizer Lungenliga zum Welttuberkulosetag am 24. März 2007 unter URL: http://www.lungenliga.ch> (Zugriff am 12. März 2007).

186 Vgl. Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 20. Dezember 2000.

187 Der Anatom, Pathologe und Arzt Friedrich Gustav Jakob Henle (1809–1885) war Assistent des in Koblenz geborenen Johannes Müller und hatte später mehrere Professuren inne, so an der Universität Heidelberg. Mit seinen mikroskopischen Untersuchungen brachte er die Histologie entscheidend nach vorn. Er ist auch der Entdecker der nach ihm benannten Henleschen Schleife der Niere. Berühmt wurde sein Handbuch der systematischen Anatomie des Menschen.

188 Demnach werden die Gewebe erst durch eine Erkrankung für gewisse Bakterien empfänglich.

189 Kirchner, M., Die Aufgaben der Desinfektion und ihre Durchführung, in: Aerztliche Sachverständigen-Zeitung. Organ für die gesamte Sachverständigenthätigkeit des praktischen Arztes sowie für praktische Hygiene und Unfall-Heilkunde Nr. 17, 1. September 1902 (in StAK-623, 5728, S. 164).

190 Kirchner, Desinfektion.

191 Kirchner, Desinfektion.

192 StAK, 655,10, 757: Revisionsbericht für das Ehrenbreitsteiner Hospital für das Jahr 1893.

193 StAK-623, 5728, S. 247: Rundschreiben der Bezirksregierung Koblenz, 28. Oktober 1904.

194 StAK-623, 5728, S. 248: Anweisung des Regierungspräsidenten August Freiherr von Hövel, 22. Dezember 1904.

195 StAK-623, 5728, S. 248 ff.: Rundschreiben des Regierungspräsidenten August Freiherr von Hövel an die nachgeordneten Behörden.

196 StAK-623, 5728, S. 318: Aufstellung des Polizeisekretärs Teune,      18. August 1910.

197 StAK-623, 5845, S. 57: Protokoll der Sitzung der Koblenzer Hospitalkommission, 3. Dezember 1908. Der Name des Kreisarztes wird nicht erwähnt. Es könnte der später in den Akten genannte Dr. Kirchgässer gewesen sein.

198 StAK-623, 5845, S. 67: Beschluss der Koblenzer Gesundheitskommission, 29. März 1909.

199 Vgl. Coblenzer Zeitung, 1. September 1892.

200 StAK-623, 5728, S. 319: Beschluss vom 13. August 1910.

201 StAK-623, 5728, S. 323: Entwurf der Gebührenordnung (undatiert).

202 StAK-623, 5728, S. 595: Akteneintrag (undatiert).

203 StAK-623, 5728, S. 344: Anweisung, 2. November 1910.

204 StAK-623, 5845, S. 98: Mitteilung der Polizeidirektion Koblenz,      17. Januar 1912.

205 StAK-623, 5845, S. 116 f.: Protokoll der Sitzung der Koblenzer Stadtverordneten, 28. Juni 1911.

206 StAK-623, 5845, S. 125: Mitteilung des städtischen Bauamtes an den Oberbürgermeister, 30. August 1911.

207 StAK-623, 5845, S. 130. Rechnung vom 5. Dezember 1911. Die Firma Lautenschläger hatte weitere Niederlassungen in Frankfurt am Main und München.

