Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung
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Von Taus (Domažlice) nach Pilsen

Bei zum Teil strömenden Regen ein Wechselbad der Gerfühle. Mittwoch, 16. Juli 2025. 66 Kilometer.

 

Komoot: Von Taus nach Pilsen

Wenn man die Berichte im Internet zugrunde liegt, hätte diese Etappe der Tour eigentlich eine der schönsten meiner Radreise 2025 sein können. Dem war aber nicht so, weil der Tag von Regengüssen begleitet wurde. Besser und in Teilen sogar sonnig  wurde es erst in Pilsen. Es war aber ziemlich kühl, man konnte gerade noch so draußen sitzen. Ein weiteres Indiz für den prophezeiten Höllensommer, in dem ich mich eigentlich in einer Wüste wähnen sollte.

 

Da Positive ist, dass der Weg nach Pilsen auch ohne Navigationsgerät oder Karte grundsätzlich gut zu finden ist (wenn nich eine Baustelle im Weg ist, von denen es nicht nur in Deutschland viele gibt). Allerdings sind mehrere Varianten möglich. Ich entschied mich für die wohl kürzeste mit einer Gesamtstrecke von 66 Kilomtern. Ich bin ohne längere Pausen durchgefahren.

 

Allerdings ist die Etappe nicht ganz anspruchslos. Immer wieder müssen Steigungen bewältigt werden. Und oft wird man an Staatsstraßen entlanggeführt, die allerding sehr oft von Fußgänger- und Fahrradstreifen flankiert werden. Wie gesagt: Die Tschechien sind Pragmatiker. An gefährlichen Stellen wird man einfach in den Wald geschickt, wobei mir genau das wenige Kilometer vor Merklin passiert ist. Das heißt: Immer wieder war Schieben angesagt, auch wenn es sich meist nur um kurze Stücke handelte.

 

Auch bei schlechtem Wetter kann man erkennen, dass es auf dieser Etappe durchaus Feriengegenden gibt. Knuffige Dörfer mit Kirchen, Flüsschen, kleine Seen und Wälder - eigentlich ist alles da, was man für erholsame Ferien braucht. In der Kleinstadt Dobřany gelangt man schließlich zum Fluss Radbuza, der vor Pilsen einen großen Stausee speist. Inzwischen begann es sich richtig einzuregnen, so dass ich von den kulturlandschaftlichen Schönheiten wenig mitbekam. An der Stadtgrenze von Pilsen angelangt, musste ich mich umorientieren, weil wieder einmal eine Baustelle im Weg war. Aber das war eigentlich kein Problem, das Problem war vielmehr der starke Regen und der noch stärkere Verkehr. Behutsam schlich ich auf Radwegen und Bürgersteigen vorwärts. Spontaner Gedanke: Ichhabe in meinem Leben noch so viele Autos gesehen. 

 

Und plötzlich wurde das Wetter besser. Nach einigen Runden durch die Innenstadt (was an den Einbahnstraßen-Regelungen lag) stand ich schließlich genau dort, wo ich hinwollte - vor der Altstadt-Pension. Schnell stellte sich heraus, dass dieses Haus das ideale Quartier war.

Pilsen: Historische Häuser mit Altstadt-Pension.

Wenn man ein wenig im Internet stöbert, wird Pilsen hin und wieder als Alternative zu Prag genannt. Bekanntlich wird die "Goldene Stadt" jährlich von Millionen Touristen heimgesucht. Dazu später mehr. In Pilsen ist das etwas anders. Hier prägen vor allem Einheimische das Bild. Die Stadt mit ihren 180.000 Einwohnern erscheint jung, was vor allem auch an den Studenten liegt. Die viertgrößte Stadt Tschechiens ist eben nicht nur ein bedeutendes wirtschaftliches Zentrum, sondern wird auch durch die Einrichtung für Bildung und Wissenschaften geprägt. Die größte ist die Westböhmische Universität mit mehr als 17.000 Studenten. Sie ist noch relativ jung. Sie wurde erst 1991 durch den Zusammenschluss der Pädagogischen Fakultät und der Hochschule für Maschinenbau und Elektrotechnik gebildet. Sie ist also in etwa so "alt" wie die Universität in Koblenz. Außerdem gibt es noch eine medizinische Fakultätmit mit etwa 2000 Studenten, die zur Karls-Universität in Prag gehört.

Wie attraktiv Pilsen ist, offenbart sich dem Besucher erst auf den zweiten Blick. Zwar wird schon in der erweiterten Innenstadt von historischen Häusern des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts geprägt, doch ist der Invidualverkehr so dominant, dass man wenig Muße findet, sich auf die Stadterweiterungsgebiete einzulassen. Ein völlig anderes Bild offenbart sich, wenn man die Altstadt-Pension zu Fuß verlässt und sofort rechter Hand abbiegt. Plötzlich landet man in einer Welt. Ein schöner Park, fußgängerfreundliche Straßen und Plätz, dazu viele restaurierte Bürgerhäuser. Es gibt ein reiches gastronomisches Angebot, das auch von Einheimischen ausgiebig genutzt wird. Aus deutscher Sicht ist die Preisgestaltung fair, aber Schnäppchenpreise sind das nicht. Aber: In Böhmen kocht man gern und gut. Selbst bei kleinen Gerichten geben sich die Köche Mühe. Da war zumindest mein Eindruck. Ich fragte mich dennoch: Wie können sich die Tschechen das leisten? Auch in Pilsen dürfte das Durchschnittseinkommen geringer sein als in Deutschland. 

 

Was ich jedoch sehr schnell feststellte ist, dass ein Abend und ein Vormittag viel zu kurz ist, um Pilsen zu erkunden. Die Möglichkeiten für Besucher der Stadt gehen weit über den fast obligatorischen Besuch der Pilsener Urquell-Brauerei hinaus (die zweite berühmte Brauerei, Gambrinus, schließt sich fast direkt an). Für die Vorbereitung des Besuches bietet der auch deutschsprachige Internetauftritt der Stadt unter Netzauftritt Pilsen deutsch.

Abschließend noch ein Wort zur Unterkunft, die ich über Booking.com gebucht habe: einfach klasse, auch das Personal- Das knuffige Zweibettzimmerchen, das man für mich reserviert hatte, war zwar klein, doch bestens ausgestattet. Und, das ist selten geworden, die Zimmerbar ist bestens ausgestattet. Als ich am anderen Morgen bezahlen wollte, sagte man mir tatsächlich, dass Bier und Knabbergebäck im Preis enthalten waren. Das hatte ich noch nicht. Sehr gut auch das reichhaltige Frühstück, das in einem mittelalterlichen Keller serviert wurde. Mein Gesamturteil: Jederzeit wieder. Da tat es mir wirklich leid, dass ich aus Versehen den Zimmerschlüssel mitgenommen habe. Von Unterwegs habe ich ihn dann zurückgeschickt. Auch hier die Reaktion des Personals: professionell und freundlich.

Obwohl das Stadtzentrum von Gebäuden des späten 19. und frühen Stadtzentrums geprägt wird, gibt es auch deutlich ältere Bausubstanz, in denen die Baustile des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit verschmelzen.
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