Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung
   Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung

Bildnachweis: Reinhard Kallenbach. Der Hauptstandort der früheren Kevag (heute Energieversogung Mittelrhein) in der Koblenzer Schützenstraße.

Teil 8

Kommunen am Abgrund?

Ein anderer Versuch einer Bilanz

 

Ein Vorstoß des Kevag-Vorstands Jost Geweke sorgte im Dezember 2006 nicht nur in der Koblenzer Kommunalpolitik für große Unruhe.1 Der neue Mann2 an der Spitze der Koblenzer Elektrizitätswerk und Verkehrs-Aktiengesellschaft hatte angekündigt, dass sein Unternehmen 50 Prozent der Anteile an den Stadtwerken Koblenz übernehmen wolle. Das Angebot klang verlockend: Wollte Kevag doch 100 Millionen Euro für die Beteiligung zahlen. Die Stadt Koblenz, die sich derzeit auf die Bundesgartenschau 2011 vorbereitet, hätte auf einen Schlag ihre größten städtebaulichen Probleme lösen können und eine Beteiligung von 50 Prozent behalten.

 

In der Tat war der Handlungsbedarf groß: Mit dem Zentralplatz präsentierte sich eine der europaweit größten innerstädtischen Brachen, die dringend einer Neuordnung bedurfte. Und allen Beteiligten war klar, dass man mit einem solchen Makel auf keinen Fall Buga-Besucher aus aller Welt hätte empfangen können. Allein vor diesem Hintergrund wäre die Zustimmung der Ratsmitglieder für den Kevag-Einstieg angebracht gewesen,  zumal sich auf den ersten Blick mit dem Einstieg des Strom- und Verkehrsunternehmens wenig geändert hätte – auch an Kevag ist die Stadt Koblenz beteiligt. Dennoch scheiterte Vorstand Geweke mit seinem Vorstoß. Unter den Ratsmitgliedern hatte sich eine fraktionsübergreifende Mehrheit gebildet, die sich dagegen aussprach, nun auch das „Tafelsilber“ der Stadt zu veräußern. Eine Verhandlung und Abstimmung im Rat kam erst gar nicht zustande. Und so gab Oberbürgermeister Dr. Eberhard Schulte-Wissermann nach Rücksprache mit den fünf im Stadtrat vertretenen Fraktionen schließlich bekannt, dass alles beim Alten bleibe.3

 

Nicht-Koblenzer werden sich an dieser Stelle fragen, was der Vorstoß des Kevag-Vorstands mit der kommunalen „Gesundheits-Infrastruktur“ an Rhein und Mosel zu tun hat. Die Antwort auf diese Frage hängt eng mit der Geschichte der Koblenzer Stadtwerke zusammen. Die stadteigene GmbH ist eben viel mehr als die Betreiberin des prosperierenden Rheinhafens im Stadtteil Wallersheim. Der wahre Wert des kommunalen Betriebs liegt in seinen Beteiligungen. So sind die bereits seit 1969 bestehenden Stadtwerke der Hauptgesellschafter der Energieversorgung Mittelrhein (EVM) und der VWM – Vereinigte Wasserwerke.4

 

Mit einer Übernahme der Mehrheit durch die Kevag hätte die Stadt folglich mit einem Schlag ihre Dominanz in elementar wichtigen Gesellschaften aufgegeben. Weil die Stadt an der Kevag zwar beteiligt ist, aber eben keine Mehrheit hält, hätten die Stadt und ihre Aufsichtsgremien mittelbar das Ruder an die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) übergeben.5 Auch Strom-, Gas- und Wasserversorgung für die Stadt wären dann in den Händen der „RWE Group“ gewesen. Und für die komplette Privatisierung der wichtigsten kommunalen Versorgungsdienstleistungen und damit auch die unlösbare Koppelung der öffentlichen Wasserversorgung an die Entwicklungen in der Energiewirtschaft wollte am Ende doch keiner der politisch Handelnden die Verantwortung übernehmen. Außerdem hätte eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse wohl neuen Ärger heraufbeschworen: Auch das Management der EVM wäre mit einer Marktdominanz der Kevag (und damit der RWE-Gruppe) in der Region Mittelrhein nicht glücklich gewesen. Und das mit gutem Grund: Hinter den „Minderheitsgesellschaftern“ Ruhrgas AG und Thüga Beteiligungen AG steht mit E.ON ein weiterer einflussreicher Konzern, der kein Interesse an einer Stärkung der „RWE Group“ in der Region Mittelrhein haben konnte. 

 

Traditionsbruch mit Folgen

 

Nach dem Scheitern des Kevag-Vorstoßes und dem Nein der Entscheidungsträger in Rat und Verwaltung gab es schnell Hinweise darauf, dass die von Michael Hörter (MdL) geäußerten Bedenken gegen das Nein der Stadt nicht von der Hand zu weisen waren. Der damalige Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion hatte auf mögliche Schwerpunktverlagerungen mit gravierenden Folgen für den Standort Koblenz hingewiesen.6 Erste Anzeichen dafür gab es im April und Mai 2007: Im Hause des Strom- und Verkehrsunternehmens wurde zum ersten Mal eine alte Tradition nicht befolgt. Als sich mit dem früheren Leitenden Stadtverwaltungsdirektor Bernd Großer auch der zweite Vorstand der Kevag in den Ruhestand verabschiedete, kam der Nachfolger nicht aus den Reihen der führenden Mitarbeiter der Koblenzer Stadtverwaltung. Ein ungeschriebenes Gesetz wurde damit nicht befolgt, wonach eigentlich die beiden Vorstandsposten der Kevag paritätisch von RWE und Stadt zu besetzen waren.

 

Mit Dr. Karlheinz Sonnenberg kam erstmals ein zweiter Repräsentant des RWE-Konzerns an die Spitze des profitablen Tochterunternehmens. Eine offizielle Begründung für diesen „Traditionsbruch“ gab es nicht. Allerdings kursierte in der Koblenzer Kommunalpolitik das Gerücht, dass sich die von der Stadt gehandelten „Favoriten“ nicht auf das schwierige Energiegeschäft einlassen wollten. Ebenso wahrscheinlich ist die Annahme, dass die Personalentscheidung bei Kevag und RWE im direkten Zusammenhang mit dem Nein von Stadtrat und Stadtvorstand zur Übernahme steht.

 

Bei genauerer Betrachtung der Hintergründe zeigen die Diskussionen rund um die Kevag-Aktivitäten, dass die gängigen Vorurteile über Konzerne und deren Verhalten auf den regionalen Märkten zu kurz greifen. Denn das Vorgehen von Jost Geweke offenbarte noch eine ganz andere Wahrheit, die in der öffentlichen Diskussion gerne unterbewertet wird. Der Vorstand war autorisiert, eine größere regionale Versorgungsallianz zu schmieden, um einerseits Ausbau und Unterhaltung der Versorgungsnetze auch künftig auf hohem Niveau zu garantieren und Kosten zu senken und andererseits einen starken Unternehmensverbund für Strom, Gas und Wasser in der Region Mittelrhein zu schmieden, was auch vor dem Hintergrund einer dezentral aufgestellten Nutzung von regenerativen Energien reizvoll sein könnte.7

 

Mit dem Vorstoß sollte die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass am Ende die regionalen Versorger angesichts der scharfen Vorgaben aus Brüssel unter die Räder kommen – was am Ende auch zu Einbußen bei den Mutterkonzernen geführt hätte. Nicht umsonst hatte Vorstand Geweke stets betont, Synergien aus dem Zusammenführen der regionalen Versorger nutzen zu wollen. Die Argumentation Gewekes zeigte, dass die „RWE Group“ und ihre Tochterunternehmen selbst Schwierigkeiten hatten. Denn paradoxerweise waren durch entsprechende gesetzliche Änderungen genau die Unternehmen gestärkt worden, die vor allem mit französischem Atomstrom arbeiten und selbst keine eigenen oder bestenfalls nur kleine Netze betreiben. Als Musterbeispiel werden immer wieder Anbieter wie „Yello“ genannt, die mehr durch ihre Werbekampagnen von sich reden machen als durch Investitionen.

 

Eigentlich wollte der Gesetzgeber nach entsprechenden Vorgaben der Europäischen Union erreichen, dass der Wettbewerb in der Energiewirtschaft zunahm. Diesem Ansatz lag die Überlegung zugrunde, dass die von den Unternehmen zu zahlenden Nutzungsentgelte für Fremdnetze zu hoch seien. Die Netzbetreiber wurden deshalb verpflichtet, ihre Gebühren zu senken. Für Kevag sah das in der Praxis so aus: Für den Strom, der durch die Netze des Unternehmens floss, musste das Koblenzer Unternehmen spätestens seit Dezember 2006 mit einem rund zwölf Prozent niedrigeren Entgelt rechnen. Die Bundesnetzagentur hatte zu diesem Zeitpunkt die vom Unternehmen beantragten Netzentgelte bereits mit Wirkung vom 1. November 2006 genau um diesen Prozentsatz gekürzt. Die neuen Tatsachen bescherten Kevag Einnahmeverluste in Höhe von mehreren Millionen Euro.8

 

Europäische Union machte Druck

 

Es war nicht das erste Mal, dass Europäische Union und Bundesregierung genau gegen die Energieversorger vorgingen, die alle Leistungen aus eigener Hand anboten und quasi Gebietsschutz genossen. Mit seiner Beschleunigungsrichtlinie von 2003 (2003/55 EG) zur Durchsetzung der Richtlinie 98/30/EG hatte das Europäische Parlament die Versorgungsunternehmen verpflichtet, sich bis spätestens Juli 2007 dem Markt zu öffnen. Diese Vorgaben wurden mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes und der Gründung der Bundesnetzagentur im Juli 2005 relativ schnell in nationales Recht umgesetzt.

