Wirksamer Schutz für heimische Gewässer 2
4. Großklärwerk Wallersheim
Im Klärwerk Wallersheim wurden 1987 bei Trockenwetter neun Millionen Kubikmeter Abwasser mechanisch und biologisch gereinigt. Zu diesem Zeitpunkt waren längst noch nicht alle Stadtteile an die Anlage angeschlossen. So wurden die 80.000 Kubikmeter Abwasser, die jährlich in Immendorf anfielen, zur mechanischen und biologischen Reinigung in das Klärwerk der Verbandsgemeinde Vallendar auf der Insel Niederwerth geleitet. Weitere 155.000 Kubikmeter Abwasser in Arenberg und im Baugebiet Fürstenwiese in Güls wurden über die in beiden Stadtteilen vorhandenen mechanischen Kläranlagen gereinigt, die freilich veraltet und unzureichend waren. Zu diesem Zeitpunkt war auch der Anteil der Hauskläranlagen im Stadtgebiet nicht zu unterschätzen. Von dort flossen jährlich etwa 840.000 Kubikmeter nach der Vorbehandlung in die Vorfluter.
Diese Zahlen konnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es erheblichen Handlungsbedarf gab: In Arenberg, Arzheim, Bisholder, Güls, Neuendorf, Ehrenbreitstein, Pfaffendorf, Horchheim, Metternich, Moselweiß, Stolzenfels und Rübenach gab es immer noch Gebiete, die nicht an ein Klärwerk angeschlossen waren. Alles in allem waren rund 12.000 Koblenzer von diesem Mangel betroffen. Abhilfe schaffen konnten nur millionenschwere Investitionen. Dazu gehörte vor allem ein erheblicher Ausbau des 1971 eingeweihten Großklärwerks in Wallersheim.140 In den folgenden Abschnitten sollen die Planungen für die Erweiterung des Großklärwerks vorgestellt werden. Zum besseren Verständnis werden zuvor die wichtigsten Stufen des Reinigungsprozesses beschrieben.
4.1 Verfahren der Abwasserreinigung
In der modernen Abwasserreinigung kommen sowohl mechanische als auch biologische und chemische Verfahren zum Einsatz. In einem ersten Schritt werden im Zulauf zunächst die gröberen Inhaltsstoffe des Abwassers durch Rechen oder Sieb entnommen. In der zweiten Stufe wird in einem Langsandfang der Sand entfernt. Das Wasser durchfließt ein Gerinne, in dem seitlich Druckluft eingeblasen wird. Dadurch wird das Wasser in eine rotierende Bewegung gebracht. Dabei wird eine Zentrifugalkraft erzeugt, die den schweren Sand nach außen schleudert. Der Sand setzt sich dann in einer Rinne auf der Längssohle ab.
Eine Räumerbrücke mit einer Saugpumpe fährt über den Langsandfang und pumpt den Sand in Container zur Abfuhr und Entsorgung. Das von groben Stoffen und Sand befreite Wasser fließt dann in den Hauptteil der mechanischen Reinigung, in die Vorklärbecken. Hier wird die Fließgeschwindigkeit so weit herabgesetzt, dass sich die schweren Feststoffe auf der Beckensohle absetzen und die leichten Stoffe an die Oberfläche auftreiben. Ein Räumer schiebt die abgesetzten Stoffe in Schlammtrichter und den Schwimmschlamm in eine Rinne. Von dort werden beide Schlämme in die Faulbehälter gepumpt, in die auch der Überschussschlamm aus der bioloogischen gefördert wird.141
Nach dem Abschluss der mechanischen Behandlung enthält das Abwasser immer noch zwei Drittel seiner Gesamtverschmutzung. Es muss in der biologischen Reinigungsstufe weiterbehandelt werden und wird zu diesem Zweck in das Belebungsbecken geleitet. Dort bauen Kleinstlebewesen wie zum Beispiel Bakterien die organischen Schmutzstoffe ab. Die Mehrzahl der Bakterien braucht für ihre „Arbeit“ Sauerstoff. Deshalb wird über einen Druckluftbehälter Sauerstoff in das Belebungsbecken geleitet. Eine andere Variante ist die Sauerstoffanreicherung des Wassers über Rotoren, Kreisel oder Bürsten.
Darüber hinaus geht es in der biologischen Reinigung darum, dem Wasser Nährstoffe zu entziehen. Aus diesem Grund wird in einem separaten Beckenabschnitt eine sauerstofffreie Zone eingerichtet, um den Stickstoffgehalt des Abwassers zu eliminieren. Außerdem geht es darum, im Zuge einer chemischen Abwasserreinigung Phosphate und Schwermetalle zu reduzieren. Das geschieht über die Zugabe von Fällmitteln.142
Insgesamt kann man die Vorgänge im Belebungsbecken durchaus mit den Selbstreinigungsmechanismen der natürlichen Gewässer vergleichen. Der Unterschied zur Natur liegt darin, dass im Belebungsbecken die Organismendichte wesentlich höher ist. Um diese Dichte zu erhalten, wird ein Teil der sich in der späteren Nachklärung absetzenden schlammigen Bakterienmasse als „Impfschlamm“ in das Belebungsbecken zurückgeführt. Eine Alternative zur Technik mit dem Belebungsbecken ist das biologische Reinigungsverfahren mithilfe von sogenannten Tropfkörpern, deren Prinzip bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt ist. Bei diesem System wird das Abwasser über Kunststoffflächen oder Steinbrocken verrieselt. Dabei siedeln sich die Mikroorganismen auf den Oberflächen der Tropfkörper an. Das Ganze wird gern mit dem Bild eines „biologischen Rasens“ verglichen.143
Nach dem biologischen Prozess im Belebungsbecken oder bei den Tropfkörpern gelangt das Abwasser ins Nachklärbecken. Dort geht es darum, die Bakterien als Belebtschlammflocken vom gereinigten Abwasser zu trennen. Dabei fällt erneut Schlamm an. Der Schlamm, der nicht in das Belebungsbecken zurückgeleitet wird, wandert in einen Faulbehälter, wo auch der Schlamm aus dem Vorklärbecken behandelt wird.
In der Nachklärphase werden auch die im Abwasser gelösten Kohlenstoffverbindungen so weit abgebaut, dass nur ein geringer Teil nicht vollständig aufbereiteten Wassers entsteht, der über den Kläranlagenablauf in die Gewässer gelangt. In jüngerer Zeit ist das Klärverfahren weiter verfeinert worden, wobei es vor allem um eine Verbesserung des Abbaus der Pflanzenährstoffe Stickstoff und Phosphor geht. Würde das nicht geschehen, wäre das Risiko eines unkontrollierbaren Algenwachstums zu hoch, das wiederum den Gewässern den lebenswichtigen Sauerstoff nimmt und eine Überdüngung oder eine Überlastung durch anorganische Nährstoffe wie zum Beispiel Phosphor (Eutrophierung) eintreten könnte.
Die beiden Verfahren zur Stickstoffelimination heißen Nitrifikation und Denitrifikation. Sie kommen in der Hauptphase des Klärvorgangs zum Einsatz. Bei der Nitrifikation wird das stechend riechende Ammonium durch Sauerstoffzufuhr zu Nitrit (NO2) und anschließend zu Nitrat (NO3) umgewandelt. Die eigentliche Arbeit leisten wieder die Kleinstlebewesen. Danach folgt unter Verwendung erheblicher Sauerstoffmengen der Prozess der sogenannten Denitrifikation. Dabei wird das Nitrat (NO3) zu Stickstoff (N2) reduziert, der danach in die Atmosphäre abgegeben wird, die bekanntlich zu 80 Prozent aus Stickstoff besteht. Bei der Phosphorelimination kommen chemisch-physikalische und biologische Verfahren zum Einsatz.
Bei der wegen ihrer Einfachheit weit verbreiteten chemisch-physikalischen Variante werden entsprechend dem Phosphorgehalt des Abwassers Metallsalze und Kalk zugegeben. Beide Stoffe gehen mit dem Phosphor – das als Phosphat vorliegt – eine unlöslich feste Verbindung ein. Diese Verbindung setzt sich zusammen mit dem Belebtschlamm im Nachklärbecken ab. Anders die biologische Elimination. Dabei werden die im Belebtschlamm befindlichen Mikroorganismen zur erhöhten Aufnahme von Phosphat „gezwungen“.
Dieses Verfahren ist aufgrund seiner mikrobiologischen und technischen Anforderungen (gegebenenfalls müssen zusätzliche Filtration und Adsorptionsanlagen eingebaut werden) wesentlich aufwendiger als das chemisch-physikalische Verfahren, hat aber den Vorteil, dass das Abwasser so aufbereitet wird, dass es zu keiner Gewässerverunreinigung mehr kommt. Bei allen vorgestellten Verfahren ist die Behandlung des Klärschlamms ein besonderes Problem. Da der Schlamm einen Wasseranteil zwischen 96 und 99 Prozent hat, muss er erst einmal im sogenannten Eindicker vorentwässert werden. Danach wird dieser Schlamm in einen Faulbehälter gepumpt, in dem in der Regel eine Betriebstemperatur von 37 Grad herrscht. Dort bleibt der Schlamm etwa 20 Tage lang, um durch Bakterien ohne Sauerstoff zersetzt zu werden. Bei diesem Faulprozess unter Luftabschluss entsteht Methangas, das für den Betrieb von Klärwerken eine wichtige Energiequelle ist.
Nach dem Ende der „Faulphase“ besitzt der nun fast geruchlose Schlamm immer noch einen hohen Wasseranteil. In einem Nacheindicker werden noch einmal Wasser und Schlamm voneinander getrennt. Wenn das nicht reicht, werden oft noch weitere Nachbereitungsverfahren angewandt, wobei unter anderem Zentrifugen und Pressen eingesetzt werden können. Wenn der Klärschlamm nach der Aufbereitung wirklich unbedenklich ist, kann er in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Da der Klärschlamm Nährstoffe enthält, kann oft die Zugabe von Mineraldüngern reduziert werden. Die Schattenseite ist, dass der Klärschlamm oft einen hohen Anteil von Schadstoffen enthält, sodass künftig eine grundsätzliche Verbrennung wahrscheinlich sein dürfte, da die in der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) festgelegten Grenzwerte regelmäßig überarbeitet und verschärft werden.144
Neben der geschilderten Kombination aus mechanischen, biologischen und chemischen Verfahren setzen sich seit einiger Zeit zunehmend naturnahe Wasser- und Abwasserbehandlungsverfahren durch. Dabei wird versucht, Inhaltsstoffe von verschmutztem Wasser oder Abwasser in Böden oder Teichen mithilfe von Mikroorganismen abzubauen. Um die Reinigungsleistung zu verbessern, werden sogenannte technische Feuchtigkeitsgebiete angelegt, in denen auch Umfang und Art der Vegetation gesteuert werden. Unterstützung kommt von einer neuen Wissenschaft, die sich seit den 1960er-Jahren entwickelt. Die „Feuchtgebietsökologie“145 widmet sich der Erforschung von Feuchtgebieten aller Art.
Eignete sich die naturnahe Abwasserklärung lange vor allem für den Einsatz in kleinen Häusern – etwa bei Gebäuden, die nicht an die öffentliche Kanalisation anschließbar sind ,– hat sich das Prinzip inzwischen so weit entwickelt, dass es eine Alternative zu den konventionellen Verfahren werden könnte. Vor diesem Hintergrund hat die Abwassertechnische Vereinigung (ATV) bereits zu Beginn der 1980er-Jahre einen Fachausschuss „Abwasseranlagen mit Sumpfpflanzen“ eingesetzt. Dennoch: Bau und Funktion solcher Systeme sind umstritten, die weiteren Entwicklungen müssen abgewartet werden.146
4.2. Planung und Ausführung
Das erste Koblenzer Großklärwerk ging im Herbst 1971 nach vierjähriger Bauzeit in Betrieb. Die neue Anlage war von Prof. Dr. Dietrich Kehr von der Universität Hannover als vollbiologische Anlage geplant und war für rund 160.000 Einwohner ausgelegt. Angenehmer Nebeneffekt des Großprojektes: eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten der Stadtentwässerung. Hier stehen Sozialräume mit getrennten schmutzigen und sauberen Umkleideräumen, Waschanlagen und Aufenthaltsräume zur Verfügung. Ein Blick zurück: Der Betriebshof der Stadtentwässerung war etwa bis 1960 in einer Baracke im Bassenheimer Hof unter primitivsten Verhältnissen untergebracht. Material und Geräte waren am sogenannten Wolfstor unter der alten Moselbrücke gelagert.147
Um 1960 zog die Stadtentwässerung in eine Baracke auf dem Gelände der Energieversorgung in der Schlachthofstraße um. Letzter Standort vor dem Bau des Klärwerks war der Betriebshof des Tiefbauamtes in der Schönbornsluster Straße.