208 StAK-623, 5845, S. 96: Protokoll der Sitzung der Koblenzer Hospitalkommission, 25. Mai 1912.

209 StAK-623, 5845, S. 146: Brief des Regierungspräsidenten an den Polizeidirektor, 17. Februar 1913.

210 StAK, 623, 5845, S. 148: Beschluss der Gesundheitskommission vom 23. Juni 1913.

211 StAK-623, 5845, S. 136 ff.: Brief und Werbebroschüre des Weimarer Werks vom 18. Juli 1913.

212 StAK-623, 5845, S. 213: Brief der Maschinenfabrik Arthur Vondran an die Stadtverwaltung, 7. Juni 1921.

213 StAK-623, 5845, S. 186: Protokoll der Sitzung des Koblenzer Hospitalausschusses, 18. November 1913.

214 StAK-623, 5845, S. 186: Protokoll der Sitzung des Koblenzer Hospitalausschusses, 19. Januar 1914.

215 StAK-623, 5845, S. 147: Akteneintrag des Hospitalinspektors vom Februar 1912.

216 StAK-623, 6439, S. 520: Kriegsbekleidungsamt an Stadtverwaltung, 12. Juli 1915.

217 StAK-623, 4889: Das Epidemienhaus Boninstraße. Das Gebäude wurde nämlich am 19. Januar 1919 von der amerikanischen Besatzung für die 3. Armee konfisziert. Gegenüber vom Epidemienhaus befand sich eine Entlausungsanstalt. Diese war im Besitz des Reiches. Für die Nutzung mussten Mieten gezahlt werden.

218 Freundliche Auskunft von Hans-Peter Kleber, Stadtarchiv Koblenz. Die Station wurde 1928/29 und 1936/37 erweitert – auch, um „Zigeuner“ unterzubringen. 1942 folge eine weitere Vergrößerung zur Aufnahme des „Kriegsgefangenen-Arbeitskommando Boninstraße“. Die Anlage wurde erst Anfang 1945 zerstört.

219 StAK-623, 6425, S. 662 f.: Sterbefälle im Jahr 1917.

220 Über das frühe „Gewerbe“ in Koblenz ist der grundlegende Aufsatz:  Weiß, Petra, Prostitution in Koblenz im 19. Jahrhundert, in: Koblenzer Beiträge zur Geschichte und Kultur. Neue Folge 11/12, Koblenz 2003, S.33–66.

221 Vgl. Weiß, Prostitution, S. 33 f.

222 Vgl. Weiß, Prostitution, S. 35 ff.

223 Das Arresthaus befand sich im Bereich des 1944 zerstörten Hohenfelder Hauses in der Löhrstraße.

224 Vgl. Weiß, Prostitution, S. 35 ff.

225 Das Garnisonslazarett befand sich im Dominikanerkloster in der Weißergasse. 1911 wurde es auf das Moselweißer Feld verlegt.

226 Vgl. Weiß, Prostitution, S. 39.

227 Vgl. Weiß, Prostitution, S. 51.

228 Reichsgesetzblatt 1876, S. 34. Zitiert nach Weiß, Prostitution, S. 51.

229 Der Erreger der Syphilis wurde erst 1905 entdeckt. Mikroskopische Unterschungen bei der Behandlung von Prostituierten in Koblenz wurden erst 1897 eingeführt.

230 Vgl. Weiß, Prostitution, S. 53 ff. Das Dienstgebäude der Polizei war bis 1855 die Hauptwache (Marktstraße 2). Das Hohenfelder Haus wurde 1944 vollständig zerstört.

231 Daten nach Weiß, Prostitution, S. 59, Grundmann, Hospital,           S. 346 f. Die erkrankten Angehörigen des Militärs sind in den Angaben ganz bewusst nicht enthalten. Die Männer wurden in den Garnisonslazaretten in Koblenz und Ehrenbreitstein behandelt.

232 Vgl. Weiß, Prostitution, S. 60.

233 StAK-623, 4762, S. 1: Aus der Akte geht allerdings hervor, dass das Deutschherrenhaus während der amerikanischen Besatzung vorübergehend als Gefängnis diente. Demnach waren dort im Laufe des Jahres 1919 insgesamt 305 Männer in Haft genommen worden. Das Kloster Maria Trost der Schwestern vom guten Hirten wurde 1888 gegründet. Es entstand auf dem Areal des 1794 von den Franzosen zerstörten Jagdschlosses Schönbornslust in der Gemarkung des heutigen Stadtteils Kesselheim. Während heute noch zwei Wirtschaftsgebäude des Schlosses erhalten sind, wurde die Klosteranlage zu Beginn der 1990er-Jahre aberissen.