 

Die neuen Regelungen gaben dem Staat die Möglichkeit, genau dann in die Netze einzugreifen, wenn es um die Stärkung des Wettbewerbs und die Begrenzung der Marktmacht bestimmter Anbieter ging. Die Unternehmen wurden vom Gesetzgeber verpflichtet, Verträge miteinander abzuschließen. Zudem musste aufgrund der europarechtlichen Vorgaben die Regulierung des Netzentgeltes transparent gestaltet werden. Die nichtstaatlichen Versorger wurden somit verpflichtet, rechtlich selbstständige Firmen für Netz und Vertrieb zu gründen, die – auch wenn es sich um die Durchleitung der eigenen Energie handelte – getrennt abrechnen mussten. Mit diesem Bruch wurde der traditionelle Grundsatz endgültig aufgegeben, diese Unternehmen als „Belohnung“ für die Herstellung einer flächendeckenden und sicheren Versorgung für jedermann aus den Kartellbestimmungen herauszunehmen.9

 

Die Trennung von Vertrieb und Netz, die bei der Kevag nach langer Vorbereitung bereits zum 1. Januar 2005 mit der Geschäftsaufnahme der Netzgesellschaft Kevag Verteilnetz GmbH (KVN) vollzogen wurde, war mit immensen Kosten verbunden, ohne dem Kunden Vorteile zu bringen. Das Beispiel zeigt, dass der Gesetzgeber nicht den Markt gestärkt, sondern vor allem die regionalen Versorger durch zusätzliche Auflagen geschwächt hatte, während die großen Anbieter mit eigenen Kraftwerken ihren Mehraufwand fast beliebig auf den Strompreis umlegen konnten. Angesichts dieser Realitäten rechnete man bei der Kevag sicherheitshalber vor, dass die hohe Qualität der Versorgungsnetze auf Dauer nicht zu halten war – und das, obwohl das Unternehmen, das selbst nur in kleinen Mengen Strom herstellt10, bereits jetzt zu den relativ teuren Anbietern in Deutschland gehört.11 Das bestätigte auch eine Zusammenstellung des Heidelberger Branchendienstes „verivox GmbH“. Demnach hätte ein Privatkunde theoretisch die Wahl unter 25 günstigeren Anbietern, wobei allerdings der Unterschied zwischen den günstigen zu den etwas teureren Anbietern lediglich im Bereich von 50 bis 70 Euro jährlich lag.12

 

Varianten des Verdrängungswettbewerbs

 

Die allgemeinen Entwicklungen zuungunsten von regionalen Anbietern zwangen die Kevag, den neuen gesetzlichen Regelungen folgend, außerhalb des eigentlichen Geschäftsbereiches aktiv zu werden. So gewannen die Koblenzer eine Ausschreibung der Philipps-Universität Marburg und schlugen damit die schwächeren örtlichen Stadtwerke, die sich mit einem schlechteren Angebot beworben hatten. Zumindest in diesem Fall wurde eine salomonische Lösung gefunden. Ergebnis: Der Strom kommt seit 2006 aus Koblenz, die örtlichen Stadtwerke bleiben quasi als Betriebsführerin für die Kevag auf dem Universitätsgelände im Geschäft.13

 

Dennoch zeigt das Beispiel, dass die neuen Vorgaben aus Brüssel und Berlin – verbunden mit dem Zwang, Leistungen europaweit auszuschreiben – vor allem aus regionaler Sicht zu einem harten Verdrängungswettbewerb geführt haben. Auch aus nationaler Perspektive sind die neuen Vorgaben mehr als fragwürdig, weil sie Fusionen forcieren, die nun eine derartige Größenordnung erreichen, dass sie mit den bisherigen Instrumenten öffentlicher Aufsicht nicht mehr zu kontrollieren sind. Ein Alarmsignal ist die Tatsache, dass der RWE-Konzern im Mai 2007 selbst als heißer Übernahmekandidat gehandelt wurde. Und auch die Vermutung, dass der größte Interessent ausgerechnet der französische Staatskonzern Eléctricité de France (EdF) sein soll, verwundert beim Blick auf die jüngsten gesetzlichen Vorgaben nicht.14

 

Auch die Energieversorgung Mittelrhein musste sich wegen der neuen gesetzlichen Vorgaben neu aufstellen und Vertrieb und Netz voneinander trennen. Am 1. Januar 2007 nahm die neue Netzgesellschaft der EVM die Arbeit auf. Bislang scheint der Kunde von der Trennung sogar profitiert zu haben, senkte die EVM ihre Gebühren doch bereits zum 1. Mai 2007. Beim Blick auf die Preisentwicklungen der Energiemärkte in jüngerer Vergangenheit muss jedoch bezweifelt werden, dass das Koblenzer Unternehmen die Preissenkung auf Dauer durchhält. Außerdem ist zu befürchten, dass sich die von Berlin und Brüssel verordnete „Transparenz“ langfristig nachteilig auf die Qualität der Versorgung mit Gas und Wasser auswirkt. Allerdings soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass seitens des Gesetzgebers durchaus Handlungsbedarf bestand. So meldete das Bundeskartellamt noch Anfang 2007 bei den deutschen Gasversorgern Preisunterschiede bis zu 50 Prozent.15

 

Regionale Versorger als Verhandlungsmasse?

 

Da die allgemeinen Kostenentwicklungen nicht vollständig über die durch die zuständigen Ministerien in den Ländern „gedeckelten“ Gebührenerhöhungen abgefangen werden können, kann die allgemeine Kostenentwicklung für die regionalen Versorger perspektivisch nur über eine Verringerung der Investitionen aufgefangen werden. Eine Kostprobe in bislang unbekannter Dimension erlebten viele Deutsche mit dem ersten grenzübergreifenden Stromausfall vom 4. November 2006, für den schließlich E.ON verantwortlich gemacht wurde. Allerdings dürften sich solche Szenarien im Bereich der Gas- und Wasserversorgung in der Region Mittelrhein zumindest mittelfristig nicht wiederholen, weil gerade in den beiden vergangenen Jahrzehnten enorme Summen in die Erneuerung der Versorgungs-Infrastruktur gesteckt wurden und die Erneuerungsphase noch längst nicht abgeschlossen ist. Doch trotzdem gehören diese beiden Bereiche zu den Themen, die den Verantwortlichen eines Tages großes Kopfzerbrechen bereiten dürften: Angesichts der weltweiten Entwicklungen droht der öffentlichen Kontrolle über das wichtigste Lebensmittel künftig eine mächtige, finanziell sehr gut ausgestattete Konkurrenz.

 

Nie war die Gefahr größer, dass die gut aufgestellte Wasserversorgung in Deutschland quasi als „Dreingabe“ beim Verkauf von Versorgern verschleudert oder als Verhandlungsmasse hin- und hergeschoben wird, was durch die Unterbewertung deutscher Unternehmen und großzügige steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten für in- und ausländische Firmen in der Bundesrepublik sogar noch gefördert werden könnte.16 Bei dieser Prognose dürfen jedoch die aktuellen Gegebenheiten nicht übersehen werden, die die Dinge (noch) weniger dramatisch erscheinen lassen. In Deutschland gibt es nämlich rund 7000 Wasserversorgungsunternehmen, die sich überwiegend im kommunalen Eigentum befinden und darüber hinaus durch Gebietsmonopole geschützt sind. Angesichts der Fragmentierung der ursprünglich16 großen ostdeutschen Wasserversorger in rund 1000 kommunale Unternehmen drängt sich sogar der Eindruck auf, dass keine Gefahr besteht. Aber: Mit einem Umsatz von rund 17 Milliarden Euro im Wasser- und Abwassersektor ist der deutsche Markt der größte in Europa. Dazu kommt, dass zwei Prozent der größten Anbieter rund 50 Prozent des Wassers fördern, während die 50 Prozent der kleineren Betriebe lediglich 2,5 Prozent des deutschen Trinkwasserdargebots bereitstellen.17

 

Dieses Missverhältnis legt die Vermutung nahe, dass gerade die kleineren Betriebe aus wirtschaftlicher Sicht keine Entwicklungsmöglichkeiten haben. Um bessere Perspektiven zu erhalten, kommt neben den bereits genannten Wassergenossenschaften (vgl. S. 382) die Suche nach starken Partnern infrage, die eben durchaus aus dem privaten Sektor kommen können. Der Nachteil der „privaten“ Variante: Diese sind nicht nur gezwungen, kostendeckend zu arbeiten und Rücklagen für Investitionen zu bilden, sondern auch noch die Bedürfnisse von Gesellschaftern und Aktionären zu befriedigen.

 

Liberalisierung der Märkte und die Folgen

 

Trotz der klar ersichtlichen Nachteile der „privaten Variante“ für die Verbraucher und ihre elementaren Bedürfnisse gehen Experten davon aus, dass die Vormacht staatlicher und kommunaler Versorger perspektivisch gebrochen wird.18 Dafür könnte vor allem das Allgemeine Abkommen über den Dienstleistungsverkehr (GATS-Abkommen) sorgen, das von der Welthandelsorganisation erarbeitet (WTO) und Vorrang vor allen anderen Gesetzen und internationalen Abkommen hätte – wenn es erst einmal gültig wäre. Zwar wurden die Grundzüge des Abkommens bereits 1995 auf den Weg gebracht, doch ist der seit 2000 laufende Prozess der Ergänzung durch die WTO-Mitglieder immer noch nicht abgeschlossen.

 

Anders als erwartet, kam es am Ende der WTO-Konferenz in Hongkong am 19. Dezember 2005 nicht zum erhofften Abschluss.19 Das liegt sicherlich auch an der gewaltigen Tragweite des Abkommens, das nicht nur von US-Finanzinvestoren, sondern auch von der Bundesregierung gewünscht wird. Bereits in ihrer Imagebroschüre hatte „Omnibus – gemeinnützige GmbH für Direkte Demokratie“ wie folgt auf die „Nebenwirkungen“ von GATS hingewiesen: „Umweltabkommen oder selbst die Menschenrechte können so zur Makulatur werden. Fast alle Lebensbereiche wie Bildung, Gesundheit, Soziales, Landwirtschaft, Energieversorgung, Trinkwasser, geistige Eigentumsrechte usw. würden unter Profitmaximierungsgesichtspunkten zur Handelsware. […] Die sogenannte Daseinsfürsorge, d. h. das öffentliche Eigentum, ist sowohl vom Grundgesetz als auch vom Europäischen Grundlagenvertrag ausdrücklich in die Hoheit der Kommunen gelegt worden. Es handelt sich dabei schließlich um die Lebensgrundlagen eines Gemeinwesens, die von den Bürgern gemeinsam geschaffen wurden und Gemeineigentum sind. Für eine begrenzte Amtszeit gewählte Politiker dürfen dieses Gemeineigentum höchstens treuhänderisch verwalten, es gehört ihnen nämlich nicht. Nun sind die Gemeinden in Deutschland aus strukturellen Gründen in einer verzweifelten Haushaltslage […] und gehen dazu über, alles, was nicht niet- und nagelfest ist, zu verhökern, um ihren Haushalt aufzupäppeln. Dabei vergreifen sie sich an Stadtwerken, Abwassersystemen, Müllverbrennungsanlagen, Straßen und Plätzen, öffentlichen Nahverkehrsmitteln, Messehallen und sogar am Trinkwasser.“20

 

Trotz der zweifellos drohenden Gefahren des Überhandnehmens freier Märkte hält sich die Kritik in der Öffentlichkeit in Grenzen. Das dürfte vor allem daran liegen, dass viele Medien das Thema nur marginal aufgegriffen haben, was bei näherer Betrachtung nicht sonderlich verwunderlich ist. Sie sind meist selbst Teil überregional agierender Konzerne, die durch die Privatisierung staatlicher Dienstleistungen – etwa in den Bereichen Telekommunikation und Post – kräftig mitverdienen wollen. Dabei müssten sie als „Anwälte der Verbraucher“ streng genommen täglich über mögliche dramatische Folgen für den Verbraucher und damit letztendlich für die Volkswirtschaft berichten: Die Gebühren könnten zukünftig nämlich immer dann erhöht werden, wenn der jeweils neue Inhaber das eingesetzte Kapital schnell und mit hoher Rendite wieder einspielen will. Das würde heißen, dass das Geld für die Unterhaltung öffentlicher Netze fehlt. Wie bereits zu Beginn vorliegender Studie geschildert, hat Albrecht Müller die wenig erfreulichen Zukunftsaussichten am Berliner Beispiel herausgearbeitet.