Schien das neue Klärwerk auf den ersten Blick üppig dimensioniert, wurde bei näherer Betrachtung klar, dass die Anlage perspektivisch ausgebaut werden musste. Denn in die Angaben zur Einwohnerzahl waren die sogenannten Einwohnergleichwerte (EGW) der örtlichen Industrie eingerechnet. Schon Kehr ging davon aus, dass die Kapazität auf rund 300.000 Einwohner ausgebaut werden musste. Diese Einschätzung wurde bereits in den Jahren 1976 und 1979 bestätigt. Damals war das Institut für Siedlungswasserwirtschaft der Universität Hannover damit beauftragt worden, die Kapazitäten des Klärwerks zu untersuchen. Ergebnis: Die Anlage war voll ausgelastet, in Spitzenzeiten sogar überlastet, auch wenn sie bereits einen Beitrag geleistet hatte, die Qualität des Rheinwassers deutlich zu verbessern.148 Dazu kam, dass weder die neuen Stadtteile Bubenheim und Rübenach noch die rechtsrheinischen Bereiche von Koblenz an das Klärwerk angeschlossen waren.149
Angesichts der zu erwartenden erheblichen Mehrbelastungen des Großklärwerks durch die Anbindung der neuen Stadtteile und einer zu erwartenden Verschärfung der gesetzlichen Vorgaben für die Abwasserbehandlung beauftragte die Stadt Koblenz den Nachfolger Dietrich Kehrs an der Universität Hannover, Prof. Dr. Carl Franz Seyfried, ein Gutachten zu erstellen. Es galt, die Möglichkeiten einer Erweiterung auszuloten. Schon damals stand fest, dass das Klärwerk nur bei trockenem Wetter eine ausreichende Klärleistung erbrachte. Einen weiteren Auftrag erhielt die Firma Kocks Consult GmbH. Das Koblenzer Ingenieurbüro sollte in Zusammenarbeit mit Carl Franz Seyfried die technisch und wirtschaftlich interessantesten Varianten in einem zukunftssicheren Vorentwurf näher untersuchen. Zur Debatte standen das Reinsauerstoffverfahren und das zweistufige Kunststoff-Tropfkörperverfahren.150
Der Vorentwurf des Büros Kocks lag Ende 1981 vor. Darin war die Klärwerkserweiterung so durchgeplant worden, dass die künftigen Kapazitäten mindestens 25 bis 30 Jahre ausreichten. Auch die bereits bestehenden Anlagen waren in das Konzept eingebunden. Zu den Vorgaben gehörte auch, den Betrieb des Großklärwerks möglichst wirtschaftlich zu gestalten und den Energieverbrauch in Grenzen zu halten. Schließlich sollten die Anlieger vor Geruchs- und Lärmemissionen geschützt werden. Die Planungsvorgaben waren bereits mit der Bezirksregierung und der Landesregierung abgestimmt worden, sodass bei einer Ausarbeitung der Vorentwürfe keine unangenehmen Überraschungen drohten. Am Ende der Vorplanung stand fest, dass die Variante mit Kunststoff-Tropfkörpern die wirtschaftlichere war.151
Bei ihren Berechnungen gingen die Planer von einem Abwasseranfall pro Einwohner von 214 Litern täglich aus. Dazu kam ein „Puffer“, der ausreichend Raum für die Erweiterung der Industrie lassen sollte. Die Stundenzuflüsse für das Großklärwerk wurden auf das Jahr 2000 hochgerechnet. Demnach rechneten die Ingenieure mit einem häuslichen Zufluss von 1861 Kubikmetern in der Stunde. Unwesentlich geringer sollte der gewerbliche Zufluss sein. Hier waren 1529 Kubikmeter pro Stunde angesetzt. Marginal war dagegen die Summe des Fremdwassers mit stündlich 320 Kubikmetern. Insgesamt wurde eine stündliche Kapazität von 3710 Kubikmetern errechnet. Die Tagesleistung sollte somit bei 61.078 Kubikmetern liegen. Das reichte theoretisch aus, um 318.140 Einwohner anzubinden.152
Diese Berechnung für das Jahr 2000 sieht im Einzelnen so aus: Die Zahl der Einwohner einschließlich der gemeldeten Berufsoldaten wurde auf 130.000 festgesetzt. Dazu kamen 10.000 kasernierte Wehrpflichtige und 2500 Touristen in den Unterkünften der Stadt. Ebenfalls einbezogen wurden ein Einpendlerüberschuss von 14.000 Personen und eine Fäkalienannahme für weitere 15.650 Einwohner der umliegenden Gemeinden. Der größte Anteil in dieser Kalkulation wurde jedoch den Abwässern aus Industrie und Gewerbe beigemessen. Die Kapazitäten für diese Wirtschaftszweige wurden in diesem Fall so berechnet, dass sie theoretisch für die Anbindung von weiteren 146.000 Einwohnern ausgereicht hätten.153
Im erweiterten Großklärwerk sollte das Abwasser nach einer mechanischen Vorbehandlung in einem zweistufigen biologischen Verfahren gereinigt werden. Von Anfang an war eingeplant, den Klärschlamm zur Stabilisierung und zur Biogasgewinnung ausfaulen zu lassen und anschließend maschinell zu entwässern. Zu Beginn der Planungen stellte sich der alte Teil des Klärwerks wie folgt dar: Das Abwasser wurde der Anlage über einen Sammler zugeführt und lief dann im Zuge einer mechanischen Reinigung zunächst über das Abwasserpumpwerk und dann über die weiteren Stationen Fäkalienannahme, Grob- und Feinrechenanlagen und den belüfteten Sandfang.
Während die Grobstoffe im sogenannten „Containerbahnhof“ (in dem später bis zu sieben Container automatisch gefüllt und dann abgefahren werden konnten) landeten, lief das vorbehandelte Abwasser über das Venturi-Meßgerinne zur Ermittlung der Gesamtabwassermenge weiter in das Vorklärbecken. Mit Ausnahme der beiden letztgenannten Komponenten waren die Anlagen in einer gemeinsamen Halle mit Abluftanlage untergebracht. Geruchsbelästigungen gab es deshalb nur am Anfang der Kläranlage. Dort wurden die Fäkalien mithilfe einer Schneckenpumpe, die Zuflussschwankungen meisterte und damit eine kontinuierliche Förderung garantierte, in eine Höhe von 3,50 Metern gepumpt. Sie konnten dann im freien Gefälle die verschiedenen Stufen der mechanischen Reinigung durchlaufen. Um im Falle von Regenwetter eine gleichmäßigere Verteilung des Abwassers auf die beiden Straßen der Rechenanlage zu erreichen, schlugen die Ingenieure den Einbau einer neuen Schneckenpumpe mit einem höheren Wirkungsgrad vor. Darüber hinaus wollte man diese Pumpe mit einer Abdeckung und einer Luftabsauganlage versehen, sodass Geruchsbelästigungen auch an diesem Punkt ausgeschlossen wurden.154
Bei den Voruntersuchungen stellte sich schnell heraus, dass die Rechenanlage des alten Klärwerks nicht ausreichend dimensioniert und damit die Schwachstelle des mechanischen Reinigungsprozesses war. Da es in der Natur der Schneckenpumpen liegt, das Wasser schwallartig weiterzuleiten, konnte es vorkommen, dass grobe Materialien, wie zum Beispiel Kunststoff, die Grob- und Feinrechenanlage des Koblenzer Klärwerks unbehandelt passierten. Dieses Problem sollte mit dem Einbau einer zweiten Rechenanlage gelöst werden. Für den Weitertransport der Grobstoffe in die Containerhalle sorgten Förderbänder.
Auch die belüfteten Sandfänge sollten den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst werden; zu den beiden vorhandenen Anlagen kam dann noch eine weitere dazu.155 Gute Noten gaben die Planer den drei vorhandenen Vorklärbecken. Diese hatten mit einer Länge von 55 Metern, einer Breite von zehn Metern und einer Tiefe von 2,20 Metern insgesamt völlig ausreichende Dimensionen, sodass im Zuge der Klärwerkserweiterung nur ein weiteres Becken gebaut werden musste. Bis zu jener Zeit war es allerdings so, dass der Schlamm in den Vorklärbecken mehrmals am Tag per Hand abgezogen und in die Faulbehälter gepumpt wurde. Im Zuge der Erweiterung sollte der Schlammabzug automatisiert werden.156
Die einschneidendsten Veränderungen waren jedoch im Bereich der biologischen Reinigung vorgesehen. Die bewährte Kombination von zwei Reinigungsstufen sollte die Vollreinigung von häuslichen und sogar höher belasteten Abwässern ermöglichen. Die Planer schlugen vor, die Reinigung in der ersten Stufe mithilfe von insgesamt drei Kunststoff-Tropfkörpern vorzunehmen, die zur Vermeidung von Geruchsproblemen abzudecken waren. Als zweite Stufe plante man eine schwach belastete Belebungsanlage mit weitgehender Nitrifikation und Denitrifikation ein. Zu diesem Zweck sollte das vorhandene Belebungsbecken zur Trennung zwischen Wasser und Schlammflocken umgebaut werden. Um eine größere Hochwassersicherheit zu erreichen und das Volumen auf insgesamt 5000 Kubikmeter zu vergrößern, sollte der Wasserspiegel in den Belebungsanlagen um 80 Zentimeter gehoben werden.157
Zum vorhandenen Belebungsbecken sollte schließlich eine weitere Belebungsstufe mit einer Länge von 11,20 Metern, einer Breite von 67,50 Metern und einer Tiefe von fünf Metern sowie einem Gesamtvolumen von 7325 Kubikmetern kommen.158 Diesem Becken musste über Turbo-Kompressoren und Belüftungskerzen am Boden Sauerstoff zugeführt werden. Die in ein Maschinenhaus neu einzubauenden Kompressoren hatten darüber hinaus die Aufgabe, auch die vorhandenen Becken zu versorgen, die eine Oberflächenbelüftung hatten. Über die Belebungsbecken hinaus waren zusätzlich vier Nachklärbecken mit einem Innendurchmesser von jeweils 38 Metern vorgesehen, wobei die vorhandenen Anlagen weiter genutzt werden sollten.159
Ein weiterer wichtiger Punkt des Konzepts war die Behandlung des anfallenden Schlamms. Dieser sollte im freien Gefälle über Kunststoffrohre von den Nachklärbecken zu einem neuen Pumpwerk für Rücklaufschlamm fließen. Für diese Anlage war der Einbau von drei Schneckenpumpen mit einer Förderleistung von je 230 Litern in der Sekunde und einer Förderhöhe von 3,35 Metern vorgesehen. Die nächste Station sollte ein Verteilerbauwerk mit einer Verbindungsrinne zum Pumpwerk sein. Von dort aus konnte der Schlamm entweder zurück in das Belebungsbecken oder in den Pumpensumpf abfließen. Von Anfang an war es geplant, den Überlaufschlamm im Pumpensumpf über den bereits vorhandenen Nacheindicker (der durch eine weitere Anlage ergänzt werden sollte) einzudicken und in einen Faulbehälter zu pumpen. Zwei dieser Behälter waren bereits in der ersten Ausbaustufe des Klärwerks vorhanden. Jetzt sollte ein weiterer dazukommen.