234 Vgl. Weiß, Prostitution, S. 61.

235 StAK-623, 5634, S. 144 ff.: Brief des Hospitalinspektors Schaefer an die Landesversicherungsanstalt, 13. Januar 1919. Antwort, 4. Februar 1919. Ablehnungsbescheid der Allgemeinen Ortskrankenkasse, 8. April 1919.

236 Verwaltungsbericht 1932, S. 35.

237 Freundliche Auskunft von Margot Hessel aus Koblenz (Jahrgang 1927) und Hans Reinhard aus Waldesch (Jahrgang 1925).

238 Verwaltungsbericht 1927, S. 43.

239 StAK-623, 5634, S. 36 ff.: Aufforderung des preußischen Innenministeriums, 8. August 1914. Fragebogen des preußischen Innenministeriums, 29. Oktober 1914.

240 StAK-623, 5634, S. 44: Meldung des Hospitals 13. November 1914.

241 StAK-623, 5634. S. 49: Meldung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder, 12. November 1914.

242 StAK-623, 5634, S. 55 f.: Mitteilung des Marienhofs der „Schwestern vom Heiligen Geist“, 13. November 1914. In der Zweigniederlassung des Ordens in der Clemensstraße waren weitere 110 Schwestern in der ambulanten Krankenpflege eingesetzt.

243 StAK-623, 5634, S. 62: Allein in der Bildungsanstalt für Lehrerinnen auf dem Oberwerth (die heute von der Fachhochschule Koblenz genutzt wird) richtete man 305 Notbetten ein.

244 Dahm, Ernst, Die städtischen Krankenanstalten in Coblenz, in: Deutschlands Städtebau. Coblenz, 2. [erheblich erweiterte] Auflage. Anlässlich der Rheinischen Jahrtausendfeier im Auftrage des Oberbürgermeisters Dr. Russell von Hans Bellinghausen, Berlin-Halensee 1925, S. 128.

245 Nach Tätigkeiten als Stadtarzt und Beigeordneter in Merseburg kam Dr. Ernst Dahm 1920 nach Koblenz, um dort zum 1. September sein Amt als Stadtarzt anzutreten. Am 22. Juni 1991 wurde er zum hauptamtlichen Beigeordneten der Stadt Koblenz gewählt, was er bis zum    21. Juni 1933 auch blieb. Ernst Dahm war danach ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Koblenz. 1940 wurde er zum Generalhauptführer des Deutschen Roten Kreuzes in Darmstadt berufen. Er schied aber bereits am 31. Mai 1940 aus.

246 StAK-623, 6232, Blatt 1: Vertrag, unterzeichnet in Koblenz am        19. Mai 1905, in Trier am 29. Mai 1909.

247 StAK-623, 7353, Blatt 140: Mitteilung vom 29. Dezember 1915.

248 StAK-623, 7353, Blatt 147: Journal, 21. Juni 1916.

249 StAK-623, 7353, Blatt 148: Journal, 21. Juni 1916.

250 StAK-623, 7353, Blatt 149: Schreiben des Hospitalpfarrers Dr. Georg Reitz, 29. November 1916. Der Geistliche starb 1944. Er wurde weit über die Region hinaus durch seine historischen und kunstgeschichtlichen Veröffentlichungen bekannt.

251 StAK-623, 7353, Blatt 422: Bemerkung vom 5. September 1918.

252 Dazu: Allen, Henry T., Zehn Jahre Fremdherrschaft am Rhein. Die amerikanische Besatzungsarmee im Rheinland, Berlin o. J.

253 StAK-623, 7353, Blatt 538: Feststellungsbescheid der Bezirksregierung vom 15. April 1922.

254 StAK-623, 7353, Blatt 489: Brief vom 12. Oktober 1920.

255  Vgl. Dahm, Die städtischen Krankenanstalten, S. 128.

256 Vgl. Dahm, Die städtischen Krankenanstalten, S. 131.

257 Vgl. Dahm, Die städtischen Krankenanstalten, S. 131.

258 Vgl. Rodenstein, Marianne, „Mehr Licht, mehr Luft“. Gesundheitskonzepte im Städtebau seit 1750, Frankfurt/New York 1988, S. 171.