 

„Trinkwasser privat“ an den Beispielen E.ON und RWE

 

Trotz der düsteren Prognosen zeichnet sich derzeit rund um das Trinkwasser eher eine uneinheitliche Entwicklung ab. So wurde die 1887 gegründete „Gelsenwasser AG“ nach dem Ausstieg von E.ON rekommunalisiert. Der Energieriese verkaufte seinen Anteil von 80,5 Prozent an ein Gemeinschaftsunternehmen der Stadtwerke Bochum und Dortmund. Der Kaufpreis betrug stolze 835 Millionen Euro.21 Und auch in der „RWE Group“ musste man erkennen, dass eine Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen nicht zwangsläufig die Perspektive auf eine goldene Zukunft eröffnet. Diese schmerzliche Erfahrung machten die Manager des deutschen Energieriesen ausgerechnet in England. Nach der Übernahme der Londoner „Thames Water“ (2001) stellte sich nämlich heraus, dass das zum großen Teil aus dem 19. Jahrhundert stammende Netz des Londoner Wasserversorgers mit einer Gesamtlänge von 32.000 Kilometern derart marode war, dass es nur mithilfe eines Fünfjahresprogramms und Investitionen von mehr als vier Milliarden Pfund wieder auf Vordermann gebracht werde konnte.

 

An diesem Beispiel offenbarte sich die eigentliche Misere von Privatunternehmen, wenn sie die Bevölkerung flächendeckend versorgen müssen: Hohe Gewinne zur Befriedigung der Wünsche von Teilhabern können in den Bereichen der Grundversorgung auf Dauer nur zulasten der Qualität erwirtschaftet werden. Die RWE-Manager hätten eigentlich gewarnt sein müssen: Bereits in den 1990er-Jahren häuften sich die Pressemeldungen über die maroden Versorgungssysteme in England und Wales. Und Thames Water war erst 1989 unter maßgeblichem Einfluss der damaligen Regierungschefin Margaret Thatcher als „Limited“ mit dem Ziel gegründet worden, privates Kapital für die Sanierung der Leitungen zu mobilisieren. Das änderte nichts an der Tatsache, dass beim Einstieg des RWE-Konzerns immer noch 30 Prozent des Wasserdargebots im Erdreich versickerte.

 

Die Essenener Manager gaben schließlich auf und verkauften am 1. Dezember 2006 an Kemple Water, ein Finanzkonsortium unter Führung eines australischen Finanzinvestors. Immerhin schrieben sie keine roten Zahlen, sondern schlossen unter dem Strich mit einem Plus von 700 Millionen Euro ab, was wohl vor allem darauf zurückzuführen ist, dass Thames Water als international aktives Unternehmen zu den größten Wasserversorgern überhaupt gehört.22

 

Über Verschwendung und „grüne“ Investments

 

Dass die Mängel der privatwirtschaftlich organisierten Wasserversorgung schon früh erkennbar waren, hat sich das „englische Modell“ bis heute noch nicht durchgesetzt. Sogar in den USA, dem Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch, sind privat organisierte Wasserverbraucher noch eine Ausnahmeerscheinung. Der mit Abstand größte Teil des Bedarfs wird über insgesamt rund 4000 kommunale Versorger sichergestellt, die zu moderaten Tarifen ein Wasserdargebot präsentieren, das geradezu zur Verschwendung motiviert (der Anteil von privaten Unternehmen an der Trinkwasserversorgung liegt bei nur fünf Prozent). So sind die Kalifornier mit einem täglichen Pro-Kopf-Verbrauch von 500 Litern die unangefochtenen Weltmeister. Und angesichts dieser immensen Abgabemengen dürften auch die regionalen Versorger wirtschaftlich gut aufgestellt sein.23

 

Angesichts des hohen Trinkwasserbedarfs in den USA und in anderen Industrieländern dürfte folgende Bilanz von Friedrich Wissing und Karlfriedrich Hofmann den Nagel auf den Kopf treffen: „Tropfen für Tropfen wird Wasser zu einem seltenen Gut. Zwar regnet und fließt Wasser immer nach den Gesetzen der Natur, doch gibt es keinen Bereich, in dem es nicht auch nach den Gesetzen der Marktwirtschaft fließt. Natürlich trinkbares Wasser ist rar. Es muss aufbereitet werden, um trinkbar zu sein. So wird es teuer.“24

 

Diese schlichten Zusammenhänge lassen Analysten auf einen gewaltigen Zukunftsmarkt hoffen, in dem das Trinkwasser zu einem Produkt wird, das große Unternehmen durchaus beflügeln kann. Nicht umsonst widmete die Deutsche Bank in der Sommerausgabe 2006 ihres Kundenmagazins dem Thema der privaten Wasserversorgung einen Beitrag und kündigte beste Perspektiven für Anleger an. Dabei lag der Schwerpunkt nicht in Europa, sondern vor allem in den Schwellenländern, in denen die Qualität der Wasserversorgung nur mit erheblichen Investitionen verbessert werden kann. Dazu passt ein Bericht des „Manager-Magazins“, der unter dem Eindruck der jüngsten Katastrophenmeldungen über den Klimawandel dem zunehmenden Interesse von „Anlagestrategen“ in global agierenden Finanzhäusern an alternativen Investments unter dem Titel „Grüne Zahlen“ einen ausführlichen Bericht widmete.25

 

Das Kalkül der Analysten ist einfach: Der immense Kapitalbedarf kann nur über den internationalen Finanzmarkt gedeckt werden. Und wer seine Ersparnisse investiert, kann vom prognostizierten Wachstum profitieren. Für die Kritiker funktioniert dieses System aber nur auf Kosten eines gigantischen Raubbaus an der Umwelt, und sie nennen dabei exemplarisch die intensive Nutzung der Grundwasservorkommen, deren Fehlentwicklung vor 200 Jahren in Europa begann. Zu den bekanntesten Kritikern gehörte Friedrich Stowasser alias Friedensreich Hundertwasser (1928–2000). Der Künstler nahm bekanntlich kein Blatt vor den Mund und kritisierte bereits 1980: „Wir begehen Selbstmord. Unsere Städte sind Krebsgeschwüre. Von oben sieht man das ganz genau. Wir essen nicht das, was bei uns wächst, wir holen Essen von weit her, aus Afrika, Amerika, China und Neuseeland. Die Scheiße behalten wir nicht. Unser Unrat, unser Abfall wird weit weggeschwemmt, wir vergiften damit Flüsse, Seen oder Meere oder wir transportieren sie in hochkomplizierte, teure Kläranlagen, selten in zentralisierte Kompostierfabriken, oder aber unser Abfall wird vernichtet. Die Scheiße kommt nie auf unsere Felder zurück, auch nie dorthin, wo das Essen herkommt. Der Kreislauf vom Essen zur Scheiße funktioniert. Der Kreislauf von der Scheiße zum Essen ist unterbrochen.“26

 

Aussagen wie diese berücksichtigen die Tatsache nicht, dass sich das Bild der Ver- und Entsorgung in deutschen und europäischen Kommunen gerade im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts zum Besseren gewandelt hat und die positiven Entwicklungen auf jeden Fall in den Schwellenländern und langfristig vielleicht auch in der Dritten Welt ankommen werden. In einem Punkt haben die Kritiker jedoch recht – die Zahlen über die auf die schlechten Lebensbedingungen zurückzuführenden Krankheiten sind wenig ermutigend.

 

„Renaissance“ der Infektionskrankheiten

 

In der Weltgesundheitsorganisation rechnete man für das Jahr 2000 vor, dass Malaria und Tuberkulose in jeder Stunde nahezu 700 Opfer fordern – das sind insgesamt mehr als sechs Millionen Menschen jährlich. Und auch die Ära der gefährlichen Darm-Infektionen ist noch längst nicht vorbei. Überall dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, droht Gefahr, selbst wenn man peinlich auf Sauberkeit achtet. So hatte Anfang Dezember 2006 ein Passagier das Noro-Virus an Bord der „Freedom of the Seas“ eingeschleppt. „Bild“ meldete, dass auf dem größten Kreuzfahrtschiff der Welt 3800 Menschen am tückischen Brechdurchfall erkrankt waren.27 Auch Deutschland war von der Krankheit betroffen, die besonders ältere Menschen und Kinder gefährdet. Ein Schwerpunkt lag in Hessen. In einem Frankfurter Altenheim sollte später sogar eine Bewohnerin an den Folgen der Infektionskrankheit sterben.28

 

Als das Magazin „Bild am Sonntag“ angesichts des ausgefallenen Winters 2006/2007 mit „Erste Tropenkrankheiten da“ titelte und im Untertitel gleich mit den Schlagworten „Karibische Killerbakterien in der Ostsee – schon drei Opfer – Malaria-Mücken in NRW und Bayern – Umweltminister Gabriel: Wir müssen dringend handeln“ weitermachte29, fühlte man sich in die Hochzeiten der Cholera zurückversetzt. Die Zunahme der internationalen Handelsbeziehungen und das Aufkommen schnellerer Verkehrsmittel hatten schon damals – übrigens unabhängig vom Wetter – für eine Verbreitung in weiten Abschnitten des eurasischen Kontinents gesorgt. Seitdem ist die Gefahr, unbekannte Infektionen zu „importieren“, nicht geringer geworden. Im Gegenteil: Die Menschen sind noch mobiler und vor allem unvorsichtiger geworden. „[..] Das Seuchenproblem ist vorwiegend von Menschen gemacht. Es ist eine Konsequenz unseres Handelns und wird befördert durch eine erhöhte globale Mobilität, Auswüchse wie Sextourismus oder einen internationalen Tierhandel, die alle zusammen dazu beitragen, dass krank machende Mikroben heute gleichsam zu Füßen liegen […]“, so warnten die Autoren der Publikation „Die Macht der Seuchen“ von 2002.