Die Faulbehälter waren beheizbar. Bei Temperaturen zwischen 33 und 36 Grad und unter Luftabschluss wird der Schlamm anaerob stabilisiert. Hierbei entwickeln sich unter anderem Methanbakterien, die die organischen Bestandteile des Schlammes weitgehend abbauen und in Methangas umwandeln. Auch im ersten Bauabschnitt des Klärwerks war es möglich, die Faulgase für die Beheizung der Behälter zu nutzen.160 Nun sollte aber auch eine neue Kraftgasanlage gebaut werden, um die Nutzung der anfallenden Gase für den Energiebedarf des gesamten Klärwerks einschließlich Strom zu ermöglichen. Schließlich wollte man auch eine weitere Presse zur Entwässerung des Klärschlamms errichten, um die beiden vorhandenen Anlagen zu entlasten, vor allem aber, um künftig mit einer Achtstundenschicht auszukommen.161
Die geplanten Veränderungen betrafen auch das Betriebsgebäude. Es sollte umgebaut werden und darüber hinaus eine neue Schaltwarte erhalten.162 Und auch für die Mitarbeiter sollte sich einiges tun. In der ersten Aufbaustufe war noch nicht daran gedacht worden, dass Frauen einmal Interesse daran haben könnten, den Beruf des Entsorgers zu lernen. Nicht umsonst widmete sich die Rhein-Zeitung noch im Mai 1989 der Bewerbung einer 15-Jährigen. Weil sie noch nicht volljährig war und außerdem sanitäre Einrichtungen für Frauen fehlten, sollte die Bewerbung zunächst abgelehnt werden.163 Ein Einlenken war aber nicht mehr nötig, weil sich die Bewerberin nicht mehr meldete.
Die Brutto-Baukosten wurden für das Jahr 1984 berechnet und mit rund 63,128 Millionen DM angegeben. Auf die Stadt kamen nach diesen Berechnungen jährliche Belastungen von rund 8,586 Millionen DM zu.164 Es stellte sich schnell heraus, dass dieser Kostenansatz nicht realistisch war. Als die Erweiterung des Klärwerks am 17. Mai 1984 endlich im Koblenzer Stadtrat verhandelt wurde, gingen Verwaltung und Kommunalpolitik bereits von einem Ansatz von 70 Millionen DM aus. Entsprechend gereizt war die Stimmung in der Sitzung. Während der CDU-Fraktionsvorsitzende Jürgen Wehran unter der Devise „[...] Wir sind [...] der Meinung, dass wir einfach an dem Beschluß jetzt nicht vorbeikommen [...]“ von unumgänglichen Notwendigkeiten sprach, schlug SPD-Ratsmitglied Manfred Keil kritischere Töne an. Er warf der CDU-Fraktion vor, die Erweiterung des Klärwerks während der Haushaltsberatungen stets auf die lange Bank geschoben und damit die Kosten in die Höhe getrieben zu haben. Keil betonte, man hätte direkt auf das Gutachten von 1976 reagieren und das Klärwerk sofort erweitern müssen. Der Kommunalpolitiker wies auch darauf hin, dass der Stadt nun auch eine Strafe nach dem neuen Wasserabgabengesetz drohte – weder die rechte Rheinseite noch die Stadtteile Bubenheim und Rübenach waren zum Zeitpunkt der Debatte im Rat an das Klärwerk in Wallersheim angeschlossen.165
Mit einer positiven Entscheidung für das 70 Millionen DM schwere Paket war es nicht getan. Die Genehmigungsbehörden hatten ihre Erlaubnis für die Erweiterung des Klärwerks von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht. Vor allem war die Stadt in die Pflicht genommen worden, gleichzeitig mit der Erweiterung der Kläranlage eine Regenwasserbehandlung zu bauen und in Betrieb zu nehmen. Diese Auflage war mit weiteren hohen Investitionen verbunden, die bereits in den Vorplanungen auf rund 6,914 Millionen DM geschätzt worden waren.166
Dennoch: Am Ende blieb dem Koblenzer Stadtrat nichts anderes übrig, als den gewaltigen Ausgaben zuzustimmen. Nach der Ratssitzung am 17. Mai 1984 war der Weg für die Detailplanungen frei. Drei Jahre später konnte endlich mit der Erweiterung des Klärwerks begonnen werden. Und nach weiteren drei Jahren war das Projekt weitgehend vollendet. Am 30. Mai 1990 weihte der damalige Oberbürgermeister Willi Hörter die neue biologische Stufe ein. Allein in diesen Teil des Großklärwerks waren rund 35 Millionen DM investiert worden. Insgesamt sollte das gesamte Erweiterungsprojekt circa 80 Millionen DM kosten.167
er nächste Ärger sollte nicht auf sich warten lassen. Auch nach dem Ausbau des Klärwerks beschwerten sich die Anwohner. So klagten die Anlieger des Wallersheimer Kammertsweges über Geruchsbelästigungen. Anfang Januar 1992 starteten sie sogar eine Unterschriftenaktion. Das Tiefbauamt reagierte sofort und versprach den Einbau eines Kompost-Abluftfilters bis zum Sommer.168 Die Zwischenzeit sollte mit einer provisorischen Anlage überbrückt werden.169
1997 wurde das Klärwerk durch eine Lagerhalle für Klärschlamm erweitert. Die Arbeiten begannen im Sommer 1997. Die rund 2,2 Millionen DM teure Halle mit einer Grundfläche von 30 mal 38 Metern war für eine Kapazität von 3500 Tonnen ausgelegt. Die Erweiterung war erforderlich geworden, weil im Klärwerk ausgefaulter Klärschlamm eine Größenordnung von jährlich 10.000 Tonnen erreichte. Untersuchungen des Schlamms in der Landwirtschaftlichen Untersuchungsanstalt Speyer hatten ergeben, dass sich das Material – der Klärschlammverordnung entsprechend – nach der Ernte oder im Frühjahr sehr gut als Dünger in der Landwirtschaft eignete. Eine Deponierung und die heue in anderen Regionen verbreitete Verbrennung schieden somit künftig aus.
Auf jeden Fall wurden mit der Maßnahme die Verhältnisse im Klärwerk deutlich verbessert. Bislang hatte es nur Kapazitäten in Höhe von 1000 Tonnen gegeben. Doch die Lagerbedingungen für den bis dahin auf einer nicht überdachten Fläche gelagerten Klärschlamm waren nicht besonders gut, weil Regenwasser eindringen konnte. Das konnte wiederum zu Geruchsbelästigungen führen. Der Hauptgrund für den Bau der Halle war jedoch die Tatsache, dass die Deponierung von Klärschlamm auf der Deponie „Eiterköpfe“ bei Ochtendung wegen der anstehenden strengeren Vorgaben perspektivisch nicht mehr möglich war. Immerhin landete bei Baubeginn der neuen Halle noch gut ein Drittel des Koblenzer Klärschlamms auf den „Eiterköpfen“.170 Heute wird der Schlamm zu 100 Prozent in der Landwirtschaft eingesetzt.171
5. Der Sonderfall Ehrenbreitstein
Die Prioritäten zugunsten einer autogerechten Stadt hatten auch in Koblenz unangenehme Nebenwirkungen hinterlassen. Nicht nur die Koblenzer Altstadt wurde von den neuen innerstädtischen Verkehrsachsen eingeschnürt, sondern auch Ehrenbreitstein. Die alte Residenzstadt wurde durch die Stadtdurchfahrt der Bundesstraße 42 und die Hauptverkehrsstraße nach Arenberg (alte B?49) derart beeinträchtigt, dass diejenigen, die es sich leisten konnten, oft in die Höhenlagen auswichen und nicht mehr in ihre Häuser im historischen Ortskern investierten. Nachteilig wirkte sich auch die ständige Hochwassergefahr aus. Die Probleme konnten nur mithilfe einer umfassenden Stadtteilsanierung gelöst werden. Als man Mitte der 1970er-Jahre damit begann, die Möglichkeiten des neuen Städtebauförderungsgesetzes172 auch für Ehrenbreitstein zu nutzen, stand bereits fest, dass es mit der Sanierung der Häuser und einem neuen Verkehrskonzept nicht getan war. Man erkannte, dass die fließenden Gewässer im Stadtteil völlig neu zu ordnen waren und das Kanalnetz komplett erneuert werden musste.
5.1. Das Entwässerungskonzept
Das Koblenzer Kanalnetz hatte schon in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre eine Gesamtlänge von 340 Kilometern erreicht. Das reichte aber bei Weitem nicht aus. Im Hauptentwässerungsentwurf war deshalb von einer Ausdehnung der Mischwasserkanäle von 249 auf 268 Kilometer, der Regenwasserkanäle von 69 auf 140 Kilometer und der Schmutzwasserkanäle von 58 auf 132 Kilometer die Rede. Zu den Schwerpunkten der Netzergänzung gehörte von Anfang an die rechte Rheinseite, auf die sich gerade in den 1990er-Jahren und zu Anfang des neuen Jahrtausends die Aktivitäten der Stadt und ihres späteren Eigenbetriebs Stadtentwässerung konzentrierten.173 Die Sanierung des Kanalnetzes in Arzheim, Arenberg und vor allem in Ehrenbreitstein selbst stand in unmittelbarem Zusammenhang mit einem wirksamen Hochwasserschutz für die alte Residenzstadt. Das Kanalnetz wurde deshalb in eine Hoch- und eine Tiefzone eingeteilt.
Im Zuge dieser Neugliederung wurde auch die Situation rund um den Blindbach und um den Mühlenbach verbessert, die heute nur noch zur Ableitung des nicht klärpflichtigen Wassers dienen. Für die Behandlung des klärpflichtigen Mischwassers wurde dagegen Zug um Zug ein neues Netz aufgebaut. Aus der Hochzone musste daher der Ablauf zur zentralen Kläranlage in Wallersheim hochwasserfrei ausgeführt werden. Zur Entwässerung der Tiefzone war für Ehrenbreitstein ein kombiniertes Pumpwerk mit Grundwasserhaltung vorgesehen, das später am Kapuzinerplatz realisiert wurde. Schließlich plante man einen neuen Sammler durch das Blindbachtal, entlang dem Mühlenbach und über die Kniebreche nach Arenberg und Niederberg.174
5.2 Der Stollen unter der Festung
Die überwiegend in den engen Straßen des alten Ehrenbreitsteiner Stadtkerns gemauerte Verrohrung des Mühlenbaches war von ihren Abmessungen nie ausreichend, anfallende Hochwasser konnten nicht schadensfrei abgeführt werden. Da ein Neubau in der alten Trasse wegen der beengten Verhältnisse nicht möglich war, ergab sich als günstigste Lösung, den Bachlauf großräumig zu verlegen und ihn künftig nur noch für das Abführen des nichtklärpflichtigen Regenwassers vorzuhalten. Die Maßnahme sollte außerdem zur Verringerung der Hochwassergefahr beitragen, da bei stärkeren Niederschlägen der anschwellende Bachlauf nicht mehr die Kernbereiche der Stadt tangieren sollte. Das Koblenzer Ingenieurbüro Dr. Björnsen untersuchte 1983 vier Alternativen für die Mühlenbachableitung. Die favorisierte Variante sah vor, den Mühlenbach über die gesamte Länge in einer neuen Trasse zu verlegen. Nach einer kurzen Verrohrungsstrecke im oberen Bereich bis zur ehemaligen Bundesstraße 49 (heute Landesstraße 127) sollte ein Stollen unter der Festung hindurch bis zum Rhein vorgetrieben werden.175
Die Planer dachten darüber hinaus daran, das Regenüberlaufbecken vom Standort Sauerwassertor bis oberhalb des Stolleneinlaufs zu verlegen und ein kleineres, zusätzliches Überlaufbecken am alten Standort zu erstellen.176 Es blieb nicht nur bei den Planungen – das Konzept wurde Punkt für Punkt umgesetzt: Für die Ableitung des Mühlenbachs wurde ab Friedhof Ehrenbreitstein ein Stollen unter der Festung durch den Fels zum Rhein getrieben. Der insgesamt 450 Meter lange, vier Meter breite und drei Meter hohe Stollen wurde für einen Abfluss von 28,5 Kubikmetern pro Sekunde bemessen – dieser Wert sollte von Anfang an vor allem auch Extremhochwassern gerecht werden, wie sie in der Regel nur alle 50 Jahre vorkommen. Der Stollen „Monika“ wurde 1993 vollendet.177 Insgesamt investierte die öffentliche Hand allein in diese Anlage fast 17 Millionen DM.178
Die Detailplanungen waren bereits 1987 in Angriff genommen worden. Die Vorbereitung der kostspieligen Bauarbeiten begann mit einem Schacht am Festungshang, der rund zehn Meter in die Tiefe reichte. Dieser Schacht wurde der Ausgangspunkt für einen Stollen in Richtung Rheinufer.179 Die Realisierung erfolgte in drei äußerst aufwendigen Bauabschnitten. Zunächst wurden die B 42 und die Gleise der Bahn bis zum Rhein auf einer Länge von 70 Metern untertunnelt. Da die Stollensohle zwei Meter tiefer lag als der Normalwasserstand des Rheins, musste der umliegende Boden abgedichtet werden. Zudem entstand an der bergseitigen Fahrbahn direkt am Fuße des „Felsenwegs“ der Festung Ehrenbreitstein eine Baugrube von 15 Metern Tiefe. Diese Arbeiten dauerten bis August 1992 und kosteten rund 5,4 Millionen Mark.
