Neun fantastische Tage mit tollem Wetter lagen nun hinter mir. Und nun hörte ich schon im Frühstücksfernsehen, dass nun in Sachsen die Welt untergeht. Entsprechend verunsichert war ich. Kommt heute der finale Gewittersturm, der nicht nur mein Leben, sondern das vieler anderer auch auslöschen wird? Die kommenden Stunden sollten zeigen, dass nicht das Wetter das Problem war …
Die ersten 10 Kilometer nach Nossen entpuppten sich als Traum. Und stellenweise sah es so aus, wie ein Ganghofer-Drama. Und es machte sogar Spaß, die Strecke zu fahren. Doch die 30 Kilometer, die danach folgten, offenbarten die Grenzen meiner Belastbarkeit. Immer wieder schwere Steigungen und lange Strecken durch die Wälder. Ich konnte quasi zusehen, wie die Akku-Kapazität abnahm. Der Lichtblick in der ersten Hälfte der Tagesetappe war zweifellos Freiberg. Grandiose Altstadt, reges Treiben und ein Markt, von dem die Koblenzer nur träumen können. Bis zu alten Bergmannstadt sind es von Nossen nur 24 Killometer, die aller reich an Steigungen sind. Auch wenn ich das eine oder andere Mal schieben musste, war ich noch guter Dinge. Doch dann…
Irgendwann stand ich im Wald. Dass Smartphone verlor, die Anbindung und Komoot die Kontrolle über meine Tour. Und die ersten Gewitterwolken zogen auf. Ich beschloss, umzudisponieren, und war froh, dass ich ein Pessimist bin. Ich nahm endlich mein altes Garmin-Edge in Betrieb, das allerdings die Unsitte hat, auf mehr Bergpassagen zu schicken als es eigentlich nötig ist – nur, um ein paar Kilometer zu sparen. Doch ich war doch schon ganz oben, immerhin führte die Etappe durch de Ausläufer des Erzgebirges. Ich wollte keine Risiko eingehen und tippte Dressen ein. Und im Gegenteil zum Smartphone führte mich das Alt-Teil mit Ausnahme einer kleinen Irrfahrt durch ein kleines Gewerbegebiet direkt zum Rand der Dresdner Innenstadt. Doch dann versagten beide Geräte. Die Stadt scheint derzeit eine einzige Baustelle zu sein. Verkehrsführungen geändert, dazu Brückensanierungen etc. Ich finde, die Koblenzer jammern auf einem hohen Niveau. Irgendwann stand ich ohne technische Hilfe vor der Semper-Oper. Und es begann, stärker zu regnen. Höchste Zeit, in dass Stadtschlösschen zu flüchten und sich neben einigen Bieren auch einen Wurstsalat zu gönnen. Nach dieser Bergepisode war ich wirklich platt. Erstaunlicherweise ließ der Regen schnell nach, und ich stand nur vor der Frage, was ich nur machen sollte. Noch mal in die Berge kam für mich nicht infrage. Die 50 Kilometer bis nach Bautzen kamen allein schon wegen des knappen Akkustands nicht infrage. Ich hätte sie wohl auch konditionell nicht geschafft.
Also beschloss ich, ein Stück Elberadweg bis nach Pirna zu fahren. Ich kannte die Strecke von meiner Radtour 1991, als ich gemeinsam mit einem Bekannten in Richtung Prag unterwegs war. Die Entscheidung war goldrichtig, es wurde eine Fahrt im Trockenen und mit einer fantastischen Luft. Nach den heißen Tagen war das wirklich eine Erlösung. Man kann übrigens auf beiden Seiten des Flusses fahren. Ich entschied mich für die rechte Seite, was den Nachteil hat, dass man manchmal auf die Straße muss und man hin und wieder mit Holperpassagen rechnen muss. Der Vorteil: Ich habe noch mal Schloss Pillnitz gesehen, an das ich mich noch gut erinnern konnte. Damals lief übrigens die Restaurierung.
In Pirna, das ebenfalls sehenswert ist, bin ich direkt in die S-Bahn nach Dresden gestiegen. Dann bin ich in einen Zug von Trilex gewechselt, mit dem ich weiter nach Bautzen fuhr. Alles war perfekt, ich war auf die Minute pünktlich da. Das muss man angesichts des beliebten Bahn-Bashings auch mal sagen!
In Bautzen gab es gleich zwei Überraschungen: Zum einen ist die Stadt wunderschön, zum anderen erhielt ich im Hotel Dom-Eck ein riesengroßes, komfortables Doppelzimmer. Um noch groß auf Restaurantsuche zu gehen, war ich zu müde. Also rein ins direkt benachbarte Sam’s. Sie hatten Mottotag und es gab nur ein veganes Buffet. Kosten: Nur 9 Euro. Also habe ich es probiert. Erstaunlich, welche Fleischsimulationen aus Soja machen kann. Und wegen der pikanten Würze entsteht für kurze Zeit der Eindruck, dass… Aber ein altes Raubtier lässt sich nicht so leicht täuschen.
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