 

Die Autoren wiesen auf eine weitere Tatsache hin: Die sozialen Probleme, die bereits Rudolf Virchow als Hauptursache von Epidemien ausgemacht hatte, wurden nicht gelöst, sondern in andere Länder und Kontinente verlagert. Immer noch sind vielerorts die Lebensbedingungen für Menschen unwürdig, und nach wie vor können sich die armen Schichten die rettenden Medikamente nicht leisten.30

 

Prof. Dr. Reinhard Kurth ging sogar so weit, in seinem Vorwort von einer Renaissance der Seuchen zu sprechen. Der Präsident des Berliner Robert-Koch-Instituts hatte für diese Annahme gute Gründe: War es Anfang der 1950er-Jahren gelungen, mit der Entwicklung von Antibiotika den alten Plagen wie Tuberkulose, Typhus und Cholera ihren Schrecken zu nehmen, endete die Ära des wissenschaftlichen Triumphs und der Sorglosigkeit  gut 30 Jahre später. Die Immunschwächekrankheit Aids und die Verbreitung der Bovinen Spongiformen Enzephalopathie (BSE), besser unter dem Schlagwort „Rinderwahn“ bekannt, sollte die Wissenschaft vor neue, bis jetzt nicht gelöste Rätsel stellen, da sie mit einer gänzlich neuen Klasse von Erregern – den sogenannten Prionen – konfrontiert wurde. Dazu kommt, dass es für viele der alten Geißeln auch in unserer Zeit noch keinen Impfstoff gibt, der flächendeckend eingesetzt werden könnte. Trotz der intensiven Bemühungen der jüngsten Vergangenheit gilt dies zum Beispiel auch für die Malaria.31

 

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass die Diskussion über neue Infektionskrankheiten oft hysterisch geführt wird. Man denke nur an die Vogelgrippe, deren erste Vorboten im März 2006 auch in Deutschland nicht zu übersehen waren. Auch wenn die Vogelgrippe hierzulande keine dramatischen Folgen hatte, wurde der Öffentlichkeit bewusst, dass eben nicht nur in Ländern der Dritten Welt die Gefahr akut ist, an gefährlichen Infektionen zu erkranken. Angesichts spektakulärer Fernsehbilder wird gerne übersehen, dass die tatsächliche Bedrohung sehr viel unspektakulärer ist. So warnen Mediziner immer wieder vor dem übermäßigen Einsatz von Antibiotika, weil Bakterien zunehmend resistenter werden und somit die Infektionsgefahr auch in Europa steigt. Seit ungefähr 25 Jahren wird in Krankenhäusern die Bildung von neuen Bakterienstämmen beobachtet, gegen die gängige Antibiotika nicht mehr wirken. Angesichts dieser Tatsache verwundert es nicht, dass Reinhard Kurth auf einen weltweiten Anstieg der Infektionen hinwies.32 Die Gründe hierfür sind vielfältig.

 

Unbestritten ist, dass die neuen Megastädte in den Entwicklungsländern Gefahrenquellen ersten Ranges sind. Und wieder tauchen die alten Probleme auf, mit denen man bereits im 19. und frühen 20. Jahrhundert konfrontiert wurde. Erneut liegen die Gefahren in der schlechten Trinkwasserversorgung und im Fehlen einer vernünftigen Abwasserbehandlung. Beide Probleme sind angesichts des unkontrollierten Städtewachstums der jüngsten Vergangenheit kaum lösbar.33

 

In den vergangenen Jahren gelang es, eine globale Allianz gegen die gefährlichen Infektionen zu schließen. So erreichte die Weltgesundheitsorganisation in Genf, dass ein weltweites Überwachungssystem eingerichtet wurde, zu dem ein Netzwerk von Wissenschaftlern aus den unterschiedlichsten Disziplinen gehört. Heute ist es möglich, die Megastädte intensiv zu beobachten und gegebenenfalls frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten.34 Dennoch wird es wohl nie gelingen, die Gefahr von Epidemien gänzlich einzudämmen. Im Gegenteil: Auch die schon lange bekannten Infektionskrankheiten wie Tuberkulose haben Hochkonjunktur. Zwar wurde die Krankheit weitestgehend aus unseren Breiten zurückgedrängt, doch ändert das nichts an der Tatsache, dass derzeit in jedem Jahr weltweit zwei Millionen Erwachsene an Tbc sterben – und das, obwohl die Krankheit heute heilbar ist. Das Problem ist nur, dass jeder dritte Mensch den Erreger in sich trägt. Es gibt allerdings unterschiedliche Verteilungen. So sind in der Dritten Welt bis zu 90 Prozent der Menschen Träger von Tbc. Wird der Organismus durch Krankheiten oder Unterernährung geschwächt, explodiert eine „tickende Zeitbombe“.

 

1999 warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davor, dass sich Tbc mit rasantem Tempo ausbreitet. Und da sich seitdem die soziale Lage vieler Menschen verschlechtert hat, ist auch nicht mit einer Verlangsamung des Tempos zu rechnen. Mehr noch: Aids- und Tbc-Erreger können eine verheerende Allianz eingehen.35 Auch Deutschland ist nicht sorgenfrei. Das New Yorker Beispiel hat gezeigt, dass sich die Krankheit vor allem bei den ärmeren Schichten schnell zu einer Epidemie ausweiten kann. Und auch hierzulande ist Tbc noch längst nicht ausgestorben, vor allem deshalb, weil nicht selten aus Krisen- und Kriegsgebieten zugereiste Ausländer unter Tuberkulose leiden. Dazu kommt, dass Arbeitslose, Empfänger von Sozialhilfe und Obdachlose infolge schlechter Lebensumstände erkranken.36

 

Auch die Cholera ist noch längst nicht am Ende. Im Gegenteil: Überall wo Kriege, Krisen und schlechte Lebensbedingungen herrschen, kann die Seuche schnell ausbrechen, wobei sich Afrika als Schwerpunkt herauskristallisiert hat. Inzwischen steht auch fest, dass die Krankheit variantenreicher ist als ursprünglich angenommen. Bekanntlich reichten die Beobachtungen von Robert Koch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht mehr aus. Heute wissen wir, dass es verschiedene Spielarten des Cholera-Erregers mit unterschiedlicher Gefährlichkeit gibt.37

 

Die Tendenz zum interkontinentalen Transport von Lebensmitteln könnte die Gefahr bergen, dass sich die Cholera auch dort wieder festsetzen könnte, wo sie eigentlich als besiegt gilt. So wurden bereits Einzelfälle in Osteuropa beobachtet. Schon länger ist bekannt, dass der Verzehr von rohem Fisch, der in Küstennähe gefangen wurde, zur Verbreitung des Erregers beitragen kann. Diese Fakten zeigen: Die Cholera ist längst kein afrikanisches Problem mehr. Bei der WHO war schon im Jahr 2000 von einer zunehmenden neuen Welle einer Pandemie die Rede, die auf Dauer nicht durch die weitgehend wirkungslose Impfung, sondern nur über die Lösung der sozialen Probleme besiegt werden kann.38 Doch genau das scheint in einer Zeit, in der das freie Spiel der Kräfte immer noch als Allheilmittel gesehen wird, nur schwer möglich zu sein.

 

Der „neue Geist“ ist fest in den Führungsetagen international operierender Unternehmen verwurzelt, was das „Gastspiel“ von Dr. Josef Ackermann in der Koblenzer Falckenstein-Kaserne am 15. März 2007 eindrucksvoll belegte. Auf Einladung des Sanitätsführungskommandos referierte der Chef der Deutschen Bank über die positiven Auswirkungen der Globalisierung. Sein Plädoyer für den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen, der durch eine internationale Sicherheitspolitik zu sichern ist, war nichts anderes als ein Bekenntnis zu völlig liberalisierten Märkten nach westlichem Vorbild – die notfalls mit militärischen Mitteln verteidigt werden müssen.39 Angesichts dieser Aussagen hört sich folgender Auszug aus Michael Thompsons „Theorie des Abfalls“ wie eine Utopie aus den Hochzeiten der Romantik an: „[…] Das wachsende Interesse für Ökologie, Verschmutzung und Energieeinsparung macht Abfall zwangsläufig offenkundig und ermöglicht es, dass sich die prestigereichste aller Konsumptionsaktivitäten, der auffällige Nicht-Konsum, entwickelt. Daher also die Komposthaufen, die makrobiotischen Nahrungsmittel, die kleinen französischen Autos, die Liebe zu den Bäumen und die Bauernhäuser derjenigen, deren Einkommen und Bildungsniveau so beschaffen ist, dass wir sie nicht einen Moment mit primitiven Bauern verwechseln könnten. […]“40

 

Ging Thompson davon aus, dass Status und Macht auseinanderstreben, sehen die Dinge ein Vierteljahrhundert danach ganz anders aus. Wer Einfluss besitzt, zeigt gerne, was er hat. Das zunehmende Interesse am Umweltschutz, das in den frühen 1980er-Jahren viele Menschen bewegte, scheint stark zurückgegangen zu sein. Das liegt sicherlich auch daran, dass man viele der in Deutschland und Europa grassierenden Umweltprobleme inzwischen in den Griff bekommen hat. Vorliegende Studie hat gerade am Koblenzer Beispiel die erheblichen Verbesserungen in den Bereichen Trinkwasser, Abwasserentsorgung und Abfallwirtschaft aufgezeigt.