Im Rahmen des ersten Bauabschnitts entstand auch ein Auffangbecken in der Nähe des Rheins, das dem Hochwasserschutz und auch dem langsamen Einfließen des Oberflächenwassers in den Rhein dient, damit die Schifffahrt bei Gewittern nicht durch unkontrolliertes Einleiten des Wassers beeinträchtigt wird. Der zweite Bauabschnitt war dem Bau des Stollenabschnitts unter der Festung vorbehalten, wobei man im Anschluss die künftige Fließrinne des Baches betonierte.180
Der Hauptstollen wurde ebenfalls bergmännisch im Sprengvortrieb aufgefahren. Der Ausbau seines Hufeisenprofils von nur 3,50 Metern Durchmesser erfolgte in zweischaliger Bauweise. 24 Stunden am Tag wurde an dem Stollen gearbeitet, pro Schicht kamen die Arbeiter acht bis neun Meter weiter in den Fels. Bereits im März 1993 hatten sie den Stollen 256 Meter weit vorgetrieben. Im dritten Bauabschnitt folgte schließlich die direkte Anbindung des Mühlenbachs, der seit Juli 1994 in seinem neuen, künstlichen Bett fließt. Der zweite und dritte Abschnitt kosteten zusammen etwa 11,1 Millionen Mark, wobei Bund und Land wiederum den mit Abstand größten Teil der Kosten übernahmen.181
5.3 Neuordnung im Ortskern
Im Hauptentwässerungsentwurf der Stadt Koblenz hatte das Ingenieurbüro Fischer folgende Schwerpunkte für die Neukanalisierung von Ehrenbreitstein gesetzt:
Priorität im Ehrenbreitsteiner Ortskern hatte vor allem die Erneuerung der Kanalisierung des Blindbaches. Die 1045 Meter lange Verrohrung des Baches war hoffnungslos veraltet und konnte nicht mit in den Hochwasserschutz einbezogen werden. Hätte man nichts getan, wären nach Vollendung der Schutzmaßnahmen – die insgesamt 1,3 Millionen Mark teuer werden sollten – am Bahndamm die an und für sich ausreichenden tragfähigen Gewölbe bei einem Rückstau durch Innendruck belastet worden. Deswegen war Ehrenbreitstein nicht nur von den Fluten des Rheins, sondern auch von einem durch den Blindbach mit verursachten „Binnenhochwasser“ bedroht.
Besorgniserregend war besonders der Zustand im unteren Bereich der Verrohrung, der auf einer Länge von insgesamt rund 250 Metern aus gemauerten Gewölben unterschiedlicher Abmessungen bestand. Zur Herstellung der Drucksicherung wurden die Gewölbe durch eine Stahlbetonrohrleitung ersetzt. Für die Neuordnung der Kanalisation im Kern der einstigen Residenzstadt wurden zwischen 1989 und 1998 rund 5,845 Millionen DM investiert. In diesem Betrag waren die Großprojekte wie Mühlenbach-Stollen und Blindbach nicht enthalten. Die Summe schlüsselt sich wie folgt auf:
Nach einer Schmutzfrachtberechnung gab es im Stadtgebiet 130 Einleitungen in Rhein, Mosel und die Bäche. Es handelte sich hierbei um nicht klärpflichtiges Wasser aus einer Mischkanalisation. Nach dem Konzept der Stadt wurden große Kanäle als Stauräume aktiviert. Wo das nicht möglich war, wurden Becken gebaut, sodass nur sauberes Wasser in die Rohre fließen konnte. Weitere Becken sollten in Arzheim, Immendorf und im Bereich Sauerwassertor angelegt werden – Letzteres ist inzwischen vollendet. Für die Entwässerung von Ehrenbreitstein war das 4,6 Millionen Mark teure Rückhaltebecken „Kniebreche“ an der Straße nach Niederberg besonders wichtig. Es wurde bereits im Oktober 1998 fertiggestellt, aber erst im Sommer 1999 in Betrieb genommen. Auch das Regenrückhaltebecken am Kapuzinerplatz wurde in dieser Zeit vollendet, war aber erst nach Abschluss der Hochwasserschutzmaßnahmen voll funktionsfähig.184
Eine große Bedeutung hat auch das Regenüberlaufbecken Eselsbach im Mühlental, das unter anderem den Mühlenbach rein hält. Das Becken ist Teil eines Gesamtkonzepts, das gerade im Hochwasserfall das Mühlental entlasten soll. Das stark verschmutzte und klärpflichtige Mischwasser wird heute in diesem Becken bei Regen gestaut, gedrosselt und über die Kanäle zur Großkläranlage nach Wallsersheim geführt. Das ankommende Mischwasser wurde in den Mühlenbach abgeführt.185
Das Becken im Mühlenbach wurde aus Stahlbeton gebaut und so konzipiert, dass es ganz im Gelände eingebettet und mit zusätzlichen Bodenmassen überdeckt werden konnte. Der Eselsbach wurde zudem in diesem Bereich renaturiert. Die Kosten betrugen insgesamt 2,7 Millionen Mark. Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung finanzierte dieses Projekt ohne Fremdkapital. Maßnahmen wie diese waren ein Teil eines gewaltigen Programms, in das der Eigenbetrieb zwischen Herbst 1998 und Ende 2003 insgesamt rund 34 Millionen Euro investierte. Vorhandene Regenüberläufe wurden modernisiert oder neu errichtet, defekte Kanäle saniert.186
5.4 Hochwasserschutz
Hochwasser mit extremen Pegelständen waren in Ehrenbreitstein keine außergewöhnlichen Ereignisse. In den vergangenen 40 Jahren, zuletzt mit dem „Jahrhunderthochwasser“ an Weihnachten 1993 und den schweren Überflutungen von 1995, trat eine Verschärfung gegenüber dem langjährigen Wiederkehrungsintervall von rund 15 Jahren ein. Für einen wirksamen Hochwasserschutz wurden folgende Vorgaben definiert:
Die Ziele Hochwasserschutz und Verkehrsneuordnung waren bereits im Städtebaulichen Rahmenplan für Ehrenbreitstein definiert worden. Schon damals war allen Beteiligten klar: Ohne die Umsetzung dieser Vorgaben wären weitere städtebauliche Maßnahmen nicht möglich gewesen. Zum Schutz Ehrenbreitsteins vor Hochwasser wurde – auch auf Grundlage des Hauptentwässerungsentwurfs – eine wasserwirtschaftliche Planung ausgearbeitet, nach deren Umsetzung Ehrenbreitstein zukünftig vor Hochwasser geschützt sein sollte. Der Planfeststellungsbeschluss vom 18. Januar 1993 schaffte die Voraussetzungen für den Bau entsprechender Anlagen.187
Zur Sicherung des Hochwasserschutzes sollte der rechtsrheinische Bahndamm eingebunden werden. Bereits in der Frühphase der Planungen war vorgeschrieben, diesen Damm durch eine Dichtwand zu stärken. Riesige Hochwasserschutztore sollten im Ernstfall die Viadukte des Dammes schließen und somit Kapuzinerplatz und Hofstraße vor Überschwemmungen schützen.188 Doch mussten bis zur Realisierung enorme Schwierigkeiten bewältigt werden – nicht zuletzt, weil die schmutzigen, braunen Fluten immer wieder in den Stadtkern eindrangen.
Es dauerte Jahre, bis die Verwaltung die erforderlichen Voraussetzungen schaffen konnte, was immer wieder zum Zusammenbruch sämtlicher Zeitpläne führte. Zur Sicherstellung des Ehrenbreitsteiner Hochwasserschutzes hat die Stadt Koblenz mit dem Land Rheinland-Pfalz eine Vereinbarung über Kosten, Lasten und Planungsübertragung auf die Kommune abgeschlossen. Auf dieser Grundlage begannen 1997 die Hauptarbeiten am Ehrenbreitsteiner Hochwasserschutz im Kernbereich zwischen Diehl’s Hotel „Am Pfaffendorfer Tor“ und dem Bahnhof Ehrenbreitstein, die sich – einschließlich der Verlegung der Bundesstraßen-Ortsdurchfahrt – noch bis ins Jahr 2005 hinzogen.
Ein wichtiges Ziel wurde bereits 2001 erreicht: Damals war der Hochwasserschutz bereits so weit hergestellt, dass der Stadtteil im Falle eines Angriffs der Wassermassen „dicht gemacht“ werden konnte. Damit dies möglich werden konnte, hatte der städtische Vergabeausschuss erst Ende September 1999 den Weg für die Ausschreibung der Baumaßnahmen zur Realisierung der Schutzmaßnahmen in Ehrenbreitstein frei gemacht – obwohl die Pläne bereits 1990 fix und fertig in der Schublade lagen. Schließlich war der Weg dann doch bereitet, um rund zwölf Millionen Mark in den Hochwasserschutz zu investieren. In dieser Summe waren die Kosten für die mechanischen Tore nicht enthalten.189
Ein Grund für die immensen zeitlichen Verzögerungen war die Tatsache, dass die Bezirksregierung Koblenz als Obere Genehmigungsbehörde das Bebauungsplanverfahren ausgesetzt hatte, weil verschiedene wasserrechtliche Verfahren noch nicht abgeschlossen waren. Insgesamt waren es drei solcher Verfahren, die in Zusammenhang mit der Bauleit- und Detailplanung standen. Ohne deren Ergebnisse, die in die Bebauungsplanentwürfe einzubringen waren, hätte die Bezirksregierung die Maßnahmen nicht genehmigt.