259 Grotjahn, Alfred, Soziale Pathologie. Versuch einer Lehre von den sozialen Beziehungen der menschlichen Krankheiten als Grundlage der sozialen Medizin und der sozialen Hygiene, Berlin 1912.

260 Siehe auch: Woelk, Wolfgang/Jörg Vögele, Geschichte der Gesundheitspolitik in Deutschland. Von der Weimarer Republik bis in die Frühgeschichte der „doppelten Staatsgründung“, Berlin 2002. Einleitung, S. 15 ff.

261 Vgl. Fehlemann, Silke, Die Entwicklung der öffentlichen Gesundheitsfürsorge in der Weimarer Republik: Das Beispiel der Kinder und Jugendlichen, in: Woelk, Wolfgang/Jörg Vögele, Geschichte der Gesundheitspolitik in Deutschland. Von der Weimarer Republik bis in die Frühgeschichte der „doppelten Staatsgründung“, Berlin 2002, S. 68f.

262 Siehe auch: Waller, Heiko, Sozialmedizin. Grundlagen und Praxis.    5. überarb. und erw. Aufl., Stuttgart 2002. Heiko Waller führt für den Begriff folgende Erklärung ein: „Sozialmedizin ist ein interdisziplinäres theoretisches und angewandtes Fachgebiet. Es verbindet die sozialwissenschaftliche mit der medizinischen Sichtweise von Krankheit und Behinderung und wendet sie in Prävention, Sozialtherapie und Rehabilitation praktisch an.“

263 Vgl. Fehlemann, Gesundheitsfürsorge, S. 69.

264 Die Bezeichnung „Kemperhof“ geht auf die Zisterzienserabtei Kamp in Wesel zurück, die 1188 in der Moselweißer Gemarkung Grundbesitz erwarb. Später kam ein Hof dazu.

265 Hausakten Gemeinschaftsklinikum Koblenz-Mayen.

266 Coblenzer Volkszeitung vom 15. Dezember 1908 und 15. Oktober 1926 (Ausschnitte in LHA Ko-708, 314.11).

267 LHA Ko-441, 57196: Bericht der Stadtverwaltung an die Bezirksregierung vom 28. Juni 1936.

268 StAK-623, 7353, Blatt 612 und 624: Aktenvermerke vom 9. Oktober 1923 und 30. Januar 1924; StAK-623, Nr. 7505, Blatt 133.

269 StAK, 7505, Blatt 1: Mitteilung des Oberbürgermeisters an den zuständigen Dezernenten vom 27. Februar 1921.

270 StAK, 7505, Blatt 17: Beschluss vom 21. Dezember 1921.

271 Vgl. Dahm, Die städtischen Krankenanstalten, S. 128.

272 StAK, Fach 113: Bauakte Kemperhof.

273 StAK, Fach113: Bauakte Kemperhof.

274 StAK, Fach 113: Bauakte Kemperhof.

275 StAK, 7505, Blatt 19 ff.: Protokoll der Sitzung vom 25. August 1922.

276 StAK, 7505, Blatt 19 ff.: Protokoll der Sitzung vom 25. August 1922.

277 LHA-441, 57196: Zusammenfassung der Vorgänge.

278 StAK-623, 7505, Blatt 25: Protokoll der Sitzung, 3. Oktober 1922.

279 StAK, 7505, Blatt 71: Brief des Chefarztes an den Oberbürgermeister vom 28. August 1922.

280 StAK, 7505, Blatt 89:  Mitteilung des Koblenzer Oberbürgermeisters Dr. Karl Russell, 29. März 1923.

281 StAK-623, 7505, Blatt 90: Sitzungsprotokoll vom 12. April 1923.

282 StAK-623, 7505, Blatt 100: Einladung vom 1. Mai 1923.

283 StAK-623, 7353, Blatt 548: Protokoll der Besprechung mit den Beigeordneten Dr. Dahm und Rogg sowie Sanitätsrat Dr. Virneisel und Dr. Vetter.