 

Kommunen als Unternehmer

 

Die Entwicklung der „Gesundheits-Infrastruktur“ kannte bis zu Beginn der 1990er-Jahre eigentlich nur eine Richtung – aufwärts. Seitdem hat der finanzielle Druck auf die Kommunen derart zugenommen, dass sich in Ämtern und gemeindeeigenen Betrieben das betriebswirtschaftliche Denken durchgesetzt hat. An die Stelle von Regiebetrieben, die über den kommunalen Haushalt abgerechnet wurden, sind Eigenbetriebe getreten, die arbeiten wie privatwirtschaftlich organisierte Unernehmen. Das heißt: Diese Betriebe müssen Gewinne erwirtschaften oder zumindest in der Lage sein, laufende Kosten und nach Möglichkeit auch die Investitionen zu erwirtschaften. Die Abkoppelung der Eigenbetriebe hat den Vorteil, dass diese nun eigenverantwortlich handeln und haushalten können. Die typische Rechtsform dieser Unternehmen ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder im Falle der Kliniken die gemeinnützige GmbH.

 

Der Nachteil von Eigenbetrieben ist, dass sie theoretisch ein „Eigenleben“ führen könnten. Da sie privatwirtschaftlich organisiert sind, ist der Einfluss von Stadt- und Gemeinderäten und Stadträten begrenzt. Und auch die jeweils zuständigen Dezernenten hätten keine Einflussmöglichkeiten mehr. Um genau dies zu verhindern, wurden den kommunalen Gesellschaften Aufsichtsgremien zur Seite gestellt, die sonst meist aus dem Bereich der Aktiengesellschaften bekannt sind. In den Aufsichts- und Verwaltungsräten sind genau die führenden Repräsentanten aus den „kommunalen Parlamenten“ und der Verwaltungsspitze vertreten. Diese Kontrollgremien sind auch dazu da, Übernahmen von dritter Seite nach Möglichkeit zu verhindern. Wie am Koblenzer Beispiel deutlich wurde, gibt es zurzeit in der Stadt keine Mehrheit für die Privatisierung kommunaler Dienstleistungen durch die Beteiligung von nichtöffentlichen Investoren.41

 

Beim Blick auf die Entwicklungen in der Stadt Koblenz und im Landkreis Mayen-Koblenz fällt auf, dass die Bildung von gemeindeeigenen, aber privatwirtschaftlichen Eigenbetrieben eine relativ neue Entwicklung ist, die – sieht man einmal von den Stadtwerken ab – etwa in der Mitte der 1980er-Jahre einsetzte. Wie der Bereich Abfallwirtschaft zeigte, war es nicht das Ziel, angesichts des drohenden Müllkollapses und der damit einhergehenden millionenschweren Ausgaben private Investoren anzulocken. Vielmehr steht die Gründung des Deponie-Zweckverbands „Eiterköpfe“ (1986) für die Tatsache, dass keine Gemeinde mehr das Müllproblem im Alleingang lösen konnte. Der DZV steht somit beispielhaft für die zunehmende Bedeutung der interkommunalen Zusammenarbeit.  Die Kooperation wurde dadurch erleichtert, dass auch die Müllversorgung in Koblenz nach dem Beispiel privater Betriebe geordnet wurde.

 

In die Zeit des neuen Abfallwirtschaftskonzeptes und die Einrichtung des Zwecksverbands fällt auch die Gründung des Koblenzer Entsorgungsbetriebs. Fast gleichzeitig beginnt die interkommunale Zusammenarbeit in der Trinkwasserversorgung. Die Gründung der Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein (1986) war vor allem dadurch motiviert, Versorgungsengpässe durch ein gemeindeübergreifendes Verbundsystem zu beheben. Durch die Bildung einer großen Versorgungseinheit, die von Vallendar über Koblenz bis nach Lahnstein reichte, konnte auch der laufende Betrieb wirtschaftlicher gestaltet werden. Dazu gehörte auch die Einbindung der Versorgungsanlagen in ein überörtliches Netzwerk, mit dessen Hilfe sich die Wasserversorger im Großraum Koblenz gegenseitig unterstützten.

 

Relativ spät wurde dagegen die Koblenzer Stadtentwässerung neu organisiert. Das lag vor allem daran, dass die erforderlichen Investitionen des Kanalnetzes so erheblich waren, dass sie unmöglich allein über die Ausbaubeiträge der Anlieger und Gebühren hätten finanziert werden können. Als der Eigenbetrieb Stadtentwässerung zum 1. Januar 1996 gegründet wurde, waren wesentliche Vorgaben des Hauptentwässerungsentwurfs bereits umgesetzt. Auch das erweiterte Klärwerk lief zu diesem Zeitpunkt bereits seit fünf Jahren. Trotz dieser Tatsachen sollte nicht vergessen werden, dass auch die neue Gesellschaft millionenschwere Investitionen tätigen musste. Ein Grund dafür waren die neuen gesetzlichen Vorgaben, die nun auch eine Behandlung des Regenwassers und damit den Bau teurer Regenüberlaufbecken erforderlich machten. Dazu kamen Ausbaumaßnahmen in den Neubaugebieten und umfassende Sanierungsmaßnahmen.

 

Vor allem die Stadtteile auf der rechten Rheinseite zeigten, dass die Kanalbauprojekte der 1950er-Jahre völlig unzureichend waren. Und auch die von Ingenieur Adolf André konzipierte „Urkanalisation“ im Innenstadtbereich steht zunehmend auf dem Prüfstand. Da im Vorfeld der Bundesgartenschau 2011 wichtige Achsen wie Schlossstraße und Löhrstraße neu gestaltet werden mussten, nutzte man gleichzeitig die Gelegenheit, alte Kanäle und Hausanschlüsse zu erneuern. Die Arbeiten sind gerade deshalb langwierig und teuer, weil man dabei in Tiefen von bis zu sechs Metern vordringen muss.

 

Das aktuellste Kapitel in der Geschichte der Koblenzer Eigenbetriebe ist der Prozess, der schließlich zur Gründung des Gemeinschaftsklinikums Koblenz-Mayen führte. Auch hier war es das Gebot zur Wirtschaftlichkeit, das schließlich zu einer interkommunalen Zusammenarbeit zwang. Das Hauptmotiv für die Gründung des Gemeinschaftsklinikums waren die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Krankenhäuser seit den 1990er-Jahren dazu zwangen, Schwerpunkte zu bilden. Aus Kostengründen wollte man verhindern, dass verschiedene Spezialdisziplinen an einem Ort doppelt vertreten waren. Mit diesem Prozess gingen eine Stärkung der ambulanten Behandlung und der Abbau von Krankenhausbetten einher. Dazu kamen Veränderungen in den Abrechnungssystemen, sodass die Krankenhäuser mit einer völlig neuen Situation konfrontiert waren.

 

Hatten die Kliniken in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren wegen fehlender Vorgaben nur wenig Anlass, dem Thema Kostenkontrolle Priorität einzuräumen, sollte sich das nun ändern.42 Um eine bessere Auslastung zu erreichen und zum Beispiel Kosten im Einkauf oder bei der Beschaffung von Geräten zu sparen, wurden nun mögliche Kooperationspartner gesucht. Da es in Koblenz aufgrund der Unterschiede in der Trägerschaft nur schwer möglich war, Fusionen innerhalb der Stadt einzuleiten, kam es zu überörtlichen Allianzen. Eine Ausnahme bildeten das Brüderhaus und der Marienhof, die zum Katholischen Klinikum verschmolzen. Anders sieht es schon im Fall des Evangelischen Stifts St. Martin aus, das mit Krankenhäusern in Boppard und Nastätten zum Stiftungsklinikum Mittelrhein verschmolz. Die kommunale Allianz stand am Ende eines Prozesses, zu dem die Häuser aufgrund der verschiedenen Gesundheitsreformen gezwungen wurden. Vor diesem Hintergrund ist auch die Fusion des städtischen Kemperhofs Koblenz und des kreiseigenen St.-Elisabeth-Krankenhauses Mayen als „Vernunftehe“ zu sehen.

 

Die Organisation des Krankenhauswesens in Stadt und Region zeigt aber auch, dass die Gründung kommunaler Gesellschaften kein Allheilmittel sein kann. Da es in den kommunalen Krankenhäusern einen Sanierungsstau gibt, ist das Land Rheinland-Pfalz in der Pflicht. In den kommenden Jahren werden noch viele Millionen Euro aus der Staatskasse fließen, um ebendiesen Sanierungsstau zu beheben. Da das Land aber verschuldet ist, könnten die Kritiker die Frage stellen, wie lange das noch gut geht, zumal in den vergangenen Jahren immense Summen in den Hochschulstandort und in den Hochwasserschutz geflossen sind. Und auch in die Koblenzer Bundesgartenschau 2011 werden noch einmal 49 Millionen Euro aus Mainz fließen.43

 

Spätestens beim Blick auf den eingangs erwähnten Zentralplatz wird deutlich, dass der Geldsegen aus der Landeshauptstadt perspektivisch stark zurückgehen wird. Obwohl der ganze Bereich als Sanierungsgebiet ausgewiesen ist und damit eigentlich der Weg für staatliche Zuwendungen frei wäre, mussten sich die Ratsmitglieder am Ende doch für ein Angebot der Züblin Development GmbH entscheiden, die rund 100 Millionen Euro in diesem Bereich investieren will. Der Preis ist hoch: Das investierte Geld soll über die Ausweisung großzügiger Einzelhandelsflächen wieder hereingespielt werden, obwohl Koblenz schon jetzt in der Relation der Pro-Kopf-Einzelhandelsflächen europaweit in der Spitzengruppe rangiert. Entsprechend hoch schlugen die Wogen im Frühjahr 2007, weil trotz der aktuellen positiven wirtschaftlichen Entwicklungen die Leerstände groß sind und deshalb auch die Gewerbemieten ins Bodenlose gefallen sind. Dennoch stimmten die Ratsmitglieder aufgrund der bestehenden Eigentumsverhältnisse und früherer vertraglicher Vereinbarungen schließlich im nichtöffentlichen Teil ihrer Sitzung für das Züblin-Projekt.44

 

Die Episode rund um den Zentralplatz wirft zwangsläufig die Frage danach auf, wie handlungsfähig Kommunen überhaupt noch sind. Angesichts der gravierenden Fehler der Wiederaufbauzeit – in dieser Hinsicht hat Koblenz eine traurige Berühmtheit erreicht – und des daraus resultierenden immensen Sanierungsbedarfs benötigen Städte und Gemeinden viel Geld, das sie nicht haben. Und angesichts der idealen Voraussetzungen, die sie selbst mit der Einrichtung von kommunalen Unternehmen geschaffen haben, könnten die Verantwortlichen eines Tages doch versucht sein, die nötigen Mittel durch Verkauf einzuwerben und sich gleichzeitig von der Verantwortung „loszukaufen“.