Angesichts dieser Tatsache waren viele Ehrenbreitsteiner auf die Verantwortlichen bei der Stadt nicht gut zu sprechen, die sich aus heutiger Sicht wohl etwas zu optimistisch geäußert hatten. Dass es schon Ende der 1980er-Jahre deutliche Zeichen dafür gegeben hatte, dass alle Beteiligten willens waren, das Problem in den Griff zu bekommen, interessierte die Öffentlichkeit kaum mehr. Dabei waren bereits im November 1989 etliche Hintergebäude zwischen Hofstraße und Bahndamm abgerissen worden – genau dort, wo die neue Hochwasserschutzwand und die Ortsdurchfahrt der B 42 entlangführen sollten.190
Das Ende des schwierigen wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens ließ jedoch länger auf sich warten, als ursprünglich vermutet. Erst am 31. Oktober 1991 teilte die Bezirksregierung dem Arbeitskreis Sanierung der Ortsring-Vereinigung mit, dass das Verfahren voraussichtlich bis Mitte 1992 dauern würde.191 Ein Baubeginn Anfang 1993 schien damals realistisch zu sein. Doch auch daraus wurde nichts, denn im Haushaltsjahr 1993 stellte der Bund keine Finanzhilfe mehr für die Städtebauförderung zur Verfügung.192
Obwohl die Hochwasserschutzwand an und für sich überwiegend Sache des Landes war, begann der Bau zunächst nicht, weil die Maßnahme allein nicht sinnvoll gewesen wäre. Deshalb war es für die Landesregierung zweckmäßiger, den Haushalt nicht künstlich mit Maßnahmen aufzublähen, die vorerst doch keine Chance auf Realisierung gehabt hätten. Zwar waren Schutzdamm und Straßenverlegung sowohl in der Planung als auch in der Ausführung zwei verschiedene Projekte, doch waren sie so eng miteinander verwoben, dass sie ein gemeinsames Planungskonzept und einen verbindlichen Zeitplan brauchten, der für beide Teile des Großprojektes galt. Die schwierigen Zusammenhänge bedeuteten jedoch noch lange nicht, dass überhaupt nichts geschah, zumal die Landesregierung 1995 beschlossen hatte, das sogenannte „Nahekonzept“ auf das gesamte Land auszudehnen und somit auch die schon so lange geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen in Ehrenbreitstein zu unterstützen.
Parallel zu dieser Entscheidung waren die ersten Abdichtungsmaßnahmen am Ehrenbreitsteiner Bahnhof angelaufen, die insgesamt zehn Millionen Euro kosten sollten. Von den Kosten für die rund 210 Meter lange Dichtwand übernahm das Land Rheinland-Pfalz neun Millionen DM. Im Übrigen waren bereits 1986 mit dem Umbau des Verladebahnhofs wichtige Voraussetzungen für den Aufbau des Hochwasserschutzes und die Verbreiterung der Bundesstraße 42 in Richtung Urbar geschaffen worden.193
Aber auch an der Vorbereitung von Hochwasserschutz und eigentlicher Ortsdurchfahrt im Bereich Hofstraße wurde gearbeitet. Wichtige Bodenerkundungen – es waren 40 „Baugrund-Aufschlussbohrungen“ notwendig – trugen dazu bei, dass die Planung für die Gesamtmasse im Prinzip schon Ende 1995 baureif war.194 Bis der das Areal betreffende Bebauungsplan 164?a im Juli 1999 endlich Rechtskraft erhalten sollte, musste die Stadt noch schwierige Grundstücksverhandlungen mit der Deutschen Bahn führen. Die Bahn musste ihrerseits die komplette Verlegung der Verkabelung an der durch Ehrenbreitstein führenden Bahnstrecke vornehmen. Voraussetzung für den Beginn der Maßnahmen im gesamten Bebauungsplangebiet war die Entwidmung einstiger Eisenbahnflächen. Zudem galt es, sich mit privaten Grundstückseigentümern zu einigen. Um die Sache nicht weiter hinauszuzögern, nutzte man unter Hinweis auf das Baugesetzbuch alle Möglichkeiten, die Realisierung des Großprojektes auch ohne rechtskräftigen Bebauungsplan anzugehen. Da die Verhältnisse am Kapuzinerplatz geklärt waren, konnten deshalb dort schon Ende 1997 die aufwendigen Baumaßnahmen beginnen.195
5.4.1 Schutzwand und Tore
Bemessungsgrundlage für die Auslegung der Ehrenbreitsteiner Hochwasserschutzwand war das 350-jährige Hochwasserereignis, das einem Koblenzer Pegel von 10,88 Metern entspricht. Zum Vergleich: Selbst beim verheerenden „Jahrhunderthochwasser“ in der Weihnachtszeit 1993 war ein Pegelstand von „nur“ 9,52 Metern erreicht worden. Die insgesamt 700 Meter lange Hochwasserschutzwand verlief nach ihrer Fertigstellung 2001 auf ihrer ganzen Länge unmittelbar landseitig neben der rechtsrheinischen Eisenbahnstrecke. Die Untergrundabdichtung erfolgte hauptsächlich durch sogenannte Zweiphasenschlitzwände, die 0,50 Meter in den in zehn bis zwölf Metern Tiefe anstehenden Fels eingebunden werden musste.
In Teilbereichen übernahm der Hochwasserschutz die Stützfunktion für den Bahndamm und musste mit Stahlankern, die weit unter den Damm reichen, gesichert werden. Die 60 Zentimeter dicke Schutzwand besitzt eine Ansichtsfläche von 9160 Quadratmetern. Im Bereich der Schutzmauer befinden sich vier Wegunterführungen unter der Bahn, die die Verbindung zum Rheinufer gewährleisten. Die Öffnungen können im Hochwasserfall durch Tore geschlossen werden. Bei den drei kleineren Unterführungen wurden elektrisch betriebene Hubtore in Stahlschweißkonstruktion eingebaut, während die große Unterführung auf Höhe der Rheinfähre mit einer lichten Weite von 15 Metern durch ein stählernes Schiebetor über einen elektromechanischen Antrieb verschlossen wird.196
5.4.2 Regenüberlauf und Pumpwerk
Zur Gewährleistung der Ableitung des im Binnengebiet anfallenden Oberflächenwassers und häuslichen Abwassers wurde unmittelbar an der Hochwasserschutzwand im Sommer 1999 am Kapuzinerplatz ein Bauwerk vollendet, das ein Regenüberlaufbecken, ein Regenrückhaltebecken und das Hochwasserpumpwerk kombiniert. Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung finanzierte den Bau. Die Planungsgrundlagen wurden bereits Anfang der 1980er-Jahre in Zusammenarbeit mit den Koblenzer Ingenieurbüros Björnsen und Fischer erarbeitet. Im Zuge der Hochwasserschutzmaßnahmen plante das Büro Björnsen auch die Kanalisation im Hochwasserschutzbereich. Dazu gehört auch das „Kombi-Bauwerk“ unter dem Kapuzinerplatz.197
Für die Förderung des kritischen Mischwasserabflusses waren drei „trocken“ aufgestellte Kreiselpumpen vorgesehen. Darüber hinaus wurde eine Reservepumpe eingebaut, die gleichzeitig zur Entleerung des Regenrückhaltebeckens diente. Außerdem wurden zwei Grundwasserpumpen eingebaut, von denen eine als Reserve zurückgehalten wurde. An das Regenüberlaufbecken wurde ein insgesamt rund 18,7 Hektar großes Entwässerungsgebiet angeschlossen. Dieses Becken hat die Aufgabe, den ersten, stark belastenden Spülstoß bei Starkregenereignissen aufzufangen und nach Beendigung des Regens das gespeicherte Wasser an das zentrale Klärwerk im Stadtteil Wallersheim abzugeben.
Das Nutzvolumen des Beckens beträgt 300 Kubikmeter. Es ist dem Pumpwerk vorgeschaltet, um die Pumpenkapazität zu begrenzen, wenn im Hochwasserfall die normale Vorflut für das im Binnengebiet anfallende Niederschlagswasser unterbunden ist. Das Becken fasst 1700 Kubikmeter. Das Pumpwerk gliedert sich in einen Abwasser- und einen Hochwasserteil. Das Abwasserpumpwerk übernimmt die Förderung des Mischwassers aus der Tiefzone bis zu einer maximalen Fördermenge von 55 Liter pro Sekunde in den Zulauf der Kläranlage. Das kombinierte Hochwasserpumpwerk springt automatisch an, wenn die Absperrschieber des Kanalsystems schließen und der Zulauf aus dem Mischwasserkanal die maximale Fördermenge übersteigt. Dann gehen auch die Kreiselpumpen mit einer Gesamtleistung von 1500 Litern (3x500 Liter) pro Sekunde in Betrieb.198
5.4.3 Ausgleichsmaßnahmen
Durch die Hochwasserschutz- und Straßenbaumaßnahmen in Ehrenbreitstein wurde dem Rhein ein Stauraum in einer Größe von rund 90.000 Kubikmetern entzogen. Berechnungsgrundlage ist ein 100-jähriges Hochwasserereignis. Dieser verlorene Versickerungsraum muss nach Paragraf 61 und 62 des Landeswasserschutzgesetzes Rheinland-Pfalz ausgeglichen werden. Wegen der dichten Besiedlung im Großraum Koblenz ist ein ortsnaher Ausgleich nicht möglich. Deshalb unterbreitete das Staatliche Amt für Wasser- und Abfallwirtschaft Lösungsvorschläge, über die Ende der 1990er-Jahre noch nicht abschließend entschieden war. Ins Auge gefasst wurde eine finanzielle Beteiligung von Stadt und Land an weiter entfernten Poldermaßnahmen.
5.4.4 Kosten des Hochwasserschutzes
Der Ehrenbreitsteiner Hochwasserschutz gehört zu den größten Projekten, die die öffentliche Hand bislang in Koblenz realisiert hat. Die gesamte Maßnahme kostete rund 52,6 Millionen DM. In dieser Summe ist die Verlegung der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 42 noch nicht einmal enthalten, die noch einmal Investitionen in Höhe von rund 30 Millionen DM erforderte. Die Stadt Koblenz erhielt als Maßnahmenträgerin vom Land Rheinland-Pfalz hohe Zuschüsse in Höhe von 90 Prozent der Gesamtsumme. Davon ausgenommen waren Pumpwerk und Regenrückhaltebecken. Die Kosten hierfür übernahm – wie bereits erwähnt – der Eigenbetrieb Stadtentwässerung. Der vorgegebene Kostenrahmen konnte allerdings nicht gehalten werden. Bereits in seiner Sitzung Anfang September 1990 ging der Koblenzer Stadtrat von Kostenüberschreitungen in Höhe von 2,5 Millionen DM aus. Zu den Maßnahmen gehörten:
5.4.5 Vorschau: Neuendorf und Wallersheim
Die deutlichen Fortschritte für den Ehrenbreitsteiner Hochwasserschutz weckten spätestens mit der „Generalprobe“ für das Schutztor am Kapuzinerplatz am 26. Juni 2001 Begehrlichkeiten in den anderen Stadtteilen, zumal der Lützeler Schutzwall von 1927 als einziger ernsthafter Versuch gewertet wurde, das Problem auch auf der linken Rheinseite in den Griff zu bekommen. Dabei reichen die Überlegungen, auch Neuendorf und Wallersheim in ein Hochwasserschutzkonzept einzubinden, bis weit in die 1990er-Jahre zurück. Unter den Eindrücken der Katastrophen von 1993 und 1995 dachte man daran, zumindest mobile Anlagen in den beiden Stadtteilen aufzustellen. Dennoch: Eine Realisierung des Projektes hätte mehrere Millionen DM gekostet.
