Der Tag begann mit Regen bei 6 Grad. Ich entschied mich, spät loszufahren, also nach 11 Uhr. In der Tat besserte sich das Wetter etwas. Meinte ich zumindest. Also zunächst zurück in die Esslinger Altstadt, ein paar Fotos machen. Dann wurde es ziemlich konfus.
Ich hatte ja die Lehren aus dem Vortag gezogen und wollte dieses Mal das Navi doch richtig einsetzen. Irgendwas muss ich falsch gemacht haben, denn ich landete - in Stuttgart. Also genau dort, wo ich eigentlich nicht hinwollte. Wegen Stuttgart 21 ist die Landeshauptstadt eine Großbaustelle. Aber immerhin: Hinweisschilder und Umleitungen für Fahrradfahrer gab es genug, aber der Sinn der Beschilderung erschließt sich mir bis heute nicht. Ich hatte mich ja mental damit angefreundet, nach Esslingen zurückzufahren - und dann weiter in die richtige Richtung. Das Problem war, dass jeder, den ich fragte, falsch lag. Niemand konnte mir eine Auskunft darüber geben, wie ich auf halbwegs sicheren Wegen nach Tübingen weiterkomme. Nun ja, ich hatte ja grundsätzlich nichts gegen eine 30-Kilometer-Stadtrundfahrt durch Stuttgart - wäre da nicht der einsetzende Dauerregen gewesen, der mich über weite Strecken des Tags begleiten sollte. Irgendwann hatte ich die Faxen dicke. Nach unfreiwilliger Besichtigung der Stuttgart-21-Großbaustelle und einem kurzen Stopp vor dem Schloss, das im Rahmen einer SWR -Großveranstaltung regelrecht zugedröhnt wurde, war ich richtig genervt. Bands und Moderationen aus mehreren Kanälen: Dass man das so nicht macht, weiß niemand besser als die Profis vom SWR. Aber man konnte durchs Mikro schreien, so viel man wollte - wenn es regnet, haben die Leute eben keinen Bock zu kommen, da kann man schreien wie man will.
Meine Stimmung war unterdessen endgültig im Keller. Was tun, um den Tag zu retten? Mit Blick auf die Uhr war ich gezwungen, eine Alternative zu wählen, die für mich eigentlich nur die ultima ratio sein sollte. Ich bestieg den Zug nach Tübingen, um in Nürtingen auszusteigen. So wollte ich das geplante Tageslimit erfüllen.
In Nürtingen angekommen, war es nicht schwer, den Anschluss an den Neckarradweg zu finden. Klasse Beschilderung, eine schöne Tour durch Flusslandschaften und Wiesen. Kurzer Fotostopp in der Tübinger Altstadt, dann weiter nach Rottenburg, der nicht minderschönen Bischofsstadt. Ich erreichte das Ziel ohne nennenswerte Steigungen, sieht man von drei, vier ärgerlichen Hubbeln ab. Aber im Vergleich zum Vortag war das nichts - dachte ich, denn das Beste kommt bekanntlich zum Schluss….
Rottenburg ist wirklich sehr hübsch, und es empfingen mich Orgelklänge aus einer Kirche. Auf den Straßen war niemand zu sehen, und wenn es einer wagte, sich vor die Tür zu wagen, waren dies unsere Neubürger, die mir nicht weiterhelfen konnten. Kurzum: Die Suche nach dem Landgasthof Löwen gestaltete sich etwas schwierig. Also entschloss ich mich, meinem Navigationgerät, das mich in Stuttgart so enttäuscht hatte, noch einmal eine Chance zu geben.
Und ich konnte gar nicht glauben, was das Gerät so alles anzeigte. Steigung, Steigung, Steigung, und jeden, den ich fragte, wusste nicht, wo der Löwe ist. Den klugen Rat, zurück nach Rottenburg zu fahren, befolgte ich glücklicherweise nicht - das wäre komplett falsch gewesen. Im Stadtteil Weiler, in den ich nach einem Mix von Schieben, Strampeln und Fluchen ankam, verließ mich dann auch noch das Navi. Ich machte mich schon auf eine Stornorechnung und eine Nacht im Freien gefasst - und plötzlich stand ich gegen 20.20 Uhr vor dem Gasthof. Das war knapp, weil die Küche bereits um 21 Uhr schloss.
Ich war knapp dran, und um die Situation zu “entkrampfen”, sagte ich der Wirtin “schwer, Sie zu finden”. Die fragte nur: “Wieso?” Meine Antwort: “Es gibt keine Deutsche auf der Straße, die einem den Weg erklären könnten”. Patsch, da war es das berühmte Fettnäpfchen - die Wirtsleut sind Kroaten. Und wenn wir schon mal beim Thema sind: Trotz aller Kritik an der aktuellen Zuwanderungpolitik sollte man die Kehrseite der Medaille verinnerlichen - ohne Italiener, Türken und Kroaten hätte die schwäbische Gastronomie ein echtes Problem. Die deutschen Lokale waren angesichts des verregneten Pfingstwochenendes überwiegend geschlossen.
Zum Thema Landgasthof: Da kann man eigentlich nicht meckern. 44 Euro plus Frühstück kann man eigentlich nicht meckern. Das Zimmer hatte alles, was man braucht - sogar W-LAN war dabei, womit man in traditionellen Landgasthöfen nicht unbedingt rechnen kann. Restaurant war auch ok, doch habe ich andernorts schon ein besseres Preis-Leistungsverhältnis erlebt. Da aber die Küche eigentlich schon zu hatte, wäre es ungerecht, so einen Punkt in die Bewertung mit einfließen zu lassen. Unter dem Strich bleibt die Note 3 als Bewertung für die Nacht im Landgasthof.
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