284 Vgl. Dahm, Die städtischen Krankenanstalten, S. 128.

285 Vgl. Dahm, Die städtischen Krankenanstalten, S. 129 f.

286 StAK-623, 7353, Blatt 640: Eintrag vom 30. Oktober 1923.

287 StAK-623, 7353, Blatt 640: Eintrag vom 30. Oktober 1923.

288 StAK-623, 7505, Blatt 118: Beschluss des Hospital-Ausschusses vom 4. Februar 1924 – Besichtigung der Infektionsabteilung im Krankenhaus Kemperhof.

289 Über Details und Hintergründe: Gräwen, Helmut, Die Stadt Koblenz im Krisenjahr 1923. Hausarbeit zur Prüfung für das Lehramt an Realschulen, Koblenz 1979 [masch.].

290 Vgl. Flach, Dietmar, Weimarer Zeit, Drittes Reich und die Hungerjahre danach, in: Traben-Trarbach. Geschichte einer Doppelstadt.

Hg. von der Stadt Traben-Trarbach unter redaktioneller Bearbeitung von Dietmar Flach und Günther Böse, Traben-Trarbach/Trier 1984. Benutzte Online-Ausgabe (ohne Paginierung) unter URL: <http.// www.litzigerlay.de/traben_trarbach/frame1.htm> (Zugriff am 2. Februar 2007).

291 Rothenbacher, Franz, Zur Entwicklung der Gesundheitsverhältnisse in Deutschland seit der Industrialisierung, in: Erich Wiegand/Wolfgang Zapf (Hg.), Wandel der Lebensbedingungen in Deutschland. Wohlfahrtsentwicklung seit der Industrialisierung, Frankfurt/New York 1982, S. 377 f.

 

292 StAK-623, Nr. 5183: Preußische Denkschrift über die wirtschaftliche und kulturelle Notlage in den besetzten preußischen Gebiete verfasst vom Oberpräsidenten der Rheinprovinz, Koblenz 1928, S. 291 ff.

293 Dahm, Die städtischen Krankenanstalten, S. 130.

294 Vgl. Dahm, Die städtischen Krankenanstalten, S. 130.

295 Siehe auch: Witzler, Großstadt und Hygiene, S. 131.

296 StAK-623, 7505, Blatt 185: Schreiben der Verwaltung an den Oberbürgermeister vom 15. November 1926.

297 StAK-623, 7505, Blatt 327: Berechnung vom 25. Juni 1931.

298 Vgl. Witzler, Großstadt und Hygiene, S. 131.

299 StAK-623, 7505, Blatt 327: Berechnung vom 25. Juni 1931.

300 StAK-623, 7505, Blatt 470: Vorschläge zur Verbilligung der Verwaltung vom 25. September 1930, Nr. 75.

301 StAK-623, 7505, Blatt 490: Vermerk des Koblenzer Oberbürgermeisters Dr. Karl Russell am 21. August 1931.

302 StAK-623, 7216, S. 127 ff.

303 Chronik Kemperhof, Band 2: Eintrag für den 23. Januar 1936.

304 LHA-441, 32292: Bericht des Kreisschulrates Koblenz I an den Regierungspräsidenten vom 7. Juli 1937.

305 Auf dem Gelände befindet sich heute die Bischöfliche Realschule.

306 LHA-441, 32292. Zusammenfassung des Schriftverkehrs.

307 StAK, Fach 113: Bauakte Kemperhof.

308 StAK-623, 645, S. 1: Vorbericht für die Vorstandssitzung des Deutschen Städtetages am 25. November 1927 in Duisburg.

309 StAK-623, 645, S. 1 f.: Vorbericht für die Vorstandssitzung des Deutschen Städtetages am 25. November 1927 in Duisburg.