Dann kam Anfang Januar 2003 ein neues Hochwasser mit einer Schnelligkeit heran, dass selbst die Experten in den Meldezentralen überrascht waren. Zwar wurde am Pegel Koblenz ein Höchststand von „nur“ 8,18 Metern erreicht, doch zeigte sich einmal mehr, dass nicht nur in Ehrenbreitstein akuter Handlungsbedarf bestand.200 Um zu überprüfen, ob der insgesamt rund 2,7 Kilometer lange Abschnitt von Lützel bis zum Wallersheimer Klärwerk überhaupt mit einer Schutzvorrichtung ausgestattet werden konnte, begannen Ende März 2006 Probebohrungen im Bereich des Neuendorfer Rheinufers. Insgesamt gab die Stadt Koblenz 19 Bohrungen in Auftrag, die eine Tiefe von 16 Metern erreichten.201
Die vorbereitenden Bohrungen wurden in Kesselheim mit großer Skepsis beobachtet. Man befürchtete, dass bei einer Realisierung des Hochwasserschutzes für Neuendorf und Wallersheim der Stadtteil Kesselheim unter zusätzlichen Wassermassen zu leiden habe. Und so wurde in einer Bürgerversammlung der Wunsch deutlich, dass es für Kesselheim zumindest mobile Schutzsysteme geben müsse. Die Hoffnungen waren allerdings gering, weil das Hochwasserschutz-Gesetz von 2005 nach Auffassung der Teilnehmer zu viele Lücken hatte. Und so ging man davon aus, dass Kesselheim angesichts der knappen Kassen im Land am Ende außen vor blieb.202
Anders als in Kesselheim stand für die Stadtteile Lützel, Neuendorf und Wallersheim der weitere Weg fest. In einer weiteren Bürgerversammlung betonten die Vertreter der Stadtverwaltung und der Ingenieurbüros Björnsen und Fischer, dass die Schutzmaßnahmen bis zur Eröffnung der Koblenzer Bundesgartenschau 2011 abgeschlossen sein würden. Demnach muss der Bau von Spundwänden, Mauern und mobilen Dammelementen sowie die Verbesserung vorhandener Deiche Anfang 2009 beginnen. Das ganze Maßnahmenpaket soll die betroffenen Stadtteile bis zu einem Pegelstand von 8,75 Metern schützen.203 Hinsichtlich der Kosten gab es jüngst eine unangenehme Überraschung: Sie wurden auf Anfrage der Freien Bürgergruppe vom Eigenbetrieb Stadtentwässerung mit rund 43,2 Millionen Euro angegeben. Das bedeutete gegenüber den ursprünglichen Berechnungen einen Mehraufwand von etwa 13 Millionen Euro. Und auch der Zeitplan ist denkbar knapp: Die ganze Maßnahme muss europaweit ausgeschrieben werden.204
6. Die neueren Projekte
Trotz der bereits erfolgten immensen Investitionen mussten weiterhin zahlreiche Projekte im gesamten Stadtgebiet realisiert werden, um die Koblenzer Kanalisation den aktuellen Standards anzupassen. Ein Schwerpunkt lag dabei weiterhin auf der rechten Rheinseite. Um die umfassenden Maßnahmen künftig kostendeckend realisieren zu können, kam es innerhalb der Bauverwaltung zu einer entscheidenden Veränderung: Die Abteilung Stadtentwässerung wurde nach dem Vorbild der Wasserversorgung und der Stadtwerke rückwirkend zum 1. Januar 1996 in einen Eigenbetrieb in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ausgegliedert.
Dieser Schritt war nur konsequent. Auf diese Weise arbeitete die Stadtentwässerung, die 1961 nach einem dreijährigen Zwischenspiel als Entwässerungsamt eine Abteilung des städtischen Tiefbauamtes geworden war, doch sohon seit Jahren nach kaufmännischen Grundsätzen der Privatwirtschaft. Mit Zustimmung des Stadtrats setzte nun Oberbürgermeister Dr. Eberhard Schulte-Wissermann Anfang August 1996 Karl Schneider als Kaufmännischen Werkleiter ein. Technischer Werkleiter des neuen Eigenbetriebes Stadtentwässerung der Stadt Koblenz (SEK) wurde Paul Schäfer, der – ebenso wie sein Nachfolger Walter Gombert – in Personalunion Leiter des städtischen Tiefbauamtes blieb. Mit einem Schlag war ein Unternehmen mit 80 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von rund 334 Millionen DM und Umsatzerlösen von circa 46 Millionen DM entstanden.205
Seine wirtschaftliche Grundlage erhielt der neue Eigenbetrieb dadurch, dass sämtliche Gebühren für das Sammeln, das Transportieren und das Beseitigen der Abwässer fortan an ihn gingen. Im Gegenzug sorgte die neue kommunale Gesellschaft für Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung aller öffentlichen Entwässerungseinrichtungen. Dazu gehören heute ein Kanalnetz mit einer Gesamtlänge von rund 500 Kilometern, mehr als 13.000 Schächte, 21.803 Hausanschlüsse sowie 27 Pumpwerke, neun Düker und 44 Regenbauwerke. Der Eigenbetrieb übernahm auch das Großklärwerk in Wallersheim.206
Beim Blick in die Presseberichte der jüngeren Vergangenheit fällt auf, dass ein großer Teil der Maßnahmen im ersten Geschäftsjahr des neuen Eigenbetriebs vollendet oder zumindest begonnen wurden. Für diese Entwicklungen gab es rechtliche Hintergründe. Die Verantwortlichen wollten es nicht dazu kommen lassen, dass die Stadt Strafen zahlen musste. Wie bereits früher beim Schmutzwasser mussten Kommunen nach dem Landesabwasserabgabengesetz seit 1994 für jeden Kubikmeter Oberflächenwasser, der in die öffentliche Kanalisation abgeleitet wird, eine Strafsteuer in einen Abwasserbeseitigungsfonds einzahlen. Bauwerke, die ein Ableiten von Oberflächenwasser in die Kanalisation verhindern, konnten mit der anfallenden Strafsteuer drei Jahre rückwirkend nach Fertigstellung der jeweiligen Maßnahme aufgerechnet werden. Das hieß nichts anderes, als dass die Strafabgabe wieder an die Kommune zurückfließen konnte, wenn sie weitere wasserwirtschaftliche Bauwerke errichtete.207
6.1 Niederwerth
Lange wurden die Abwässer aus der Verbandsgemeinde (VG) Vallendar im kommunalen Klärwerk auf der Insel Niederwerth geklärt. Dazu kamen die Abwässer aus rechtsrheinischen Höhengebieten. Das waren im Einzelnen die Niederberger Fritsch-Kaserne, die ehemalige Mülldeponie Niederberg208, das Gewerbegebiet und die Pfarrsiedlung Arenberg sowie das Dominikanerinnen-Kloster. Dazu kam der gesamte Stadtteil Immendorf. Mitte der 1990er-Jahre stand fest, dass die inzwischen veraltete Anlage komplett erneuert werden musste. Als Standort war der nördliche Abschnitt der Insel vorgesehen, wo sich auch das alte Klärwerk befand.
Der Umsetzung der Pläne stand allerdings die Tatsache entgegen, dass Baumaßnahmen in Überschwemmungsgebieten infolge neuer gesetzlicher Vorgaben grundsätzlich verboten waren. Allerdings hatten die Genehmigungsbehörden die Möglichkeit, Ausnahmen zu genehmigen. Doch genau das lehnte die Bezirksregierung Koblenz aus Gründen des Hochwasserschutzes ab. Die Behörde schlug stattdessen vor, die VG Vallendar an das Koblenzer Großklärwerk anzuschließen oder nach einem Alternativstandort im hochwasserfreien Bereich des Niederwerths zu suchen. Doch genau dort wollte die Gemeinde Niederwerth neue Baugebiete ausweisen. Die Konsequenz war eine Klage der VG Vallendar vor dem Koblenzer Verwaltungsgericht – wo sie aber scheiterte. Die Richter stellten im August 1996 fest, dass die VG Vallendar keinen Anspruch auf eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung hatte und hoben die herausragende Bedeutung des Hochwasserschutzes am Rhein hervor.209
Der Verbandsgemeinde blieben nach der Niederlage zwei Alternativen: Entweder konnte sie die bestehende Anlage überarbeiten lassen oder das Klärwerk einfach stilllegen und die Haushalte an das Koblenzer Klärwerk anschließen. Es hatte sich inzwischen herausgestellt, dass die Anlage in Wallersheim seit ihrer Erweiterung so groß dimensioniert war, dass sie problemlos die Abwässer der VG Vallendar bewältigen konnte. Die CDU-Fraktion im Koblenzer Stadtrat kritisierte damals, das Koblenzer Werk laufe nur mit halber Kraft und warf der Stadtverwaltung vor, sie habe nichts getan, um die mögliche Anbindung zu beschleunigen.210
Auch die Stadt Koblenz musste ein Interesse an der Einbindung der VG Vallendar haben. Perspektivisch ließen sich nämlich die Gebühren für die Einleitung der Abwässer von Immendorf und Teilen von Arenberg in das alte Klärwerk auf dem Niederwerth einsparen. Genau deshalb hatte sich der Koblenzer Rat bereits Ende 1995 für die Anbindung der VG Vallendar entschieden.211 Im folgenden Jahr legte das Ingenieurbüro Grebner die ersten Planungen für das Dükerbauwerk vor, ein Vertragsentwurf folgte 1997.212 Am Ende entschieden sich auch die Verantwortlichen in der VG Vallendar für die „Koblenzer Variante“. Alle Beteiligten wussten, dass die weitere Ableitung von Abwässern in den Rhein von 1999 an ein Straftatbestand sein würde. Am 12. März 1998 machte der Rat der Verbandsgemeinde den Weg für den Anschluss ans Wallersheimer Klärwerk mit großer Mehrheit frei.
Damit war auch klar, dass das alte kommunale Klärwerk auf dem Niederwerth aufgegeben werden musste. Für den Koblenzer Eigenbetrieb Stadtentwässerung brachte die Entscheidung einen zusätzlichen Umsatz von mehr als 1,5 Millionen DM. Allerdings forderte der Rat der VG Vallendar von der Stadt Koblenz eine Beteiligung an den Baukosten.213 Anfang Februar 1999 wurden schließlich die Verträge unterschrieben, die die Zusammenarbeit der Kommunen nach dem Vorbild der Wasserversorgung regelten. Für das Koblenzer Großklärwerk, das bis dahin eine Jahresschmutzwassermenge von rund zehn Millionen Kubikmeter bewältigte, bedeutete die Vereinbarung eine Mehrbelastung von rund einer Million Kubikmetern Abwasser, die nun zusätzlich von der rechten Rheinseite zufließen sollten. Wie bereits erwähnt, war die Anlage so ausgelegt worden, dass sie diesen Zuwachs problemlos bewältigen konnte. Etwas problematischer war dagegen der Anschluss der VG Vallendar an das Koblenzer Klärwerk. Für den Bau eines Dükers vom Niederwerth nach Wallersheim und die begleitenden Maßnahmen mussten noch einmal 5,6 Millionen DM einkalkuliert werden.214
Für die Verbandsgemeinde bedeutete dies dennoch eine erhebliche Entlastung. Der Neubau eines eigenen Klärwerks hätte nach eigenen Berechnungen mindestens 16 Millionen DM gekostet. Aber auch praktische Überlegungen sprachen gegen die Erweiterung des aus den 1970er-Jahren stammenden alten Klärwerks: Eine Vergrößerung hätte die Entwicklung von Neubaugebieten auf der Insel quasi unmöglich gemacht, weil im Falle einer Realisierung eine unbebaute Schutzzone von 300 Metern vorgeschrieben wäre. Jetzt brauchte man nur noch ein Pumpwerk einzuplanen, da vorhandene Leitungen weitergenutzt werden konnten. Und schließlich spielte auch Koblenz mit: Da ein Teil der Abwässer der rechtsrheinischen Stadtteile über das alte Klärwerk lief, erklärte sich die Stadt bereit, 20 Prozent der Kosten für die „Dükerlösung“ zu übernehmen.215
Auch aus technischer Sicht sollte die Dükerlösung keine Einschnitte für die Verbandsgemeinde bringen: Wie gewohnt wurde das Abwasser vom rechtsrheinischen Gebiet über die Brücke nach Niederwerth geführt. Im weiteren Verlauf floss das Abwasser unter der Gartenstraße entlang bis zur Straße „Am Stil“. Dort folgte sie einem Abschnitt der zum alten Klärwerk führenden Leitung. Dieser Teil wurde jedoch ein Stück weiter nördlich gekappt und stattdessen durch eine Leitung ersetzt, die schnurgerade in Richtung Rhein führte. Der eigentliche Düker, der in offener Bauweise drei Meter unterhalb der Rheinsohle entstand, wurde schließlich 80 Meter nördlich der Station der Bundesanstalt für Gewässerkunde errichtet. Um das Projekt möglichst zügig realisieren zu können, hatte die Ortsgemeinde Niederwerth auf die rechtlich schwierigen Grundstücksankäufe verzichtet und stattdessen die benötigten Parzellen gepachtet. Nach Abschluss der Arbeiten konnten die Eigentümer wieder über ihre Grundstücke verfügen. Und: Der Weiterentwicklung der Baugebiete „Stillshöhe“ und „Im Schnürchen“ stand folglich nichts mehr entgegen.216
Um den viereinhalb Millionen DM teuren Anschluss vom Niederwerth nach Koblenz zu schaffen, musste der Rhein schließlich mithilfe eines 330 Meter langen Dükers unterquert werden. Anders als beim Koblenzer Rheindüker war dieses Mal kein Tunnel erforderlich, da es sich ausschließlich um ein Projekt der Abwasserentsorgung handelte. Die vorbereitenden Maßnahmen, die übrigens den Schiffsverkehr nicht beeinträchtigten, begannen im August 1999. Zunächst musste von einem Spezialschiff aus eine 4,50 Meter tiefe Rinne ausgebaggert werden, in die später die Rohre versenkt werden sollten. Taucher kontrollierten die Güte der Arbeiten und sorgten dafür, dass keine Fremdkörper in die neue Rinne gelangten. Unterdessen wurden die Rohre an Land montiert und für die Verlegung vorbereitet.217
Am 23. September 1999 wurden die Rohre schließlich in die Rinne auf dem Grund des Rheins gezogen. Und wieder wurde darauf verzichtet, den Rhein für die Schifffahrt vorübergehend zu sperren. Nach der Montage sollte es noch wegen der noch erforderlichen Anschlussarbeiten im Netz bis zum Frühjahr 2000 dauern, bis das Abwasser von der rechten Rheinseite ins Koblenzer Großklärwerk fließen konnte.218
6.2 Arenberg
Insgesamt hatte der Eigenbetrieb Stadtentwässerung seit den späten 1980er-Jahren mindestens zehn Millionen DM für die Neuordnung der Arenberger Kanalisation angesetzt. Das Projekt war eine logische Konsequenz aus der Neukanalisierung des gesamten Mühlentals, die in den Jahren 1989 und 1990 erfolgt war.219 Denn nicht nur in Ehrenbreitstein bestand akuter Handlungsbedarf. So kam es in Arenberg, das auch Mitte der 1990er-Jahre immer noch nicht an die zentrale Kläranlage angeschlossen war, zu massiven Beschwerden von Bürgern und Politik, die sich vor allem über Geruchsbelästigungen beklagten.