 

Die sich derzeit vollziehende Abkehr von der klassischen Kameralistik und die Hinwendung zur neuen Doppik45, in der – wie in einer Bilanz – das gesamte kommunale Vermögen betriebswirtschaftlich bewertet wird, könnte die Versuchung noch weiter vergrößern. Dass diese Gefahr nicht nur bei den Versorgungsunternehmen, sondern gerade auch bei den Krankenhäusern besteht, hat das Beispiel der Privatisierung der Universitätskliniken Gießen und Marburg gezeigt, die heute zur Röhn-Klinikum AG gehören, deren Gründer Eugen Münch ganz offen von einer „Industrialisierung der Medizin“ spricht. Ein Anlass für das Magazin „Stern“, die Privatisierung am Beispiel des zum Röhn-Konzern gehörenden Krankenhauses im niedersächsischen Herzberg als einzig richtigen Weg zu würdigen, der nicht nur die Situation für „König Kunde“, sondern auch für die medizinischen Betreuer erheblich verbessert.46

 

Auch die „Stern“-Autoren verschweigen nicht, dass die Rhön-Manager mit dem Taschenrechner knallhart ausrechnen, welche Behandlungen sich lohnen und welche nicht. Welche Konsequenzen das hat, ist dann aber nur Leserbriefen zu entnehmen. Ein Beispiel hierfür ist die Kritik des Arztes Thomas Scharf aus Bad Endbach, der folgende kritische Bilanz zieht: „Die Privatisierung unserer Unikliniken in Marburg und Gießen hat zu einer deutlichen Verschlechterung der Versorgung geführt. Ältere Patienten mit Hüftarthrose werden oft nicht mehr operiert, da sie inoperabel seien. Die Zahnklinik in Marburg macht fast nur noch lukrative Operationen. Sie hat sich aus der Notfallversorgung der Kassenpatienten bereits völlig ausgeklinkt, weil sie sich nicht für sie lohnt.“47

 

Der Brief offenbart auch, dass die selbsternannten „Leitmedien“ bei der Wahrnehmung ihrer „vierten Gewalt“ oft versagen und alles in den Himmel heben, was eben nicht staatlich organisiert ist – private Krankenversicherung und Altersvorsorge inklusive. Rudolf Virchows Kritik an der medizinischen Versorgung in Krankenhäusern, die er nur für vermögende Patienten als gut erachtete, ist heute aktueller denn je.

 

Zurück ins 19. Jahrhundert?

 

Vorliegende Studie hat in vier Bereichen klassischer kommunaler Aufgaben aufgezeigt, dass die Forderung nach dem schlanken Staat und der Entschuldung der Kommunen durch Rückzug aus ihren Eigenbetrieben – vorsichtig ausgeführt – nicht unbedingt das probate Mittel sein muss, um die schwierige Situation in vielen Städten und Kreisen zu verbessern. Ganz im Gegenteil: Eine weitere Schwächung der öffentlichen Hand könnte perspektivisch eine Reise in Zeiten auslösen, die sich kein Normalverdiener mit „Standardabsicherung“ zurückwünschen sollte. Ein „schlankes“ Gemeinwesen hat es bereits bis weit in das 19. Jahrhundert hinein gegeben. Es gab viele gute Gründe, dieses System zu durchbrechen.

 

Auch wenn die Zusammenhänge zwischen den Lebensumständen und der Gesundheit schon früh erkannt worden waren, fehlten doch lange die Instrumente, um die Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. Der „schlanke“ Staat kümmerte sich in erster Linie um seine Repräsentativbauten und um das Militär. Die Sauberkeit auf öffentlichen Straßen und Plätzen war eine Angelegenheit für die Bürger, die Pflege von Kranken eine Sache der geistlichen Korporationen, die auch in den wenigen städtischen Hospitälern ihren Dienst versahen.

 

Mittellose waren in erster Linie auf die Gnade ihrer Mitmenschen angewiesen – mildtätige Stiftungen hatten eine Tradition, die weit in das Mittelalter zurückreicht. Und die kommunalen Armenkassen hatten – wenn es sie überhaupt gab – so bescheidende Größenordnungen, dass sie die Lebensbedingungen für sozial Benachteiligte nicht verbesserten. An diesem traditionellen Ansatz sollte auch an Rhein und Mosel erst die napoleonische Ära etwas ändern. Doch diese Zeit war zu kurz und zu kriegerisch, um nachhaltige Verbesserungen zu bewirken. Ganz im Gegenteil: Das neue Bürgerhospital konnte wegen seiner bescheidenen Dimensionen das Vakuum nicht auffüllen, das die geistlichen Korporationen hinterlassen hatten.

 

Immerhin sorgte man in der französischen Zeit dafür, dass die kurfürstliche Trinkwasserleitung über zwei neue Brunnen nun auch der Allgemeinheit zur Verfügung stand. Ein weiterer Punkt war die systematische Organisation der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Fragen der Stadtreinigung und der Entwässerung wurden jedoch nicht beantwortet. Das überließ man schon allein wegen der zu erwartenden erheblichen Investitionen gerne den Bürgern oder privaten Fuhrunternehmen. An diesen Grundsätzen änderte sich auch nach der Besitznahme der Rheinlande durch Preußen wenig. Zwar wurde die Organisation des staatlichen Gesundheitswesens weiter verfeinert48, doch war von einer Verbesserung der kommunalen Ver- und Entsorgung nicht die Rede.

 

Die Prioritäten lagen eindeutig auf Bau und Unterhaltung der neuen Befestigungsanlagen, denen man beim Kampf gegen Seuchen durchaus eine gewisse Bedeutung zumaß. Waren sie doch ein Teil des „Cordon“, mit dem man die Cholera aufhalten wollte. Schien dieser Ansatz in den 1830er-Jahren noch richtig zu sein, stellte sich spätestens 1849 und 1866 heraus, dass Mauern und militärische Sperrbezirke keine Seuche aufhalten konnten. Auf der Suche nach Alternativen war allerdings ärztliche Hilfe nicht zu erwarten. Die Mediziner waren auf ihrer Suche nach probaten Gegenmaßnahmen hoffnungslos zerstritten, sodass man behördlicherseits auf „Hausrezepte“ mit viel Rauch und noch mehr Schmerzen zurückgreifen musste, die sich seit dem Mittelalter nicht verändert hatten.

 

Immerhin wurden die Geißeln der Zeit – Cholera, Diphtherie, Typhus und Tuberkulose – beobachtet. Und so dachte man in den 1850er-Jahren auch in Koblenz laut über den Neubau einer Kanalisation nach. Man hatte die Vorgänge in Berlin, Hamburg, London und Paris sehr sorgfältig beobachtet und wollte entsprechend reagieren. Dies alles geschah zu einer Zeit, bevor die Forschungen Max von Pettenkofers und Robert Kochs in aller Munde waren. Auch das Koblenzer Beispiel spricht somit für die in der jüngeren Forschung gehegten Zweifel, ob der Einfluss der Hygieniker wirklich so groß war, wie lange Zeit angenommen.

 

Der Wunsch, Kot und Blut endgültig aus den Straßen zu verbannen, hatte auch in Koblenz eher eine ästhetische Ursache. Dazu kam, dass die Stadt mit ihrer Sonderstellung am Mittelrhein moderat wuchs und die innerstädtische Bebauung nicht ausreichte, den Einwohnerzuwachs zu bewältigen. Dennoch schob man in Koblenz eine Entscheidung über die Neuordnung von Kanalisation und Wasserversorgung lange vor sich her, was vor allem am ungewissen Ausgang der Stadterweiterungsdebatte lag. Es liegt auf der Hand, dass man die gewaltigen Investitionen, die zwangsläufig mit einer hohen Verschuldung der Stadt verbunden waren, erst tätigen wollte, wenn Koblenz  überhaupt eine Entwicklungschance hatte. Darüber hinaus gibt es einen weiteren Grund, der in der Forschung unterschätzt wird und deshalb oft unerwähnt bleibt: Man wartete einfach auf ein rechtliches Instrument, um die Anlieger an den erheblichen Ausbaukosten beteiligen zu können. Genau dieses Instrument wurde mit dem „Gesetz betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften“ – kurz Fluchtliniengesetz – vom 2. Juli 1875 geschaffen.

 

Es ist also kein Zufall, dass die Bemühungen der Stadtväter und die Aufgabe der Wallanlagen nun eine neue Dynamik gewannen. In die 1870er-Jahre fallen auch die ersten ernst zu nehmenden Versuche, die Wasserversorgung grundlegend zu verändern. Auch diese Entscheidungen dürfen weniger bei den „Hausepidemien“ in der westlichen und östlichen Altstadt zu suchen sein, sondern hängen vielmehr mit den Auseinandersetzungen mit der Militärverwaltung und auch der Entwicklung des Hospitals zusammen. Dessen Geschicke waren eng mit den Gesetzen über den Unterstützungswohnsitz von 1870/71 verbunden, die ebenso zu einem Ausbau inklusive einer Verbesserung der Trinkwasserversorgung zwangen wie die Bismarck’sche Sozialgesetzgebung der 1880er-Jahre.

 

Die rasante Entwicklung von Wirtschaft, Verkehr und Kultur im jungen Kaiserreich49 sowie die großen Fortschritte in der Gesetzgebung zwangen die Verantwortlichen auch in Koblenz, ihre „Gesundheits-Infrastruktur“ neu zu ordnen. Mit dem Ausbau wuchsen auch die Anforderungen an die städtische Verwaltung, die sich den neuen Realitäten anpassen und erheblich vergrößern musste, um die wachsenden Aufgaben überhaupt bewältigen zu können.

 

Auch die Stadtverwaltung Koblenz war nun Dienstleister, Steuerverwalter, Bildungs- und Sozialbehörde. Die enorme Ausdehnung der kommunalen Verwaltung war auch darauf zurückzuführen, dass es sich nicht bewährt hatte, mit privaten Anbietern zusammenzuarbeiten. Schon die Ereignisse um die Gasanstalt hatten gezeigt, dass diese Anbieter nicht in der Lage waren, eine flächendeckende Versorgung aufzubauen, die nach Bedarf erweitert werden konnte.

 

Auch die Entwicklung eines eigenen Fuhrparks ist vor allem darauf zurückzuführen, dass private Unternehmer unzuverlässig waren und sich bemühten, die Preise in die Höhe zu treiben. Das Hauptargument für den Aufbau eines eigenen Apparates war jedoch, dass sich kein Privatinvestor fand, der den Bau von Kanalisation und Wasserversorgung übernehmen wollte. Diese Beispiele zeigen, dass innerhalb der Verwaltung perspektivisch ein hoher Spezialisierungsgrad erforderlich war, was sich vor allem im Bereich Bau zeigte. Auch hier funktionierte eine private Kontrolle nicht, weil in der Baukommission Architekten und Bauunternehmer saßen, die sich entweder gegenseitig die Aufträge zuschoben oder bei der Bewilligung von Ausnahmen ein oder besser noch beide Augen zudrückten.

