Jede Tour hat eine Königsetappe. Und natürlich wollte ich auch wissen, ob Etappen deutlich jenseits 100-Kilometer-Grenze noch gehen. Mein persönlicher Rekord liegt bei 194 Kilometern - der stammt allerdings vom Sommer 1987. Am Ende sollte ich 154 Kilometer schaffen. Die äußeren Konditionen waren allerdings auch ideal. Heiter bis wolkig, dazu mäßig warm. Da lässt es sich auch gut radeln. Allerdings war das Tagesprogramm auch sehr anspruchsvoll. Teile der Rhön und Vogelsbergkreis: Da hatte ich mir einiges vorgenommen.
Schon nach der Ortsausfahrt Motten-Kothen ging es los: 1,5 Kilometer heftige Steigung auf dem kurzen Radweg nach Motten. Beim besten Willen konnte ich diese Steigung nur schiebend bewältigen. Zu meiner Überraschung war dieser lokale Weg direkt an das überörtliche Radwegenetz angebunden. Der erste Teilabschnitt nach Fulda war hevorragend beschriftet. Die Strecke entspricht in Teilen den Radfernwegen Hessen R1 und R2. Da brauchte man wirklich nur den Pfeilen hinterherradeln.
Zu meiner Überraschung war die Strecke nach Fulda gar nicht so strapaziös. Anspruchsvolle Steigungen fehlten, ein leichtes Auf und Ab mit langen ebenen Abschnitten ist das Charaterstikum des rund 30 Kilometer langen Teilstücks, das direkt in die Altstadt von Fulda führte. Nach einem kurzen Fotostopp vor dem Dom sollte es weiter nach Schlitz gehen. Ich hatte den Umweg von 20 Kilometern zum Teiletappenziel Lauterbach bewusst einkalkuliert. Das Fuldatal ist gut mit dem Rad zu bewältigen, die wenigen kleinen Steigerungen sind kein Problem. Dazu kommt, dass die Strecke landschaftlich wirklich sehr schön ist.
In der Stadt Schlitz kurze Rast an einer Bäckerei. Eine Radlergruppe befragte mich, wo es hingehen sollte. Als ich "nach Gießen" antwortete, kam die zweite Frage "Mit dem Zug?". "Nein". "Da haben Sie es sich was vorgenommen, es geht noch richtig bergauf!", meinten die Herren, die aus der Region stammten. Nun ja, ich hatte damit gerechnet. Doch noch war es nicht so weit. Der Weg nach Lauterbach führt über eine asphaltierte alte Bahntrasse (Hessenradweg 7a).
Und Lauterbach, ein hübsches Städtchen an der Lauter, ist ein Knotenpunkt für die Bahntrassenwege. Wer weiter fährt, landet irgenwann in Hanau. Doch ich wollte nach Gießen und wählte damit den Hessenradweg 7, der zunächst in die Stadt Ulrichstein führt. Auch diese Route ist landschaftlich sehr reizvoll - und für Radler eine echter Herausforderung. Abgesehen von zwei Mini-Abfahrten, die keine Erholung brachten, ging es 18 Kilometer bergauf! Und als ich mein Fahrrad mal wieder durch ein Waldstück schob, begrüßte mich ein Schild "Naturpark Hoher Vogelsberg".
Kurz vor Ulrichstein geht es dann endlich bergab. Die folgenden 14 Kilometer sind dann wirklich geschenkt. Herrliche Abfahrten durch eine Wiesen- und Felderlandschaften oder leicht abschüssige Teilstücke, auf denen man nur leicht in die Pedale treten muss. Doch damit ist dann Schluss, wenn man Kurs auf Grünberg nimmt, um weiter nach Gießen zu fahren. R7 führt über Felder und über schlechte Waldwege - und immer wieder von der Straße weg. Das ist eine Hauptproblem dieser Radwege: Sie führen Radler nicht selten auf Umwege, die mehrere Kilometer betragen können. Das ist nicht immer schön, vor allem dann, wenn man gegen die Dunkelheit anfährt.
Das letzte Teilstück nach Gießen, das etwa 27 Kilometer lang ist, ist über weite Strecken gut befahrbar, da es oft parallel zur Bahnlinie läuft. Aber ausgerechnet 10 Kilometer vor dem Ziel wird man wieder von der Straße weggeführt - und es dämmerte. Da ich keine Lust hatte, bei Dunkelheit durch Felder und Wälder zu radeln, legte ich die letzten Kilometer auf den normalen Straßen zurück. Kurz vor 22 Uhr kam ich endlich im Gießener Park-Hotel in der Nähe des Gießener Hauptbahnhofs an. Dort Doppelzimmer zur Alleinbenutzung und ein reichhaltiges Frühstücksbuffet (insgesamt 59 Euro). Meine Meinung dazu: Empfehlenswert!
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