310 StAK-623, 645, S. 7 f.: Vorbericht für die Vorstandssitzung des Deutschen Städtetages am 17. Januar 1930 in Berlin.

311 StAK-623, 645, S. 24 f.: Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Vorstandes des Deutschen Städtetages am 9. April 1929 im Städtehaus Berlin. Die Niederschrift beruft sich auf die Ausgabe des Ärztlichen Vereinsblattes vom 21. Oktober 1927 (S. 35). Das Blatt war das offizielle Organ des Ärztevereinsbundes.

312 StAK-623, 645, S. 25 f.: Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Vorstandes des Deutschen Städtetages am 9. April 1929 im Städtehaus Berlin.

313 StAK-623, 645, S. 26: Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Vorstandes des Deutschen Städtetages am 9. April 1929 im Städtehaus Berlin.

314 Vgl. Rothenbacher, Entwicklung, S. 381.

315 StAK-623, 6176, S, 16: Antrag Dr. Schanens vom 26. März 1935.

316 StAK-623, 6176, S. 3: Auszug aus dem National-Blatt, 6. Juli 1934.

317 Vgl. Frentzen, Gesundheitsamt, S. 18 f.

318 Vgl. Frentzen, Gesundheitsamt, S. 18. Dr. Schneeweis war nach dem Zweiten Weltkrieg Leiter der Gesundheitsabteilung des niedersächsischen Sozialministeriums. Er wurde am 21. März 1961 in den Ruhestand verabschiedet.

319 Vgl. Frentzen, Gesundheitsamt, S. 19.

320 Vgl. Frentzen, Gesundheitsamt, S. 20.

321 Vgl. URL:<http://www.lua-rlp.de> (Zugriff am 11. März 2007). Das Landesuntersuchungssamt (LUA) entstand im Zuge der Reform der rheinland-pfälzischen Mittelinstanz zum 1. Januar 2000 aus der Auflösung der ehemaligen Bezirksregierungen sowie Integration der Fachbehörden (Medizinal-, Chemische Untersuchungsämter, Landesveterinär-untersuchungsamt) und der Staatl. Lehranstalt für pharmazeutische Assistenten in Trier.

322 Vgl. Rhein-Zeitung, 18. Dezember 1996: Der Kreistag des Landkreises Mayen-Koblenz beschloss in seiner Sitzung am 17. Dezember, dass zum 1. Januar 1997 die bisher staatlichen Gesundheitsämter Koblenz und Mayen (einschließlich deren Nebenstelle Andernach) in einer neuen Abteilung „Gesundheitsamt Mayen-Koblenz“ in der Kreisverwaltung zusammengefasst werden.

323Vgl. URL: http://www.kvmyk.de/r_buerger_service/index.htm (Zugriff am 11. März 2007). Das Gesundheitsamt hat heute 43 Mitarbeiter. Die Standorte befinden sich in Koblenz, Andernach und Mayen.

324 StAK, Fach 113: Bauakte Kemperhof.

325 StAK-623, Nr. 7216, Blatt 127 ff.: Sitzung des Rats am 12. November 1936. Anwesend unter Vorsitz des OB Wittgen, der Beauftragten der NSDAP, Kreisleiter Claussen, Bürgermeister Binhold, Stadtkämmerer Dr. Wirtz, Stadtrat Fuhlrott, Stadtoberbaurat Neumann, Sparkassendirektor Plönisssen, Stadtinspektor Radke als Protokollführer, sowie die Ratsherren Adelmann, Berwald, Gassdorf, Hess, vom Hoevel, Koch, Krings, Röding, Rohe, Dr. Schreder, Sprung, Trapp, Schmicke.