 

Die zunehmenden Belastungen führten aber auch die kommunale Verwaltung an ihre Grenzen. Um den Überblick zu behalten, war es nötig, Regiebetriebe zu gründen, um überschaubare Einheiten zu schaffen. Diese waren quasi eine Vorstufe der späteren Eigenbetriebe. Aufgrund der Verwandtschaft des Gas- und Wasserfachs zeigte es sich bereits früh, dass es durchaus sinnvoll sein konnte, Gas- und Wasserversorgung von der Verwaltung abzukoppeln. In Koblenz wurde dieser Schritt bereits 1928 mit der Gründung der „Gasfernversorgung Mittelrhein“ vollzogen.

 

Als dann zwei Jahre später die Betriebsführung der Wasserversorgung auf die neue Gesellschaft übertragen wurde, war ein System entstanden, das bis auf den heutigen Tag gut funktioniert: Die Anlagen bleiben kommunales Eigentum, während Ausbau und Unterhaltung Sache eines privatwirtschaftlich organisierten Betriebes sind, an dem wiederum die Kommune mehrheitlich beteiligt ist. In anderen Bereichen konnte sich dieses Prinzip nicht so deutlich durchsetzen. So gab es im Falle des Strom- und Verkehrsunternehmens Kevag nur eine Minderheitsbeteiligung, weil die Stadt bereits vor dem Krieg über ein überregional aufgestelltes Netz versorgt werden musste. Das Beispiel Kevag zeigte bereits frühzeitig, dass es perspektivisch nicht mehr ausreichen würde, lokal zu denken, was sich nach dem Krieg besonders drastisch im Bereich der Abfallwirtschaft zeigen sollte.

 

Die allmähliche Abkopplung der „Gesundheits-Infrastruktur“ von den kommunalen Etats und die Herausbildung von Eigenbetrieben hatten aber nicht nur organisatorische, sondern vor allem finanzielle Ursachen. Die notorisch überschuldeten Kommunen suchten einen Weg, die Aufsichtbehörden und die Brüning’schen Notverordnungen zu umgehen. Dieser Aspekt hat nichts mit dem Aspekt einer unseriösen Haushaltsführung zu tun, sondern vielmehr mit der Tatsache, dass nur ein privatwirtschaftlich organisierter Eigenbetrieb überhaupt Investitionen in Ausbau und Unterhalt der Infrastruktur tätigen konnte. In Koblenz sollte allerdings die Bildung von Eigenbetrieben – abgesehen von der Energieversorgung Mittelrhein – erst ab 1969 einsetzen.

 

Zwar setzte in Koblenz schon vor dem Zweiten Weltkrieg ein Prozess ein, der schließlich zur Verselbstständigung des Entsorgungsbetriebs und der Müllentsorgung führte. Eigenständige Gesellschaften waren das nicht. Somit fehlten auch für eine Realisierung der geplanten Großkläranlage reale Bedingungen, weil im NS-Staat die Gemeinden zwar entschuldet, aber an weiteren Investitionen gehindert worden waren.

 

Auch der Umbau des kommunalen Krankenhauswesens zu einem Eigenbetrieb blieb erst der jüngsten Vergangenheit vorbehalten. Den Grund hierfür nennen schon die Pressemeldungen der ersten Nachkriegsjahre. Lange ging man davon aus, dass bei der Behandlung von Kranken keine Kostendeckung erzielt werden konnte. Erst im Laufe der Zeit und mit der Zunahme der Sparzwänge wurde es erforderlich, über neue Strukturen nachzudenken. Das wurde aber nicht nur aus ökonomischen Gründen, sondern vor allem wegen der ständigen Verbesserung der medizinischen Versorgung erforderlich. Die moderne „Apparatemedizin“ ist zwar effektiv, aber auch teuer. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass im modernen Krankenhausbetrieb Betriebswirte oft das letzte Wort haben. Dass dies nicht unbedingt zulasten der Qualität gehen muss, zeigen die jüngsten Entwicklungen am Gemeinschaftsklinikum Mayen-Koblenz.

 

Nicht nur vor dem Hintergrund ökonomischer Zwänge befindet sich das Krankenhauswesen derzeit mitten in einem Wandlungsprozess, dessen Dimensionen sich wohl nur mit der Bildung von medizinischen Fachgebieten und -abteilungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vergleichen lassen. Nur sind es dieses Mal nicht nur die Ärzte, die sich laufend dem aktuell Machbaren anpassen. Der Prozess der Verwissenschaftlichung hat auch den Pflegebereich voll erfasst. Die junge Disziplin der Pflegewissenschaften, die vor gut 40 Jahren in den USA entstand und nun auch in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewinnt, stellt den Stationsalltag grundsätzlich infrage und sorgt gleichzeitig dafür, dass der Pflegenachwuchs praktisch und akademisch ausgebildet wird. Dass eine enge Zusammenarbeit mit den Hochschulen für den Krankenhausalltag Fortschritte bringen kann, hat man in Koblenz längst erkannt. So arbeitet der Kemperhof seit einiger Zeit mit der Fachhochschule Fulda zusammen.50  Und auch an der Philosophisch-Theologischen Hochschule hat sich eine kleine pflegewissenschaftliche Fakultät etabliert, die perspektivisch auch mit Kliniken in der Region Mittelrhein kooperieren will.51

 

Die Tendenz einer weiteren Verzahnung von Theorie und Praxis dürfte in naher Zukunft noch stärker werden, weil führende Mediziner in Koblenz schon seit einiger Zeit eine kleine medizinische Fakultät fordern, in der die Studierenden krankenhausnah ihre klinischen Semester meistern und zusätzlich eine betriebswirtschaftliche und technische Ausbildung erhalten. Ein Grundstein wurde bereits durch die Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Informatik an der Universität Koblenz-Landau (Campus Metternich) gelegt. Und auch mit dem RheinAhrCampus der Fachhochschule Koblenz in Remagen, an dem Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Gesundheitswesen gelehrt wird, gibt es projektbezogene Kooperationen.

 

Solche Allianzen können dazu beitragen, sich im Wettbewerb mit anderen Krankenhausträgern zu behaupten und gleichzeitig angesichts der grassierenden Privatisierungswut ein Alleinstellungsmerkmal zu präsentieren, das auch zukünftig zu einem gesunden kommunalen Krankenhausbetrieb beitragen kann. Aus heutiger Sicht kann man durchaus behaupten, dass es gerade in Koblenz gelungen ist, eine vorbildliche kommunale „Gesundheits-Infrastruktur“ aufzubauen. Ein Grund hierfür ist wohl der Aufbau eines ausgewogenen Systems mit öffentlichen und privaten Elementen, dessen Kontrolle aber nach wie vor öffentliche Gremien garantieren.

 

Gerade angesichts der Tatsache, dass bereits ein Großteil der gewaltigen Investitionen getätigt worden ist, wäre es grob fahrlässig, dieses Gleichgewicht aus der Balance zu bringen. Wer dies versucht, sollte daran denken, dass er das Schicksal seiner Mitbürger in den Händen hält. Es geht nämlich um nichts anderes als um die Zukunft genau der Systeme, die das Leben in der Stadt zu erschwinglichen Konditionen menschenwürdig machen. Dieser Beitrag zur Technik- und Wirtschaftsgeschiche einer Kommune sollte bewusst machen, wie lange es gedauert hat, ebendiese Systeme aufzubauen. Sie sind mit dem Geld der Steuer- und Beitragszahler aufgebaut worden. Schon allein aus diesem Grund verbietet sich eine Verschleuderung, nur um kurzfristig die Kassen zu sanieren. Bei der heutigen Allgegenwart betriebswirtschaftlicher Probleme sollte nicht übersehen werden, dass sich aus einer Lösung meist bestenfalls kurz- und mittelfristige Perspektiven ergeben.

 

Wer sich die Londoner Infrastruktur genauer angeschaut oder sich einmal mit Telekom und Arcor auseinandergesetzt hat, müsste eigentlich erkennen, dass es viel zu schade ist, genau das zu opfern, was viele Generationen mühsam aufgebaut haben. Die Aufgabe eines Historikers sollte es sein, genau diese Leistungen angemessen zu bewerten. Die Geschichtswissenschaft muss unbequem sein und sich auch einmal gegen Wirtschaft und Politik stellen, wenn sie ihre Bedeutung behalten soll. Dazu ist es aber erforderlich, zeitliche und fachliche Grenzen zu überschreiten. Diese Arbeit soll ein Beitrag sein, genau diesen Ansatz zu fördern. Es wäre leichter gewesen – wie so oft – mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges eine Zäsur zu setzen. Doch genau das ist nicht gewollt. Das Risiko, dass am Ende Desiderate bleiben, wurde damit ganz bewusst in Kauf genommen. Auf jeden Fall ist der Grundstein für weitere Detailuntersuchungen gelegt.

 

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Anmerkungen

 

1 Dazu auch: Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 4. Dezember 2006.

2 Jost Geweke hatte sein Amt am 1. Juni 2006 angetreten. Er löste Jürgen Lipa ab, der in den Ruhestand getreten war.

3 Vgl. Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 13. Dezember 2007.

4 Vgl. URL:<www.stadtwerke-koblenz.de> (Zugriff am 1. Juni 2007). Schon zum 1. Januar 1969 waren verschiedene städtische Betriebe zur Stadtwerke Koblenz GmbH zusammengefasst worden: Dazu gehörten die Hafenbetriebe am Rhein und (bis 1999) an der Mosel sowie die Rheinanschlussbahn. Ergänzt wurden diese eigenen Betriebe durch Beteiligungen an wichtigen kommunalen und regionalen Versorgungs- und Transportunternehmen. Da sind neben EVM und VWM die  Wasserwerk Koblenz-Weißenthurm GmbH, die Kraftwagen-Verkehr Koblenz GmbH, die Flugplatz Koblenz-Winningen GmbH, die Kevag, die GVZ-E Güterverkehrszentrum Entwicklungsgesellschaft mbH und die Windpark Westerwald GmbH.

