Dr. Dr. Reinhard Kallenbach | Landeskundliche Forschung
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Mahn- und Denkmale als EU-Projekt

Die Chancen sind sehr gut, dass die Bundesgartenschau 2031 an die Welterberegion Oberes Mittelrheintal geht. Koblenz würde dann zum zweite Mal Buga-Stadt werden, auch wenn der Schwerpunkt dieses Mal nicht im Oberzentrum liegen würde. Dennoch haben die Vorbereitungen für den „Ernstfall“ bereits begonnen. Als sicher gilt, dass die Festungsanlagen im Mittelpunkt stehen würden. Derzeit wird an der Strategie gefeilt – und nur die Wenigsten rechnen damit, dass es Antworten auf wichtige Fragen ausgerechnet in Litauen gab – genauer gesagt in der Stadt Telšiai im Nordwesten des Landes.

 

Wenn Koblenz sich erfolgreich um weitere Zuschüsse oder Zuwendungen der Europäischen Union für den Erhalt der im städtischen Eigentum befindlichen Festungsanlagen bewerben will, muss schnellstmöglich ein sehr detailliertes Nutzungskonzept her. Das ist eine klare Ansage, die Mario Neuneier vom Amt für Wirtschaftsförderung und Uwe Diederichs-Seidel, Vorsitzender des Vereins Freunde und Förderer des Forts Asterstein und Ratsmitglied (Grüne) nach einem zweitägigen Seminar im Rahmen des EU-Projektes „Maps“ (siehe Zusatztext) mit nach Hause nahmen.

 

Stadtplaner und Wirtschaftsförderer aus neun europäischen Ländern waren an den Workshops beteiligt. Gastgeberin war die Stadt Telšiai. Auf den ersten Blick hat die Bischofsstadt wenig mit Koblenz gemeinsam. Ein malerischer See und eine kleine sanierte Altstadt mit zwei bedeutenden Kirchen sind Markenzeichen der Stadt, in der knapp 30 000 Menschen leben. Doch beim näheren Hinsehen offenbaren sich die Gemeinsamkeiten. Im sternförmigen Grundriss lassen sich Spuren der früheren Festungsstadt erkennen – und es gibt gewaltige Konversionsflächen.

Teamarbeit. Mario Neuneier (links) vom Amt für Wirtschaftsförderung und Ratsmitglied Uwe Diederichs-Seidel bereiten ihre Präsentation zum Fort Asterstein vor.

Die leer stehenden Soldatenunterkünfte aus sowjetischer Zeit erinnern an die Fritsch-Kaserne. Mit dem Unterschied, dass die Projektentwickler noch nicht so weit sind. Bislang wurde ein Gebäude zur Polizeistation umgebaut, vieles ist noch offen. Ganz anders die frühere Raketenbasis Ploktine, die mitten im Zemaitija Nationalpark liegt, gut 40 Busminuten von der historischen Stadt entfernt. Der Ort, an dem in den 60er- und 70er-Jahren thermonukleare Waffen stets abschussbereit waren, wurde zu einem imposanten Museum umfunktioniert, das an den Kalten Krieg erinnert.

 

Ohne hohe Zuschüsse der Europäischen Union wäre die Entwicklung des Nationalparks schwer möglich gewesen. Es kommt also nicht von ungefähr, dass Telšiai ebenso wie Koblenz Partner von „Maps“ ist. Ziel des Projektes ist die Entwicklung geht von Strategien für die spätere Nutzung von ursprünglich militärisch genutzten Arealen und Objekten. Diese sollen nach einheitlichen Standards formuliert werden, um das weitere Vorgehen auf nationaler und internationaler Ebene zu erleichtern.

 

In Koblenz ist die Projektarbeit übrigens beim Amt für Wirtschaftsförderung angesiedelt, das sich ganz bewusst auf die künftige Nutzung des Forts Asterstein beschränkt. Denn die Mittel des Projektes sind sehr begrenzt. Trotz dieser Eingrenzung konnten die Koblenzer in Litauen punkten. Denn bei den anderen Projektpartnern gibt es noch keine vergleichbaren Langzeitperspektiven, große öffentliche Förderungen im Rahmen einer Gartenschau oder durch eine Regierung sind weitgehend unbekannt. Und so hat Koblenz, auch im Vergleich mit deutlich größeren Projektstädten wie Cartagena, einen Vorsprung. Bekanntlich wird die Neuinszenierung der städtischen Festungsteile, die vom Eigenbetrieb Grünflächen und Bestattungswesen im Rahmen des Programms Nationale Projekte des Städtebaus koordiniert wird, bis Ende 2019 abgeschlossen sein.

 

Ergebnis für alle Projektpartner: Alle hatten am Ende des Workshops einen straffen, bis 2025 aufgestellten Zeitplan. Das gilt auch für das Fort Asterstein. Die in den 1820er-Jahren errichtete Anlage soll bis dahin als gesellschaftliches und kulturelles Zentrum funktionieren. Die Veranstaltungen zum 200. Jubiläum der preußischen Festung Koblenz und Ehrenbreistein haben gezeigt: Der Grundstein ist bereits gelegt.

Das Projekt und seine Partner

Das Projektkürzel „Maps“ steht für Military Assets as Public Spaces. Im Mittelpunkt stehen ehemals militärisch genutzte Areale und Objekte, die in Stadtentwicklungskonzepten eine wichtige Rolle erhalten sollen. Im Rahmen des Projektes arbeiten Experten aus neun EU-Städten zusammen. „Maps“ ist in ein übergeordnetes, seit 15 Jahren bestehendes Förderprogramm eingebunden (Urbact), das durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert wird. Das Foto zeigt die Projektgruppe vor der ehemaligen sowjetischen Nuklearbasis in Litauen.

 

Bereits bei der Neugestaltung der Innenstadt im Vorfeld der Buga 2011 wurde Koblenz in ein Projekt der Europäischen Union aufgenommen, es flossen letztendlich Zuschüsse in siebenstelliger Höhe.

Projektpartner sind neben Koblenz das irische Longford, Espinho in Portugal, Cartagena in Spanien, Teliai – die litauische Kulturhauptstadt 2016 –, das ungarische Szombathely, die kroatische Partnerstadt Varadin, Serres in Griechenland und Piacenca, wo auch die Koordinationsstelle angesiedelt ist.

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