326 StAK-623, 6232, Blatt 52: Brief vom 31. Oktober 1938.

327 StAK-623, 6232, Blatt 54: Brief vom 11. Oktober 1938.

328 Chronik Kemperhof, Band 2: Eintrag für den 14. Juli 1936.

329 Chronik Kemperhof, Band 2: Eintrag für den Oktober 1936.

330 Chronik Kemperhof, Band 2: Eintrag für den 25. Januar 1937.

331 Chronik Kemperhof, Band 2: Eintrag für den 20. Februar 1937.

332 Chronik Kemperhof, Band 2: Eintrag für den 19. September 1939.

333 StAK-623, 6232, Blatt 13 f. (undatiert).

334 StAK-623, 6232, Blatt 15: Protokoll vom 10. Juli 1936.

335 StAK-623, Nr. 7582, Blatt 5: Vertragsentwurf vom September 1939.

336 StAK-623,  Nr. 7582, Blatt 7: Vermerk des Oberbürgermeisters vom 5. Oktober 1939.

337 StAK-623, 7582, Blatt 51–53: Endgültiger Vertrag.

338 StAK-623, 7582, Blatt 84: Anordung des Oberfeldarztes Dr. Weber vom 18. April 1940.

339 StAK-623, 7582, Blatt 114: Brief vom 14. August 1940 an die Wehrkreisverwaltung/Stellvertretender General, Kommando XII.

340 StAK-623, 7582, Blatt 146: Brief vom 30. Oktober 1940.

341 StAK-623, 7582, Blatt 174: Nachtragsvereinbarung zwischen Oberbürgermeister und Chefarzt Dr. Weber vom 4. November 1941.

342 StAK-623, 7582, Blatt 238. Verhandlung, unterschrieben von Oberbürgermeister und Chefarzt am 21. bzw. 27. August 1942.

343 Zu den Hintergründen: Schnatz, Helmut, Der Luftkrieg im Raum Koblenz 1944/45. Eine Darstellung seines Verlaufs, seiner Auswirkungen und Hintergründe, Boppard 1981. Schnatz, Helmut, Ganz Koblenz war ein Flammenmeer. Deutsche Städte im Bombenkrieg, Gudensberg-Gleichen 2004.

344 Zur Problematik der Einsätze von Zwangsarbeitern in Koblenz und Umgebung: Höhn-Engers, Judith, „Sehr geehrter Herr Bürgermeister, ich bitte um Verzeihung, dass ich Ihre Arbeitszeit wegnehme […]“ Über die Suche nach Aufenthalts- und Beschäftigungsnachweisen für ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, in: Unsere Archive,      Nr. 49. Mitteilungen aus rheinland-pfälzischen und saarländischen Archiven, S. 26–138.

345 StAK-N 88 Nr. 1. Schwester Humilitas, Kriegschronik Kemperhof.

346 StAK-623, 7775, Blatt 19: Akteneintrag der Krankenhausverwaltung vom 6. Dezember 1944.

347 StAK-623, 7775, Blatt 1–10: Bericht der Krankenhausverwaltung an die Bezirksregierung als geschäftsführende Behörde des Reichsverteidigungskommissars vom 27. Dezember 1944.

348 StAK-623, 7775, Blatt 1–10: Bericht der Krankenhausverwaltung an die Bezirksregierung als geschäftsführende Behörde des Reichsverteidigungskommissars vom 27. Dezember 1944.

349 StAK-623, 7775, Blatt 1–10: Bericht der Krankenhausverwaltung an die Bezirksregierung als geschäftsführende Behörde des Reichsverteidigungskommissars vom 27. Dezember 1944.

350 StAK-623, 7775, Blatt 1–10: Bericht der Krankenhausverwaltung an die Bezirksregierung als geschäftsführende Behörde des Reichsverteidigungskommissars vom 27. Dezember 1944.

351 Heyen, Franz-Josef/Koelges, Michael/Schmidt, Hans-Josef, Koblenzer erinnern sich an das Ende des Krieges, in: Koblenzer Beiträge zur Geschichte und Kultur. Neue Folge, Bd. 6, Koblenz 1996, S. 129.

352 Vgl. Bellinghausen, 2000 Jahre Koblenz, Seite 333.

353 Heyen, Koblenzer erinnern sich, S. 128.

 

 

 

 

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