Ein Schwerpunkt lag dabei im Arenberger Teil des Mühlentals, genauer gesagt am Eselsbach, in den damals immer noch Abwässer geleitet wurden. Dort begann bereits 1994 der Bau eines Regenrückhaltebeckens, der im März 1996 weit fortgeschritten war. Noch im Frühjahr 1996 folgte der Bau eines neuen Kanals, der vom Sammler Eselsbach bis zur alten Arenberger Kläranlage reichte. Mit dieser Maßnahme kam der Eigenbetrieb Stadtentwässerung dem Wunsch von Bürgern und Lokalpolitikern nach, der bereits 1989 an die Verwaltung gerichtet worden war. Dass es bis zur Ausführung so lange gedauert hatte, lag auch an den erforderlichen hohen Investitionen: Allein das Regenrückhaltebecken Mühlental kostete 2,7 Millionen DM. Und für den ersten Bauabschnitt des neuen Kanals mussten noch einmal 900.000 DM ausgegeben werden.
Danach sollte es noch zwei weitere Bauabschnitte geben: vom alten Klärwerk zur Straße „Auf dem Forst“220 und weiter bis zur Silberstraße. Mit dem Abschluss dieser Projekte konnten die Hausbesitzer perspektivisch auf Bau und Unterhalt von Kleinkläranlagen verzichten.221 Um den Stadtteil an das Großklärwerk in Wallersheim anzubinden, waren jedoch weitere Baumaßnahmen erforderlich. Wichtig war der Bau eines Entlastungskanals für Arenberg, über den das Abwasser aus dem Höhenstadtteil zum Rheindüker und weiter zum Klärwerk geführt werden konnte. Dieser Kanal sollte in einem ersten Bauabschnitt zunächst von der Pfarrer-Kraus-Straße bis zur Sonnenallee gelegt werden. Am „Roten Hahn“ waren zunächst nur vier Häuser anzuschließen. Die Fertigstellung der gesamten Entlastung und damit der Anbindung an das Klärwerk sollte erst später erfolgen.222 Im Mai 1996 gab der Koblenzer Stadtrat, der sich bereits 1991 für die Realisierung des Projektes entschieden hatte, einstimmig 400.000 DM für den ersten Teil der Entlastung frei.223
Der erste, 640 Meter lange Bauabschnitt des neuen Hauptsammlers am Eselsbach wurde nach einer nur viermonatigen Bauzeit Anfang August 1996 vollendet. Der Betrieb der völlig veralteten Arenberger Kläranlage (die 2004 aberissen wurde) war bereits drei Jahre zuvor eingestellt worden. Darüber hinaus wurden jährliche Betriebskosten in Höhe von 120.000 DM gespart. Entlastet wurden auch künftige Bauherren. Sie wurden nicht mehr verpflichtet, Anlagen zur Vorreinigung einzurichten. Bereits vorhandene Anlagen konnten fakultativ zum Auffangen des Regenwassers von den Dachflächen genutzt werden.224
Bis zur Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts bis zur Straße „Auf dem Forst“ sollten jedoch noch einige Monate vergehen, weil noch Differenzen mit den Grundeigentümern ausgeräumt werden mussten. Im Juni 1998 machte der Werksausschuss endgültig den Weg für die Ausführung des zweiten Bauabschnitts frei, indem er eine außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von 650.000 DM genehmigte. Gleichzeitig wurde auch die Realisierung des dritten Teilabschnitts beschlossen, der zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschrieben war.225
Im November 1998 war schließlich der zweite Bauabschnitt bis zur Silberstraße fertiggestellt. Der letzte Abschnitt des „Eselsbach-Projektes“ sollte ein Jahr später in Angriff genommen werden. Gleiches galt für die Vorbereitung des bestehenden Entlastungskanals in der Straße „Roter Hahn“ für die Aufnahme des Oberflächenwassers. Mit dieser Maßnahme sollten die Abwasserkanäle in der Pfarrer-Kraus-Straße und „Im Flürchen“ bei starken Niederschlägen entlastet werden. Das Maßnahmenpaket bedeutete die endgültige Ausrichtung der Arenberger Entsorgung auf das Wallersheimer Klärwerk. Die alte kommunale Anlage konnte im Laufe des Jahres 1999 endgültig vom Netz genommen werden.226
Im April 1999 zog die Stadtverwaltung im Rahmen einer Bürgerversammlung in der Gaststätte „Roter Hahn“ eine erste Bilanz über die Neuordnung der Entsorgung der vergangenen zehn Jahre und präsentierte dabei auch Zahlen. Demnach wurden alleine zwischen 1994 und Frühjahr 1999 rund 8,37 Millionen DM in die Erneuerung der Arenberger Kanalisation und die Anbindung des Stadtteils an das Koblenzer Großklärwerk investiert. Mit eingerechnet war auch die dritte Baustufe des „Eselsbach-Projektes“, das die Pfarrer-Kraus-Straße betraf. Dieses letzte Teilstück wurde Anfang Mai in Betrieb genommen, wobei die Stadtverwaltung darauf hinwies, dass die erheblichen Verzögerungen bei der Realisierung des rund 1,6 Kilometer langen und zwei Millionen DM teuren Sammlers vor allem auf den schwierigen Erwerb der Durchleitungsrechte zurückzuführen waren. Was jetzt noch anstand, war die in der Gesamtsumme noch nicht enthaltene Anbindung des Gebiets nördlich der L 127. Die Abwässer aus diesem Areal wurden noch auf dem Niederwerth behandelt.227
6.3 Arzheim
Auch in Arzheim waren umfassende Kanalisationsmaßnahmen erforderlich. Ein Schwerpunkt war die Griesenbachstraße. Dort wurden bis Anfang Mai 1998 rund 1,3 Millionen DM in die Einrichtung eines Trennsystems für Regen- und Schmutzwasser investiert. Während das Regenwasser in den Blindbach geführt wurde, war zum Abtransport des Schmutzwassers der Bau eines Pumpwerks erforderlich. Dieses Abwasser wurde zunächst in den oberen Teil der stark abschüssigen Griesenbachstraße gepumpt. Von dort konnte es über die bestehende Kanalisation weiter nach Ehrenbreitstein und dann in den Rheindüker geleitet werden. Die Maßnahme war dringend erforderlich, weil die Häuser in diesem Bereich des Stadtteils immer noch nicht an einen Schmutzwasserkanal angeschlossen waren. Die Gebäude hatten immer noch Gruben, die geleert werden mussten.228
Aber nicht nur in der Griesenbachstraße, sondern auch „In der Strenge“ musste die Kanalisation erneuert werden. Die vorhandene, 1959 hergestellte Anlage genügte den allgemeinen Anforderungen nicht mehr und war darüber hinaus schadhaft, wobei vor allem im unteren Teil der Straße Handlungsbedarf bestand. Bei Regen liefen die Keller voll. Im Rahmen einer Bürgerversammlung wurde das Projekt Ende April 2001 vorgestellt. Im Eigenbetrieb schätzte man die Kosten auf rund 855.000 DM.229
Ein weiterer Problembereich war die „Arzheimer Schanze“, wo das Schmutzwasser aus den Gebäuden immer noch in Gruben geleitet wurde. Genau deshalb sollte auch dieser Bereich eine neue Kanalisation erhalten. Diese Pläne des Eigenbetriebs sorgten im Juni 2002 für Unruhe, weil die Anwohner nicht wussten, wie hoch ihre Kostenbeteiligung ausfallen würde. Für die Verantwortlichen war es nicht leicht, detaillierte Angaben zu machen, weil die gesamte Maßnahme recht aufwendig war. So sollten die Baumaßnahmen bereits in der Ehrenbreitsteiner Brentanostraße beginnen (die 2007 ausgeführt wurden). Dazu kam der gesamte Klausenbergweg. Die Erneuerung der Kanalisation in diesen Abschnitten sollte bis Ende 2003 abgeschlossen werden.230
6.4 Güls und Bisholder
In Güls war bereits Mitte der 1970er-Jahre damit begonnen, die Entwässerungsprobleme zu lösen. Maßnahmen für den Ortsteil Bisholder waren allerdings zurückgestellt worden. Es sollte noch Jahre dauern, bis die letzten Schmutzwassergruben in diesem Koblenzer Stadtteil verschwanden. Erst Ende März 1999 bereitete der Stadtrat den Weg für Planungen, an deren Ende die Schließung der letzten 15 Gruben und die vollständige Anbindung Bisholders an das Wallersheimer Klärwerk stehen sollten. Die Ausführung der erforderlichen Arbeiten sollte im Herbst jenes Jahres beginnen.231
6.5 Oberwerth
Spätestens am Ende der 1990er-Jahre zeichnete sich ab, dass auch auf dem Oberwerth weitere erhebliche Investitionen in die Kanalisation erforderlich sein würden. Im April 1999 gab der Koblenzer Stadtrat drei Millionen DM für die anstehenden Maßnahmen frei. Dazu gehörte vor allem die Komplettsanierung des Pumpwerkes Weberplatz sowie die Erneuerung der Schmutz- und Regenwasserkanäle in der Sebastian-Bach-Straße und der Schubertstraße.232
6.6 Pfaffendorf
Auch zu Beginn des neuen Jahrtausends waren in Koblenz immer noch nicht alle Straßen an das Großklärwerk angeschlossen. Zu den betroffenen Stadtteilen gehörte auch Pfaffendorf, das eigentlich schon früh über eine eigene Kanalisation verfügte. Dennoch fehlte im ufernahen Bereich des terrassenförmig angelegten Stadtteils die Anbindung an das völlig neu organisierte Koblenzer Kanalnetz. Am Jahnplatz musste deshalb 2002 ein Pumpwerk gebaut werden. Diese rund 300.000 Euro teure Anlage musste errichtet werden, um das Abwasser hangaufwärts in den großen Abwasserkanal unter der Emser Straße zu pumpen, von wo es über den Rheindüker zur Kläranlage geleitet werden sollte. Die Erneuerung der Kanäle in unmittelbarer Nähe des Pumpwerks kostete rund 250.000 Euro. Weitere 260.000 Euro wurden für die Verlegung des verrohrten Seifenbachs fällig.233
6.7 Rübenach
Im von der Bezirksregierung genehmigten Abwasserbeseitigungskonzept der Stadt Koblenz hatte die Kanalisierung der Straßenzüge Vorrang, in denen Schmutzwasser und Fäkalien immer noch in Gruben abgeleitet wurden. Zu den Stadtteilen, die auf der Prioritätenliste ganz oben standen, gehörte auch Rübenach. Der bis 1971 eigenständige Ort war auch 25 Jahre nach der Eingemeindung immer noch nicht vollständig an das Großklärwerk in Wallersheim angeschlossen. Auch gab es immer noch Straßen, in denen das Regenwasser nicht vernünftig abgeleitet wurde, was vor allem bei Frostwetter unangenehm werden konnte. Die Maßnahmen der Stadt und ihres neuen Eigenbetriebs zielten vor allem darauf ab, diese „Eisstraßen“ zu beseitigen. So wurde im Dezember 1996 der Kanal in der Von-Eltz-Straße fertiggestellt. Allein in diesem rund 252 Meter langen und 518.000 DM teuren Abschnitt der neuen Rübenacher Kanalisation waren fortan 37 Gruben überflüssig.234
Im November 1999 beschloss der Stadtrat die Neuordnung der Sendnicher Straße, die überwiegend von einer Wohnbebauunt geprägt wird. Die Kanalisation sollte so ausgelegt sein, dass sie auch das Abwasser aus dem neuen Gewerbegebiet an der A 61 aufnehmen konnte. Im Zuge der Ausbaumaßnahmen konnten endlich 40 Schmutzwassergruben aufgegeben werden. Schließlich wurde die Sendnicher Straße im ersten Bauabschnitt auf einer Länge von 510 Metern mit einer Trennkanalisation ausgestattet. Für die Maßnahme waren 1,9 Millionen DM angesetzt worden.235
6.8 Stolzenfels
Als südlichster Koblenzer Stadtteil konnte Stolzenfels nur mit einem immensen Aufwand und extrem hohen Kosten an das Wallersheimer Großklärwerk angeschlossen werden. Wesentlich einfacher war es, Stolzenfels an das Klärwerk der benachbarten Verbandsgemeinde Rhens anzuschließen. Aber auch bei dieser weniger aufwendigen Variante, die mit einer Zweckvereinbarung zwischen Stadt und Verbandsgemeinde besiegelt wurde, musste man viel Geld investieren. So wurde in der Brunnenstraße ein neues Pumpwerk errichtet, das zusammen mit dem neuen Sammler rund 6,2 Millionen DM kostete.236 Nach eineinhalbjähriger Bauzeit wurden die Pumpstation und der Sammler Ende August 1996 offiziell in Betrieb genommen. Seitdem laufen Schmutz- und Oberflächenwasser aus Stolzenfels im freien Gefälle bis zur neuen, an der südlichen Grenze der Stadt Koblenz gelegenen Pumpstation. Von dort wird es in die Rhenser Kanalisation gepumpt. Bindeglied ist der circa 870 Meter lange Sammler. Dieser Kanal war unterirdisch vorangetrieben worden.