5 Dazu URL: <http://www.kevag.de/fileadmin/upload_unternehmen/ PDF/zahlen_daten_fakten.pdf> (Zugriff am 29. Mai 2007). Die RWE AG ist über ihre RWE Energy Beteiligungsgesellschaft mbH mit 57,5 Prozent an der Kevag beteiligt. Die Stadt Koblenz hält 36 Prozent der Anteile und weitere vier Prozent über ihre Stadtwerke. Weitere Gesellschafter sind der Westerwaldkreis (1,7 Prozent) und der Landkreis Mayen-Koblenz über die kreiseigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft am Mittelrhein (0,8 Prozent).

6 Vgl. Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 13. Dezember 2007.

7 Dazu: Scheer, Hermann, Energieautonomie. Eine neue Politik für erneuerbare Energien, München 2005, S. 287.

8 Vgl. Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 18. Dezember 2006.

9 Hanewald, Martin/Stephan Redding: Regulierungs- und Wettbewerbspolitik in Netzstrukturen. Thema Gas. Seminararbeit Universität Kaiserslautern [Wirtschaftsingenieurwesen, Schwerpunkt Maschinenbau], Kaiserslautern 2007. URL: <http://www.wiwi.uni-kl.de/dekanat/ blank/Segelseminar2007/Referate/gas.pdf> (Zugriff am 29. Mai 2007), S. 12ff. Die Energiewirtschaft wurde bis 1935 durch allgemeines Zivil- und Gewerberecht geregelt. Dann trat das Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft in Kraft. Dieses sollte den für schädlich erachteten Wettbewerb auf dem Energiemarkt unterbinden. Allgemeines Ziel des Gesetzes war eine sichere und preiswürdige Energieversorgung. Man ging davon aus, dass die Sicherstellung von Versorgungssicherheit und Qualität nur durch eine Monopolstellung der Versorgungsunternehmen zu erreichen war. In den 1950er-Jahren wurde das Energierecht so mit dem Kartellrecht kombiniert, dass Gebietsschutzverträge zur Sicherung der Versorgungsgebiete vom Kartellverbot ausgenommen wurden.

10 Die Kevag ist am Unternehmen Naturstrom Rheinland-Pfalz GmbH beteiligt, das Strom aus regenerativen Unternehmen erzeugt.

11 Vgl. Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 18. Dezember 2006

12 Dazu Kalkulator unter URL: <http://www.verivox.de/Power/> (Zugriff am 29. Mai 2007).

13 Vgl. Pressemeldung der Philipps-Universität Marburg, 7. März 2006, in URL: <http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2006/20060309> (Zugriff am 29. Mai 2007).

14 Dazu: URL: <http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid= 19219&g=gas> (Zugriff am 29. Mai 2007). Meldung der Deutschen Presseagentur vom 11. Mai 2007, die sich wiederum auf Angaben des Südwestrundfunks beruft. Die Meldung bestätigte sich allerdings nicht. Sowohl die Bundesregierung als auch die betroffenen Konzerne betonten, dass es keine direkten Kontakte gab.

15 Hanewald, Regulierungs- und Wettbewerbspolitik, S. 3. Dazu auch Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 12. Januar 2007 mit Links unter URL: <http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/aktuelles/ 2007_01_12.php> (Zugriff am 29. Mai 2007).

16 Dazu: Opoczynski, Michael, Die Blutsauger der Nation. Wie ein entfesselter Kapitalismus uns ruiniert, München 2005, S. 125f. Der Autor beruft sich dabei auf Berechnungen des Bilanzexperten der Fachhochschule Wiesbaden, Prof. Dr. Lorenz Jarrass, und dessen These: „Der Einzige, der in Deutschland noch nennenswerte Steuern und Abgaben bezahlt, ist der deutsche Arbeitnehmer mit normalem Einkommen.“ Jarass geht davon aus, dass alle deutschen Kapitalgesellschaften 2003 einen Gewinn von 220 Milliarden Euro erwirtschafteten, aber dank verschiedener „Schlupflöcher“ nur 25 Milliarden Euro an Unternehmenssteuern wie Körperschafts- und Gewerbesteuer (die den Kommunen zugutekommt) bezahlten. Dies entsprach nach Jarass einer tatsächlichen Belastung von 11,4 Prozent. Das Niedrigsteuerland Irland (12 Prozent) wurde damit unterboten. Günstiger war es nur in Estland, wo keine Unternehmenssteuern gezahlt werden müssen. Anders die offizielle Lesart: Demnach landete Deutschland im internationalen Vergleich mit 38,7 Prozent nach Japan (40,9 Prozent) und den USA (39,9 Prozent) auf dem dritten Platz. In seiner Sitzung am 25. Mai 2007 beschloss der Bundestag eine weitere Senkung der Unternehmenssteuern und eine Gesamtentlastung von 30 Milliarden Euro. Allerdings soll die Reform durch die Schließung der erwähnten „Schlupflöcher“, was rund 25 Milliarden Euro bringen soll, finanziert werden.

17 Vgl. Schlüter, Thoralf, Trinkwasserversorgung im internationalen Vergleich. Versorgungssituation, wasserwirtschaftliche Strukturen und Trinkwasserpreise, Hamburg 2006, S. 50.

18 Vgl. Schlüter, Trinkwasserversorgung, S. 48 ff.

19 Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit informiert im Internet über den Stand der Verhandlungen unter URL: http://www.bmz.de/de/themen/globalisierung/hintergrund/Welthandel/GATS.html (Zugriff am 29. Mai 2007).

20 Omnibus wirbt im Internet unter www.omnibus.org (Zugriff am 29. Mai 2007). Der Verkauf von kommunalem Eigentum wird aber nicht mehr thematisiert – wahrscheinlich deshalb, weil GATS immer noch nicht gültig ist.

21 Vgl. Pressemitteilung des E.ON-Konzerns vom 31. Juli 2003 unter  URL: <http://www.eon.com/de/presse/news-show.do?id=515> (Zugriff am 29. Mai 2007). Gelsenwasser ist heute einer der größten deutschen Trinkwasserversorger und ist darüber hinaus in mehreren europäischen Ländern wie Polen und der Tschechischen Republik aktiv.

22 Dazu auch die RWE-Internetmitteilung vom Dezember 2006 unter URL: http://rwecom.geber.at/2006/gb/lagebericht/ereignisse/thames-waterundamericanwater.html (Zugriff am 29. Mai 2007).

23 Dazu: Schlüter, Trinkwasserversorgung, S. 21 und 51 ff. Nach dieser Statistik für das Jahr 2000 verbrauchte jeder US-Bürger täglich 295 Liter. Die Japaner benötigen mit 278 Litern nur unwesentlich weniger Wasser als die US-Amerikaner. Spitzenverbraucher in Europa sind die Schweizer mit 237 Litern. Deutschland rangiert in der „Rangliste“ mit einem Durchschnittsverbrauch von 129 Litern auf dem 18. und vorletzten Platz. Sparsamer waren nur die Belgier. Sie konsumierten „nur“ 122 Liter pro Tag und Kopf.

24 Wissing, Wasserreinigung, S. 5.

25 Vgl. URL: <http://www.manager-magazin.de/geld/geldanlage/0,2828, 463609,00.html> (Zugriff am 29. Mai 2007).

26 Zitiert nach Wissing, Wasserreinigung, S. 12 f.

27 Bild-Zeitung, 5. Dezember 2006.

28 Vgl. Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 23. April 2007.

29 Bild am Sonntag, 7. Januar 2007.

30 Vgl. Eberhard-Metzger, Claudia/Renate Ries, Die Macht der Seuchen. Mensch und Mikrobe – eine verhängnisvolle Affäre, Stuttgart/Leipzig 2002, S. 7.

31 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 8 f.

32 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 10 (Vorwort Reinhard Kurth).

33 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 13 (Vorwort Reinhard Kurth). Einen Überblick über die Entwicklung von Megastädten gibt: Bronger, Dirk, Metropolen, Megastädte, Global Cities. Die Metropolisierung der  Erde, Darmstadt 2004.

34 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 15 (Vorwort Reinhard Kurth).

35 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 19 f.

36 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 31.

37 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 49.

38 Vgl. Eberhard-Metzger, Macht, S. 48 ff.

39 Vgl. Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 17. März 2007.

40 Thompson, Michael, Die Theorie des Abfalls. Über die Schaffung und Vernichtung von Werten. Aus dem Englischen übersetzt von Klaus Schomberg, Stuttgart 1981, S. 174 f.

41 Dazu: Winkler, Alexander, Privatisierungshemmnisse – dargestellt am Beispiel der deutschen Abwasserwirtschaft. Diss. Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Hamburg 1999. URL: http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=958331952 (Zugriff am 2. Juni 1007).

42 Dazu: Kaschny, Martin, Eintrittsbarrieren und Eintrittsverhalten im Markt für Krankenhausdienste. Diss., Köln 1998.

43 Dazu auch: Kallenbach, Reinhard, Die klassizistische Großfestung Koblenz: Bürde und Chance. Neue Konzepte für die Integration und Nutzung einer preußischen Fortifikation, in: Neumann, Hans-Rudolf (Bearb.), Erhalt und Nutzung klassizistischer Großfestungen. Tagungsband. Internationale Fachtagung vom 8. bis 11. Juni 2005, veranstaltet von der Landeshauptstadt Magdeburg, Stadtplanungsamt und der Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Bauwesen. Hg. von der Landeshauptstadt Magdeburg, Mainz 2006, S. 259–270.

44 Vgl. Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 16. Mai 2007.

45 Das Kunstwort steht für „doppelte Buchführung in Konten“.

46 Vgl. Stern, Nr. 7, 8. Februar 2007, S. 110: „Kapitalismus im Krankenhaus“. Zur Rhön-Klinikum AG gehören in Deutschland 45 Kliniken mit 14.700 Betten und 31.000 Mitarbeitern.

47 Vgl. Stern, Nr. 9, 22. Februar 2007, S. 15.

48 Die Organisation des preußischen Medizinalwesens wird in der aktuellen Forschung im Vergleich zum Herzogtum Nassau (in dem das Versorgungsnetz dichter und für die Patienten preisgünstiger war) als rückständig bezeichnet. Dazu: Weber-Gruppe, Silvia, Krankheit., Heilung und öffentliche Gesundheitspflege im ehemaligen Herzogtum Nassau nach der Annexion durch Preußen (1866–1885), Berlin 2005.

49 Dazu: Epkenhans, Michael/Andreas von Seggern, Leben im Kaiserreich. Deutschland um 1900, Stuttgart/Darmstadt 2007.

50 Dazu: Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 10. März 2007.

51 Dazu: Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz, 6. Januar 2007.

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