Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung
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Bad Hersfeld-Eisenach 104 Km

Alle Wege führen nach Eisenach: Wer in Bad Hersfeld losfährt, hat also die Qual der Wahl. Aber wer sich falsch entscheidet, muss auf dieser Etappe (dieses Mal bei grauem Himmel und deutlich kühleren Temperaturen) gleich mehreren unangenehmen Steigungen rechnen. Man muss nur ein bisschen googeln, um die "Qualen" einiger Radfahrer zur rekonstruieren. Denn je kürzer die gewählte Strecke, desto größer die Anforderungen an Fahrer und Material. Wer jünger und vor allem leicht er als ich, kann die kürzeste Variante wählen. Wer ihr folgt, ist nach gut 75 Kilometern am Ziel. Dass es bei mir am Ende 104 Kilometer wurden, lag übrigens nicht daran, dass ich nicht direkt in Eisenach, sondern im Stadtteil Wutha übernachtet habe, sondern an der Streckenwahl. Die Variante ist länger, weniger steil und lanschaftlich durchaus reizvoll. Allerdings muss man beim Start etwas aufpassen, wobei man sich auf den Bahnhof Bad Hersfeld als Startpunkt konzentrieren sollte. Die Situation ist ganz ähnlich wie in Limburg, man muss durch einen Fußgängertunnel auf die andere Seite der Gleise kommen. Die viel befahrene Brücke (Bundesstraße) ist nämlich für Radfahrer gesperrt - und das mit guten Gründen.

 

Ist man auf der anderen Seite angekommen, fährt man weiter an der Rückseite des Bahnhofs vorbei durch ein schmales Gewerbegebiet - und hält sich immer links (in der Nähe der Bahnstrecke) und gelangt damit automatisch auf den Solztalradweg, der zum Teil über die Trasse der früheren Kreisbahn Bad Hersfeld - Heimboldshausen führt. Ein richtiger Bahntrassenradweg ist die Strecke entlang des Flüsschens Solz nur auf den ersten 14 Kilometern. Ab Schenklingsfeld sind die Gleisanlagen noch erhalten, man wird entweder an ihnen entlang oder auf wenig befahrenen Straßen geführt. Eine wirklich schöne Strecke, die im weiteren Verlauf bis Philippstal auch richtig lehrreich ist. Denn die Region wird auch heute noch vom Kalibergbau geprägt. Kali wird beispielsweise zur Herstellung von Dünger verwendet. Ein schöner Beitrag zum Thema findet sich bei Focus online. Nachstehend der Link:

 

Focus online Kalibergbau

 

Auch wenn der Kalibergbau in der "Unterwelt" erfolgt, sind seine Spuren auch "oben" deutlich zu erkennen: Riesige Abraumhalden, die sogenannten Kaliberge, prägen die Landschaft, wie etwa bei Ransbach. Durch den Ort kommt man auf der Tour in Richtung Philippstal quasi automatisch. Nach dem Ende des Soltalradweges, der insgesamt 28 Kilometer lang ist, gibt es einige Steigungen, die allerdings in der Summe nicht sonderlich aufreibend sind. Dafür wird man etwa fünf Kilometer vor Philippstal mit einer Abfahrt belohnt.

 

Philippstal selbst hat zwei Gesichter: Das Entree wird von der riesigen K+S-Zeche geprägt, und auch wenn es sogar ein Erlebnisbergwerk gibt, wirkt das Ganze nicht besonders einladend. Der Kern der Gemeinde ist dagegen sehr attraktiv, bekannt ist vor allem das liebevoll restaurierte Schloss, dessen Gastronomie allerdings geschlossen hatte - wahrscheinlich wegen der "hessischen Extrawurst", auf die sich die Betreiber offenbar nicht einlassen wollte.

 

Philippstal ist aber auch ein wichtiger Knotenpunkt für Radreisende, denn hier erreicht man den Werraradweg, der im Süden bis Coburg führt und im Norden bis Hannoverisch Münden. Man hat also zwei Möglichkeiten, Eisenach zu erreichen. Wer sich die für die nördliche Variante entscheidet, fährt also entlang der früher stark frequentierten "Zonengrenze" an Gerstungen vorbei bis Hörschel, wo man die Werra verlässt und entlang des Flusses Hörschel bis Eisenach fährt. Das ist die kürzere Variante. Da ich auf meine Radtouren öfter mal gern danebenliege, entschied ich mich für die längere Variante über Bad Salzungen - die Kreisstadt ist ein gepflegter Kurort, Kurpark und Sole-Erlebniswelt sind weit über die Grenzen der Region bekannt. Und der Weg dorthin ist recht attraktiv (auch wenn es einen kurzen, nicht asphaltierten Abschnitt gibt), zumal er von einigen attraktiven Orten flankiert wird - zum Beispiel dem Städtchen Vacha, dass sich auch als Tor zur Rhön bezeichnet. Das zeigt schon, dass der Anschluss zum Rhönradweg nicht weit ist.

 

In Bad Salzungen muss man sich aber von der Werra abwenden, sonst gelangt man nicht ans Ziel. Man fährt also nicht über den Bahnübergang in die Stadt hinein, sondern an der Sole-Erlebniswelt (die Corona-bedingt ebenfalls nicht in Betrieb war, wovon auch die Protestplakate "Wir wollen arbeiten" zeugten) und landet dann quasi automatisch an der Kreuzung, an der eine Straße in Richtung Kloster Allendorf abzweigt. Ich bereute schon, die falsche Entscheidung getroffen zu haben, denn dieser Abschnitt der Tour begann mit einer saftigen Steigung. Nach etwa einem Kilometer gab es jedoch eine angenehme Überraschung: Ich war schon oben und am Zugang zu einem im Großen und Ganzen gut beschilderten Radwegenetz, das über Moorgrund, Ettenhausen an der Suhl, Marksuhl ohne größere körperliche Belastungen an den Ortseingang von Wolfsburg-Unkeroda führte. Und dort gibt es zwei Varianten, um die letzten 12 bis 14 Kilometer nach Eisenach zu bewältigen. Die erste führt direkt über die Bundesstraße 84, die zweite zunächst über die wenig befahrene Landesstraße 3020 auf die Bundesstraße 19. Also war die zweite Variante angesagt.

 

Und wirklich: Bis zur B 19 war auch alles gut machbar und hübsch anzusehen, zumal die Gegend sehr waldreich ist und die Luft nach einem kurzen Schauer sehr gut war. Doch dann, gut acht Kilometer vor Eisenach begann, sie, die Hölle, konkret Rennsteig genannt. Zwei Kilometer Schieben war angesagt - und das am Rande einer sehr intensiv befahrenen Bundesstraße. Offenbar gehören dort die Gestalten, die den Berg hinaufschnaufen, für Autofahrer zum gewohnten Anblick. Sie verhielten sich alle vorbildlich, das muss man auch einmal sagen. Die letzten Kilometer bis Eisenach waren dann ein Traum, weil es bergab - an der Wartburg vorbei - ging. Und nach Wutha führte dann ein Radweg.

 

Übernachtet habe ich im Hotel Bamberger Hof, mit 47 Euro inklusive Frühstück unter dem Strich die preiswerteste Adresse. Schönes, sauberes Zimmer, "Kontaktloses" Frühstücksbuffet als Maskenball. Gutes Abendessen im Restaurant "Krug". Nicht preiswert, aber sehr gut Küche - und Außengastronomie, was die strengen Corona-Auflagen erträglich machte.

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