Die Maßnahmen in der Brunnenstraße ermöglichten es, dass in Stolzenfels 37 Kleinkläranlagen und Gruben stillgelegt werden konnten. Dennoch war der Stadtteil immer noch nicht vollständig an das Rhenser Klärwerk angeschlossen. Die Lücke wurde erst mit dem Bau eines weiteren Sammlers geschlossen, der die Brunnenstraße mit dem eigentlichen Ortskern verband. Um dieses Ziel zu erreichen, musste der Eigenbetrieb Stadtentwässerung noch einmal rund zwei Millionen DM investieren.237 Dagegen waren die Kanalbauten im nördlich gelegenen Siechhaustal, das zum Stadtteil Stolzenfels gehört, wurden Ende 1996 abgeschlossen. Das Ergebnis der rund 212.000 DM teuren Maßnahme war ein neuer Kanal mit einer Gesamtlänge von 275 Metern. Auch im Siechhaustal konnten jetzt die alten Fäkaliengruben zugeschüttet werden.238
Mit den Maßnahmen von 1996 waren die Arbeiten am Stolzenfelser Entwässerungssystem aber immer noch nicht abgeschlossen. So fehlten noch die gleichermaßen von Bürgern, Verwaltung und Kommunalpolitik geforderten Maßnahmen zum Hochwasserschutz. Die Voraussetzungen zu einer Realisierung dieses Wunsches waren recht günstig. Zum einen konnten die Arbeiten zusammen mit den noch fehlenden Abschnitten der Kanalisation verwirklicht werden, zum anderen bestand Hoffnung, dass das Land Rheinland-Pfalz in die Finanzierung einstieg. Auch heute noch fördert das Land grundsätzlich Maßnahmen des Hochwasserschutzes – und zwar in einer Höhe von 90 Prozent.239
Im August 2000 lief die letzte Phase des „Stolzenfels-Projektes“ an, dessen vier Bauabschnitte insgesamt rund 10,3 Millionen DM kosteten. Zum Abwasserpumpwerk mit Druckrohrleitung, dem Verbindungssammler und Straßenkanal in der Brunnenstraße, dem Verbindungssammler vom Leinpfad bis zur Ortsmitte kam nun der letzte Abschnitt zur Anbindung der Stolzenfelser Kernbereiche. Waren die ersten drei Abschnitte überwiegend unterirdisch realisiert worden, konnte man nun konventionell und damit preiswerter bauen – sie kostete „nur“ 1,8 Millionen DM.240 Im Dezember 2001 war die Gesamtmaßnahme schließlich fast vollständig abgeschlossen. Die verbliebenen Sickergruben in Stolzenfels konnten aufgegeben werden.241 Der letzte Abschnitt war schließlich die Anbindung des Waldweges, die im Mai 2002 von den zuständigen Gremien auf den Weg gebracht wurde.242
Im Stadtteil Stolzenfels ist nördlich vom alten Ortskern auch die Königsbacher Brauerei angesiedelt. Hier fallen erhebliche Abwassermengen an, die organisch stark belastet sind. Eine Überleitung nach Rhens, wohin das Abwasser von Stolzenfels abgeführt wird, war wegen der großen Belastung nicht möglich. Wegen der langen Strecke bis zum Klärwerk in Wallersheim und der damit verbundenen Fließzeit musste wegen der starken organischen Belastung mit erheblichen Geruchsbelästigungen im Kanalnetz gerechnet werden. Die Stadt Lahnstein, deren Klärwerk gegenüber der Brauerei auf der anderen Rheinseite ist, lehnte eine Übernahme mittels Düker ab, weil eine Beeinträchtigung befürchtet wurde und sie auch nicht verpflichtet war, das Abwasser aus einer anderen Gemeinde zu übernehmen. Die damalige Bezirksregierung Koblenz genehmigte der Brauerei den Bau und den Betrieb einer eigenen Kläranlage. Da der Platz im Bereich der Brauerei sehr beengt war, entschloss man sich zum Bau einer Turmbiologie, die auf engstem Raum errichtet werden konnte. Das mechanisch und biologisch gereinigte Abwasser der Brauerei wird in den Rhein geleitet. Der anfallende Schlamm wird mit Kesselwagen zum Klärwerk in Wallersheim transportiert und mit dem dort anfallenden Schlamm behandelt und aufbereitet.
6.9 Maßnahmen seit 2006
Im Januar 2006 hatte die Stadt Koblenz einen Kanalisierungsgrad von 99,6 Prozent erreicht. Im ganzen Stadtgebiet gab es nur noch 166 Häuser mit klassischen Gruben, die turnusmäßig und gegen Gebühr vom Eigenbetrieb Stadtentwässerung gelehrt werden müssen. Darüber hinaus bestanden 14 Gebäude, die an Kleinkläranlagen angebunden waren.243 Diese Kleinkläranlagen wurden genehmigt, weil sie sich in abgelegenen Gebieten befanden. Ein Beispiel ist auch heute noch das Mühlental. Dort haben die weit abseits von der Straße gelegenen Gebäude eine eigene Entsorgung, die allerdings von den Eigentümern auf dem neuesten Stand gehalten werden konnte. Ein grundsätzliches Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Koblenz erleichtert bereits seit 1999 diesen Sonderweg. Demnach können alternative Konzepte zur Abwasserbeseitigung Bürger von der Benutzung öffentlicher Anlagen befreien, wenn sie in gleichem Maße effektiv und umweltschonend sind.244
Trotz des hohen Erschließungsgrades erfolgten gerade in den Jahren 2006 und 2007 weitere aufwendige und teure Maßnahmen. So wurde die Kanalisation in der Trierer Straße in den Jahren von 2004 bis 2007 komplett erneuert.245 Und auch im Zuge von Neugestaltungsmaßnahmen in der Innenstadt waren kostspielige Maßnahmen fällig. So nutzte man die Erneuerungsarbeiten in der westlichen Schloßstraße (die im Spätsommer 2007 abgeschlossen wurden), dazu, die Kanalisation komplett zu erneuern, nachdem diese Arbeiten bereits im mittleren und unteren Abschnitt der Straße erledigt worden waren. Insgesamt ging es um nichts anderes als die Beseitigung der schadhaften Andre’schen Anlagen. Die Arbeiten waren sehr aufwendig, weil die Straße bis zu einer Tiefe von sechs Metern aufgegraben werden musste. Eine Komplettsanierung bot sich auch im südlichen Abschnitt der Löhrstraße an, deren Neugestaltung erst kürzlich vollendet wurde. Bis 2010 soll nun auch der nördliche Teil der Straße folgen. Auch dort wird es gelten, die Anlagen des 19. Jahrhunderts zu ersetzen.246
Eine weitere Aufgabe der jüngeren Vergangenheit war die Errichtung von kostenintensiven Regenüberlaufbecken, weil es bei extremen Niederschlägen wegen einer möglichen Überlastung der Kanäle nicht realisierbar war, das Oberflächenwasser komplett dem Klärwerk in Wallersheim zuzuführen. Aus diesem Grunde mussten Regenüberlaufbecken gebaut werden, die mit mechanischen Reinigungsvorrichtungen ausgestattet sind. Eine rund 2,5 Millionen Euro teure Anlage, für die rund 1000 Kubikmeter Beton und 216 Tonnen Stahl verarbeitet wurden, entstand in unmittelbarer Nähe der Rhein-Mosel-Halle. Angelegt wurde ein 40 mal 20 Meter großes und sechs Meter tiefes Becken, das – abgesehen vom kleinen Entlüftungsturm (mit Aktivkohlefiltern) – komplett im Boden versenkt wurde.
Die Arbeiten begannen im März 2005. Am 15. November 2006 wurde das Überlaufbecken in Betrieb genommen. Es hat seitdem die Aufgabe, bei starkem Regen den Schmutz deutlich zu verringern, der aus dem Mischwasserkanal der Südlichen Vorstadt in den Rhein gelangt. Im Normalfall läuft das Wasser durch das Bauwerk hindurch. Ist die Durchlaufmenge jedoch größer als 250 Liter pro Sekunde, wird das Wasser aus der Mischkanalisation in das Becken geleitet – inklusive der Schmutzfracht, die im Bauwerk gehalten wird. Ab einer bestimmten Wasserhöhe springt ein sogenannter Klärüberlauf an. Nur mechanisch gereinigtes Wasser läuft dann (in geringeren Mengen) in den Rhein. Sinkt der Wasserspiegel im Becken, springen Pumpen an, die das schmutzige Wasser zur Kläranlage befördern.247 Ein weiteres Regenüberlaufbecken wurde im April 2007 im Gleisdreieck der Hafenbahn vor der Kläranlage im Koblenzer Stadtteil Wallersheim begonnen. Die rund 1,5 Millionen Euro teure Anlage hat eine Länge von 75 Metern und Breiten zwischen fünf und 22 Metern. Dieses Bauwerk soll verhindern, dass sich bei Extremniederschlägen künftig das Regenwasser im Klärwerk staut.248
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