Die Streckenführung: Komoot
Infos zum Vennbahn-Radweg gibt es hier: Vennbahn
Das war ein richtig harter Tag, vor allem weil ich die Hälfte der Strecke bei strömendem Regen zurücklegen musste. Aber nun der Reihe nach. In Vianden heißt es zunächst einmal: schieben, denn die Strecke zum Radweg führt über den Staudamm. Aber ich muss sagen: Es war gar nicht so schlimm, wie es bei der Tourplanung ausgesehen hatte. Irgendwie war alles etwas kleiner als ich es in Erinnerung hatte. Theoretisch hätte man auch die Nationalstraße nehmen können, aber die war an der Stelle recht steil, und die Autos waren sehr schnell unterwegs. Dann lieber so.
Nach der ersten großen Steigung sollten weitere Bewährungsproben folgen. Enthält doch die Etappe zahlreiche Steigungen. Grundsätzlich hat man zwei Wahlmöglichkeiten: Man fährt an der Our entlang und sucht dann, auf Höhe von Burg Reuland angekommen, nach der Auffahrt zum Vennbahn-Radweg. Da ich aber diesen schönen Bahntrassenradweg komplett fahren wollte, entschied ich mich für die Route über Clervaux nach Troisvierges. Das war auch grundsätzlich keine schlechte Idee, doch war die Beschilderung unzureichend beziehungweise nicht vorhanden. Dazu kam, dass eine wichtige Ortsdurchfahrt samt Brücke komplett gesperrt war. Der Umleitungs-Hinweis führte mehr in die Irre, als dass er nutzte. Und ich landete mitten im Wald, und zwar nicht auf halbwegs begehbaren Wanderwegen, sondern mitten in der Pampa, wo es zwar Markierungen des Eifelvereins gab, aber ansonsten nur schmale Pfade und viel Gestrüpp. Spätestens dann wünscht man sich ein leichtes Fahrrad ohne Motor zurück.
Irgendwie habe ich dann nach einer kleinen Schleife und einem Umweg von zwei Kilometern den Anschluss wieder, doch hatte mich die „Sondertour“ mindestens 90 Minuten gekostet. Dazu kam, dass ich weiter an der Our unterwegs war, also im Rahmen der ersten Variante, die ich ja eigentlich nicht wollte. Ich beschloss, die N10 zu fahren, die an jenem Mittwoch nur spärlich befahren war. Nach einer längeren Steigung in Serpentinen erreichte ich dann doch schnell und unkompliziert Clerveaux. Und ich musste sagen: Der Umweg hatte sich gelohnt. Schon wieder so ein knuffiges Städtchen mit Burg und Abtei. Die Stadt ist das Zentrum einer ziemlich „heiligen“ Umgebungen. Die Beschilderungen weisen auf weitere Klöster in der Nähe hin.
Clerveaux hat einen Vorzug: eine Eisenbahnanbindung. Ich wollte entlang der Schienen und am Fluss Clerf entlangfahren und damit einigen Steigungen aus dem Weg gehen. Um es vorweg zu sagen: Pustekuchen! Dabei gibt es einen schönen neuen Radweg, der leider den Nachteil hat, dass er noch nicht fertig ist. Außerdem findet man ihn erst mit einiger Mühe, da die Gegend um Clerveaux gefühlt eine einzige Baustelle. Aber immerhin: Einen Teil konnte man fahren – und dann wird man über verschiedene Steigungen gejagt. E-Bike-Fahrer sind da klar im Vorteil. Ich glaube, dass ich die Etappe mit einem „normalen“ Fahrrad nicht geschafft hätte. Endlich kam ich Troisvierges an. Und es begann zu tröpfeln.
Troisvierges ist übrigens ein gewöhnungsbedürftiger Ort. Auf den ersten Blick macht er einen sehr runtergekommenen Eindruck. Was sonst noch auffiel: Es gibt kaum Möglichkeiten, einzukehren, dabei wollte ich eine Pause machen. Ich verlegte den Stopp nach Burg-Reuland.
Der Vennbahn-Radweg beginnt am Bahnhof. Die Beschilderung bis zum Start ist eher bescheiden. Das ändert sich dann aber radikal zum Positiven. Der Radweg ist hervorragend beschildert – und nicht nur das. Es gibt verschiedene Dokumentationspunkte, an denen man sich über die wechselvolle Geschichte der Region und ihrer technischen Denkmäler informierten kann. Es kommt nicht von ungefähr, dass Touristiker den Radweg in sechs Etappen zerlegt haben – in der Hoffnung, dass sich die Gäste informieren und mit Kind und Kegel mehrere Tage in den Ardennen und der Westeifel verbringen. Dabei kann man den kompletten Radweg mit seinen 92 Kilometern locker in einem Tag fahren. Dazu braucht man kein Profi sein, die Strecke stellt wirklich keine besonderen Anforderungen.
Weniger schön fand ich, dass wirklich alle der wenigen Lokale auf der Etappe nach St. Vith geschlossen hatte. Eine besondere Enttäuschung war Burg Reuland. Sogar die kleine Konditorei hatte zu. Spaß hat das wirklich nicht gemacht, zumal es inzwischen ergiebig regnete. Ich beschloss, nach St. Vith durchzufahren. Ich machte Tempo, weil es inzwischen wirklich ungemütlich geworden war. Und wenn man zu schnell ist, übersieht man auch schnell mal ein Hinweisschild, was mir einen Umweg von 10 Kilometern bescherte. Und ich lernte die erste „Vennbahn-Lektion“: Es gibt zahlreiche Trassen-Varianten. Nicht umsonst verweisen Touristiker auf lohnenswerte Abstecher. Und dann kam es wie es kommen musste: Wegen der vielen Steigungen in den ersten Abschnitten der Etappe machte der Akku schlapp. Und ich strampelte die letzten 10 Kilometer ohne Unterstützung. Mit einem so schweren Rad ist das kein Vergnügen, zumal noch einige kleinere Steigungen zu bewältigen waren.
In St. Vith angekommen, hatte es aufgehört zu regnen. Ich checkte im „Berliner Hof“ ein. Die hatten eine Garage mit Ladestationen und sogar eine kleine Werkstatt für kleinere Reparaturen. Das Einchecken erfolgt per Code, den ich natürlich nicht erhalten hatte. Aber es gibt dort noch Menschen, die man telefonisch erreichen konnte. Wohl dem, der ein geladenes Mobiltelefon hat…
Am Ort selbst waren fast alle Restaurants geschlossen, immerhin stehen Dönermänner mit Rat und Tat bereit (und Ladeplätzen für die Mobilteile). Für den Rest des Abends deckte ich mich beim Späti ein. Dabei entdeckte ich einen Vorzug Belgiens: Überall gibt es so viele Biersorten, dass man sich kaum entscheiden kann. Und so fand der Tag in meinem sehr komfortablen Zimmer einen versöhnlichen Ausklang.
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